TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/12 LVwG-S-2045/001-2020

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Veröffentlicht am 12.01.2022
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Entscheidungsdatum

12.01.2022

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §81
GewO 1994 §366 Abs1 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Sonja Dusatko als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 17.09.2020, ***, betreffend eine Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die von der Behörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 600,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 56 Stunden) auf den Betrag von 150,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) herabgesetzt wird.

2.   Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens werden mit 15,-- Euro neu festgesetzt.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 19, 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 165,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen hat die Polizeiinspektion *** um Erhebung ersucht, ob beim generalgenehmigten Einkaufszentrum C vor der Betriebsanlage im Bereich der Auslagen Verkaufskörbe aufgestellt sein. Dazu hat die Polizeiinspektion *** am 14.02.2019 um 9:15 Uhr eine Erhebung durchgeführt und in ihrem Bericht vom 14.02.2019 ausgeführt, dass bei der D GmbH, E GmbH und F GmbH vor den Lokalen Verkaufskörbe, Paletten als auch Regale vorgefunden worden sein. Dazu hat die Polizeiinspektion *** sieben Lichtbilder übermittelt, in denen Übersichtsaufnahmen und Nahaufnahmen der E Filiale, der D Filiale und der F Filiale ersichtlich sind.

Am 15.05.2019 hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen in einer Strafverfügung dem Beschwerdeführer die Übertretung wie im angefochtenen Bescheid vorgeworfen.

Der Beschwerdeführer hat dagegen rechtzeitig Einspruch erhoben und in seiner Rechtfertigung vorgebracht, dass aus den Lichtbildern ersichtlich sei, dass vor den vollständig geschlossenen und überdachten Geschäftsfronten der genannten Shops - nicht jedoch in Bereichen, wo ein Durchgang ist und/oder eine Fluchtwegsöffnung angelegt ist - Waren zur Präsentation aufgestellt seien.

Der Beschwerdeführer als Vermieter habe den Mietern das Aufstellen von Waren oder ähnlichen Dingen im Einvernehmen mit ihm grundsätzlich ermöglicht, jedoch habe er mit den Mietern dazu vereinbart, dass, falls erforderlich, alle weiteren behördlichen Genehmigungen, welche zum Betrieb des jeweiligen Handelsbetriebes erforderlich sein, vom Mieter zu erwirken seien. Ebenso sei auch vereinbart worden, dass vom Mieter allfällige Auflagen betreffend Brandschutz etc. zu erfüllen seien. Dazu werde als Beispiel der Mietvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der F GesmbH, Objekt Top ***, vorgelegt. Aufgrund dieser Absprachen sei der Beschwerdeführer davon ausgegangen, dass im Rahmen der Spezialgenehmigungen die Mieter auch diese Genehmigung erwirkt hätten. Erst durch das vorliegende gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren sei er zur Kenntnis gelangt, dass offenbar die diesbezüglichen Genehmigungen durch die Mieter nicht vorlägen.

Tatsächliche konkrete Gefährdungen oder negative Folgen habe es im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es liege weder eine abstrakte noch eine konkrete Gefährdung vor. Der Beschwerdeführer werde sich trotzdem aus aktuellem Anlass um die diesbezüglichen Genehmigungen in Absprache mit den Mietern bemühen.

In den beigefügten Vertrag ist unter Punkt 16,19 und 33 Folgendes angeführt:

„16) Bauliche Veränderung:

Bauliche Veränderungen innerhalb und außerhalb des Mietobjektes dürfen nur mit schriftlicher Zustimmung der Vermieterseite vorgenommen werden. …..

19) Werbung: Das Anbringen von Werbeschildern oder ähnlichen Gegenständen außerhalb des Mietobjektes, und eine teilweise oder gänzliche optische Veränderung des Portals oder ganzer Außenmauern des Mietobjektes sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Vermieterseite zulässig. Ein entsprechendes Werbekonzept wird vom Mieter vorgestellt. Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist wieder der Zustand wie bei Vertragsbeginn herzustellen, bzw. wird dies auf Kosten des Mieters in Auftrag gegeben.

Das Aufstellen von Waren oder ähnlichen Dingen ist ebenso nur im Einvernehmen mit dem Vermieter möglich.

Ein ungehindertes Befahren der Straße und das Parken muss jederzeit gewährleistet sein.

