TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/25 96/05/0122

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Veröffentlicht am 25.06.1996
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Index

L37136 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Steiermark;
L82406 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §60;
AWG Stmk 1990 §10;
AWG Stmk 1990 §2 Abs3 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde M, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. Juni 1994, Zl. 3-38.40 4-94/1, betreffend Anschlußverpflichtung nach dem Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Dipl.-Ing. Bernhard D und 2. Hildegund D, beide in Z), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 24. Jänner 1994 wurden die mitbeteiligten Parteien verpflichtet, ihre Liegenschaft an die öffentliche Müllabfuhr anzuschließen und die auf diesem Grundstück anfallenden Abfälle durch die öffentliche Müllabfuhr sammeln und abführen zu lassen (es ergingen zwei verschiedene Bescheide mit diesem Datum, in denen die Anschlußverpflichtung ausgesprochen wurde, wobei ein Bescheid auf eine Berufung gegen einen "Müllabgabenbescheid vom 13.07.1992" Bezug nahm, der andere Bescheid auf eine Berufung gegen einen "Müllabgabenbescheid vom 19.8.1991"). Gleichzeitig wurde gemäß § 10 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 in Verbindung mit der Müllabfuhrordnung der beschwerdeführenden Gemeinde festgestellt, daß für die Sammlung von Abfällen gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 dieses Gesetzes zum Zwecke der öffentlichen Müllabfuhr 38 Säcke pro Jahr beigestellt würden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien mit Schreiben vom 14. Februar 1994 Berufung.

Mit Bescheid vom 20. April 1994, Zl. 813-Drö/1994, wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde die Berufung gegen den "Anschlußverpflichtungsbescheid", der "aufgrund der Berufung gegen den Müllabgabenbescheid vom 13. Juli 1992" ergangen war, als unbegründet ab. Begründet wurde dieser Bescheid unter Hinweis auf § 4 der Müllabfuhrordnung damit, daß nach den bisherigen Erfahrungswerten über den Anfall von Restmüll eine entsprechende Anzahl von Müllsäcken, das seien sechs Säcke pro Person und Jahr, für die Abfuhr zur Verfügung zu stellen seien. Wenn das zur Verfügung gestellte Müllsackvolumen nicht ausreiche, könnten weitere Säcke zur Anpassung an die tatsächliche Menge des anfallenden Restmülls zum jeweils gültigen Tarif angefordert werden. Mit der "Festlegung der Grundausstattung" sei das Volumen bereits auf die Hälfte des bisher anfallenden Restmülls reduziert und die verstärkte Müllvermeidung dahingehend berücksichtigt worden.

Mit einem Bescheid mit derselben Geschäftszahl 813-Drö/1994 vom 20. April 1994 und ebenfalls unter Berufung auf den Beschluß des Gemeinderates vom 17. März 1994 wurde ein praktisch gleichlautender Bescheid betreffend eine Berufung der mitbeteiligten Parteien vom 17. Februar 1994 erlassen. Dieser Bescheid unterscheidet sich von dem vorgenannten nur dadurch, daß im Spruch auf die "schriftliche Berufung gegen den Anschlußverpflichtungsbescheid der Gemeinde M vom 24. 1. 1994,

DER AUFGRUND DER BERUFUNG GEGEN DEN MÜLLABGABENBESCHEID VOM

19. 8. 1991 erlassen wurde", eingebracht worden sei, Bezug nimmt.

Gegen diese Bescheide erhoben die mitbeteiligten Parteien mit einem einzigen Schriftsatz Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde von der belangten Behörde wie folgt entschieden:

"Gemäß § 94 der Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, i.d.F. der Kundmachung LGBl. Nr. 127/1972 und der Gesetze LGBl. Nr. 9/1973, 14/1976, 14/1982 und 87/1986 wird der Vorstellung von Herrn Dipl.-Ing. Bernhard D und Frau Hildegund D, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde M vom 20.4.1994, GZ.: 813-Drö/1994, hinsichtlich der Vorschreibung von Müllabfuhrgebühren

