TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/21 LVwG-2022/45/0537-4

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Veröffentlicht am 21.03.2022
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Entscheidungsdatum

21.03.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Stemmer über die Beschwerde des Herrn AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen den Zurückweisungsbescheid der Landespolizeidirektion Tirol vom 22.02.2022, Zl ***,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 30.11.2021 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, am 24.11.2021, um 22:15 Uhr in **** Z, Adresse 2, im Bereich CC Tankstelle, eine Übertretung des § 82 Abs 8 2. Satz KFG 1967 begangen zu haben und über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,--, Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 16 Stunden, verhängt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 03.12.2021 im Wege der Ersatzzustellung an seine Mitbewohnerin BB an seinem aufrechten Hauptwohnsitz in **** Z, Adresse 1, zugestellt.

Am 20.01.2022 erfolgte seitens der belangten Behörde eine Mahnung in Bezug auf die oben angeführte Strafverfügung, zugestellt ebenfalls an den Hauptwohnsitz. Am 31.01.2022 übermittelte der Beschwerdeführer per Mail an die belangte Behörde einen begründeten Einspruch gegen die Strafverfügung. Daraufhin erging seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 31.01.2022 ein Verspätungsvorhalt, auf den der Beschwerdeführer nicht reagierte. In der Folge erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22.02.2022, mit dem der Einspruch vom 31.01.2022 gegen die Strafverfügung vom 30.11.2021 gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde. Am 23.02.2022 teilte der Beschwerdeführer der belangten Behörde per Mail mit, dass er die zweiwöchige Einspruchsfrist nicht einhalten habe können, da er zuhause im Y gewesen sei. In der Folge legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 24.02.2022 dem Landesverwaltungsgericht Tirol gegenständliche Beschwerde zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 01.03.2022 wurde dem Beschwerdeführer der Zustellnachweis vom 03.12.2021 als Kopie übermittelt und wurden ihm näher ausgeführte Fragen zur Überprüfung allfälliger Umstände, die die Ersatzzustellung mangelhaft erscheinen lassen, gestellt. Zudem wurde er aufgefordert allenfalls geeignete Beweismittel vorzulegen. Sollte innerhalb einer Frist von zwei Wochen (Einlangen beim Landesverwaltungsgericht Tirol) keine Antwort erfolgen, wurde der Beschwerdeführer belehrt, dass das Landesverwaltungsgericht von einer wirksamen Zustellung am 03.12.2021 ausgeht und seine Beschwerde als unbegründet abgewiesen wird. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 05.03.2022 zugestellt. Innerhalb der zweiwöchigen Frist erfolgte keine Reaktion des Beschwerdeführers.

Der vom Landesverwaltungsgericht eingeholte Auszug des Zentralen Melderegisters weist die Adresse **** Z, Adresse 1 seit 05.10.2020 als Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers aus.

II.      Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich in unzweifelhafter Weise aus der dem Landesverwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage.

III.     Rechtslage:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 57/2018, lautet wie folgt:

§ 49.

(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991, lautet wie folgt:

Fristen

§ 32 AVG

(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982 idF BGBl I Nr 5/2008, lautet wie folgt:

Ersatzzustellung

§ 16.

(1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.

(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.

(4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

IV.      Erwägungen:

Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung bei der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

Im konkreten Fall wurde die Strafverfügung vom 30.11.2021 dem Beschwerdeführer im Wege einer Ersatzzustellung durch die Übernahme einer Mitbewohnerin, deren Identität geprüft wurde, zugestellt. Gemäß § 16 Abs 1 ZustG ist eine solche Ersatzzustellung zulässig, wenn das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden kann, an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Von dieser Annahme ist der Zusteller beim konkreten Zustellvorgang ausgegangen und hat am 03.12.2021 eine Ersatzzustellung an die Mitbewohnerin vorgenommen.

Gemäß § 16 Abs 5 ZustG gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. In diesem Sinne hat der Beschwerdeführer mit Mail vom 23.02.2022 vorgebracht, dass er die zweiwöchige Einspruchsfrist wegen Ortsabwesenheit nicht einhalten habe können. Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes vom 01.03.2022 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die vorgebrachte Ortsabwesenheit näher zu konkretisieren bzw zu belegen. Dem ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Im Ergebnis lagen somit keine konkreten Ausführungen bzw Belege für die vorgebrachte Ortsabwesenheit vor, die Zweifel an der am 03.12.2021 vorgenommenen Zustellung aufkommen lassen. Der Einspruch vom 31.01.2022 gegen die Strafverfügung vom 30.11.2021, zugestellt am 03.12.2021, erweist sich somit als verspätet. Die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid war daher als unbegründet abzuweisen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Stemmer

(Richterin)

Schlagworte

Tatvorwurf
Konkretisierungsgebot
Spruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.45.0537.4

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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