TE Vwgh Beschluss 2022/2/25 Ro 2022/01/0003

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Veröffentlicht am 25.02.2022
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Index

L47001 Fonds Stiftung Burgenland
L47009 Fonds Stiftung Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
40/01 Verwaltungsverfahren
41/05 Stiftungen Fonds

Norm

ABGB §914
AVG §56
AVG §8
Bundes-Stiftungs- und FondsG 1975
Bundes-Stiftungs- und FondsG 2015
B-VG Art10 Abs1 Z13
B-VG Art133 Abs4
StiftungsG Bgld 1995
StiftungsG Wr 1988
StiftungsG Wr 1988 §14 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die sowohl im eigenen Namen als auch namens der N Stiftung erhobene Revision des G H in N, vertreten durch die Hauser Partners Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Seilerstätte 18-20, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 12. April 2021, Zlen. 1. VGW-101/007/11752/2020-52 und 2. VGW-101/V/007/12251/2020, betreffend eine Angelegenheit nach dem Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Revisionsbeantwortung der N Stiftung, vertreten durch die Rudeck Schlager Rechtsanwalts KG in 1080 Wien, Piaristengasse 19, wird zurückgewiesen.

Begründung

Vorgeschichte

1        Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung [MA] 62) vom 31. Mai 2017 wurde betreffend die N Stiftung (im Folgenden: Stiftung) gemäß § 14 Abs. 1 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz (im Folgenden: WLStFG) eine Satzungsänderung genehmigt.

Angefochtener Beschluss

2        Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. April 2021 wurden die Beschwerden des Revisionswerbers im eigenen Namen sowie im Namen der Stiftung gegen den Bescheid vom 31. Mai 2017 als unzulässig zurückgewiesen (I.), der Antrag, der Stadt Wien einen näher bezeichneten „Ersatz der Aufwendungen“ aufzutragen, abgewiesen (II.) und eine ordentliche Revision für zulässig erklärt (III.).

3        Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst im Wesentlichen fest, die Stiftung sei 1907 durch A R errichtet worden. Entsprechend einem Testament des N R und einem Stiftbrief vom 28. Februar 1907 sei die stiftungsbehördliche Genehmigung mit Bescheid vom 5. August 1907 erfolgt. Der Revisionswerber sei der Urenkel des A R. Nach Auflösung der Stiftung mit Bescheid vom 5. Jänner 1939 sei die Stiftung mit Bescheid vom 25. Juli 1956 (gemäß dem Wiener Stiftungs- und Fonds-Reorganisationsgesetz, LGBl. Nr. 19/1955) wiederhergestellt und der Magistrat der Stadt Wien zum Verwaltungsorgan der Stiftung bestellt worden.

4        Mit (vor dem Verwaltungsgericht angefochtenem) Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 31. Mai 2017 sei gemäß § 14 Abs. 1 WLStFG eine Satzungsänderung genehmigt worden. Dieser Bescheid sei dem Magistrat der Stadt Wien (MA 40) am 7. Juni 2017 sowie dem Kurator für die Begünstigten der Stiftung zugestellt worden.

5        Mit Schriftsatz vom 15. September 2020 habe der Revisionswerber im eigenen Namen sowie namens der Stiftung gegen den Bescheid vom 31. Mai 2017 Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben.

6        Zum Stiftungszweck stellte das Verwaltungsgericht fest, die Stiftung habe den Zweck, eine Anstalt für Nervenkranke zu errichten und zu erhalten. Konkret handle es sich um das „Neurologische Zentrum der Stadt Wien - Rosenhügel“. Das Krankenhaus werde heute als Teil der „Klinik Hietzing“ durch den Wiener Gesundheitsverbund (zuvor KAV) verwaltet und betrieben. Der Betrieb werde aus Mitteln des Krankenanstaltenträgers finanziert. Die Stadt Wien habe bereits mit Vergleich vom 5. Dezember 1962 auf den Ersatz der Aufwendungen für die Bewirtschaftung und Erhaltung der Anstalt verzichtet; die Stiftung habe damals im Gegenzug auf die Abrechnung und Herausgabe von Erträgnissen verzichtet. Die Weiterführung auf Rechnung der Stadt Wien und die Erhaltung seien zudem mit Übereinkommen vom 5. April 1963 festgehalten worden. Das wesentliche Stammvermögen der Stiftung bestehe aus zwei Liegenschaften in der Katastralgemeinde Rosenberg im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing. Auf diesen befinde sich die Krankenanstalt am Rosenhügel. Die Stiftung halte auch Wertpapiere.

