TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/30 96/06/0081

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Veröffentlicht am 30.05.1996
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Tir 1989 §27;
BauO Tir 1989 §43 Abs2;
BauRallg;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des R in N, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Februar 1996, Zl. Ve1-550-2026/12 v.A., betreffend Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 3. Oktober 1995 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die am 9. Jänner 1995 angedrohte Ersatzvornahme angeordnet und der Erlag von S 1.265.856,-- gegen nachträgliche Verrechnung aufgetragen. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 11. August 1994 festgestellt, daß die Bezirkshauptmannschaft Landeck zu Recht das Ansuchen des Beschwerdeführers um nachträgliche Baubewilligung abgewiesen und die zur Herstellung des konsensmäßigen Zustandes erforderlichen Abbruchaufträge erteilt habe. Es liege sohin ein rechtkräftiger Titelbescheid vor. Mit Schreiben vom 9. Jänner 1995 sei die Ersatzvornahme angedroht worden. Das Gutachten betreffend die voraussichtlichen Kosten des Abbruches vom 29. August 1995 sei dem Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG mit der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme binnen vier Wochen ab Erhalt des Schreibens übermittelt worden. Nach Ablauf der vierwöchigen Frist habe der Beschwerdeführer um Fristerstreckung ersucht. Es liege daher kein Verfahrensmangel vor, zumal einerseits der Beschwerdeführer ausreichend Zeit gehabt habe, das Gutachten durch einen "kundigen Professionisten" überprüfen zu lassen, andererseits die von der Behörde gesetzte Frist abgelaufen sei. Er habe sohin seine im AVG normierte Mitteilungspflicht verletzt. Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhaltes hinsichtlich des Kostenvorauszahlungsauftrages gemäß § 4 Abs. 2 VVG seien nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit erforderlich, als die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme im Wege der Schätzung festgestellt werden müßten. Es liege aber gerade im Wesen der Schätzung, daß die auf diese Weise ermittelte Größe das tatsächliche Erfordernis nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen könne. Die durch den Abbruch tatsächlich auflaufenden Kosten seien ja nach Beendigung der Maßnahmen entsprechend abzurechnen. Die belangte Behörde habe den Eindruck, daß der Antrag auf Fristerstreckung lediglich der Verfahrensverzögerung dienen sollte, da dem Beschwerdeführer bereits seit dem Jahre 1992 bekannt sei, daß die Wandhöhen des verfahrensgegenständlichen Anbaues um 90 cm zu hoch seien und damals bereits der diesbezügliche Abbruch vorgeschrieben worden sei. Nach Anführung des § 4 Abs. 1 und 2 und § 10 Abs. 2 VVG führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer einen der Berufungsgründe des § 10 Abs. 2 VVG zu behaupten und zu beweisen habe. Dieser Anforderung sei der Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht nachgekommen. Die Höhe der voraussichtlichen Kosten sei vom Sachverständigen geschätzt worden und es wäre am Beschwerdeführer gelegen gewesen, konkrete Umstände für die angebliche Unrichtigkeit der Annahme über die Höhe der voraussichtlichen Kosten anzugeben. Auf ein bloß allgemein gehaltenes Vorbringen dazu brauche die belangte Behörde nicht einzugehen. Es gingen daher auch die Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend die finanziellen Mittel und die vorgeschlagene Ratenzahlung ins Leere. Auch aus dem Hinweis, es sei ein weiteres Bauansuchen eingebracht worden, könne nichts gewonnen werden, da im Vollstreckungsverfahren nur die oben genannten Gründe seitens der Berufungsbehörde gewürdigt werden könnten. Deshalb könne auch dem Antrag auf Aufschub des Vollstreckungsverfahrens bzw. der aufgetragenen Zahlung nicht Folge gegeben werden. Es handle sich bei dem Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten nach § 4 VVG nach der gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um die Schaffung eines Exekutionstitels, nicht aber um die Vollstreckung eines solchen. Es könne daher aus dem Vorbringen, ein neuerliches Bauansuchen sei gestellt worden, es könnte ein Aufbauplan erlassen werden und es möge die Vollstreckung aufgeschoben werden, nichts gewonnen werden. Da über die Hauptsache entschieden worden sei, erübrige sich eine Entscheidung über den Antrag, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Im übrigen schließe sich die belangte Behörde vollinhaltlich der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides an.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Gemäß § 4 Abs. 2 VVG kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

Zunächst ist festzustellen, daß die belangte Behörde zu Unrecht die Auffassung vertreten hat, daß es sich bei der Vorschreibung einer Kostenvorauszahlung gemäß § 4 Abs. 2 VVG um eine Vollstreckungsverfügung handelt, gegen die nur aus den im § 10 Abs. 2 VVG genannten Gründen Berufung erhoben werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Slg. Nr. 12.942/A). Trotz dieser zu Unrecht erfolgten Berufung auf § 10 Abs. 2 VVG erweist sich jedoch die Abweisung der Berufung durch den angefochtenen Bescheid im Lichte der geltend gemachten Beschwerdegründe als rechtmäßig.