33) Betriebsstättengenehmigung: falls erforderlich und alle weiteren behördlichen Genehmigungen, welche zum Betrieb eines Handelsbetriebes erforderlich sind, sind vom Mieter zu erwirken. Wenn aufgrund leicht brennbarer Warensortimente von Behördenseite zusätzliche Brandschutzmaßnahmen erforderlich sind, sind diese vom Mieter zu erwirken und zu finanzieren.“

Am 19.09.2019 hat die Polizeiinspektion *** eine weitere örtliche Überprüfung durchgeführt und in ihrem Bericht vom 19.09.2019 ausgeführt, dass bei der D GmbH, E GmbH und F GmbH vor den Verkaufslokalen Verkaufskörbe, Paletten als auch Regale vorgefunden worden sein. Dem Bericht waren fünf Fotos angeschlossen, die die Verkaufskörbe vor dem E, vor der D Filiale und vor der F Filiale zeigen. Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen hat dem Beschwerdeführer diese Unterlagen übermittelt und ihn aufgefordert, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten bekanntzugeben, widrigenfalls von keinen für ihn ungünstigen Bedingungen (ohne diese allerdings näher zu definiere) und einem monatlichen Einkommen von € 2000 ausgegangen werde.

Der Beschwerdeführer hat dazu mit Schreiben vom 09.10.2019 in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass sich aus den Fotos ergäbe, dass die vorgesehenen Fluchtwege jedenfalls frei und ungehindert zur Verfügung gestanden seien. Aufgrund der teilweise perspektivischen Aufnahmen sei dies nicht klar erkennbar. Dort wo Fotos „frontal“ aufgenommen worden seien, sei die freie Verfügbarkeit des Fluchtweges erkennbar. Es habe keine Gefahr für Leib und Leben für Mitarbeiter oder Kunden bestanden. Der Fluchtweg befinde sich nicht bei entlang der Geschäftsfront aufgestellten Körbe. Die Warenkörbe seien überdies mit Radfeststellbremsen gesichert aufgestellt. Der Beschwerdeführer werde die erforderlichen Schritte betreffend einer Genehmigung setzen.

Mit Schreiben vom 23.10.2019 hat der Beschwerdeführer acht Fotos vorgelegt und dazu ausgeführt, dass sich daraus ergäbe, dass durch die positionierten Schüttboxen keinerlei Fluchtwege betroffen seien und diese nicht eingeschränkt worden seien. Auf dem Foto sind die E Filiale, die D Filiale und die F Filiale in Frontalaufnahme ersichtlich. Ebenso sind dort links und rechts des jeweiligen Einganges zur Filiale Paletten bzw. Verkaufskörbe, zum Teil mit Rollen versehen, ersichtlich.

Mit Schreiben vom 09.01.2020 hat der Beschwerdeführer die Aufstellung von Warenkörben entlang der jeweiligen Portale bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen angezeigt. Der bautechnische Amtssachverständige hat dazu ausgeführt, dass die Projektunterlagen aus technischer Sicht nicht ausreichend beurteilbar seien.

In einer Stellungnahme vom 23.06.2020 hat der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er sich durch die in den Mietverträgen enthaltenen Vereinbarungen, wonach sich die Mieter um allfällige Genehmigungen betreffend Aufstellung von Warenkörben, verkaufsfördernde Flächen im Freibereich selbst zu kümmern haben, nicht für die Einholung weiterer Genehmigungen verpflichtet sehe und dies nicht in seinem Verantwortungsbereich liege. Erst mit der vorliegenden Strafverfügung habe der Beschwerdeführer Kenntnis erlangt, dass sich die Mieter nicht an die mit Mietvertrag vereinbarten Vorgaben und Vereinbarungen gehalten hätten. Somit treffe ihn kein Verschulden an der Übertretung. Unabhängig davon habe er sich zum Schutz der Kunden als auch der Mieter um eine entsprechende Änderung der Generalgenehmigung gekümmert und diese beantragt. Überdies werde darauf hingewiesen, dass es üblich sei, in Einkaufszentren oder Fachmarktzentren Warenkörbe zur Verkaufsförderung vor den Geschäftsportalen aufzustellen, dies natürlich unter Wahrung der Gangbreiten und Fluchtwege. Dies werde auch üblicherweise von den Behörden geduldet. Der Beschwerdeführer legte dazu das Ansuchen um Änderungsgenehmigung vor.

