TE Vwgh Erkenntnis 1996/6/26 95/07/0109

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Veröffentlicht am 26.06.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs2 Z1;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 15. Mai 1995, Zl. Senat-GD-94-022, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, am 2. April 1993 gegen 09.30 Uhr in einer landwirtschaftlichen Abstellhalle in K. gebrauchtes Schmieröl "bzw." Motoröl in einem Einzelofen verfeuert, somit Altöl behandelt und damit die Tätigkeit eines Abfallbehandlers ausgeübt zu haben, ohne im Besitz der dafür nach § 15 Abs. 1 AWG erforderlichen Bewilligung des Landeshauptmannes von Niederösterreich zu sein. Der Beschwerdeführer habe hiedurch die Bestimmung des § 15 Abs. 1 iVm § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG übertreten, weshalb gemäß § 39 Abs. 1 lit. a AWG über ihn eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Eratzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt wurde.

Die belangte Behörde traf die Feststellung, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort gebrauchtes Schmieröl/Motoröl in einem Einzelofen verfeuert habe; bei dem verwendeten Öl habe es sich eindeutig nicht um Heizöl extra leicht, wie der Beschwerdeführer sich verantwortet habe, gehandelt. Trotz Feststellung eines Verunreinigungsgrades von 40 Massenprozent an Feststoffen sei allerdings nicht sichergestellt, daß das zur Verfeuerung verwendete Öl von vornherein mit mehr als 15 Massenprozent Feststoffgehalt verunreinigt gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei zum angegebenen Zeitpunkt nicht im Besitz einer Bewilligung des Landeshauptmannes von Niederösterreich für die Ausübung der Tätigkeit eines Abfallbehandlers gewesen.

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde die Verfeuerung von Schmieröl "bzw." Motoröl als Behandlung von Altöl, weshalb mangels Vorliegens der erforderlichen Bewilligung der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung gegeben sei. Ein Vorbringen darüber, weshalb den Beschwerdeführer an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, habe er nicht erstattet. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es habe sich um Heizöl extra leicht gehandelt, sei durch die chemische Untersuchung eindeutig widerlegt worden; es müsse sogar von vorsätzlichem Handeln ausgegangen werden. Dem Vorwurf des Beschwerdeführers, man habe ihm keine Möglichkeit für eine Gegenprobe geboten, sei zu erwidern, daß eine derartige Verpflichtung dem Abfallwirtschaftsgesetz fremd sei; am Beschwerdeführer sei es gelegen, von sich aus eine Gegenprobe vorzulegen. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. Mai 1993 habe sämtliche Sachverhaltselemente der Tat benannt, daß diese Tat in der Aufforderung zur Rechtfertigung rechtlich anders beurteilt worden war, sei unerheblich. Auch die am 25. September 1993 erfolgte Übersendung einer Aktenkopie sei als Verfolgungshandlung zu qualifizieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf als verletzt zu erachten, nicht entgegen den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG mit dem Vorbringen geltend, die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. Mai 1993 habe ihm eine andere Tat als diejenige vorgeworfen, deretwegen er nunmehr bestraft worden sei. In der Aufforderung zur Rechtfertigung sei dem Beschwerdeführer nämlich vorgeworfen worden, daß er zur Tatzeit am Tatort in einer landwirtschaftlichen Abstellhalle eine Abfallbehandlungsanlage zur thermischen Verwertung von gefährlichem Abfall betrieben habe, ohne im Besitz der dafür nach §§ 28 und 29 AWG vorliegenden Genehmigung zu sein, indem er in einem Raum der landwirtschaftlichen Abstellhalle in einem vermutlich selbst gebauten Einzelofen zur Ölbefeuerung gebrauchtes, mit etwa 40 Massenfeststoffgehalt verunreinigtes Schmieröl/Motoröl, also gefährlichen Abfall verfeuert habe.

Zutreffend hat die belangte Behörde diesen schon im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwand des Beschwerdeführers als unberechtigt erachtet. Für die Verfolgbarkeit eines Beschuldigten ist innerhalb der Verjährungsfrist der Vorhalt seines Tuns oder Unterlassens, nicht aber deren rechtliche Qualifikation maßgebend (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze, II, 305f, wiedergegebene hg. Judikatur). Die dem Beschwerdeführer in der Aufforderung zur Rechtfertigung vorgeworfene Handlungsweise des zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort bewilligungslos unternommenen Verfeuerns von Altöl ist identisch mit jener Handlungsweise, deretwegen der Beschwerdeführer bestraft worden ist. Der vom Beschwerdeführer gesehene Eintritt der Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG lag schon aus diesem Grund nicht vor.