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß ein neues Bauansuchen anhängig sei, weshalb eine Vollstreckung eines Bauauftrages nicht durchgeführt werden dürfe. Diesem Vorbringen hat die belangte Behörde zutreffend entgegengehalten, daß der verfahrensgegenständliche Kostenvorauszahlungsauftrag keine Vollstreckungsmaßnahme sei, sondern selbst ein Vollstreckungstitel ist. Solange aber ein Beseitigungsauftrag bei Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht vollstreckt werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Zl. 81/05/0092, BauSlg. Nr. 401), gilt dies in gleicher Weise für die Vollstreckung eines Kostenvorauszahlungsauftrages. Auch der Umstand, daß die belangte Behörde über den Antrag, das Vollstreckungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Bauverfahren aufzuschieben, nicht entschieden hat, bewirkt keine Rechtswidrigkeit des vorliegenden angefochtenen Kostenvorauszahlungsbescheides der belangten Behörde. Im Falle der Untätigkeit der Behörde steht die Möglichkeit des Devolutionsantrages gemäß § 73 AVG und im Falle einer untätigen obersten Instanz die Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof offen.

Keine Berechtigung kommt auch dem Argument des Beschwerdeführers zu, es hätte ihm eine längere Frist von der belangten Behörde eingeräumt werden müssen, innerhalb welcher er die Erlassung eines entsprechenden Raumordnungsplanes durch die Gemeinde hätte beantragen können. Die Erlassung von Flächenwidmungsplänen, die Verordnungen sind, steht grundsätzlich im Planungsermessen der Gemeinde. Im übrigen betraf die eingeräumte Frist eine allfällige Stellungnahme zum Gutachten betreffend die Schätzung der Kosten einer Ersatzvornahme.

Sofern der Beschwerdeführer meint, die aufgetragene Ersatzvornahme sei deshalb wirtschaftlich nicht vertretbar, weil der Baukörper seiner Auffassung nach mit den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung in bezug auf die Dachhöhe im Einklang stehe und lediglich die Seitenwände nach Auffassung des Denkmalamtes dem Ortsbild widersprechen würden, ist ihm zum einen entgegenzuhalten, daß es nach der hg. Judikatur (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Mai 1970, Slg. Nr. 7789/A, und vom 15. Mai 1973, Slg. Nr. 8416/A) für die Zulässigkeit einer Ersatzvornahme unerheblich ist, ob dem Verpflichteten die Erbringung der Leistung wirtschaftlich zumutbar ist. Zum anderen handelt es sich bei diesen Argumenten um solche gegen den Titelbescheid, den der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. August 1994, Zl. 93/06/0199, als rechtmäßig erkannt und die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen hat.

Wenn der Beschwerdeführer die auferlegte Kostenvorauszahlung für nicht verhältnismäßig erachtet, weil die im Zuge der Ersatzvornahme bewirkte Verbesserung des Ortsbildes in keinem Verhältnis zu der Abtragung des Gebäudes, die den Beschwerdeführer massiv finanziell belaste, stehe, ist er nicht im Recht. Bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der auferlegten Kostenvorauszahlung geht es darum, ob die auferlegten Kosten in bezug auf die in Frage stehende Ersatzvornahme verhältnismäßig sind. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1984, Zl. 84/05/0046) hat der Verpflichtete in diesem Zusammenhang die konkreten Umstände anzugeben, die seiner Meinung nach geeignet sind, die Unrichtigkeit der Annahme der Behörde über die Höhe der voraussichtlichen Kosten darzutun. Dies hat der Beschwerdeführer unterlassen. Ein vorliegendes Amtssachverständigengutachten über die Kosten einer Ersatzvornahme, dessen Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet, kann durch eine Stellungnahme des Beschwerdeführers, die nicht auf gleicher fachlicher Ebene steht, nicht entkräftet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1976, Zl. 13/75, Slg. Nr. 9059/A - nur der Rechtssatz veröffentlicht).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996060081.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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