In weiterer Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 17.09.2020, ***, wurde dem Beschwerdeführer folgendes vorgeworfen:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:      14.2.2019 bis 19.9.2019

Ort:              Betriebsanlage in ***, ***, Grundstück Nr. ***, KG ***

Tatbeschreibung:

Sie haben als gewerberechtlicher Geschäftsführer der G Gesellschaft m.b.H. im Standort Fachmarktzentrum (C) in ***, ***, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Gewerbeinhaber folgende Verwaltungsübertretung begangen hat:

Sie hat es als Gewerbeinhaberin des Fachmarktzentrums "C" in ***, ***, zu verantworten, dass die mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen, zuletzt vom 19.1.2017, Zahl ***, generalgenehmigte Betriebsanlage Fachmarktzentrum für Verkaufsstätten in geänderter Form, insbesondere durch das Aufstellen von Verkaufskörben, Paletten und Regalen außerhalb der Verkaufsräume im überdeckten Freibereich durch die Firma D GmbH (Top ***) und durch die Firma F GmbH (Top ***) im Bereich des Windfangs, betrieben wurden, ohne die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung erlangt zu haben, die notwendig ist, da durch die oben angeführten Änderungen unter anderem das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebs gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn gefährdet werden kann.

Anlässlich von Erhebungen beim generalgenehmigten Fachmarktzentrum "C" in ***, ***, durch Beamte der Polizeiinspektion *** am 14.2.2019 um 09.15 Uhr und am 19.9.2019 um 09:10 Uhr wurde beim Top *** (D Verkaufsshop) festgestellt, dass Lagerungen durch Aufstellen von Verkaufskörben und Regalen außerhalb des Verkaufsraumes im überdeckten Freibereich vorgenommen wurden. Beim Top *** (F) wurde festgestellt, dass Lagerungen durch Aufstellen von Verkaufskörben, Paletten sowie Regalen außerhalb des Verkaufsraumes im Bereich des Windfangs vorgenommen wurden.

Die generalgenehmigte Betriebsanlage wurde zumindest in der Zeit von 14.2.2019 bis 19.9.2019 in der o.a. geänderten Form betrieben, obwohl die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung nicht vorgelegen ist.

Die Bewilligungspflicht ergibt sich durch §§ 81 Abs. 1 iVm 74 Abs. 2 Z. 1 Gewerbeordnung 1994, weil die o.a. Änderungen geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen, der Kunden oder der Nachbarn zu gefährden, da die gegenständlichen Verkaufskörbe, Paletten und Regale ( teilweise brennbare Lagerungen von Gegenständen) im unmittelbaren Nahebereich der (Not)Ausgänge der jeweiligen Geschäfte und auf Fluchtwegen derart abgestellt waren, dass die Fluchtwegsbreiten eingeengt waren und dies eine immanente Gefahr für Leib und Leben der ArbeitnehmerInnen aber auch KundInnen besteht.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 366 Abs.1 Z.3 Gewerbeordnung 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von   falls diese uneinbringlich ist,  Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 600,00  56 Stunden   § 366 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994“

Weiters wurde gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Kostenbeitrag von (zusätzlich) 60 € vorgeschrieben.

Bei der Strafbemessung wurde mildernd die Unbescholtenheit berücksichtigt, erschwerend wurden keine Gründe angenommen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Dagegen hat der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens beantragt.

Begründend hat er vorgebracht, dass die Feststellungen der belangten Behörde sich auf unberechtigte und unzulässige Annahmen und somit unrichtige Beweiswürdigung gründen würden. Weder das Beweisverfahren noch die von der Behörde getroffenen Feststellungen würden ergeben, dass jemals Verkaufskörbe, Paletten und Regale derart im unmittelbaren Nahbereich der Notausgänge der jeweiligen Geschäfte und auf Fluchtwegen abgestellt gewesen wären, dass die Fluchtwegsbreiten eingeengt gewesen seien und somit immanente Gefahr für Leib und Leben der Arbeitnehmer und Kunden bestanden hätte bzw. bestehen hätte können.

Aus den von der Polizei bzw. vom Beschwerdeführer vorgelegten Lichtbildern, hätten sich keine Einengungen der Fluchtwege ergeben. Dazu finde sich auch im festgestellten Sachverhalt und der Beweiswürdigung nichts. Somit sei aber auch die von der Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung angenommene abstrakte Gefährdung nicht vorliegend gewesen, ebenso wenig eine konkrete Gefährdung.

