TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/5 VGW-001/V/086/16561/2021

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Veröffentlicht am 05.01.2022
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Entscheidungsdatum

05.01.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §5
AVG 1991 §18 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Wostri über die Beschwerde der Frau A. B., vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Erhebungs- und Vollstreckungsdienstes vom 05.10.2021, Zl. MA 06-.../2021, mit welchem eine Zwangsstrafe über sie verhängt wurde, zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, GZ: MBA/.../2021, wurde über C. D. wegen Übertretung des § 12 Abs. 2 erster Satz iVm § 12 Abs. 1 Z 2 iVm § 14 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (3. COVID-19-NotMV) iVm § 40 Abs. 2 Epidemiegesetz (EpiG), eine Geldstrafe verhängt.

Am 6.5.2021 führte das Verwaltungsgericht Wien (VGW) eine mündliche Verhandlung durch. Die Vertreterin von C. D. beantragte die Einvernahme von A. B. und E. F. als Zeugen.

Mit Ladungen vom 31.5.2021 wurden C. D. sowie die Zeugen A. B. und E. F. zur Verhandlung am 21.6.2021 geladen.

Der Verhandlung vom 21.6.2021 blieben C. D. sowie die beiden Zeugen A. B. und E. F. (unentschuldigt) fern.

Mit Ladungen vom 1.7.2021 wurden A. B. und E. F. zur Verhandlung am 9.8.2021 als Zeugen geladen.

A. B. und E. F. erhoben gegen die Ladungen vom 1.7.2021 das Rechtsmittel der Beschwerde, welche durch die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 11.8.2021 als unzulässig zurückgewiesen wurden.

Nachdem E. F. und A. B. den Ladungen vom 1.7.2021 nicht nachgekommen waren, verhängte die belangte Behörde mit Bescheid vom 5.10.2021 eine Zwangsstrafe von EUR 200,-. Gegen diesen Bescheid richtet sich die nunmehr am Verwaltungsgericht Wien anhängige Beschwerde.

Hinsichtlich der bescheiderlassenden Behörde wird im Kopf des Bescheides vom 5.10.2021 „Stadt Wien“ bzw „Rechnungs- und Abgabenwesen“ angeführt. Weiters findet sich „Referat Erhebungs- und Vollstreckungsdienst“ im rechten Bereich des Bescheidkopfes. Neben der Adressierung findet sich sodann (besonders klein gedruckt): „Abs.: MA 6 – EuVD“. In der Rechtsmittelbelehrung wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerde „bei der im Briefkopf angeführten Behörde“ einzubringen sei. Der Bescheid wurde amtssigniert und enthält keine Fertigungsklausel (lediglich: „Die Bearbeiterin Frau X“). Im gesamten Bescheid wird der Magistrat der Stadt Wien nicht genannt.

Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.

Gemäß § 18 Abs. 4 erster Satz AVG hat somit jede schriftliche Ausfertigung einer Erledigung – dies gilt insb. auch für Bescheide - zunächst die Behörde (also nicht bloß den Rechtsträger, dem diese Behörde zuzuordnen ist) zu bezeichnen, von welcher die Genehmigung stammt. Diesem Erfordernis ist nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts dann Rechnung getragen, wenn nach objektiven Gesichtspunkten für jedermann – also unabhängig von der subjektiven Kenntnis des Adressaten des Schriftstücks – erkennbar ist, von welcher Behörde der Bescheid erlassen wurde. Die Bezeichnung der Behörde ist ein wesentliches Merkmal jeder Erledigung, sodass ihr Fehlen zur absoluten Nichtigkeit führt. Ob die Erledigung einer bestimmten Behörde bzw welcher Behörde sie zuzurechnen ist, ist nach zutreffender Auffassung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts anhand des äußeren Erscheinungsbilds, also insb anhand des Kopfs, des Spruchs, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung, nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Es ist demnach nicht von Bedeutung, an welcher Stelle der Erledigung die Behörde genannt ist, sie muss also nicht im Spruch oder in der Unterschriftsklausel aufscheinen, allerdings doch aus der Erledigung selbst hervorgehen. Bei Behörden, die in mehreren Vollzugsbereichen tätig sind, ist auch noch von Bedeutung, in welchem Wirkungsbereich diese ergeht. Trifft die Erledigung diesfalls keine Aussage über die genehmigende Behörde, so ist sie absolut nichtig. Anderes muss aber wiederum gelten, soweit dem in der Erledigung aufscheinenden Hilfsapparat auf Grund besonderer gesetzlicher Bestimmungen ausnahmsweise selbst Behördenqualität zukommt (zB dem Amt der LReg oder dem Magistrat). Es genügt für die Zurechnung zur zuständigen Behörde nicht, dass diese aus dem Gesetz erschlossen werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 Rz 15 ff (Stand 1.1.2014, rdb.at).