Der Beschwerdeführer macht des weiteren geltend, lediglich Altöle verwertet zu haben, welche in seinem am Standort des Tatortes betriebenen Kfz-Betrieb angefallen seien. Der im § 15 Abs. 1 AWG statuierten Erlaubnispflicht unterlägen gemäß § 15 Abs. 2 Z. 1 AWG aber Unternehmen nicht, die ausschließlich im eigenen Betrieb anfallende Altöle verwerten. Der Zukauf oder sonstige Erwerb fremden Altöles aber sei dem Beschwerdeführer nie vorgeworfen worden. Im gegebenen Zusammenhang leide der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dadurch, daß die belangte Behörde keinen Ortsaugenschein durchgeführt habe, weil sie diesfalls zu dem Ergebnis gelangt wäre, daß es sich bei den in der Tatortbeschreibung genannten Räumlichkeiten um eine Kfz-Reparaturwerkstätte handle. Die Durchführung eines Ortsaugenscheins habe der Beschwerdeführer schon in seiner schriftlichen Rechtfertigung im erstinstanzlichen Verfahren beantragt.

Auch dieser Einwand ist unberechtigt. Das zugrundeliegende Sachvorbringen widerspricht entgegen der in der Gegenschrift der belangten Behörde geäußerten Auffassung nicht dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, weil auch der Berufungsschriftsatz des Beschwerdeführers immerhin die Behauptung enthalten hatte, das von ihm "verwendete" Altöl sei in seinem Betrieb angefallen. Mit Recht hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift dem Beschwerdeführer aber den Standpunkt entgegen, daß die von ihm - insoweit tatsächlich erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - ins Treffen geführte Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 2 Z. 1 AWG voraussetzt, daß die dort von der statuierten Erlaubnispflicht befreiten Unternehmen Altöle verwerten, die ausschließlich in einem solchen Betrieb angefallen sind, für den die in den Vorschriften des Gewerberechtes vorgesehenen Bewilligungen vorliegen. Unter dem Begriff des (eigenen) "Betriebes" im Sinne des § 15 Abs. 2 Z. 1 AWG kann im Kontext des umweltschutzrechtlichen Normengefüges nur ein solcher verstanden werden, der im Einklang mit den Normen des Gewerberechtes geführt wird, weil die in der genannten Bestimmung statuierte Ausnahme von der Erlaubnispflicht nach § 15 Abs. 1 AWG ihre teleologische Rechtfertigung nur in der Überlegung finden kann, daß die Umweltschutznormen des Gewerberechtes in den Fällen ausschließlicher Verwertung im eigenen Betrieb anfallender Altöle durch ein Unternehmen die abfallrechtlichen Schutznormen ausreichend ersetzen. Daß der Beschwerdeführer aber für eine betriebliche Tätigkeit, in der Altöle anfallen können, über entsprechende gewerbebehördliche Bewilligung verfügte, hat er weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus der Aktenlage. Dieser zufolge verfügte der Beschwerdeführer über eine Gewerbeberechtigung lediglich für den Autohandel, nicht aber für die Kfz-Reparatur und erst recht über keine Betriebsanlagengenehmigung. Die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 2 Z. 1 AWG konnte auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers demnach keine Anwendung finden, weshalb auch das im § 39 Abs. 1 lit. a Z. 1 AWG genannte Tatbestandselement der fehlenden Erlaubnis nach § 15 Abs. 1 AWG vorlag. Kam es demnach für das vom Beschwerdeführer zu Unrecht reklamierte Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 15 Abs. 2 Z. 1 AWG auf das äußere Erscheinungsbild der Räumlichkeiten des Tatortes mangels Vorliegens entsprechender gewerbebehördlicher Bewilligungen nicht an, dann konnte auch im Unterlassen der Durchführung eines Ortsaugenscheins durch die belangte Behörde schon aus diesem Grund ein Verfahrensmangel nicht liegen.

Die Beschwerde erwies sich damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Betrieb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995070109.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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