Weder die Fluchtwege noch die Fluchtwegsituation seien durch die aufgestellten

Verkaufskörbe, Paletten oder Regale im überdeckten Freibereich jemals eingeengt gewesen. Die würden auch die im Akt vorliegenden Lichtbilder beweisen.

Auch jetzt nach Einholung der entsprechenden Genehmigungen sei festzustellen, dass sich die Aufstellsituation zu den seinerzeitigen Aufstellungsorten in Bezug auf Fluchtweg und Fluchtwegsituationen, oder Ähnlichem, nicht geändert habe.

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens, aber auch der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen im Zusammenhalt mit dem Umstand, dass keinerlei Gefährdungen vorgelegen seien, geschweige denn, tatsächlich nachteilige Folgen eingetreten seien, sei die ohne vorherige Abmahnung erfolgte Bestrafung durch die belangte Behörde rechtlich nicht korrekt.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das LVwG NÖ hat in das Firmenbuch und Gewerberegister, sowie ins Grundbuch Einsicht genommen und bei der belangten Behörde die Projektunterlagen für die Genehmigungsbescheide angefordert. Die belangte Behörde hat diese Unterlagen sowie den nachfolgenden Genehmigungsbescheid vom 10.09.2020 samt Projektunterlagen übermittelt.

Das LVWG NÖ hat am 21.12.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Beschwerdeführer vernommen wurde und der bautechnische Amtssachverständige H und der brandschutztechnische Amtssachverständige I zu Folgendem Beweisthema ein Gutachten abgegeben haben:

„Beweisthema:

Ist aus den Polizeiberichten (samt Fotos) vom 14.02.2019 und vom 19.09.2019 und den Fotos, die der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23.10.2019 vorgelegt hat, ersichtlich,

- dass die Betriebsanlage entgegen dem genehmigten Konsens (Bescheid vom 19.01.2017 *** und Bescheid vom 25.10.2011, ***) wie im angefochtenen Straferkenntnis vom 17.09.2020, *** angeführt, betrieben wurde?

- dass durch den auf den Fotos dokumentierten Betrieb die im

§ 74 Abs. 2 GewO genannten Interessen (insbesondere Brandschutz, Schutz von Kunden, Arbeitnehmern) gefährdet sind?

Weiters wird um Darstellung ersucht, ob und wo Unterschiede in der Betriebsweise, wie auf den Fotos des Polizeiberichtes vom 14.02.2019 und vom 19.09.2019 und den Fotos, die der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23.10.2019 vorgelegt hat, im Verhältnis zu der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 10.09.2020, ***, genehmigten Betriebsweise ersichtlich sind und was dies für das Gefahrenelement bedeutet.“

 

Der bautechnische Amtssachverständige H und der brandschutztechnische Amtssachverständige I haben in der mündlichen Verhandlung dazu Folgendes ausgeführt:

„Im Generalgenehmigungsbescheid der BH Neunkirchen vom 25.10.2011 wurde in den Projektunterlagen des Planverfassers Baumeister J in der Grundrissdarstellung eingetragen, dass zwischen den Tops *** im überdachten Freibereich keine Lagerungen bzw. verkaufsfördernden Flächen vorhanden sind. Im Änderungsgenehmigungsbescheid der BH Neunkirchen, auf den sich der Bescheid vom 19.01.2017 bezieht, sind ebenfalls im Grundrissplan zwischen den Mietlokalen 5-8 sowie im Bereich der Mietlokale 2-4 im überdeckten Freibereich keine zusätzlichen Lagerungen oder verkaufsfördernden Flächen in den Projektunterlagen eingetragen.

Im Bereich der inneren Gebäudeecke beim Stiegenhaus ist aufgrund der Brandausbreitung ein Brandschutzschiebetor beim Top *** eingetragen. In diesem Bereich ist aufgrund der Brandübertragung zwischen den beiden Brandabschnitten jedenfalls eine Lagerung bzw. die Aufstellung von verkaufsfördernden Flächen unzulässig. Aus den vorliegenden Fotos des Polizeiberichtes vom 14.02.2019 bzw. 19.09.2019 ist erkennbar, dass in den freizuhaltenden Bereichen Sonderplazierungen sowie zusätzliche verkaufsfördernde Flächen vorhanden waren. Aus diesen Fotos ist erkennbar, dass die Gitterboxen, welche teilweise auf Räder aufgestellt wurden, nicht gegen Abrollen und gegen Verschieben gesichert waren und direkt im Bereich von Fluchtwegen und den Notausgängen aufgestellt waren. Somit sind jedenfalls die Anforderungen entsprechend §§ 19 und 20 Arbeitsstättenverordnung beeinträchtigt.

