Gbk 2021/6/29 GBK I/894/19-M

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Veröffentlicht am 29.06.2021
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Begründung des Arbeitsverhältnisses (Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Religion)

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 29. Juni 2021 über den am 4. April 2019 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, der Religion und der ethnischen Zugehörigkeit bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß §§ 3 Z 6 und 17 Abs. 1 Z 6 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idgF), bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 7 und 17 Abs. 1 Z 7 GlBG und durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß §§ 13 und 27 GlBG, allenfalls eines arbeitnehmerähnlichen Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 1 Abs. 3 Z 2 und 16 Abs. 3 Z 2 GlBG, in eventu bei der Gründung, Einrichtung oder Erweiterung eines Unternehmens sowie der Aufnahme oder Ausweitung jeglicher anderen Art von selbständiger Tätigkeit gemäß §§ 4 Z 3 und 18 Z 3 GlBG sowie die Antragsergänzung der GAW vom 29. Juni 2021 betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, der Religion und der ethnischen Zugehörigkeit bei der Festsetzung des Entgelts gemäß §§ 3 Z 2 und 17 Abs. 1 Z 2 GlBG durch Z (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/894/19-M, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist aufgrund des Geschlechtes und der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG iVm § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG Z diskriminiert worden.

2.   A ist aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch Z diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei ab 7. März 2018 beim Antragsgegner als Kursleiterin tätig gewesen. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe sie wöchentlich in sogenannten … Kurse an Schulen gelehrt, bei denen sie naturwissenschaftliche Inhalte vermittelt und gemeinsam mit den Schülern und Schülerinnen Experimente durchgeführt habe. Sie sei mit dieser Beschäftigung sehr zufrieden gewesen und habe sehr positives Feedback vom Antragsgegner, von Eltern, Direktoren/Direktorinnen und Schülern/Schülerinnen erhalten. Zuletzt sei sie im Sommersemester 2018 vier Stunden wöchentlich beschäftigt gewesen. Darüber hinaus sei sie bei Bedarf bei Großveranstaltungen eingesetzt worden und habe Vertretungen an anderen Standorten übernommen. Die Antragstellerin habe bei der Verrichtung ihrer Tätigkeiten stets ein islamisches Kopftuch getragen. Fallweise habe sie darum ersucht, wenn sie im Büro des Antragsgegners gewesen sei, in den Pausen ein Gebet verrichten zu dürfen. Hierzu sei ihr gestattet worden, einen Materialraum zu nutzen.

Im September 2018 habe die Antragstellerin zum ersten Mal über ein angebliches „Kopftuchverbot“ für Volksschul-Lehrerinnen ab dem kommenden Wintersemester gehört.

Am 18. September 2018 habe die Antragstellerin das „Startseminar“ für das Wintersemester 2018/19 besucht. Dies sei eine ganztägige verpflichtende Einschulung für alle Kursleiter/Kursleiterinnen des Antragsgegners, bei der die Lehrinhalte des kommenden Semesters vermittelt sowie organisatorische Fragen besprochen werden. Bei dieser Veranstaltung sei weder über Kleidungsvorschriften noch über Fragen der religiösen oder weltanschaulichen Neutralität gesprochen worden. Von ihren Kolleginnen B, C und D habe sie jedoch erfahren, dass diesen die weitere Lehrtätigkeit in … Kursen nicht mehr gestattet worden sei, da sie ein Kopftuch getragen haben.

Daraufhin habe sich die Antragstellerin zusammen mit ihren Kolleginnen zur Beratung an die GAW gewandt. Diese habe ein Interventionsschreiben erstellt, in dem sie die Vermutung einer Diskriminierung geäußert und den Antragsgegner zur Stellungnahme aufgefordert habe. Da sich die Antragstellerin und ihre Kolleginnen weiterhin eine sachliche Erklärung und einen Einsatz in … erhofft haben, haben sie sich jedoch zuerst um einen persönlichen Termin mit Y bemüht.

Dieses Gespräch habe am 25. Oktober 2018 in den Büroräumlichkeiten des Antragsgegners stattgefunden. Anwesend seien Y, X, B, die Antragstellerin, D, C und eine weitere betroffene Kollegin gewesen. Im Zuge des Gesprächs habe Y eingestanden, dass es weder eine Verordnung noch ein Gesetz gebe, die ein Kopftuchverbot vorsehen würden. Hingegen habe sie behauptet, dass sich die Schulleitungen aussuchen dürften, wie Kursleiter/Kursleiterinnen von externen Kursen auszusehen hätten und daher bestimmen könnten, ob Kursleiterinnen ein Kopftuch trügen oder nicht. Aus diesem Grund hätte der Antragsgegner sämtliche Schulleitungen kontaktiert, welche alle eine Kursleitung durch die Betroffenen abgelehnt hätten. Diesen Wünschen der Schuldirektionen müsse der Antragsgegner sich beugen, denn sonst würde man den Verlust deren Aufträge riskieren. Leider könne man die Betroffenen auch nicht an muslimischen Schulen einsetzen, da diese keine nicht-muslimischen Vereine beauftragen würden. Als „Entgegenkommen“ habe Y den Betroffenen schließlich angeboten, sie weiterhin im Facebook-Forum zu belassen und sie bei Großveranstaltungen einzusetzen, eventuell auch über das laufende Semester hinaus. Allerdings wisse sie nicht, wie sich die Rechtslage im nächsten Semester entwickeln werde. Da Y an der Entscheidung festgehalten habe, die Antragstellerinnen nicht mehr an Schulen einzusetzen, haben diese ihr das Schreiben der GAW überreicht. Daraufhin sei das Gespräch unverrichteter Dinge abgebrochen worden.

