TE Lvwg Beschluss 2017/3/23 LVwG-AV-325/001-2017

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Veröffentlicht am 23.03.2017
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Entscheidungsdatum

23.03.2017

Norm

VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §22
GewO 1994 §360 Abs5

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Mag. Wimmer als Einzelrichter betreffend den Antrag des Kulturvereines BT, ***, ***, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. Helmut Blum, ***, ***, der Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 31. Jänner 2017, Zl. AMW1-A-114/043 bzw. AMW2-BA-1651/001, aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den

BESCHLUSS

gefasst:

1.  Der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §§ 17 und 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 6 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) zurückgewiesen.

2.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Begründung:

1.   Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt

1.1.  Mit dem an den Kulturverein BT (in der Folge: Antragsteller) gerichteten und diesem zugestellten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (in der Folge: BH) vom 31. Jänner 2017 sprach die BH wie folgt aus:

„Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten verfügt bei der Betriebsanlage „Kulturverein

BT“, vertreten durch den Obmann Herrn GD, im Standort ***, ***, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes wie folgt:

Die Schließung des gesamten Betriebes wird angeordnet.

Hinweis:

Dieser Bescheid ist sofort vollstreckbar und tritt, wenn er nicht ku?rzer befristet ist, mit

Ablauf eines Jahres vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit.

Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen

Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

Die Sperre kann auf Antrag widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für seine

Erlassung nicht mehr vorliegen.

Rechtsgrundlagen

§ 360 Abs. 1 und 5 der Gewerbeordnung 1994 — GewO 1994“

1.2.  Mit Schriftsatz vom 8. März 2017 hat der Antragsteller gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und diese insbesondere mit den Anträgen verbunden, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

2.   Rechtliche Erwägungen:

2.1.  Rechtsgrundlagen:

2.1.1.  Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

2.1.2.  Die maßgeblichen Bestimmungen des VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, lauten auszugsweise:

„2. Hauptstück
Verfahren[…]2. Abschnitt
VorverfahrenAnzuwendendes Recht
§ 11.

Soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.

[…]

Aufschiebende Wirkung
§ 13.

(1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

[…]

(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

[…]

3. Abschnitt
Verfahren vor dem VerwaltungsgerichtAnzuwendendes Recht
§ 17.

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

[…]

Aufschiebende Wirkung
§ 22.

(1) […]

(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs. 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.“

2.1.3.  Gemäß § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 in der geltenden Fassung, hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

Gemäß § 360 Abs. 5 erster Satz GewO 1994 sind u.a. die Bescheide gemäß Abs. 1 sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

2.1.4.  Gemäß § 6 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

2.2.  In der Sache:

2.2.1.  Der Antrag erweist sich aus folgenden Überlegungen als unzulässig:

Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Anordnung des § 360 Abs. 5 erster Satz GewO 1994 ist der gegenständliche Bescheid sofort vollstreckbar und entfaltet somit bereits mit seiner Erlassung Rechtswirksamkeit.

Für einen Ausspruch gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG, mit welchem die Verwaltungsbehörde einer Beschwerde – gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG grundsätzlich zukommende – aufschiebende Wirkung aberkennen könnte, bleibt in der vorliegenden Fallkonstellation somit kein Raum. Die BH hat einen solchen Ausspruch auch nicht getätigt, kann doch das unter „Hinweis“ Gesagte gerade vor dem Hintergrund des § 360 Abs. 5 erster Satz GewO 1994 nicht als normativer Ausspruch, sondern eben ausschließlich als „Hinweis“ auf diese, gesetzlich angeordnete Rechtsfolge gedeutet werden.

Gemäß § 22 Abs. 2 VwGVG besteht für das Verwaltungsgericht von Amts wegen nur die Möglichkeit, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde durch Beschluss auszuschließen.

Gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag einer Partei nur Bescheide gemäß § 13 VwGVG oder Beschlüsse gemäß § 22 Abs. 1 oder 2 VwGVG aufheben oder abändern. Eine von einem Bescheid gemäß § 13 VwGVG oder einem Beschluss gemäß § 22 Abs. 1 und 2 VwGVG entkoppelte Möglichkeit, einer Beschwerde (doch) aufschiebende Wirkung zuzuerkennen besteht nach dem VwGVG somit nicht.

Auch in der GewO 1994 ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich, aufgrund derer das Verwaltungsgericht die gesetzliche Anordnung des § 360 Abs. 5 erster Satz GewO 1994 im Einzelfall suspendieren bzw. eine Partei einen darauf gerichteten Antrag stellen könnte.

Einer Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 kommt somit bereits ex lege keine aufschiebende Wirkung zu und kann die aufschiebende Wirkung mangels ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung auch im Einzelfall nicht zuerkannt werden (vgl. Wessely in: Ennöckl/Raschauer/Wessely [Hrsg.], Kommentar zur Gewerbeordnung 1994 [2015], § 360, Rz 5 zu § 360 Abs. 1 GewO 1994).

Da – mangels diesbezüglicher Rechtsgrundlage – für den vorliegenden, an das Landesverwaltungsgericht gerichteten Antrag auch keine andere Behörde zuständig ist, ist dieser gemäß §§ 17 und 31 Abs. 1 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen (vgl. zur insofern übertragbaren Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH vom 24. April 2015, 2013/17/0798).

2.2.2.  Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil sich die Entscheidung einerseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen zB VwGH vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0095, oder auch vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0194) und andererseits nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Verfahrensrecht; Antrag; aufschiebende Wirkung; gewerbliche Betriebsanlage; Betriebsschließung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.AV.325.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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