In der nunmehr erwirkten Änderungsgenehmigung welche mit Bescheid der BH Neunkirchen vom 10.09.2020 erteilt wurde, sind in den Projektunterlagen die zusätzlichen verkaufsfördernden Flächen in rosa eingetragen, die freizuhaltenden Verkehrs- und Fluchtwege sind in grün eingetragen und weisen zwischen den einzelnen Tops und den zusätzlichen verkaufsfördernden Flächen einen Mindestabstand von 1,80 m auf. In der Projektbeschreibung zu den Projektunterlagen sind genau jene Produkte beschrieben, welche im Bereich dieser zusätzlichen verkaufsfördernden Flächen nicht gelagert werden dürfen.“

Aufgrund dieses Gutachtens und nach Erörterung der Rechtslage schränkte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung die Beschwerde auf eine Beschwerde gegen die Strafhöhe ein.

4.   Feststellungen:

Der Verfahrensablauf ist im.1 dargestellt.

Mit Bescheid vom 25.10.2011, ***, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen der G Gesellschaft m.b.H. die gewerbebehördliche Generalgenehmigung für die Erweiterung des Fachmarktzentrum im Standort ***, Grst. Nr. ***, KG ***, ***, unter Verweis auf eine näher angeführte Projektbeschreibung und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

In der Projektbeschreibung ist vorgesehen, dass jedes der Tops einen eigenen brandschutzmäßigen Brandabschnitt bildet und mit entsprechenden Trennwänden ausgebildet ist. Weiters sind zum Teil die einzelnen Tops und deren bautechnische und brandschutztechnische Ausgestaltung beschrieben. Weder aus der Projektbeschreibung noch aus den mit der Bescheidklausel des Genehmigungsbescheides vom 25.10.2011 versehenen Plänen ist ersichtlich, dass vor den Tops bzw. vor den Eingängen Lagerungen genehmigt sind.

Mit Bescheid vom 19.01.2017, ***, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen der G Gesellschaft m.b.H. die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung des Fachmarktzentrum (C) durch Zu-und Umbauten (***) sowie durch Errichtung und Betrieb eines Personenaufzuges (***) im Standort ***, ***, Grst. Nr. ***, KG ***, unter Verweis auf eine näher angeführte Projektbeschreibung und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Dieser Bescheid hat auch im Betreff „Änderung der Generalsgenehmigung“ angeführt. Es ist eine bau- und brandschutztechnische sowie maschinenbautechnische Beschreibung für die Gesamtanlage enthalten. Vorgesehen sind für die einzelnen Geschäfte (Tops), sofern erforderlich, Spezialgenehmigungen. Weder aus der Projektbeschreibung noch aus den mit der Bescheidklausel des Genehmigungsbescheides vom 19.01.2017 versehenen Plänen ist ersichtlich, dass vor den Tops bzw. vor den Eingängen Lagerungen genehmigt sind.

Mit Bescheid vom 10.09.2020, ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen die Anzeige der G Gesellschaft m.b.H. vom 09.06.2020 über die Änderung der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage im Standort ***, ***, durch näher angeführte Maßnahmen (Errichtung von Verkaufsflächen im Freibereich) zur Kenntnis genommen. Dem vorausgegangen war ein entsprechender Antrag des Beschwerdeführers und eine zunächst negative Beurteilung des bautechnischen Amtssachverständigen aufgrund der die Projektunterlagen so geändert wurden, dass eine positive Bau und brandschutztechnische Beurteilung möglich war.

In der Projektbeschreibung dieses Bescheides vom 10.09.2020, ***, ist Folgendes vorgesehen:

„Bei dem Einkaufszentrum C ist im Freibereich bei der überdeckten Fläche (Laubengang) die Aufstellung von verkaufsfördernden Flächen mit Gitterkörben vorgesehen. Die Aufstellung soll im Bereich der Achsen *** wie im Bereich der Achsen *** bis zum Top *** (ehemaliger F verkaufsmarkt) erfolgen. Die Breite der verkaufsfördernden Flächen in den Einreichunterlagen mit einer Breite von 1,20 m angegeben. Die verbleibende Fluchtwegsbreite bzw. Durchgangsbreite zwischen dem Glasportal und den neuen Gitterkörben ist in den Einreichunterlagen mit einer Breite von zumindest 1,80 m angegeben. Die Höhe dieser neuen Gitterkörbe ist in den Einreichunterlagen mit einer Höhe von 1,40 m angegeben. In den Einreichunterlagen ist zusätzlich noch ein Belichtungsnachweis, dass die neuen Gitterkörbe unter 45 Grad keine Beeinträchtigung der Belichtungsflächen beim Vordach darstellen, beigelegt.