Nach einer Mahnung am 13. November 2018 und Ersuchen um Fristverlängerung am 19. November 2018 habe die GAW am 3. Dezember 2018 die Stellungnahme der bevollmächtigten Anwältin des Antragsgegners erhalten. Darin sei zunächst das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses bestritten worden. Zum Zustandekommen des Kopftuchverbots sei behauptet worden, dass die Bildungseinrichtungen dem Antragsgegner im Herbst 2018 mitgeteilt hätten, „dass ganz allgemein das sichtbare Tragen von religiösen oder weltanschaulichen Zeichen – sohin welche Religion auch immer bezugnehmend – zur Aufrechterhaltung eines neutralen Bildes nicht gewünscht“ werde. Weiters sei ausgeführt worden: „Meine Mandantschaft selbst, die stets Personen jeglicher Nationalität und religiöser Weltanschauung beauftragt und im Rahmen der hauseigenen veranstalteten Kurse auch das offene tragen von sichtbaren Zeichen einer weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung so auch von Kopftücher zulässt, ebenso einen eigenen Gebetsraum in ihren eigenen Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, konnte da sie selbst als Auftragnehmerin von Bildungseinrichtungen von diesen keine Aufträge für die 4 Beschwerdeführerinnen erhalten hat, selbigen auch keine diesbezüglichen Werkverträge anbieten. Im Übrigen wurde von meiner Mandantschaft den 4 Beschwerdeführerinnen angeboten andere völlig gleichwertige denselben Inhalt vermittelnde Kurse außerhalb von Schulen und Kindergärten abzuhalten was jedoch – kategorisch und aus Prinzip – von diesen abgelehnt wurde und haben sich auch nicht weiters für das Abhalten von Kursen bereit erklärt.“

Weiterhin um eine außergerichtliche Klärung bemüht, haben die Antragstellerin und ihre Kolleginnen auch die Arbeiterkammer um Vermittlung ersucht. Diese habe ein Forderungsschreiben über arbeitsrechtliche Ansprüche sowie Schadenersatz wegen Diskriminierung erstellt. In der darauffolgenden Antwort der Anwältin des Antragsgegners habe diese die Argumentation aus der Stellungnahme wiederholt und darauf beharrt, dass ein Auftragsverhältnis vorliege, welches auf Wunsch der Antragstellerin geendet habe.

Zu Beginn des Sommersemesters 2019 sei der Zugang der Antragstellerin zum internen Facebook-Forum gelöscht worden. Von ehemaligen Kolleginnen wisse die Antragstellerin, dass die Kursleiter/Kursleiterinnen beim Antragsgegner seit Sommersemester 2019 geringfügig angestellt werden.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung des Antragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 17. Mai 2019 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die Antragstellerin sei von März 2017 bis Juni 2018 auf Grund von Werkverträgen auf Grund von jeweils konkreten Aufträgen von privaten und öffentlichen pädagogischen Einrichtungen (Schulen) zur Abhaltung von … Kursen zum Thema Naturwissenschaften für jeweils vier Kurseinheiten Auftrags des Antragsgegners tätig gewesen. Sämtliche Verträge haben jeweils im Sommer 2018 geendet. Richtig zu stellen sei, dass es sich bei Durchrechnung um nicht ganz 2,5 Stunden wöchentlich gehandelt habe. Richtig sei, dass die Antragstellerin für Vertretungen anderer Werkvertragsnehmer zur Verfügung gestanden sei und sich auch im Rahmen von Großveranstaltungen auf dem Facebook-Forum gemeldet habe. Am Standort des Antragsgegners stehe den Mitarbeitern und Werkvertragsnehmern, nicht wie bezeichnet in einem Materialraum, sondern in der Teeküche, was auch von den übrigen Mitarbeitern und Werkvertragsnehmern nicht-islamischen Glaubens stets respektiert werde, zur Verrichtung eines Gebets zur Verfügung.

Nicht nachvollziehbar seien dem Antragsgegner die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Gerücht im September 2018 über ein angebliches Kopftuchverbot für Volksschullehrerinnen und worauf sich diese Ausführungen beziehen; derartige Gerüchte seien jedenfalls nicht vom Antragsgegner verbreitet worden.

Jeweils zu Beginn des Semesters finde – verpflichtend – ein ganztägiges pädagogisches Seminar statt. Derartige Seminare seien grundsätzlich von Pädagogen im Rahmen der verpflichtenden Fortbildung regelmäßig zu besuchen. Der Antragsgegner stelle diese Seminare als Service … und unentgeltlich zur Verfügung, in welchem neben einem pädagogischen und didaktischen Teil, lediglich die Themenschwerpunkte des Semesters erörtert werden und themenbezogene Experimente als Anstoß präsentiert werden; diese Seminare seien für alle tätigen Pädagogen beim Antragsgegner vorgesehen und nicht nur für jene, die … Kurse leiten. Diese Seminare stellen aber keine betriebsinternen organisatorischen Veranstaltungen dar. Angemerkt sei auch, dass die … Kurse im Übrigen lediglich einen geringfügigen Teil des Tätigkeitsfeldes des Antragsgegners ausmachen.

Die Bildungseinrichtungen (Volksschulen und Kindergärten) seien im Zusammenhang mit der Abhaltung von … Kursen im Herbst 2018 an den Antragsgegner – wohl auch als Folge der medialen Diskussionen im Sommer – mit dem Hinweis herangetreten, dass ganz allgemein das sichtbare Tragen von religiösen oder weltanschaulichen Zeichen – sohin welche Religion auch immer Bezug habend – zur Aufrechterhaltung eines neutralen Bildes nicht gewünscht werde. Dies betreffe beispielhaft nicht nur das Tragen des islamischen Kopftuchs, sondern auch das Tragen der Kippa, eines Turbans, eines Kreuzes etc. Die Entscheidung, wer in den Bildungseinrichtungen die … Kurse leite, liege nicht beim Antragsgegner, sondern bei der Bildungseinrichtung, die sich stets ein Veto in Erfüllung der eigenen Richtlinien vorbehalte. Diese Information sei der Antragstellerin weitergeleitet worden.

Richtig sei, dass auf Wunsch der Antragstellerin ein Termin Ende Oktober 2018 mit Y stattgefunden habe. Neben der Antragstellerin selbst, B, D und C sei jedoch keine „weitere betroffene Kollegin“ bei diesem Termin anwesend gewesen. Unzutreffend sei die Behauptung, dass von Y „eingestanden“ worden wäre, dass kein Gesetz oder keine Verordnung vorliegend sei; auf die Richtlinien der einzelnen Bildungseinrichtungen bzw. deren Trägerschaft sei bereits oben verwiesen worden – selbige behalten sich vor, dass das Auftreten auch der Leitung vom … Kursen am Nachmittag neutral sein solle. Richtig sei, dass Y auch versucht habe, … Kursen in Schulen und Kindergärten mit muslimischer Trägerschaft zu akquirieren, was jedoch nicht gelungen sei; die Gründe dafür seien dem Antragsgegner nicht bekannt, da ein mangelndes Interesse an einer Auftragserteilung nicht näher begründet werde. Völlig unrichtig sei, dass behauptet worden sei, dass muslimische Schulen keine nicht-muslimischen Vereine beauftragen würden. Ganz im Gegenteil sei auch die Antragstellerin von Y ermutigt worden, von sich aus allfällige bestehende Kontakte auch zu Schulen oder Kindergärten islamischer Trägerschaft zu knüpfen, um … Kurse leiten zu können.

