TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/25 94/17/0338

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Veröffentlicht am 25.06.1996
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §144;
BAO §146;
LAO Tir 1984 §116 Abs2;
LAO Tir 1984 §118;
LAO Tir 1984 §243 Abs1 litd;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des J in E, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 4. Oktober 1993, Zl. 15/149-1/1993, betreffend Übertretung nach der Tiroler Landesabgabenordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 27. Juli 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeit (zwischen 10.00 Uhr und 10.30 Uhr) in dem näher bezeichneten Hotel einem Organ der Abgabenbehörde des Amtes der Tiroler Landesregierung die Vornahme der zur Durchführung der Abgabenvorschriften notwendigen Amtshandlungen nicht ermöglicht und auf Verlangen die nach § 98 Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO) zu führenden Bücher und Aufzeichnungen nicht vorgelegt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 243 Abs. 1 lit. d TLAO i.V.m.

§ 112 Abs. 1 TLAO begangen zu haben. Über ihn wurde gemäß § 243 Abs. 1 lit. d TLAO eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt. Dies im wesentlichen mit der Begründung, ein Kontrollorgan des Amtes der Tiroler Landesregierung und der Meldekontrollor des Tourismusverbandes Ellmau hätten eine Kontrolle nach dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 1991 durchgeführt. Die beiden Kontrollorgane hätten als Zeugen vor der Behörde übereinstimmend ausgesagt, das Kontrollorgan des Amtes der Tiroler Landesregierung habe sich durch Vorzeigen des Dienstausweises ordnungsgemäß ausgewiesen und somit habe der Beschwerdeführer von vornherein gewußt, mit welchen Organen er es zu tun gehabt habe. Weiters hätten beide übereinstimmend ausgesagt, der Beschwerdeführer hätte die Vorlage der Bücher und Aufzeichnungen sowie eine Kontrolle der Gästezimmer mit der Begründung verweigert, er müsse dringend nach Innsbruck fahren. Um das nach den Abgabenvorschriften zu führende Gästebuch auf seine Vollständigkeit sowie formelle und sachliche Richtigkeit überprüfen zu können, sei es notwendig, in die gemäß § 98 TLAO zu führenden Bücher und Aufzeichnungen Einsicht nehmen und eine Kontrolle der Gästezimmer durchführen zu können. Mit der Begründung, der Beschwerdeführer müsse dringend nach Innsbruck fahren, könne eine Kontrolle nicht verweigert werden. Vom Beschwerdeführer sei in keiner Weise verlangt worden, daß er persönlich bei dieser Kontrolle anwesend sein müsse. Da vom Beschwerdeführer die Verweigerung der Zimmerkontrolle sowie die Vorlage der Bücher und Aufzeichnungen gemäß § 98 TLAO nicht bestritten werde, stehe für die Behörde die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen fest. Als Verschuldensform komme zumindest Fahrlässigkeit in Betracht.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, aus der Bestimmung des § 118 TLAO ergebe sich eindeutig, daß die Anberaumung einer Nachschau durch die Behörde vorzunehmen sei und diese hiefür ein Organ zu beauftragen habe, das sich unaufgefordert darüber auszuweisen habe, zur Vornahme der Nachschau berechtigt zu sein. Die Anberaumung der Nachschau, die Beauftragung eines Organs damit und die schriftliche Berechtigung dieses Organs mit der Vornahme der Nachschau stelle, wie der Prüfungsauftrag gemäß § 148 BAO, eine Verfahrensanordnung der Behörde dar und liege nicht in der Willkür des einzelnen Kontrollors. Dies ergebe sich auch daraus, daß die Nachschau unter möglichster Schonung der berechtigten Interessen der berührten Personen durchzuführen sei. Dieser behördliche Auftrag habe also den Umfang und den Gegenstand aber auch die Art und Weise der Nachschau zu bezeichnen. Insbesondere sei es auch unbedingt notwendig, daß sich das Kontrollorgan unaufgefordert über die Berechtigung zur Durchführung dieser Nachschau im Einzelfall ausweise und auszuweisen vermöge. Nur dann könne eine Zurechnung des Handelns dieses Kontrollorgans zur zuständigen Behörde hergestellt werden. Der Vorweis dieser Berechtigung sei die rechtliche Bedingung für die Wirksamkeit der Nachschau und des Entstehens der Mitwirkungs- und Duldungspflichten des Abgabepflichtigen, die bei Verletzung dieser Bestimmungen nicht erzwungen werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insoweit Folge gegeben, als an Stelle des § 112 Abs. 1 TLAO der § 116 Abs. 2 TLAO eingefügt und die verhängte Geldstrafe auf S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) herabgesetzt wurde. In der Begründung heißt es, die Kontrollorgane hätten sich am Beginn der Amtshandlung ausgewiesen. Im Gesetz sei nicht vorgesehen, daß eine entsprechende Kontrolle vorher anberaumt werden müßte. Es gäbe auch keine Vorschrift darüber, daß dezidiert vorher bestimmt sein müßte, in welcher Form die Nachschau zu erfolgen habe. Um das nach den Abgabenvorschriften zu führende Gästebuch auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit zu kontrollieren, sei um Vorlage von entsprechenden Rechnungen und Einsichtnahmen in die Zimmer ersucht worden. Diese Nachschau bzw. Kontrolle der Rechnungen sei vom Beschwerdeführer mit der Begründung verweigert worden, er müsse wegfahren. Abgesehen davon, daß es ihm unbenommen geblieben wäre, die anwesende Rezeptionistin mit der Vorlage der Unterlagen zu betrauen, stelle ein Termin keinen Grund dar, die Kontrolle zu verweigern. Der Beschwerdeführer habe daher durch sein Verhalten eine Übertretung nach § 243 Abs. 1 lit. d TLAO i. V.m. § 116 Abs. 2 TLAO begangen.