Beschreibung der Änderungen:

im bestehenden Außenbereich = Freibereich unter dem vorhandenen Vordach (Laubengang) soll zukünftig eine zusätzliche Warenpräsentation für die jeweiligen Mieter möglich sein.

Verkaufsfördernde Flächen neu:

Die Bereiche der sogenannten „verkaufsfördernden Flächen“ unter dem Vordach sind in den Projektunterlagen mit einer hellroten Fläche hinterlegt, somit sind die Stellflächen von der Länge, der Breite und der Höhe genau definiert.

Belichtung-und Sichtverbindungsflächen der Glasfassade bleiben uneingeschränkt vorhanden:

Um Belichtungsflächen zukünftig nicht einzuschränken, werden die „Verkaufsfördernden Flächen“ am Rande des Vordach ausgeführt, sodass Richtung Glasfassade der jeweiligen Mietlokale die freien Sichtflächen uneingeschränkt bleiben.

Fluchtwege/Hauptverkehrswege gewährleistet:

Ebenso bleibt ein durchgehender Hauptverkehrsweg zwischen der Glasfassade und Beginn der „verkaufsfördernden Flächen“ von ein, 80 m lichte übrig, welcher immer freizuhalten ist. Somit sind sämtliche Fluchtwege aus den mit lokalen sowie aus dem Stiegenhaus dauerhaft sichergestellt.

Warenpräsentation im Bereich der verkaufsfördernden Flächen:

sind bis zu einer maximalen Höhe von ca. ein, 40 m und Breite von 1,20 m möglich, ausgenommen Waren/Artikel, welche unten beispielhaft angeführt sind:

-    keine brennbaren Flüssigkeiten gemäß VbF

-    keine brennbaren Flüssigkeiten auch außerhalb der VbF

-    keine Druckgaspackungen (Aerosole … etc.)

-    keine Grillanzünder

-    keine alkoholhältigen Konzentrate bis 80 % wie Scheibenfrostschutz etc.

-    keine Brennpasten

-    keine Grillanzünder

-    kein Propangas o. explosionsgefährdeten Artikel

bzw. alle Artikel bzw. waren, welche den Kundenverkehr diesbezüglich auf irgendeine Weise einschränken könnte. (Brandgefahr, Fluchtwegeinschränkung etc. …)

Die neuen verkaufsfördernden Flächen werden in den zu ändernden Brandschutzplan mit aufgenommen. Es wird ebenfalls in der Brandschutzordnung vermerkt werden, dass keine wie in der Beschreibung detailliert aufgelistet brennbaren Flüssigkeiten oder sonstige brandfördernden Stoffe in diesem Bereich gelagert bzw. zum Verkauf angeboten werden.“

Der Beschwerdeführer ist seit 01.08.1998 selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der G Gesellschaft m.b.H., eingetragen im Firmenbuch des Landesgerichtes *** unter FN ***. Die G Gesellschaft m.b.H. ist seit 08.05.2000 Inhaberin des Handels- und Handelsagentengewerbes mit einer weiteren Betriebsstätte in ***, ***. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist seit 08.05.2000 der Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2022 die Beschwerde auf eine Beschwerde gegen die Strafhöhe eingeschränkt und die Übertretung somit inhaltlich eingestanden.

Der Beschwerdeführer hat ein Einkommen von ca. 2.400 € netto monatlich. Er ist Eigentümer des Grundstückes, auf dem sich das Einkaufszentrum befindet. Dort sind noch Kredite aushaftend in der Höhe von ca. 2.000.000 €. Er hat keine Sorgepflichten.

5.   Beweiswürdigung:

Der Verfahrensablauf ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Die Genehmigungen ergeben sich aus den von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vorgelegten Bescheiden sowie den Projektunterlagen dazu. Die Daten betreffend Firmenbuch und Gewerberegister sind aus dem für das LVwG NÖ online verfügbaren Firmenbuch und Gewerberegister ersichtlich. Die persönlichen Verhältnisse gründen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers.

