TE Vwgh Beschluss 1996/6/4 96/09/0094

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Veröffentlicht am 04.06.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §112 Abs1;
BDG 1979 §112 Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache des F in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bezirksgendarmeriekommandos Baden vom 2. Februar 1996, Zl. 6531/96/1, betreffend vorläufige Suspendierung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Kostenanträge der belangten Behörde und des Beschwerdeführers werden abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist beim Gendarmerieposten T tätig.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. Februar 1996 sprach die belangte Behörde mit sofortiger Wirkung die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst gemäß § 112 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) aus. Nach der Begründung dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer (im Verdachtsbereich) zur Last gelegt, er habe die aus Anlaß einer im Dezember 1995 in Anspruch genommenen Pflegefreistellung für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes erkranktes zweijähriges Kind ergangenen schriftlichen Befehle (Befehl des Bezirksgendarmeriekommandanten vom 28. Dezember 1995 und Befehl des Landesgendarmeriekommandanten vom 23. Jänner 1996) betreffend Vorlage von Urkunden zum Nachweis dafür, daß dieses Kind ein Kind des Beschwerdeführers sei bzw. Erstattung einer nachträglichen Meldung der Geburt dieses Kindes mit allen für den Dienstgeber erheblichen Personaldaten nicht befolgt (Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BDG 1979). Die zweimalige Nichtbefolgung einer schriftlichen Weisung innerhalb kurzer Zeit stelle nach Auffassung der belangten Behörde einen derart gravierenden Verstoß gegen die Dienstpflichten dar, daß durch die Belassung des Beschwerdeführers im Dienst nach der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung wesentliche Interessen des Dienstes, und zwar ein geordneter und gesetzmäßiger innerer Dienstbetrieb, gefährdet würden. In diesem Zusammenhang wies die belangte Behörde auch auf die Vorbildfunktion des Beschwerdeführers in seiner Eigenschaft als Stellvertreter des Postenkommandanten hin.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die am 19. März 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde.

In dem vom Verwaltungsgerichtshof daraufhin eingeleiteten Vorverfahren legte die belangte Behörde die Akten des Verfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres mit Bescheid vom 20. März 1996, Zl. 5/10-DK/45/96, ausgesprochen hat, den Beschwerdeführer NICHT vom Dienst zu suspendieren. Dieser Bescheid enthält auch den Ausspruch, daß die von der Dienstbehörde gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 verfügte vorläufige Suspendierung zufolge § 112 Abs. 2 (richtig wohl: Abs. 3) leg. cit. mit dem Tag dieser Entscheidung ende.

Laut den über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vorgelegten Rückscheinen wurde dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 22. März 1996 (durch Hinterlegung) und dem Disziplinaranwalt am 6. April 1996 zugestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Anhörung des Beschwerdeführers zur Frage der Verfahrenseinstellung erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu den Beschluß vom 19. Jänner 1989, 88/09/0146, und die dort angeführte Vorjudikatur) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich also im Verfahren über eine derartige Beschwerde, daß eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, auch eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung des verletzten subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers keine Veränderung bewirken würde, führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Gemäß § 112 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 endet die vorläufige Suspendierung spätestens mit dem Tag der Entscheidung der Disziplinarkommission über die Suspendierung. Bei der von der Dienstbehörde gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 verfügten vorläufigen Suspendierung handelt es sich nicht um einen Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern um einen im Verwaltungsrechtszug nicht anfechtbaren Bescheid (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1983, Slg. Nr. 11108/A). Die von der Dienstbehörde auszusprechende "vorläufige Suspendierung" ist auch nicht gleichzusetzen mit der von der Disziplinarkommission zu verfügenden ("endgültigen") Dienstenthebung. Sie stellt rechtlich ein "aliud" dar (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1989, 89/09/0103, sowie den Beschluß vom 15. September 1994, 94/09/0172).

Die im vorliegenden Beschwerdeverfahren bekämpfte Maßnahme der vorläufigen Suspendierung ist mit der Entscheidung der Disziplinarkommission vom 20. März 1996 mit deren Zustellung gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 weggefallen. Im Beschwerdefall könnte der Beschwerdeführer auch bei einer Aufhebung des von ihm angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr erreichen; diese Aufhebung hätte daher bezogen auf das durch den angefochtenen Bescheid verletzte Recht bloß eine theoretische Bedeutung (siehe dazu beispielsweise die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1992, Zl. 92/09/0040, und vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0094).

Damit war das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen.

Da das VwGG für einen solchen Fall - keine formelle Klaglosstellung - den Zuspruch von Kosten nicht vorsieht, waren die Kostenanträge gemäß § 58 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996090094.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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