FOLGE GEGEBEN,"

der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht auf Selbstverwaltung durch die unzutreffende Annahme, daß die Vorschreibung von Müllabfuhrgebühren Gegenstand des Verfahrens vor den Gemeindebehörden gewesen sei, und die unrichtige Beurteilung der Rechtsfrage betreffend die Zurverfügungstellung von Müllbehältern geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin ist schon mit dem Vorwurf im Recht, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid von der unzutreffenden Auffassung auszugehen scheint, Gegenstand des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens sei die Vorschreibung von Müllabfuhrgebühren gewesen. Der Umstand, daß die belangte Behörde im Spruch ihres Bescheides fälschlich die Worte "hinsichtlich der Vorschreibung von Müllabfuhrgebühren" verwendet hat, ändert nichts daran, daß sie mit dem angefochtenen Bescheid über die Vorstellungen der mitbeteiligten Parteien gegen die Bescheide des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom 20. April 1994, GZ.: 813-Drö/1994, BEZÜGLICH der Berufungen gegen die Festsetzung der ANSCHLUßVERPFLICHTUNG entschieden hat (die Bescheide stammen vom Gemeinderat und nicht, wie im Spruch der belangten Behörde angegeben, vom Bürgermeister).

Die Begründung des angefochtenen Bescheides geht zunächst auf § 16 Abs. 1 Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 1990 (StAWG) hinsichtlich der Einhebung von Gebühren für die öffentliche Müllabfuhr ein und führt sodann unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 Z. 1 StAWG aus, daß die mitbeteiligten Parteien wiederholt dargelegt hätten, welche Maßnahmen bzw. Unterlassungen sie in Entsprechung des in § 3 festgelegten Prinzips träfen. Die mitbeteiligten Parteien hätten in ihrer Vorstellungsbegründung den Gemeindebehörden entgegengehalten, daß ihre Gebühren nicht, wie im § 16 Abs. 14 StAWG normiert, nach dem Behältervolumen und der Anzahl der Entleerungen festgesetzt würden und dadurch dem Verursacherprinzip nicht entsprochen würde. Wenn sich jemand - die belangte Behörde geht davon aus, daß das bei den mitbeteiligten Parteien der Fall sei - vorbildlich verhalte, so solle dies auch honoriert werden.

Aus dieser Begründung ist nicht zu entnehmen, inwiefern hinsichtlich der Festsetzung der für die Müllabfuhr bereitzustellenden Säcke eine Rechtswidrigkeit der bei der belangten Behörde bekämpften Gemeindebescheide angenommen wird. Wenn im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen wird, daß § 10 Abs. 3 StAWG die Möglichkeit vorsehe, über begründeten Antrag des Anschlußpflichtigen das Behältervolumen der Menge des tatsächlich anfallenden Hausmülls anzupassen, und festgehalten wird, daß ein derartiger Antrag bereits mehrmals gestellt worden sei und daher "sich im Gegenstandsfall die beizustellende Sackzahl dem tatsächlichen Bedarf entsprechend verringern" werde müssen, so ist dazu zu bemerken, daß die belangte Behörde offenbar selbst nicht davon ausgeht, daß ein Bescheid über die Vorschreibung von Müllabfuhrgebühren vorliegt. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, daß das dem Vorstellungsbescheid zugrunde liegende Verwaltungsverfahren gerade die Frage der Festlegung der Anzahl der Müllsäcke betroffen hat. Die Begründung des angefochtenen Bescheides vermag somit den Spruch in keiner Weise zu tragen, hat die belangte Behörde doch verkannt, daß Gegenstand der beiden bei ihr angefochtenen Bescheide die Frage der Festsetzung der Anzahl der Müllsäcke war.

Die belangte Behörde hat damit gegen die aus § 60 AVG abzuleitende Verpflichtung verstoßen, in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Entsprechend der ständigen hg. Judikatur (vgl. z.B. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 454, wiedergegebenen hg. Erkenntnisse) führt ein derartiger Begründungsmangel zu einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn er eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides hindert. Dies ist im Beschwerdefall der Fall, da der angefochtene Bescheid nicht erkennen läßt, auf Grund welcher Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde etwa davon ausgegangen ist, daß die Festsetzung der Anzahl der Müllsäcke in einer anderen Höhe als in den Gemeindebescheiden vorgesehen zu erfolgen gehabt hätte.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, aufzuheben. Auf die Frage, ob es gerechtfertigt war, auf Grund zweier verschiedener Berufungsverfahren betreffend die Festsetzung einer Abgabe zwei verschiedene Bescheide betreffend die Anschlußverpflichtung (beide vom 24. Jänner 1994) zu erlassen, braucht daher nicht eingegangen zu werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050122.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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