TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/25 94/17/0379

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Veröffentlicht am 25.06.1996
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Index

L34001 Abgabenordnung Burgenland;
L37161 Kanalabgabe Burgenland;
30/02 Finanzausgleich;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §198 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
FAG 1993 §15 Abs3 Z5;
KanalabgabeG Bgld §10;
LAO Bgld 1963 §1 lita;
LAO Bgld 1963 §150 Abs2;
LAO Bgld 1963 §70 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 21. Juli 1994, Zl. II-P-15-1993, betreffend Kanalbenützungsgebühren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Gattendorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer Liegenschaft in der mitbeteiligten Gemeinde, auf welcher ein denkmalgeschützes Gebäude steht. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. November 1980 wurde die Kanalanschlußverpflichtung für das Objekt festgestellt. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig. Die Herstellung des Kanalanschlusses erfolgte jedoch nicht, der Beschwerdeführer verhandelte wiederholt mit der mitbeteiligten Gemeinde hinsichtlich einer Ausnahme von der Anschlußpflicht bzw. hinsichtlich einer eigenen Lösung für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr, da seiner Auffassung nach lediglich 120 m2 des denkmalgeschützten Gebäudes für Wohnzwecke verwendbar sind. Es ergingen in der Folge auf der Basis des rechtskräftigen Bescheides betreffend die Anschlußverpflichtung verschiedene bescheidmäßige Festsetzungen der Kanalbenützungsgebühr. Für die Beschwerdesache von Bedeutung ist die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Februar 1993. Diese Vorschreibung erfolgte mit einem als "Abgabenbescheid/Lastschriftanzeige" bezeichneten Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde, die nach der genannten Überschrift wie folgt lautet:

"Die beiliegende Vorschreibung gilt als Abgabenbescheid, wenn Kanalbenützungsgebühren, Kanalanschlußgebühren, Grundsteuer von den landwirtschaftlichen Betrieben (a) und Grundsteuer von Grundstücken (b), Hundeabgabe, Säumniszuschlag, Verspätungszuschlag und Mahngebühr vorgeschrieben werden."

Nach einem nur die Grundsteuer A und B betreffenden Satz lautet der Bescheid:

"Hinsichtlich Kanalbenützungsgebühren, Kanalanschlußgebühren und Hundeabgabe wird auf die Verordnung des Gemeinderates vom 29.1.1993, Zl. 5/1993 verwiesen."

Im übrigen enthält dieses Schreiben nur eine Rechtsmittelbelehrung und die (eigenhändige) Fertigung durch den Bürgermeister. Die in dem Schreiben bezogene Vorschreibung ist im vorgelegten Gemeindeakt nicht enthalten. Es ist daher aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich, auf welches Jahr sich die Vorschreibung beziehen sollte. Nach der Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde betrifft von dem insgesamt vorgeschriebenen Betrag von S 33.727,26 ein Teilbetrag von S 1.815,83 die Jahresvorschreibung für 1993. Der übrige, nicht näher definierte Betrag betreffe offenbar einen Anschlußbeitrag für die Errichtungskosten der Ortskanalisation, welche Errichtungskosten gemäß einer Verordnung des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. April 1994 ebenfalls unter dem Titel "Kanalbenützungsgebühr" eingehoben worden seien.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid. Mit Bescheid vom 14. Juli 1993 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung (nachdem eine Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde ergangen war und der Berufungswerber einen Vorlageantrag gestellt hatte) als unbegründet ab. Begründend wird in diesem Bescheid ausgeführt, daß der Beschwerdeführer rechtskräftig zum Anschluß an die bescheidmäßig bewilligte Kanalisationsanlage der Gemeinde verpflichtet worden sei. Das Kanalnetz der Gemeinde sei 1986 fertiggestellt worden und die Möglichkeit zum Anschluß an das öffentliche Kanalnetz damit geschaffen worden. In der Folge geht die Bescheidbegründung auf Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend die Durchnässung des Objektes und Fragen der Funktionsfähigkeit des Gemeindekanals ein. Es werden die örtlichen Verhältnisse hinsichtlich der Lage des Kanals im Vergleich zum Fußbodenniveau des Erdgeschoßes des anschlußpflichtigen Objekts dargestellt und daran anschließend die Feststellung getroffen, daß einem Anschluß an das Kanalnetz im gegenständlichen Falle nichts entgegengestanden sei. In Anbetracht dessen, daß in der Gemeinde alle Bürger gleich behandelt würden und aufgrund der Tatsache, daß das Haus bewohnt werde und sowohl Schmutz- als auch Niederschlagswässer anfielen, die Senkgrube bereits seit Jahren aufzulassen gewesen sei und lediglich der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sei, werde kein Grund für eine Befreiung von der Kanalbenützungsgebühr gesehen. Daher sei die Berufung abgewiesen worden. Eine Darstellung der Berechnungsgrundlagen für die Abgabe enthält auch dieser Bescheid nicht.

Aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers (in der u.a. ausdrücklich das Fehlen von Angaben darüber, welche Faktoren bei der Berechnung der Abgabe herangezogen wurden, gerügt wurde) erging der nunmehr angefochtene Bescheid. Die belangte Behörde wies mit diesem Bescheid die Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führt die belangte Behörde unter Hinweis auf "§ 15 Abs. 3 Z. 5 des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes" aus, daß die Gemeinden ermächtigt seien, für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen Gebühren auszuschreiben und einzuheben. Grundlage für die Einhebung einer Kanalbenützungsgebühr sei eine Abgabenverordnung, eine solche Verordnung habe der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde beschlossen. Die Verordnung sei ordnungsgemäß kundgemacht und vom Amt der burgenländischen Landesregierung als Aufsichtsbehörde geprüft worden. Gemäß § 11 Kanalabgabengesetz 1955 entstehe der Abgabenanspruch mit Beginn des Monats, in dem erstmalig die Benützung der Kanalisationsanlage möglich sei. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1989, Zl. 87/17/0010-0012, wird dargelegt, daß Kanalbenützungsgebühren im Burgenland den Zweck verfolgten, den Betrieb und die Instandhaltung der Kanalisationsanlage zu sichern, die Finanzierungskosten für die Errichtung oder Änderung von Kanalisationsanlagen abzudecken, die Errichtungskosten der Kanalisationsanlage unter Berücksichtigung einer ihrer Art entsprechenden Lebensdauer zu tilgen und eine Erneuerungsrücklage (von höchstens 3 v.H. der Errichtungskosten) zu bilden. Dies gelte weitgehend auch für Grundeigentümer, die von der durch den Anschluß grundsätzlich eröffneten Möglichkeit zur Einleitung von Abwässern in die Gemeindekanalisationsanlage tatsächlich nicht Gebrauch machten. Der Abgabenanspruch sei daher im vorliegenden Fall entstanden. Voraussetzungen für die Befreiung von der Anschlußpflicht lägen nicht vor bzw. sei bescheidmäßig die Anschlußverpflichtung ausgesprochen worden. Auch im Einwand, es seien keine Feststellungen betreffend Gebührenvorschreibungen getroffen worden, "vermöge der Vorstellungswerber nichts für seinen Standpunkt zu gewinnen." Dies vor allem deshalb, da als ausreichend angesehen werden könne, wenn diese Daten im Gemeindeakt über die Verordnungsgebung enthalten seien und die Überprüfung, bzw. Nachvollziehung der befugten Stellen (Aufsichtsbehörde, Kontrollausschuß) dermaßen möglich sei.