Weiters sei vom Antragsgegner der Antragstellerin angeboten worden, andere völlig gleichwertige denselben Inhalt vermittelnde Kurse außerhalb von Schulen und Kindergärten abzuhalten, sowie an sämtlichen anderen Veranstaltungen, die vom Antragsgegner organisiert werden, mitzuwirken, was jedoch kategorisch und aus Prinzip abgelehnt worden sei und sich die Antragstellerin auch nicht weiters für das Abhalten von Kursen bereit erklärt habe. Chronologisch vorgreifend habe sich die Antragstellerin entgegen ihren Ausführungen kein einziges Mal im Facebook-Forum für einen Job gemeldet und sei auch nicht auf sonstige Weise auf das Angebot des Antragsgegners zurückgekommen, weder für Großveranstaltungen noch für vom Antragsgegner geleiteten Veranstaltungen zu arbeiten.

Am Ende dieses Gespräches sei von der Antragstellerin das Interventionsschreiben der GAW ausgefolgt worden. Y sei zu tiefst auch persönlich über die darin erhobenen Vorwürfe einer Diskriminierung getroffen gewesen. Die Antragstellerin und ihre drei Kolleginnen haben daraufhin zumindest behauptet, die Details des Schreibens mangels Durchsicht nicht gekannt zu haben, und nicht gewollt haben, dass der Antragsgegner hierfür bestraft werde. Kurz nach der sodann erfolgten Beendigung des Termins seien die Antragstellerin und ihre drei Kolleginnen wieder zurückgekehrt und haben abermals mit Y ein neuerliches klärendes Gespräch suchen wollen. Selbiges sei von deren Vertretungen T und R geführt worden, in welchen letztlich die Antragstellerin und ihre drei Kolleginnen versichert haben, die GAW dahingehend zu informieren, dass die Angelegenheit für sie erledigt sei; so sei dies zumindest Y gegenüber kommuniziert worden. Aus diesem Grunde sei es zu einer Mahnung und Ersuchen um eine Fristverlängerung gekommen. Das Interventionsschreiben der GAW sei mit E-Mail vom 3. Dezember 2018 einer inhaltlichen Beantwortung zugeführt worden. Das Schreiben der Arbeiterkammer sei mit E-Mail vom 16. Jänner 2019 einer Beantwortung zugeführt worden.

Zur sechsmonatigen Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen gemäß § 12 GIBG sei noch anzumerken, dass die Werkverträge mit der Antragstellerin bereits Ende Juni 2018 geendet haben, konkrete Bewerbungen für … Kurse nicht vorgelegen haben und bereits Anfang September 2018 auch der Antragstellerin bekannt gewesen sei, dass die Betreuung von … Kursen in Bildungseinrichtungen (Volksschulen und Kindergärten) mit nach außen hin sichtbaren religiösen Zeichen nicht möglich sein werde, was sich aus dem in einem weiteren Verfahren (C) vorgelegten Chat-Verlauf vom 6. September 2018 ergebe, sodass die sechsmonatige Frist bereits Anfang März 2019 geendet habe.

Es sei zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner weder ein (Angestellten-)Arbeitsverhältnis noch ein arbeitnehmerähnliches Arbeitsverhältnis vorgelegen. Im Hinblick auf den eingangs dargelegten Umfang sei auch keine „starke wirtschaftliche Abhängigkeit“ vorgelegen. Die mit der Antragstellerin abgeschlossenen Werkverträge haben im Juni 2018 geendet. Seit diesem Zeitpunkt sei keine weitere Tätigkeit entfaltet worden und sei die Antragstellerin auch nicht an weiteren anderen Aufträgen interessiert gewesen.

Es gebe pro Semester jeweils Kernthemen, die Gegenstand des Werkvertrages seien. Die weitere Ausgestaltung des … Kurses obliege der Auftragnehmerin, so auch die Beistellung von Materialen oder die eigene Vorsorge für eine Vertretung im Falle der Verhinderung, wobei dies ob der besonderen Führsorgepflicht in der Arbeit mit Minderjährigen entsprechend mit der Bildungseinrichtung zu kommunizieren und eine persönlich geeignete und fachlich qualifizierte Vertretung auszuwählen sei. Termine haben in Abstimmung mit der Bildungseinrichtung verschoben werden können. Eine Eingliederung oder Einbindung in die Organisation des Antragsgegners sei nicht gegeben gewesen. Es habe auch keine Einschulung für jeden einzelnen … Kurs in ein vorgegebenes Programm absolviert werden müssen; dies werde augenscheinlich mit dem eingangs ausgeführten Tagesseminar verwechselt. Es haben keine unangekündigten Kontrollen stattgefunden.

Eine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes, der ethnischen Zugehörigkeit und der Religion sei nicht gegeben. Es dürfe auf obige Ausführungen verwiesen werden. Die Träger der Bildungseinrichtungen in den Volksschulen und Kindergärten ziehen ein neutrales Bild ohne sichtbare religiöse Zeichen vor, das Männer und Frauen jedweder Religion gleichsam treffe. Der Antragsgegner habe der Antragstellerin angeboten, für den Antragsgegner dieselben naturwissenschaftlichen Inhalte in eigenen Veranstaltungen zu vermitteln, was abgelehnt worden sei. Die Behauptung im Zusammenhang mit islamischen Schulen sei nie getätigt worden und sei schlichtweg falsch.

Das Vertragsverhältnis zur Antragstellerin hat bereits im Juni 2018 geendet. Auch hier dürfe auf die bereits umfangreichen obigen Ausführungen verwiesen werden. Es liege hier auch weder eine Beendigungsdiskriminierung noch eine Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen vor. Die Antragstellerin sei auch nicht bereit gewesen, für den Antragsgegner dieselben naturwissenschaftlichen Inhalte vermittelnde eigenen Veranstaltungen unter Beibehaltung des Tragens ihres Kopftuches abzuhalten. Der Antragstellerin sei es freigestanden, sich stets beim Antragsgegner für Veranstaltungen oder sonstige Jobs zu bewerben, und wäre auch selbstverständlich berücksichtigt worden, dies sei jedoch nicht erfolgt; ebenso wenig eine wie behauptet Bereitschaft bei Großveranstaltungen tätig zu sein. Es sei sohin nicht zutreffend, dass sich die Antragstellerin mehrfach zu Großveranstaltungen gemeldet hätte.

Von einer grundsätzlichen Einschränkung der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin könne keine Rede sein – es dürfe auf das Auftragsvolumen von nicht ganz 2,5 Stunden pro Woche verwiesen werden. Die diesbezüglichen Ausführungen seien schlichtweg nicht nachzuvollziehen.

Die Behauptung eines „Neutralitätsgebots“ stelle auch unter Beachtung der über Monate hinweg erfolgten öffentlichen Diskussionen sowie Medienberichte vor allem im Sommer 2018 keine Schutzbehauptung dar.