7        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Bescheid vom 31. Mai 2017 nenne im Betreff und im Spruch namentlich die Stiftung. Auch die Zustellverfügung nenne die Stiftung. Deren Zustelladresse sei eine andere als die Adresse der Dienststelle, für die der Bescheid appobiert worden sei („für die Abteilungsleiterin“). Der Bescheid sei 2017 der Stiftung, nämlich dem Stiftungsorgan Magistrat der Stadt Wien (MA 40), wirksam zugestellt worden. Ein Zustellmangel sei nicht ersichtlich. In der vorliegenden Konstellation wäre zudem mit dem tatsächlichen Zukommen des Bescheides ein solcher Zustellmangel geheilt (die Stiftung sei „formeller Empfänger“ laut Zustellverfügung).

8        Es sei ein Adressat des Bescheides vorhanden. Es handle sich um einen individuellen, außenwirksamen Akt einer Verwaltungsbehörde. Damit liege ein Bescheid vor. Für eine Nichtigkeit bestehe kein „Ansatzpunkt“. Für eine Zurückweisung der Beschwerde wegen Nichtvorliegen eines „tauglichen Anfechtungsobjektes (Bescheidqualität)“ bestehe folglich keine Grundlage.

9        Beschwerdegegenstand sei ein Bescheid gemäß § 14 WLStFG. Es sei die Parteistellung „somit (zunächst)“ nach diesem Gesetz zu beurteilen. Der Kreis der Parteien für das gegenständliche Verfahren sei explizit und abschließend geregelt. Das Verfahren sei ein Verfahren vor der Stiftungsbehörde, das sei gemäß § 35 Abs. 1 WLStFG der Magistrat. Auf dieses Verfahren seien die Sonderverfahrensbestimmungen des WLStFG anzuwenden. Gemäß § 14 Abs. 3 WLStFG komme im Verfahren über die Satzungsänderung nur der Stiftung Parteistellung zu. Eine Parteistellung des Revisionswerbers als Beschwerdeführer bestehe nicht. Eine „ergänzende Konstruktion“ einer darüber hinausgehenden Parteistellung im Wege des § 8 AVG sei ausgeschlossen (arg. „nur“ in § 14 Abs. 3 WLStFG).

10       Der Revisionswerber sei auch nicht Begünstigter der Stiftung und kein vertretungsbefugtes Organ der Stiftung, zumal § 4 des Statuts der Stiftung aus dem Jahr 1907 eine begrenzte Rechtsnachfolge vorsehe. Nicht jeder Nachfahre habe ein fortgeltendes Recht im Sinne dieser Bestimmung. Das Statut spreche (etwa auch in § 1 und § 5) vom Rechtsnachfolger in der Einzahl. Es sei nicht jeder zukünftige Nachfahre oder Hinterbliebene in diese Position zu versetzen, sondern nur ein abgeschlossener Personenkreis durch den unmittelbaren Rechtnachfolger. Eine „Weitervererbung“ in der Form, dass für die Zukunft jeder Nachfahre nachrücken solle, ergebe sich aus dem Statut nicht. Grundlage für die Wiederherstellung der Stiftung 1956 sei das Wiener Stiftungs- und Fonds-Reorganisationsgesetz, LGBl. Nr. 19/1955, gewesen. Ein Antrag auf Wiederherstellung sei nicht gestellt worden. Die Wiederherstellung sei von Amtswegen erfolgt und rechtskräftig geworden (Bescheid vom 25. Juli 1956 gemäß § 8 Abs. 1 und 2 Wiener Stiftungs- und Fonds-Reorganisationsgesetz).

11       Soweit der Revisionswerber im Namen der Stiftung auftrete, komme ein Austausch oder Eintritt durch den vom Bezirksgericht Hietzing (im Folgenden: BG) bestellten Kurator nicht in Frage. Grundsätzlich sei der Magistrat der Stadt Wien (MA 40) weiterhin Stiftungsverwalter. Auch sei die Bestellung des Kurators nicht rechtskräftig und nicht wirksam.

12       Die Stiftung selbst, d.h. ein für diese vertretungsbefugtes Organ, habe nicht Beschwerde erhoben. Der Stiftung sei der Bescheid 2017 zugestellt worden. Damit wäre eine nun von ihr selbst bzw. für sie erhobene Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

13       Das Zusammenfallen von Stiftungsaufsicht und Stiftungsverwaltung ab dem Jahr 1956 sei nicht rechtswidrig. Der österreichischen Rechtsordnung sei die Erscheinung, dass dasselbe Organ im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung auftrete, das im Rahmen der Hoheitsgewalt zu einer Entscheidung berufen sei, nicht fremd (Verweis u.a. auf VfSlg. 14.387/1995). Dass eine Organisationseinheit des Magistrates im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung die Stiftung verwalte, während einer anderen Einheit im Rahmen der Hoheitsverwaltung die Stiftungsaufsicht samt Bescheidkompetenzen zukomme, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Auch aus § 10 Abs. 2 WLStFG lasse sich eine Unzulässigkeit der gegenständlichen Konstruktion nicht ableiten. Aus diesen Erwägungen ergebe sich, dass die Stiftung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht handlungsunfähig gewesen sei. Daher sei der Bescheid auch deshalb nicht nichtig, weil ein partei- und prozessfähiger Adressat den Bescheid erhalten habe. Auch der Bescheid aus 1956 sei entgegen dem Beschwerdevorbringen (mit näherer Begründung) nicht nichtig.