Der gegenständliche Bescheid stützt sich auf § 5 VVG und sollte offenkundig von der Bezirksverwaltungsbehörde (§ 1 VVG) erlassen werden. Bezirksverwaltungsbehörde ist in Wien der Magistrat der Stadt Wien (Art. 116 Abs. 3, 109 B-VG; § 107 Wiener Stadtverfassung).

Dem Bescheid vom 5.10.2021 ist jedoch nicht zu entnehmen, dass dieser vom Magistrat der Stadt Wien erlassen worden wäre. Im Kopf des Bescheides findet sich „Stadt Wien“ bzw „Rechnungs- und Abgabenwesen“ bzw „Referat Erhebungs- und Vollstreckungsdienst“. Neben der Adressierung findet sich sodann noch (besonders klein gedruckt): „Abs.: MA 6 – EuVD“. In der Rechtsmittelbelehrung wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerde „bei der im Briefkopf angeführten Behörde“ einzubringen sei. Im gesamten Bescheid findet sich keine Nennung des Magistrates der Stadt Wien.

Nach § 18 Abs. 4 erster Satz AVG wäre es erforderlich, die bescheiderlassende Behörde, den Magistrat der Stadt Wien, zu benennen. Soweit im Kopf des Bescheides die „Stadt Wien“ angeführt wird, ist klarzustellen, dass es sich hierbei lediglich über den Oberbegriff für Wien als Land und Gemeinde handelt, daraus aber nicht hervorgeht, welche Behörde der Stadt Wien gegenständlich den Bescheid erlassen hat. Zu „Rechnungs- und Abgabenwesen“ ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei lediglich um die Bezeichnung der Magistratsabteilung 6 handelt (vgl. Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt Wien). Eine Magistratsabteilung ist eine organisatorische Untergliederung des Magistrates (vgl. §§ 67, 106 Wiener Stadtverfassung). Den einzelnen Magistratsabteilungen kommt keine eigene Behördeneigenschaft zu, sie sind lediglich Teil des Magistrates. Dementsprechend ist es auch unzureichend, wenn im Bescheid „Rechnungs- und Abgabenwesen“, „Referat Erhebungs- und Vollstreckungsdienst“ oder „Abs.: MA 6 – EuVD“ angeführt wird. Dies sind bloß organisatorische Untergliederungen des Magistrats auf Grund (interner) Organisationsvorschriften. Aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bescheids muss sich jedoch – ohne Kenntnisse der internen Organisation - klar ableiten lassen, welcher Behörde der Bescheid zuzurechnen ist. Dies ist gegenständlich nicht der Fall, wobei selbst die anwaltliche Vertreterin der Beschwerdeführerin die bescheiderlassende Behörde nicht identifizieren konnte, da sie die belangte Behörde mit „Stadt Wien“ anführte, bei welcher es sich lediglich um den Rechtsträger, nicht aber um die zuständige Behörde handelt.

Hinzutritt gegenständlich, dass dem Magistrat der Stadt Wien einerseits Behördenqualifikation, andererseits die Funktion eines Hilfsapparates zukommt. Insbesondere können die organisatorischen Untergliederungen (zB Magistratsabteilungen) für den Magistrat oder auch das Amt der Wiener Landesregierung tätig werden, zudem kann als Hilfsapparat oder aber als selbständige Behörde gehandelt werden (vgl. hierzu auch VwGH 14.06.1993, 92/10/0448).

Da dem Bescheid vom 5.10.2021 die Bezeichnung der Behörde nicht klar zu entnehmen ist, ist der Bescheid absolut nichtig. Die Beschwerde war dementsprechend zurückzuweisen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Schriftliche Ausfertigung; Bezeichnung der Behörde; Stadt Wien; Magistrat der Stadt Wien; Bezeichnung der Magistratsabteilung; Nichtigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.001.V.086.16561.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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