Die Rechtssache Bougnaoui sei hier nicht einschlägig. Es seien weder ein Dienstverhältnis zur Antragstellerin auf Grund des Tragens eines Kopftuches beendet – die Werkverträge seien bereits Monate davor im Juni 2018 beendet worden – noch sei die Antragstellerin aufgefordert worden, das Tragen des Kopftuches überhaupt zu unterlassen; bei eigenen Veranstaltungen sei dies zulässig (gewesen), es wäre hier auch kein Auftragsverlust vorgelegen, ein Auftrag wäre erst gar nicht zu lukrieren gewesen, da das Neutralitätsgebot Anforderung gewesen sei.

Auch die Ausführungen zur Rechtssache Achbita seien nicht einschlägig, es dürfe auf obige Ausführungen verwiesen werden. In den Ausführungen werde übersehen, dass das Neutralitätsgebot nicht eine betriebsinterne Regelung des Antragsgegners darstelle, sondern jene von Bildungseinrichtungen in Volksschulen und Kindergartenbereich; diese bestimmten Aufträge seien sohin nicht anders zu lukrieren.

Letztlich ist aber dennoch auf anderer Stelle auf die Ausführungen in der Entscheidung des EuGH G4S Secure Solutions C-157/15 zu verweisen – wobei auch dieser Rechtssache die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zu Grunde gelegen sei, was hier ja gerade nicht der Fall sei – wonach der Wille, im Verhältnis zu den öffentlichen und privaten Kunden eine Politik der politischen, philosophischen oder religiösen Neutralität zum Ausdruck zu bringen, als rechtmäßig anzusehen sei. Danach gehöre der Wunsch eines Arbeitgebers, den Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln, zur unternehmerischen Freiheit, die in Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sei, und grundsätzlich rechtmäßig sei, insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber bei der Verfolgung dieses Ziels nur die Arbeitnehmer einbeziehe, die mit seinen Kunden in Kontakt treten sollen. Nach Ansicht des EuGH sei vom vorlegenden Gericht zu prüfen, ob es G4S, unter Berücksichtigung der unternehmensinternen Zwänge und ohne eine zusätzliche Belastung tragen zu müssen, möglich gewesen wäre, der Dienstnehmerin in Anbetracht dieser Weigerung einen Arbeitsplatz ohne Sichtkontakt mit Kunden anzubieten, statt sie zu entlassen. Obwohl die Entscheidung nicht einschlägig sei, zumal kein Dienstverhältnis deshalb beendet worden sei, sei genau diesen Anforderungen der Antragsgegner nachgekommen und habe gleichwertige Alternativen angeboten, dem die Antragstellerin aber nicht gefolgt sei.

Zusammenfassend festzuhalten sei, dass die Antragstellerin bei jeglichen Veranstaltungen des Antragsgegners, wie Großveranstaltungen oder Sommercamps, Geburtstagsfeiern etc. dieselbe Leistung hätte ausführen können. Die Antragstellerin habe aber auf die Führung der … Kurse bestanden, die der Antragsgegner ihr jedoch ob der Vorgabe eines religiösen neutralen Erscheinungsbildes des eigenen Auftraggebers des Antragsgegners nicht verschaffen habe können.

Genauso wie es als sachlich legitim und daher nicht diskriminierend angesehen werde, dass in einer religiösen Bildungseinrichtung gefordert werden könne, dass für die Tätigkeit in selbiger die Angehörigkeit zu dieser Religionsgemeinschaft gefordert werden könne, müsse es im Umkehrschluss zulässig sein, dass in einer neutral geführten Bildungseinrichtung gefordert werden könne, dass ein Bild der Neutralität vermittelt werde, und daher die Forderung bestehe, dass keine sichtbaren Zeichen einer weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung getragen werden.

Der Antragsgegner selbst beauftrage stets Personen jeglicher Nationalität und religiöser Weltanschauung, lasse im Rahmen der hauseigenen veranstalteten Kurse auch das offene Tragen von sichtbaren Zeichen einer weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung so auch von Kopftüchern stets zu.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass mangels Angestellten- oder auch Auftragsverhältnis sowie mangels jeglicher den Antragsgegner zuzurechnenden Diskriminierung daher auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes gegenüber der Antragstellerin bestehe.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Y (informierte Vertreterin des Antragsgegners) vom 29. Juni 2021. Als weitere Auskunftspersonen wurden B, D, C, T, E, X und F am 29. Juni 2021 befragt. Die Auskunftsperson G war am 29. Juni 2021 terminlich verhindert. Der Senat verzichtete auf eine weitere Ladung, da der Sachverhalt bereits durch die schriftlichen Unterlagen und die Aussagen der übrigen Auskunftspersonen geklärt werden konnte. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf die Stellungnahme des Antragsgegners an die GAW vom 3. Dezember 2018, die Broschüre … sowie den Chatverlauf vom 5. Oktober 2018 zwischen der Antragstellerin und X.

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1.    bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses […]“