14       Die Beschwerde behaupte eine Unzuständigkeit der belangten Behörde, weil die Stiftung in den Anwendungsbereich des Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetzes 2015 (BStFG 2015) falle. Die Geltendmachung „eines solchen vermeintlichen Mangels“ setze aber eine Beschwerdelegitimation voraus. Ungeachtet dessen ergebe sich die Anwendbarkeit des WLStFG bzw. die Nichtanwendbarkeit des BStFG 2015 aus (näher dargelegten) Tatsachen. So liege der wesentliche Geschäftskern der Stiftung im Betrieb des neurologischen Krankenhauses am Rosenhügel. Auch wenn Patienten und Bedienstete im Einzelnen auch aus anderen Bundesländern kommen mögen, handle es sich um eine Wiener Einrichtung. Aus der Satzung ergäben sich ebenfalls der Sitz in Wien und die Festlegung, dass die Stiftung „nach ihrem Zweck nicht über den Interessensbereich von Wien hinaus[geht]“. Die Stiftung falle somit nicht in den Anwendungsbereich des BStFG 2015.

15       Eine ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zu einer vergleichbaren (Beschwerde-)Konstellation“ fehle. „Freilich“ sei die Rechtslage angesichts des klaren Wortlautes des § 14 Abs. 3 WLStFG sowie der angestellten Erwägungen „klar“.

Verfahren vor dem VfGH

16       Gegen diesen Beschluss erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Beschluss vom 22. September 2021, E 2096/2021-14, lehnte der VfGH die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

17       In der Begründung führte der VfGH unter anderem aus:

„In der vorliegenden Beschwerde wird der Verstoß gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG, auf Gleichheit vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG, auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK, auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art. 5 StGG und Art. l l. ZPEMRK sowie gegen das Rechtsstaatsprinzip gerügt. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Fragen, ob die N Stiftung dem Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz unterliegt sowie ob der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 31. Mai 2017 rechtswirksam zugestellt wurde, insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 14 Abs. 3 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es bestehen unter dem Blickwinkel der geltend gemachten Grundrechte keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber die Parteistellung im Verfahren über die Änderung der Stiftungssatzung gemäß § 14 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz auf die Stiftung beschränkt (vgl. zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraum VfSlg. 15.274/1998, 15.581/1999, 16.103/2001).“

Verfahren vor dem VwGH

18       Sodann erhob der Revisionswerber sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Stiftung die vorliegende ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

19       Die belangte Behörde (Magistrat der Stadt Wien - MA 62) sowie die Rudeck-Schlager RechtsanwaltsKG namens der Stiftung unter Berufung darauf, dass sie vom Magistrat der Stadt Wien (MA 40) mit der Vertretung der Stiftung beauftragt worden sei, erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, der Revision nicht Folge zu geben bzw. die Revision mangels Parteistellung bzw. Vertretungsbefugnis des Revisionswerbers als unzulässig zurückzuweisen, sowie mit dem Antrag auf Aufwandersatz.

Zulässigkeit

Allgemein

20       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

21       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

22       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Zulässigkeitsbegründung durch das Verwaltungsgericht

23       Bei einer ordentlichen Revision ist Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 27.9.2021, Ro 2021/01/0019, mwN).

24       Mit der Begründung der Zulässigkeit, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zu einer vergleichbaren (Beschwerde-)Konstellation“, wird nicht aufgezeigt, zu welcher Rechtsfrage Rechtsprechung fehlen sollte.

25       Zudem vertritt das Verwaltungsgericht die Auffassung, die Rechtslage sei angesichts des klaren Wortlautes des § 14 Abs. 3 WLStFG sowie der angestellten Erwägungen „klar“.

26       Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor; das selbst dann, wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 23.12.2021, Ra 2020/08/0178, mwN).

27       Gemäß § 14 Abs. 3 WLStFG, LGBl. Nr. 14/1988, kommt im Verfahren über die Satzungsänderung nur der Stiftung Parteistellung zu. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist eindeutig und es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vorgenommene Einschränkung der Parteistellung (vgl. VfGH 22.9.2021, E 2096/2021-14). Somit ist die Rechtslage im Hinblick auf die fehlende Parteistellung des Revisionswerbers geklärt.

