TE Vwgh Erkenntnis 1986/11/20 86/06/0160

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Veröffentlicht am 20.11.1986
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Baurecht - Slbg
L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art130 Abs2
ROG Slbg 1977 §19 Abs3
VwGG §34 Abs1 implizit
VwGG §42 Abs2 lita
VwGG §42 Abs2 litb implizit
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §42 Abs2 Z2 implizit

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Mag. Onder, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Richteramtsanwärter Dr. Spira, über die Beschwerde der Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister PH, dieser vertreten durch Dr. Franz Linsinger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. Mai 1986, Zl. 7/03-2078/45-1985, betreffend die Versagung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung nach § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. Juni 1967 hatte der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde als Baubehörde erster Instanz dem VP die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Unterkunftshütte im Ausmaß von 6,30 x 5,30 m Grundriß auf dem Grundstück Nr. 746/1, KG G, erteilt. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgten Grundabteilungen, zumal das dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Bauvorhaben sich auf die Grundstücke Nr. 751/2 und 751/3 bezieht. Wie den im Akt erliegenden Plänen zu entnehmen ist, sollen nun nachträgliche Anbauten rechtlich saniert werden. Die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde beschloß am 7. September 1985, eine Einzelgenehmigung nach § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes zu erteilen. Mit Eingabe vom 29. November 1985 beantragte die Gemeinde bei der Salzburger Landesregierung, „für diesen Anbau eine Einzelgenehmigung“ gemäß § 19 Abs. 3 leg. cit. zu erteilen.

Nach einer Aufforderung der Salzburger Landesregierung, ergänzende Unterlagen vorzulegen, langten beim Amt der Salzburger Landesregierung am 13. Februar 1986 diese Unterlagen, insbesondere Lagepläne und Plandarstellungen, ein.

Nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens versagte die Salzburger Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 6. Mai 1986 der mit Beschluß der Gemeindevertretung vom 7. November 1985 erteilten „Einzelbewilligung zur nachträglichen Genehmigung eines ... errichteten Wochenendhauses“ die aufsichtsbehördliche Genehmigung. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblich sei, nicht aber die Situation im Zeitpunkt der Errichtung der Baulichkeit. Soweit der Bürgermeister in einer Stellungnahme auf eine rechtskräftig erteilte Baubewilligung verwiesen habe, sei festzustellen, daß auch nach der damals gültigen Rechtslage die Baubewilligung für das Bauvorhaben zu versagen gewesen wäre. Auch für den „Grundstock des gegenständlichen Objektes“ gelte daher, daß es rechtswidrig gegen die eindeutigen Bestimmungen der damals geltenden Salzburger Landbauordnung 1952 verstoßen habe, weil es in absoluter Steillage errichtet worden sei. In ihrer Entscheidung bezüglich des Gesamtobjektes stütze sich die Landesregierung auf eingeholte Gutachten von Amtssachverständigen und nehme als erwiesen an, daß das Objekt sich inmitten eines geschlossenen land- und forstwirtschaftlich genutzten Bereiches und in großer Entfernung zum nächstgelegenen Bauland befinde. Diesen tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung tragend, habe die Gemeinde das betreffende Gebiet im Flächenwidmungsplan als Grünland, ländliches Gebiet mit landwirtschaftlicher Nutzung, ausgewiesen, wodurch auch die Planungsabsicht der Gemeinde bekundet werde, diesen landwirtschaftlich genutzten Grünraum zu erhalten und die Errichtung reinen Wohnzwecken dienender Bauten in diesem Gebiet zu verhindern. Im räumlichen Entwicklungskonzept würden diese Ziele auch ausdrücklich angeführt. Ein Teil des Objektes sei 1967 - wenngleich auch rechtswidrig - baubewilligt, zirka 1972 gegenüber dieser Bewilligung um 1,30 m verlängert ausgeführt und in weiterer Folge durch Anbauten um zirka 180 % vergrößert worden. Das Objekt diene nicht der landwirtschaftlichen Nutzung dieses Bereiches, sondern nur Wohnzwecken und stehe auch weiter in keinem Zusammenhang mit der vorherrschenden agrarischen Struktur. Es widerspreche somit eindeutig sowohl der in Natura vorherrschenden Grünlandstruktur als auch der planlich festgehaltenen Grünlandausweisung sowie den Zielsetzungen des räumlichen Entwicklungskonzeptes hinsichtlich der zukünftigen landwirtschaftlichen Struktur. Aus diesen Gründen sei die aufsichtsbehördliche Genehmigung wegen mangelnder Bedachtnahme auf die gegebenen und angestrebten Strukturverhältnisse zu versagen.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 (ROG 1977), LGBl. Nr. 26, zuletzt in der Fassung des LGBl. Nr. 52/1984, können Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirken und die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften einer Bewilligung, Genehmigung oder dgl. der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich bedürfen, vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung, insbesondere Bauplatzerklärungen und Baubewilligung nur innerhalb des Baulandes (§ 12) und entsprechend der festgelegten Nutzungsart bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden.