„§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1.    bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses […]“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3 und 17 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/der Antragstellers/Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem/der AntragsgegnerIn obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, der Antragstellerin sei aufgrund des Umstandes, dass sie ein islamisches Kopftuch trage, für das Wintersemester 2018/19 der Einsatz bei … Kursen verwehrt worden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin war von März 2017 bis Juni 2018 beim Antragsgegner als Kursleiterin für zehn Einheiten in Volksschulen tätig. Im Jahr 2017 betreute sie drei … Kurse, im Jahr 2018 zwei … Kurse. Nebenbei war sie geringfügig beschäftigt und absolvierte ein Lehramtsstudium für Psychologie und Philosophie. Die Antragstellerin trug bei der Verrichtung ihrer Tätigkeiten stets ein islamisches Kopftuch. Im Rahmen der Tätigkeit lehrte sie wöchentlich in sogenannten … Kursen. … Kurse sind Kurse, die für interessierte Kinder am Nachmittag an Volksschulen, Horten und Unterstufen angeboten werden. Daneben steht ein eigenes Programm für Kindergärten und Volksschulen zur Verfügung. In den … Kursen werden jedes Semester Programme zu Physik, Mathematik, Chemie und Biologie bearbeitet. Die Inhalte der … Kurse werden vom Antragsgegner vorgegeben und sind für Kindergärten und Vorschulen über zwei Jahre bzw. für Volksschulen, Horte und Unterstufen über vier Jahre aufbauend. … Kurse enthalten zehn Termine pro Semester, die am gleichen Ort, zur gleichen Zeit, mit den gleichen Kindern und den gleichen Kursleitenden stattfinden. Die Antragstellerin gab vor Beginn des Semesters ihre Verfügbarkeiten in der „… App“ bekannt und es fand auf Grundlage dessen die Zuteilung zu einer pädagogischen Einrichtung statt. Der genaue Zeitpunkt, zu welchem die einzelnen Einheiten von der Antragstellerin abzuhalten waren, war durch den Auftrag der pädagogischen Einrichtung vorgegeben. Es stand der Antragstellerin frei, mit der pädagogischen Einrichtung abweichende Zeiten zu vereinbaren. In diesem Fall hätte die Antragstellerin jedoch gewährleisten müssen, dass die Schulleitung und alle Eltern der teilnehmenden Kinder mit Unterschrift den abweichenden Termin bestätigen. Die Antragstellerin konnte sich nicht frei vertreten lassen. Krankheit oder andere Gründe der Arbeitsunfähigkeit mussten umgehend einer Mitarbeiterin des Antragsgegners gemeldet werden. Die Kursleitenden wurden dann durch das Büro-Team bei der Suche nach einer Vertretung unterstützt. Die Antragstellerin war laut den Werkverträgen auf Dauer des jeweiligen Werkvertrags auch Mitglied des Antragsgegners. Die Mitgliedschaft begann mit der Unterzeichnung und endete bei Vertragserfüllung. Die Antragstellerin erhielt das Material für die Experimente vom Antragsgegner, wobei sie dieses mindestens zwei Tage vor dem … Termin bestellen und am Tag der Einheit von der Zentrale abholen und danach retournieren musste. Bei Bedarf wurde ein Auto zur Verfügung gestellt. Im Kurs musste eine Anwesenheitsliste geführt und die anwesenden Kinder nach der Einheit in der … App eingetragen werden. 15 Minuten vor und nach dem Kurs mussten Kursleitende für den Antragsgegner erreichbar sein.

Die Einschulung in das Programm fand vor Semesterbeginn in der Zentrale statt. Ab dem Sommersemester 2018 lief die Ausbildung von Kursleitenden in … Kursen im Rahmen des „… Institut für …“ ab. Kursleitende mit entsprechender Erfahrung erhielten nach Erfüllung spezifischer Aufgaben am Ende jedes Semesters ein offizielles Zertifikat …. Mit dem jeweiligen Zertifikat ging auch eine Erhöhung des Honorars … einher. Für Kursleitende ohne pädagogische Vorerfahrung bestand nach Evaluierung durch den Antragsgegner die Möglichkeit, im Laufe eines Semesters Erfahrungen zu sammeln, die im folgenden Semester den Einstieg ins … Institut ermöglichen. In diesem Zeitraum erhielten Kursleitende ein Honorar von 20,- Euro pro Unterrichtseinheit. Alle Kursleitenden waren verpflichtet an den Prep-Seminaren und Checkpoint-Meetings teilzunehmen sowie einen Kurzbericht pro Schule zu erstellen. Die Mitarbeit bei Großveranstaltungen und Workshops und die Erstellung eines ausführlichen Berichts war optional, jedoch für den Aufstieg in die nächste Stufe der Zertifizierung notwendig. Um das … Zertifikat (4. Semester) zu erhalten, mussten Unterrichtseinheiten oder Workshops konzipiert werden.

Am 18. September 2018 besuchte die Antragstellerin das „Startseminar“ für das Wintersemester 2018/19. Dies ist eine ganztägige verpflichtende Einschulung für alle Kursleitenden, bei der die Lehrinhalte des kommenden Semesters vermittelt sowie organisatorische Fragen besprochen werden. Bei dieser Veranstaltung wurde weder über Kleidungsvorschriften noch über Fragen der religiösen oder weltanschaulichen Neutralität gesprochen.

Nachdem die Antragstellerin keine Benachrichtigung vom Antragsgegner erhalten hatte, schrieb sie am 8. Oktober 2018 eine Nachricht an den damaligen Projektleiter beim Antragsgegner, X, dass sie ihre Verfügbarkeiten eingetragen, aber keine Zuteilung erhalten habe und ob sie dieses Semester keine … Kurse bekommen werde. X wollte die Antragstellerin telefonisch kontaktieren, woraufhin diese um eine Nachricht ersuchte, um einen schriftlichen Nachweis zu haben. X meldete sich in der Folge nicht mehr bei der Antragstellerin.

In der Zwischenzeit wusste sie von ihren Kolleginnen, die ebenfalls ein islamisches Kopftuch tragen, dass diese eine Absage erhalten hatten. Bereits am 5. Oktober 2018 hatte X einer Kollegin der Antragstellerin, B, mittels Textnachricht bestätigt, dass es für alle, die Kopftuch tragen, gelte.

Die Antragstellerin wandte sich daraufhin mit ihren Kolleginnen B, C und D zur Beratung an die GAW, welche ein Interventionsschreiben vorbereitete.

Auf Initiative der Antragstellerin und ihrer Kolleginnen fand am 25. Oktober 2018 in den Büroräumlichkeiten des Antragsgegners ein Gespräch zwischen Y, X, der Antragstellerin, D, B und C statt. Nicht festgestellt werden konnte, ob bei diesem Gespräch eine weitere betroffene Kollegin anwesend war. Im Zuge des Gesprächs bestätigte Y, dass es weder eine Verordnung noch ein Gesetz gebe, die ein Kopftuchverbot vorsehen würden, und erläuterte, dass die pädagogischen Einrichtungen eine Kursleitung durch die Antragstellerin und ihre Kolleginnen abgelehnt hätten. Das Angebot von C, ihren Kopf auf eine andere Weise, zB mit einer Kapuze oder Mütze, zu bedecken, wurde von Y abgelehnt. Y bot der Antragstellerin und ihren Kolleginnen hingegen an, sie weiterhin im Facebook-Forum zu belassen und bei Großveranstaltungen einzusetzen, entgegen dem Umstand, dass hierfür die Leitung von … Kursen Voraussetzung ist. Da Y an der Entscheidung festhielt, die Antragstellerin nicht mehr in … Kursen einzusetzen, überreichten ihr diese am Ende des Gesprächs das Interventionsschreiben der GAW.

Zu Beginn des Sommersemesters 2019 wurde der Zugang der Antragstellerin zum Facebook-Forum gelöscht.

Zum Zeitpunkt der Tätigkeit der Antragstellerin waren Kursleitende als neue Selbstständige tätig. Seit dem Wintersemester 2018 werden Kursleitende beim Antragsgegner angestellt.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

1.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG iVm § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG vor.

Als Vorfrage wurde überprüft, ob die Tätigkeit der Antragstellerin für den Antragsgegner die Merkmale eines arbeitnehmerähnlichen/arbeitnehmerinnenähnlichen Beschäftigungsverhältnisses aufwiesen.