Es liege auch keine Verjährung vor. Auch die Einwendungen hinsichtlich der Beeinträchtigungen von Denkmalschutzinteressen gingen ins Leere bzw. seien durch das gemeindebehördliche Verfahren widerlegt worden. Es lägen daher keine Verletzungen subjektiver Rechte vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit im Hinblick auf die Nichtbeachtung der Verjährung gemäß § 2 Abs. 7 Kanalabgabengesetz und die verfehlte Berechnung des Ausmaßes der Abgabe im Hinblick auf § 5 Kanalabgabengesetz geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die in § 10 des Gesetzes vom 25. Juni 1984 über die Einhebung von Kanalabgaben (Kanalabgabegesetz - KAbG), LGBl. für das Burgenland Nr. 41/1984, idF LGBl. Nr. 37/1990, geregelten Kanalbenützungsgebühren sind Gemeindeabgaben im Sinne des § 15 Abs. 3 Z. 5 Finanzausgleichsgesetz 1993, BGBl. Nr. 30. Gemäß § 1 lit. a der Burgenländischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963, idF LGBl. Nr. 24/1983 (im folgenden: Bgld LAO), ist im Verfahren zur Festsetzung der Kanalbenützungsgebühren daher die Bgld LAO anzuwenden.

§ 150 Bgld LAO lautet:

"§ 150

(1) Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.

(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit."

Die belangte Behörde hat sowohl in der Begründung des angefochtenen Bescheides als auch in der Gegenschrift die Auffassung vertreten, daß es ausreichend sei, wenn die erforderlichen Daten im Gemeindeakt über die Verordnungsgebung enthalten seien und auf diese Weise eine Überprüfung möglich sei. Die belangte Behörde verkennt dabei, daß § 150 Abs. 2 Bgld. LAO erfordert, daß die im Einzelfall für die Berechnung der Abgabenschuldigkeit ausschlaggebenden Faktoren anzugeben sind. Eine ausschließliche Bezugnahme auf Daten, die im Zuge der Verordnungserlassung etwa für die Festsetzung der Höhe der jährlichen Kanalbenützungsgebühr maßgeblich sind, ist schon im Hinblick darauf ungenügend, daß für die Abgabenfestsetzung nicht nur die Kenntnis des verordnungsmäßig festgesetzten Beitrages oder Beitragsschlüssels erforderlich ist, sondern auch die Kenntnis der im Einzelfall maßgeblichen Daten (die von der Behörde als für die Entscheidung maßgebender Sachverhalt zu ermitteln und gemäß § 150 Abs. 2 Bgld LAO im Spruch des Bescheides anzugeben bzw. gemäß § 70 Abs. 3 Bgld LAO in der Begründung des Bescheides darzustellen sind). Es ist "für die Nachvollziehung der ziffernmäßigen Richtigkeit" , keinesfalls ausreichend, wenn - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt - "der Anschlußbeitrag vorher bescheidmäßig vorgeschrieben und dem Verpflichteten daher bekannt sein muß". Die belangte Behörde verkennt dabei, daß es im Beschwerdefall gerade um die bescheidmäßige Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr geht und eine derartige bescheidmäßige Vorschreibung § 150 Abs. 2 Bgld LAO entsprechen muß. Die bloße Übermittlung einer Lastschriftanzeige mit einem Begleitschreiben des oben wiedergegebenen Inhalts genügt diesen Anforderungen nicht (im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Bemessungsgrundlagen auch der Zeitraum gehört, für den die jeweiligen Abgaben vorgeschrieben werden; vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1993, Zl. 90/17/0339).

Im Hinblick darauf, daß auch der Berufungsbescheid keinerlei Angaben darüber enthält, wie sich die vorgeschriebene Abgabe errechnet, leiden die Gemeindebescheide an einem Verfahrensmangel im Hinblick auf § 150 Abs. 2 Bgld LAO. Da die belangte Behörde ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht diesen Verfahrensmangel nicht wahrgenommen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Auf die Beschwerdeausführungen zur Verjährung und zu Fragen der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des Hauses, welches nur mehr im Hinblick auf den Denkmalschutz in seiner Gesamtheit erhalten werde, konnte wegen der Mängel der Abgabenfestsetzung nicht eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994170379.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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