TE Vwgh Erkenntnis 2022/2/24 Ra 2021/18/0025

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Veröffentlicht am 24.02.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §34 Abs4
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des M N, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2020, W161 2181902-1/17E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im Anfechtungsumfang (Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Nichtgewährung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der - damals minderjährige - Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger aus Kabul, beantragte am 24. November 2015 internationalen Schutz in Österreich. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein Asylverfahren seiner Mutter (aufgrund ihres Antrages auf internationalen Schutz vom 29. Oktober 2015) beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) anhängig.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Anträge der Mutter und des Revisionswerbers in Bestätigung entsprechender Bescheide des BFA zur Gänze ab, erklärte die Rückkehrentscheidungen jedoch auf Dauer für unzulässig und erteilte ihnen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

3        Die vorliegende außerordentliche Revision wendet sich gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz. Sie macht zu ihrer Zulässigkeit unter anderem geltend, der Revisionswerber sei aufgrund seiner Minderjährigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung als Familienangehöriger seiner Mutter im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 anzusehen. Aus diesem Grund liege ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG 2005 vor. Das Erkenntnis seiner Mutter sei in Bezug auf den Status der Asylberechtigten und der subsidiär Schutzberechtigten vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden. Dem Revisionswerber sei daher als Familienangehöriger einer Fremden, der der Status der Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei oder zugleich zuerkannt werde, unter weiteren - hier nicht offensichtlich fehlenden - Voraussetzungen derselbe Status zuzuerkennen.

4        Das BFA hat zu dieser Revision keine Revisionsbeantwortung erstattet.

5        Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6        Die Revision ist zulässig und begründet.

7        Die Revision macht zu Recht geltend, dass der Revisionswerber ein Familienangehöriger seiner Mutter im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist, da er zum Zeitpunkt der Beantragung des internationalen Schutzes deren minderjähriges lediges Kind war. Ihm kommen daher die Begünstigungen des Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 zugute.

8        Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hatte (auch) das BVwG die Verfahren über die Beschwerden des Revisionswerbers und seiner Mutter „unter einem“ zu führen und - unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 leg. cit. - allen Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang zu gewähren.

9        Mit dem angefochtenen Erkenntnis erließ das BVwG zwar gleichförmige Entscheidungen in Bezug auf den Revisionswerber und seine Mutter.

10       Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 2021, Ra 2021/18/0036, hob der Verwaltungsgerichtshof jedoch aufgrund der von der Mutter des Revisionswerbers erhobenen Revision das Erkenntnis des BVwG, mit dem der Antrag der Mutter des Revisionswerbers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.

11       Der Umstand, dass ein Erkenntnis eines Familienangehörigen aufgehoben wird, schlägt im Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 auch auf die übrigen Familienmitglieder durch und führt zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit der sie betreffenden Entscheidungen (vgl. etwa VwGH 25.2.2021, Ra 2020/18/0018, mwN).

12       Das angefochtene Erkenntnis war daher im Anfechtungsumfang, sohin in Bezug auf die Nichtzuerkennung von internationalem Schutz gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

13       Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021180025.L00

Im RIS seit

25.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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