Auf Grund der Sonderbestimmung der §§ 1 Abs. 3 und 16. Abs. 3 gilt das GlBG u.a. auch für arbeitnehmerähnliche/arbeitnehmerinnenähnliche Personen (Z 2).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abs. 3 ist ein Vertragsverhältnis. In Frage kommen Werkvertrag, freier Dienstvertrag und andere synallagmatische Verträge über Dienstleistungen. Die zweite Voraussetzung ist, dass im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit geleistet wird. Eine weitere Voraussetzung ist die „wirtschaftliche Unselbständigkeit“ bei Leistung der Dienste bzw. Arbeit.4 Arbeitnehmerähnliche/Arbeitnehmerinnenähnliche Personen unterscheiden sich von (echten) Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen vor allem dadurch, dass den Verpflichteten die persönliche Abhängigkeit gänzlich fehlt oder dass nur schwach ausgeprägte Merkmale derselben vorhanden sind. Sie sind weitgehend frei von Beschränkungen des persönlichen Verhaltens. Maßgeblich ist, inwieweit die Verpflichteten in die Organisation des Betriebes eingegliedert und weisungsgebunden sind. Dennoch sind Kriterien fremdbestimmter Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben. Arbeitnehmerähnliche/Arbeitnehmerinnenähnliche Personen sind trotz vorhandener persönlicher Unabhängigkeit wirtschaftlich unselbständig. In der Judikatur, die sich vielfach an den konkreten Fällen orientiert, ist die Auslegung des Begriffs der „arbeitnehmerähnlichen Person“ nicht immer einheitlich. Die für und gegen die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen/arbeitnehmerinnenähnlichen Rechtsverhältnisses sprechenden Umstände sind nicht im Einzelnen, sondern in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Es erscheint die Einbeziehung dieser Personengruppe in jenen Fällen, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis ausgehen sondern den sozial schwächeren Personenkreis schützen sollen, gerechtfertigt.5 Entscheidend ist, ob die Situation der Betroffenen, jener eines typischen Arbeitnehmers bzw. einer typischen Arbeitnehmerin entspricht.6

Eine Arbeitnehmerinnenähnlichkeit der Antragstellerin konnte aus Sicht des Senates jedenfalls bejaht werden, da die Antragstellerin auch auf die Entlohnung des Antragsgegners zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen war, sie ihre Arbeitsleistung in einer gewissen Regelmäßigkeit und nicht in einem selbständigen eigenen Betrieb erbrachte. So hatte die Antragstellerin insbesondere die Leistung persönlich zu erbringen. Krankheit oder andere Gründe der Arbeitsunfähigkeit waren dem Antragsgegner zu melden und dieser unterstützte bei der Suche nach einer Vertretung. Es gab ein vorgegebenes Kursprogramm – die Konzeption von Unterrichtseinheiten oder Workshops wäre entsprechend dem im Sommersemester 2018 eingeführten Ausbildungsprogramm für Kursleitende erst ab dem 4. Semester vorgesehen gewesen –, zu dem vor Semesterbeginn eine verpflichtend zu absolvierende Einschulung stattfand. Die Antragstellerin erhielt das Material für die Experimente vom Antragsgegner. Bei Bedarf wurde zudem ein Auto zur Verfügung gestellt. Im Kurs musste sie eine Anwesenheitsliste führen und die anwesenden Kinder nach der Einheit in einer App des Antragsgegners eintragen. Auch wurde eine Erreichbarkeit der Antragstellerin 15 Minuten vor und nach dem Kurs für den Antragsgegner vorausgesetzt. Ein weiteres starkes Indiz ist, dass der Antragsgegner seit dem Wintersemester 2018 alle Kursleitenden anstellt.

Hinsichtlich der beantragten Tatbestände gelangte der Senat im Zuge des Ermittlungserfahrens zu der Ansicht, dass es sich nicht um ein durchgehendes arbeitnehmerähnliches/arbeitnehmerinnenähnliches Rechtsverhältnis handelte. Der Werkvertrag der Antragstellerin lief mit Juni 2018 aus und wäre für das Wintersemester, beginnend mit Oktober 2018, erneuert worden. Der Sachverhalt wurde folglich von Amts wegen unter dem Tatbestand der Begründung des Arbeitsverhältnisses subsumiert und die vorgebrachten Diskriminierungen unter diesem Aspekt geprüft.

Die Formulierung „bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses“ beschränkt sich nicht auf die konkrete Entscheidung über die Einstellung, sondern erfasst auch Benachteiligungen im Rahmen des idR vorausgehenden Auswahlverfahrens. Für die Beurteilung einer Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses ist somit auf verschiedene, dem Vertragsabschluss „vorgelagerte“ bzw. diesen „vorbereitende“ Verhaltensweisen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin oder für diese/diesen handelnder Personen Bedacht zu nehmen.

Nach Auffassung des Senates war der vorliegende Fall unter dem Aspekt der intersektionel-len Diskriminierung zu überprüfen. Diese bezieht sich auf eine Situation, in der mehrere Dis-kriminierungsgründe greifen und gleichzeitig miteinander so interagieren, dass sie nicht voneinander zu trennen sind.

Im zu prüfenden Fall geht es um Diskriminierung aufgrund von Religion und Geschlecht. „Kopftuchverbote tangieren Frauen in ihrer religiösen und in ihrer weiblichen Identität, die aus einer intersektionellen Antidiskriminierungsperspektive eine Einheit bilden. Erst die Kombination von Weiblichkeit und (sichtbarer) Religiosität erzeugt jene Subjektposition, die in dem Unternehmen unerwünscht ist.“7

Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes war insbesondere auf die Rechtsprechung des EuGH über das Kopftuchverbot am Arbeitsplatz Bezug zu nehmen.

Der EuGH äußert sich in seiner Entscheidung vom 14. März 2017 zu C-157/15 (Rs Achbita/G4S Secure Solutions NV) zum Verbot eines belgischen Unternehmens, am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen der politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugung zu tragen.

Es ging um eine Entlassung einer belgischen Rezeptions- und Empfangsdame gegen ihren Arbeitgeber, nachdem sie ihm angekündigt hatte, in Zukunft während der Arbeitszeit das islamische Kopftuch zu tragen. Der EuGH kommt zu dem Schluss, dass das Verbot, ein islamisches Kopftuch zu tragen, das sich aus einer internen Regel eines privaten Unternehmens ergibt, die das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens am Arbeitsplatz verbietet, keine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 darstellt.