6.   Erwägungen:

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

§ 74 Abs. 1 und 2 GewO bestimmt Folgendes:

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

§ 356 e GewO bestimmt über Generalgenehmigungen Folgendes:

(1) Betrifft ein Genehmigungsansuchen eine verschiedenen Gewerbebetrieben zu dienen bestimmte, dem § 356 Abs. 1 unterliegende Betriebsanlage (Gesamtanlage) und wird in diesem Genehmigungsansuchen ausdrücklich nur eine Generalgenehmigung beantragt, so ist die Genehmigung hinsichtlich der nicht nur einem einzelnen Gewerbebetrieb dienenden Anlagenteile (wie Rolltreppen, Aufzüge, Brandmeldeeinrichtungen, Sprinklereinrichtungen, Lüftungseinrichtungen) zu erteilen (Generalgenehmigung) und bedarf die Anlage eines Gewerbebetriebes in der Gesamtanlage, sofern sie geeignet ist, die Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 zu berühren, einer gesonderten, den Bestand der Generalgenehmigung für die Gesamtanlage voraussetzenden Genehmigung (Spezialgenehmigung).

(2) Mit dem Erlöschen der Generalgenehmigung erlischt auch die Spezialgenehmigung.

Für die vorliegende Betriebsanlage besteht eine Generalgenehmigung und zum Teil für einzelne Shops Spezialgenehmigungen.

Im vorliegenden Fall geht es um Lagerungen bzw. Verkaufskörbe die vor den einzelnen Shops und somit auf einer Fläche, die der Generalgenehmigung zugeordnet ist, aufgestellt sind. Wenn Anlagenteile nicht nur innerhalb einzelner Gewerbebetriebe gelegen sind, müssen sie der Generalgenehmigung zugerechnet werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.12.1994, 94/04/0162, 8.11.2000, 2000/04/0157) reicht bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, Gefährdungen, Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO herbeizuführen, um die Genehmigungspflicht zu begründen. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen bestehen, ist im Genehmigungsverfahren zu prüfen.

Tatbestandselement nach § 74 Abs. 2 GewO ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung.

Im vorliegenden Fall können durch Lagerungen oder aufgestellte Warenkörbe, (die zum Teil nicht gegen Verschieben und Abrollen gesichert sind) Personen, die gleichzeitig das Lokal (z. B. im Falle eines Brandereignisses) verlassen müssen, in ihrer Gesundheit gefährdet sein, wenn beim Verlassen des Lokales Dinge „im Weg stehen“. Beim Verlassen eines Lokales durch mehrere Personen muss auch berücksichtigt werden, dass dabei allenfalls körperlich nicht fitte Personen, die nur eine eingeschränkte Gehgeschwindigkeit haben, oder Kleinkinder bzw. Kinderwägen an sich im Ausgangsbereich zu einem „Stau“ führen können. Im Sinne der Vermeidung ihrer Gefährdung müssen zusätzliche Hindernisse vermieden werden. Überdies kann die Lagerung bestimmter Waren durch ihre besondere Eigenschaft eine erhöhte Brandlast bewirken. Eine konkrete Eignung liegt also vor.

Der Beschwerdeführer hat zunächst vorgebracht, dass die geänderte Betriebsanlage mit geringfügigen Adaptierungen genehmigungsfähig war. Es ist genau Aufgabe eines gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens bzw.- eines Änderungsgenehmigungsverfahrens - unter Beziehung der entsprechenden Sachverständigen – festzustellen ob und unter welchen Voraussetzungen bzw. Vorschreibungen von Auflagen die Änderung der Anlage genehmigungsfähig ist. Aus den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen im Genehmigungsverfahren betreffend diese Änderungen ist aber auch ersichtlich, dass Adaptierungen des Änderungsprojektes erforderlich waren, um die Genehmigungsfähigkeit zu erlangen.

Da es sich im Gegenstand um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des

§ 5 Verwaltungsstrafgesetz 1991 handelt und es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat er die angelastete Verwaltungsübertretung auch subjektiv zu verantworten.