Der Vefassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 1991/93-3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wer ohne den Tatbestand einer anderen, nach den Abgabenvorschriften strafbaren Verwaltungsübertretung zu erfüllen, als Abgabepflichtiger, zum Steuerabzug Verpflichteter, abgabenrechtlich Begünstigter bzw. in Wahrnehmung der Angelegenheiten solcher Personen Abgabengesetzen sowie hiezu erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt, begeht gemäß § 243 Abs. 1 lit. d der Tiroler Landesabgabenordnung (TLAO), Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 34/1984, sofern das Verhalten nicht einen in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Tatbestand bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen.

Gemäß § 116 Abs. 2 TLAO dürfen Organe der Abgabenbehörde in Ausübung der Nachschau Gebäude, Gründstücke und Betriebe betreten und besichtigen, die Vorlage der nach den Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstige für die Abgabenerhebung maßgeblichen Unterlagen verlangen, in diese Einsicht nehmen und hiebei prüfen, ob die Bücher und Aufzeichnungen fortlaufend vollständig sowie formell und sachlich richtig geführt werden.

Nach § 118 TLAO ist bei der Anberaumung und Vornahme der Nachschau unter möglichster Schonung der berechtigten Interessen der berührten Personen vorzugehen. Die mit der Vornahme einer Nachschau beauftragten Organe haben sich zu Beginn der Amtshandlung unaufgefordert über ihre Person und darüber auszuweisen, daß sie zur Vornahme einer Nachschau berechtigt sind. Über das Ergebnis dieser Nachschau ist, soweit erforderlich, eine Niederschrift aufzunehmen. Eine Abschrift hievon ist der Partei auszufolgen.

Nach der Bestimmung des § 118 TLAO (diese Bestimmung entspricht hinsichtlich der Ausweispflicht dem § 146 BAO) besteht die Ausweispflicht für mit der Vornahme einer Nachschau beauftragte Organe sowohl über ihre Person als auch über die Berechtigung zur Vornahme der Nachschau. Während die Ausweisleistung über die Person mittels Dienstausweises erfolgen kann, bedarf es zum Nachweis der Berechtigung zur Nachschau durch das beauftragte Organ einer weiteren schriftlichen (Arg.: auszuweisen) Legitimation - z.B. eines Nachschauauftrages - der für die Anordnung solcher Nachschauen zuständigen Stelle. Der Ausweispflicht nach § 118 TLAO ist dabei durch Vorlage einer Legitimation darüber, daß das Organ zu derartigen Amtshandlungen im allgemeinen berechtigt ist, Genüge getan (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1618, zu § 146 BAO).

In der Berufung gegen das Straferkenntnis wurde vorgebracht, die Kontrollorgane hätten sich entgegen der Bestimmung des § 118 TLAO keinesfalls darüber ausgewiesen, zur Vornahme der Nachschau berechtigt zu sein. Ohne zu überprüfen und im angefochtenen Bescheid festzustellen, wie der Ausweis der Kontrollorgane beschaffen war - ob er über den Identitätsausweis hinaus auch einen zumindest generellen Berechtigungsnachweis allenfalls durch einen entsprechenden Satz im Dienstausweis beinhaltet hat - und worüber die Ausweisleistung erfolgte, begnügte sich die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage mit der Feststellung, die Kontrollorgane hätten sich am Beginn der Amtshandlung ausgewiesen. Falls ein solcher - zumindest genereller - Nachweis der Berechtigung zur Nachschau nicht vorgewiesen wurde, hätte die Bestrafung nicht erfolgen dürfen, weil der Identitätsausweis allein kein Nachweis der Berechtigung zur Nachschau ist. Der Beschwerdeführer hat in einem solchen Fall mangels Zuwiderhandlung gegen ein Abgabengesetz das Tatbild des § 243 Abs. 1 lit. d TLAO nicht verwirklicht.

Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994170338.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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