Der EuGH begründet diese Entscheidung zum einen damit, dass im vorliegenden Fall eine Regel im Unternehmen Gültigkeit hatte, die besagte, dass es Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen verboten ist, am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrer politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugung zu tragen. Zum anderen ist für die Entscheidung des EuGH auch wichtig, dass er davon ausgehen konnte, dass die besagte Regel unterschiedslos für jede sichtbare Bekundung von politischen, philosophischen oder religiösen Symbolen gilt und für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen zur Anwendung kommt.

Der EuGH gibt auch Hinweise zur Frage, ob es sich beim Verbot, ein islamisches Kopftuch zu tragen, das sich aus einer internen Regel eines privaten Unternehmens ergibt, die das sichtbare Tragen jedes politischen, philosophischen oder religiösen Zeichens am Arbeitsplatz verbietet, um eine mittelbare Diskriminierung gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2000/78/EG handeln könnte. Eine mittelbare Diskriminierung wäre dann erfüllt, wenn die hier in Rede stehende unternehmensinterne Regel nur dem Anschein nach neutral wäre und de facto dazu führen würde, dass Personen mit bestimmten Religionen oder Weltanschauungen in besonderer Weise benachteiligt werden.

Bei der rechtlichen Prüfung ist Nachstehendes zu beachten:

•    Eine Ungleichbehandlung im Sinne einer mittelbaren Diskriminierung ist dann auszuschließen, wenn sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.

•    Der Wunsch des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, den Kunden und Kundinnen ein Bild der Neutralität zu vermitteln, ist aus der Sicht des EuGH als Teil der unternehmerischen Freiheit zu betrachten, die eines der Grundrechte der Grundrechtecharta ist.

•    Den Wunsch des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, den Kunden und Kundinnen ein Bild der Neutralität zu vermitteln, betrachtet der EuGH zudem auch als rechtmäßiges Ziel, insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin bei der Verfolgung dieses Zieles nur die Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen einbezieht, die mit Kunden und Kundinnen direkt in Kontakt treten.

•    Die Angemessenheit einer solchen internen Neutralitätsregelung ist für den EUGH immer dann gegeben, wenn das Unternehmen diese Politik tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise verfolgt.

Dem nationalen Gericht obliegt es anhand dieses Kriterienkatalogs, diese Frage zu entscheiden.

Für die Frage der Anwendbarkeit dieser EuGH-Entscheidung auf andere Unternehmen oder Organisationen, die ähnliche Verbote erlassen wollen, gilt daher, dass in jedem Einzelfall mehrere Sachverhalte zu prüfen sind:

•    Hat das Unternehmen beispielsweise schon vor dem Ereignis, das Ausgangspunkt für eine Beschwerde wegen Diskriminierung ist, für ihre Beschäftigten mit Kundenkontakt/Kundinnenkontakt eine allgemeine und undifferenzierte Politik des Verbotes in Bezug auf das sichtbare Tragen von politischen, philosophischen oder religiösen Symbolen gehabt oder nicht?

•    Wird diese Regelung auch wirklich systematisch gegenüber allen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen gleichermaßen angewandt?

•    Sind also alle Beschäftigten vom Verbot gleichermaßen betroffen oder handelt es sich um eine nur dem Anschein nach neutrale Regelung?

Es wäre jedenfalls unrichtig, aus der EuGH-Entscheidung eine grundsätzliche Berechtigung für die Einführung eines Kopftuchverbots am Arbeitsplatz abzuleiten.

So hat der EuGH in seiner Entscheidung zu C-188/15 vom 14. März 2017 (Rs Bougnaoui/Micropole SA) festgestellt, dass der Wille eines Arbeitgebers/einer Arbeitgeberin, sich den Wünschen von Kunden/Kundinnen anzupassen, die nicht mit Arbeitnehmerinnen in Kontakt treten wollen, die das islamische Kopftuch tragen, nicht als wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der RL 2000/78/EG angesehen werden kann. Daher kann auf diese Art eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen mit dem islamischen Kopftuch nicht gerechtfertigt werden und handelt es sich bei einer solchen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen mit dem islamischen Kopftuch um einen Verstoß gegen das Gebot der Nicht-Diskriminierung. Demnach berechtigen Wünsche von Kunden und Kundinnen, nicht von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bestimmter Religion oder Weltanschauung bedient zu werden, das Unternehmen nicht zu unterschiedlichen Behandlung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unterschiedlicher Religionen oder Weltanschauungen.

Damit ist die Entscheidung des EuGH einerseits ein klares Zeichen, dass Unternehmen das Recht haben, eine nachvollziehbare Politik der generellen religiösen und weltanschaulichen Neutralität auch mittels Verboten umzusetzen, andererseits ein nicht weniger starkes Zeichen, dass spezielle Verbote des muslimischen Kopftuchs weiterhin gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen.

Die Antragstellerin konnte nach Ansicht des Senates durch ihre Ausführungen glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darlegen. So ließ ihre Schilderung – sie habe im Wintersemester 2018/19 aufgrund des Umstandes, dass sie ein islamisches Kopftuch trage, keine Aufträge für … Kurse erhalten – darauf schließen, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Geschlechtes und der Religion bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses vom Antragsgegner benachteiligt wurde. Die Antragstellerin konnte ihr Vorbringen durch die schriftliche Kommunikation von B mit dem damaligen Projektleiter des Antragsgegners, in der ausschließlich vom Tragen des Kopftuches die Rede war, belegen. Ebenso verwies die Auskunftsperson C in der Befragung auf ihre schriftliche Kommunikation mit der Vereinsobfrau im September 2018. Zudem bestätigen die Auskunftspersonen D, C und E, seitens des Antragsgegners telefonisch kontaktiert worden zu sein, dass sie aufgrund des Kopftuches keinen … Kurs zugeteilt bekommen. Die Antragstellerin konnte darüber hinaus nachvollziehbar darlegen, dass sie aufgrund dessen, dass sie keine Unterstützung seitens des Antragsgegners erkennen konnte, von weiteren Bewerbungen für Großveranstaltungen absah.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Antragsgegner.

Nach der Beweislastverteilung hat der Antragsgegner darzulegen, dass es zu keiner Diskriminierung gekommen ist. Dies ist nach Ansicht des Senates aus den folgenden Gründen nicht gelungen:

Sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Vorbringen wurde vom Antragsgegner der Wunsch der pädagogischen Einrichtungen, im Wintersemester 2018/19 keine Kursleiterinnen mit Kopftuch zugeteilt zu bekommen, bestätigt. Der Antragsgegner verneinte dennoch den Vorwurf der Diskriminierung. Der Senat konnte allerdings kein generelles Neutralitätsgebot seitens der Bildungseinrichtungen erkennen, das die Vorgehensweise des Antragsgegners im Sinne der oben zitierten Judikatur gerechtfertigt hätte. Auch wurden vom Antragsgegner keine derartigen Nachweise vorgelegt.