In subjektiver Hinsicht ist das Verhalten dem Beschwerdeführer zumindest als fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Er wäre nämlich verpflichtet gewesen, vor der Inbetriebnahme der Änderung bei der Bezirkshauptmannschaft die Genehmigung der Betriebsanlage einzuholen. Dass zivilrechtliche Vereinbarungen mit den Mietern der Lokale bestanden haben, dass diese um gesonderte Spezialgenehmigungen für Änderungen der einzelnen Lokale aufzukommen hätten, ändert nichts an der Verantwortlichkeit des Inhabers der Generalgenehmigung gegenüber der Gewerbebehörde. Allenfalls sind die Inhaber der Spezialgenehmigung gegenüber dem Inhaber der Generalgenehmigung zivilrechtlich schadenersatzpflichtig.

7.   Zur Strafhöhe:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit
Geldstrafe bis zu € 3.600,00 zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage
ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt
(§§ 81f).

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis (– auch mangels Bekanntgabe durch den Beschwerdeführer trotzt Aufforderung - ) keine näheren Angaben zu den von ihr angenommenen und für die Strafbemessung maßgeblichen persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers gemacht. Dazu wurde er erst in der mündlichen Verhandlung befragt.

Nach der Rechtsprechung ist die Strafzumessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens (im vorliegenden Fall bis zu 3.600 Euro) eine Ermessensentscheidung, die nach dem vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (vgl. VwGH 29.06.2011, 2011/02/0147).

Die Behörde muss ihre Strafbemessung nachvollziehbar begründen, also Erwägungen darstellen, um der Partei und den Gerichten die Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. VwGH 17.10.2008, 2005/12/0102). Bei der Strafbemessung sind objektive Kriterien (Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat) sowie subjektive Kriterien (Erschwerungs- und Milderungsgründe, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, allfällige Sorgepflichten) zu berücksichtigen (vgl. Weilguni, in Lewisch/Fister/

Weilguni, VStG § 19, RZ 3, rdb.manz.at) zu berücksichtigen.

Die Schwere der Tat muss individuell begründet werden. Der bloße Hinweis auf nicht näher dargelegte spezial- und generalpräventive Gründe reicht nicht (vgl. VwGH 11.01.2018, Ra 2017/02/0136).

Der Unrechtsgehalt einer Tat wird durch das Ausmaß der Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie danach bestimmt, inwieweit die Tat sonstige nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die Strafdrohung dient im vorliegenden Fall dem Schutz der im § 74 Abs. 2 GewO genannten Interessen. Im vorliegenden Fall wurde eine Betriebsanlage ohne Genehmigung geändert betrieben. Es wird damit genau der in der Strafdrohung typisierte Unrechtsgehalt verwirklicht.

Eine tatsächlich erfolgte Schädigung von Interessen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO ist nicht hervorgetreten. Sonstige nachteilige Folgen sind auch nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der Tatsache, dass nunmehr für die geändert betriebene Betriebsanlage eine Genehmigung besteht, konnte die Verwaltungsstrafe spruchgemäß herabgesetzt werden.

Eine weitere Herabsetzung der Strafe kommt darüber hinaus auch deshalb nicht in Betracht, weil nicht nur auf die beschwerdeführende Partei selbst spezialpräventiv eingewirkt werden soll, sondern durch Strafen auch andere Normadressaten von der Begehung gleich gelagerter strafbarer Handlungen abgehalten werden sollen („Generalprävention“; zur Zulässigkeit der Berücksichtigung spezial- und generalpräventiver Überlegungen bei der Strafzumessung vgl. zB schon VwGH vom 15. Mai 1990, 89/02/0093; zur Generalprävention überdies VwGH vom 10. April 2013, 2013/08/0041).

Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG:

Gemäß dem im Wege des § 38 VwGVG anzuwendenden § 45 Abs. 1 VStG hat das Verwaltungsgericht von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt werden, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände – geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes (im vorliegenden Fall: Leben und Gesundheit der Kunden und ArbeitnehmerInnen), geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden – müssen kumulativ vorliegen. Bereits bei der Bedeutung des geschützten Rechtsgutes scheidet eine Ermahnung aus. Im Übrigen ist von geringem Verschulden im Sinne dieser Bestimmung nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 9. September 2016, Ra 2016/02/0118, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall ist aber genau der typisierte Unrechtsgehalt verwirklicht. Mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kommt auch eine Ermahnung des Beschwerdeführers nicht in Betracht.

Gemäß § 64 Abs. 2 VStG ist der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10,-- Euro zu bemessen. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 54b VStG hat der Beschwerdeführer den Strafbetrag sowie den Kostenbeitrag des verwaltungsbehördlichen Verfahrens binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu bezahlen.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Betriebsanlage; Änderung; Generalgenehmigung; Gefährdung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.2045.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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