Nach § 19 Abs. 3 ROG 1977 können die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs. 1, wenn es sich nicht um Apartmenthäuser, Feriendörfer oder Wochenendsiedlungen oder um Einkaufszentren handelt, für bestimmte Grundflächen von der Gemeindevertretung auf Ansuchen des Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht und bei Bauvorhaben für Wohnbauten (ausgenommen bei überwiegend landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Bauten) eine Gesamtfläche von 200 m2 nicht überschreitet. Vor dieser im behördlichen Ermessen gelegenen Bewilligung sind die Anrainer zu hören und ist das Ansuchen zumindest sechs Wochen vor seiner Erledigung ortsüblich kundzumachen. Die im § 16 Abs. 1 genannten Personen und Einrichtungen sind berechtigt, Anregungen vorzubringen. Anregungen und sonstige Vorbringen zum Ansuchen sind in die Beratungen zur bescheidmäßigen Erledigung einzubeziehen. Die Bewilligung bedarf der Genehmigung der Landesregierung; die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Einlangen des Beschlusses der Gemeindevertretung und der zur Beurteilung des Ansuchens durch die Gemeinde erforderlichen Unterlagen bei der Landesregierung von dieser versagt wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Bewilligung gesetzwidrig ist oder einen Tatbestand nach dessen § 17 Abs. 3 bewirken würde. (Die weiteren Bestimmungen dieses Absatzes sind im Beschwerdefall rechtlich unerheblich.)

Nach § 17 Abs. 3 lit. a ROG 1977 hat die Landesregierung die Genehmigung von Flächenwidmungsplänen bei Fehlen der Bedachtnahme auf die gegebenen oder angestrebten Strukturverhältnisse oder die sonstigen bei der Aufstellung des Flächenwidmungsplanes zu beachtenden Bestimmungen dieses Gesetzes zu versagen.

Aus der wiedergegebenen Regelung des § 19 Abs. 3 ROG 1977 ergibt sich eindeutig, daß ein genau bezeichnetes Vorhaben von der Gemeindevertretung „raumordnungsmäßig bewilligt“ werden kann. Wie den im Akt erliegenden Plänen zu entnehmen ist (vgl. insbesondere den Lageplan vom März 1984 sowie die Grundrißdarstellung), hat der Grundeigentümer nicht eine Ausnahmebewilligung für den gesamten bestehenden Baubestand erwirken wollen, sondern ausschließlich für bestimmte Zubauten, welche nach dem Vorbringen auf Verwaltungsebene zu einem späteren Zeitpunkt errichtet worden sind. Dementsprechend hat auch die Gemeinde in ihrem Schriftsatz vom 29. November 1985 darauf hingewiesen, daß die Gemeindevertretung beschlossen habe, „für diesen Anbau eine Einzelgenehmigung“ gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 zu erteilen. „Diesbezüglich“ wurde ersucht, eine aufsichtsbehördliche Genehmigung „auszusprechen“. Entgegen diesem Antrag wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid die aufsichtsbehördliche Genehmigung zur nachträglichen Genehmigung eines „errichteten Wochenendhauses“ versagt. Damit hat aber die belangte Behörde über eine Sache entschieden, welche nicht Gegenstand des vorliegenden Antrages war, so daß ihr eine Berechtigung zu einer solchen Entscheidung gar nicht zukam. Schon aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet, und es erübrigte sich, auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen. Zu der Begründung des angefochtenen Bescheides sei jedoch noch bemerkt, daß selbst dann, wenn eine früher erteilte Baubewilligung im Hinblick auf die damals gegebene Rechtslage nicht hätte erteilt werden dürfen, durch die Rechtskraft eines solchen Baubewilligungsbescheides diese Baubewilligung jedenfalls Bestandteil der Rechtsordnung geworden ist. Ist aber eine in Rechtskraft erwachsene Baubewilligung nach wie vor rechtswirksam, dann erscheint es jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß bei einer Ermessensentscheidung nach § 19 Abs. 3 ROG 1977 diesem Umstand bei der Frage der Bewilligung von Zubauten Bedeutung beigemessen wird.

Da dem angefochtenen Bescheid die schon aufgezeigte inhaltliche Rechtswidrigkeit anhaftet, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung einer den pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Umsatzsteuer sowie Stempelgebühren, von deren Entrichtung die Gemeinde im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereiches befreit ist.

Wien, am 20. November 1986

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1986:1986060160.X00

Im RIS seit

03.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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