Der Antragsgegner hatte selbst zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt bereits ein unternehmensinternes Neutralitätsgebot hinsichtlich des sichtbaren Tragens jeglicher politischer, philosophischer oder religiöser Symbole verankert, wobei dieses laut Antragsgegnervertreterin von der Belegschaftsseite konzipiert worden war. Das Neutralitätsgebot galt jedoch nur für die angestellten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, zu denen die Antragstellerin als Werkvertragsnehmerin nicht zählte. Der Antragstellerin und den anderen kopftuchtragenden Werkvertragsnehmerinnen war diese unternehmensinterne Regelung auch nicht bekannt.

Aus der Befragung der Antragsgegnervertreterin ging für den Senat vielmehr klar hervor, dass die Bildungseinrichtungen, bei denen der Antragsgegner … Kurse abhielt, ausgelöst durch den medialen Diskurs über ein mögliches Kopftuchverbot im Sommer 2018 an den Antragsgegner herangetreten waren. Es ging somit nicht darum, dass der Antragsgegner den Kunden und Kundinnen ein Bild der Neutralität vermitteln wollte – hierfür hätte der Antragsgegner nämlich alle religiösen Symbole heranziehen müssen und nicht nur jene einer bestimmten Religion –, sondern sich dem aufgekommenen Wunsch seiner Kunden und Kundinnen in Bezug auf das islamische Kopftuch beugte. Dadurch kam es zu einer unsachlichen Differenzierung durch den Antragsgegner, die nicht geeignet war, die Ablehnung der Antragstellerin alleine aufgrund ihres Kopftuches zu rechtfertigen.

Aus dem Agieren des Antragsgegners war für den Senat keine ernsthafte Bereitschaft ersichtlich, in einer Situation, in der nicht einmal sicher war, ob bzw. wann eine Verordnung, die das Tragen eines islamischen Kopftuches in Bildungseinrichtungen für Lehrende verbietet, in Kraft treten würde, eine konstruktive Lösung für die Antragstellerin und ihre Kolleginnen zu finden. Das Angebot der Auskunftsperson C, eine andere, neutrale Kopfbedeckung (Kapuze, Haube, etc.) aufzusetzen, lehnte Y ab. Die Begründung der Antragsgegnervertreterin, dass es sich dabei erkennbar um eine religiös motivierte Bedeckung des Haupthaares handelt, war für den Senat nicht überzeugend. Die von Yeingeräumte Möglichkeit, sich auch ohne Leitung eines … Kurses für eine Großveranstaltung anmelden zu dürfen, erwies sich als zahnlos. Im Raum blieb letztlich die zynisch anmutende Aussage der Antragsgegnerin vor dem Senat stehen: „Ich muss aber sagen, Sie [gemeint B] wollten einen Vertrag von uns.“ Die von der Antragsgegnervertreterin mehrfach in der mündlichen Befragung betonte Förderung der Antragstellerin und ihrer Kolleginnen war für den Senat in diesen Worten nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund ist es für den Senat nachvollziehbar, wieso die Antragstellerin sich ab Oktober 2018 nicht mehr für Großveranstaltungen (oder andere vom Antragsgegner geleitete Veranstaltungen) gemeldet hat, zumal damit für sie keine regelmäßige Einnahmequelle gesichert war.

Es wurden vom Antragsgegner darüber hinaus keine betrieblichen Erfordernisse (insbesondere Sicherheitsbedenken) für ein Trageverbot vorgebracht. Somit ist auch in diesem Punkt keine Rechtfertigung für die Ablehnung gegeben.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln der §§ 12 Abs. 12 und 26 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die nichterfolgte Beauftragung der Antragstellerin mit … Kurse im Wintersemester 2018/19 ausschlaggebend waren.

2.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG vor.

Adressaten und Adressatinnen der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit sind Personen, die als fremd wahrgenommen werden, weil sie auf Grund bestimmter Unterschiede von der regionalen Mehrheit als nicht zugehörig angesehen werden. Eine unterschiedliche Behandlung knüpft überwiegend an Unterschiede an, die auf Grund von Abstammungs- oder Zugehörigkeitsmythen als natürlich angesehen werden und die die betroffenen Personen nicht ändern können. Häufige Erscheinungsformen sind Diskriminierungen wegen der Hautfarbe und anderer äußerer Merkmale sowie wegen einer als fremd angesehenen Muttersprache.

Isoliert betrachtet ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Tragens des islamischen Kopftuchs unter Religionsdiskriminierung zu subsumieren, im Zusammenwirken mit einem bestimmten äußeren Erscheinungsbild ist im Einzelfall auch das Vorliegen einer ethnischen Diskriminierung zu prüfen.

So hielt der VfGH etwa in seinem Erkenntnis zum Verhüllungsverbot an Volksschulen fest: „Zunächst ist von Bedeutung, dass das Tragen des islamischen Kopftuches eine Praxis ist, die aus verschiedenen Gründen ausgeübt wird. Die Deutungsmöglichkeiten, die die Trägerinnen eines Kopftuches vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Religion oder Weltanschauung dieser Bekleidung und damit dem Tragen des Kopftuches geben, sind vielfältig […]. Mit dem Tragen eines Kopftuches kann schlicht die Zugehörigkeit zum Islam oder die Ausrichtung des eigenen Lebens an den religiösen Werten des Islam ausgedrückt werden. Ferner kann das Tragen des Kopftuches etwa auch als Zeichen für die Zugehörigkeit zur islamischen Kultur bzw. für ein Festhalten an Traditionen der Herkunftsgesellschaft gedeutet werden. Dem islamischen Kopftuch kommt daher keine eindeutige und unmissverständliche Bedeutung zu.“8

Mit Verweis auf die obigen Ausführungen gelangte der Senat daher im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 26 Abs. 12 GlBG zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner auch hinsichtlich einer Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit nicht gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die nichterfolgte Beauftragung der Antragstellerin mit … Kursen im Wintersemester 2018/19 ausschlaggebend waren.

VORSCHLAG

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, Z, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 29. Juni 2021

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

3  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

4  Rebhahn in Rebhahn/GlBG, § 1 Rz 37.

5  RV 307 BlgNR 22. GP 9.

6  Neumayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 51 ASGG Rz 18.

7  Ulrich, Silvia: Kopftuchverbote – Neutralitätspolitik von Unternehmen auf dem Prüfstand, öarr 2017, 570.

8  VfGH 10.12.2020, G 4/2020-27.

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2022
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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