28       Daher gelingt es dem Verwaltungsgericht nicht, in der Begründung der Zulassung der Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen.

Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers

29       Der Revisionswerber hat auch in der ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. nochmals etwa VwGH 27.9.2021, Ro 2021/01/0019, mwN).

30       In der vorliegenden Revisionssache ist vorauszuschicken, dass sich der Verwaltungsgerichtshof bereits einmal mit dem angefochtenen Beschluss beschäftigt hat (vgl. VwGH 13.1.2022, Ro 2021/01/0018). Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, mit dem angefochtenen Beschluss habe das Verwaltungsgericht Wien die Legitimation des (nunmehrigen) Revisionswerbers zur Erhebung einer Beschwerde im eigenen Namen und im Namen der Stiftung gegen den Beschluss des Magistrates der Stadt Wien vom 31. Mai 2017 betreffend eine Satzungsänderung verneint, sodass durch den angefochtenen Beschluss die Rechtsposition der Stiftung nicht zu deren Nachteil verändert wurde. Die Stiftung konnte daher durch den angefochtenen Beschluss in keinen Rechten verletzt sein (vgl. VwGH 13.1.2022, Ro 2021/01/0018, mit Verweis auf VfGH 22.9.2021, E 2252/2021-12).

31       Ausgehend davon zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen keine zur Zulassung der Revision führende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf:

Auslegung des § 10 Abs. 2 WLStFG:

32       Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob § 10 Abs. 2 WLStFG dahin auszulegen sei, „daß bloß eine Identität der Organwalter in Stiftungsaufsicht und Stiftungsverwaltung verboten ist, oder ob es generell unzulässig sein soll, daß - wie mit der in Aussicht genommenen Satzungsänderung vorgesehen - ein Organ der Stiftungsaufsichtsbehörde zum Verwaltungsorgan der Stiftung bestellt wird“. Die Klärung dieser Rechtfrage sei im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der in Aussicht genommenen Satzungsänderung von Bedeutung.

33       Mit diesem Vorbringen wird keine Zulässigkeit der Revision aufgezeigt, da - wie oben dargelegt - Gegenstand des angefochtenen Beschlusses nicht die Rechtmäßigkeit der Satzungsänderung, sondern allein die Beschwerdelegitimation des Revisionswerbers im eigenen Namen und im Namen der Stiftung ist (vgl. nochmals VwGH 13.1.2022, Ro 2021/01/0018, mit Verweis auf VfGH 22.9.2021, E 2252/2021-12).

Parteistellung nach § 14 Abs. 3 WLStFG:

34       Soweit die Revision ihre Zulässigkeit darin sieht, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parteistellung nach § 14 Abs. 3 WLStFG fehle, genügt es darauf hinzuweisen, dass die Rechtslage - wie oben dargelegt - diesbezüglich klar und eindeutig ist und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt.

Bestellung des Kollisionskurators:

35       Die Revision thematisiert in ihrer Zulässigkeitsbegründung weiter die Wirksamkeit der Bestellung des Kollisionskurators für die Stiftung und vermisst Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage.

36       Zu dieser Frage ist auf den obzitierten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Jänner 2022 hinzuweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof zu dieser Frage festgehalten hat, dass Rechtsanwalt Dr. D L nicht rechtswirksam als Kollisionskurator der Stiftung bestellt worden ist (vgl. VwGH 13.1.2022, Ro 2021/01/0018, mit Verweis auf VfGH 22.9.2021, E 2252/2021-12).

Abweichen von Rechtsprechung zum BStFG 2015:

37       Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision weiters vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auch des VfGH zum BStFG 2015 abgewichen. Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des BStFG 2015 und des WLStFG seien verfassungsrechtlich durch Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG determiniert. Danach sei das Stiftungs- und Fondswesen, soweit es sich um Stiftungen und Fonds handle, die nach ihren Zwecken über den Interessenbereich eines Landes hinausgingen, Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Der Stiftungszweck ergebe sich aus der Betrachtung des Stiftbriefs (Verweis auf VwGH 26.2.1965, 1550/63). Vorliegend gehe der Stiftungszweck der Stiftung (mit näherer umfangreicher Begründung, die der Sache nach Revisionsgründe darstellt) jedenfalls zu einem Teil über den Interessenbereich des Landes Wien hinaus. Daher sei die belangte Behörde zur Entscheidung über eine allfällige Satzungsänderung unzuständig. Diese fehlende Zuständigkeit habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht aufgegriffen.

38       Mit der behaupteten Unzuständigkeit der belangten Behörde für die Genehmigung der Satzungsänderung kann die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan werden. So ist Gegenstand des angefochtenen Beschlusses - wie bereits erwähnt - nicht die Rechtmäßigkeit der Satzungsänderung, sondern allein die Beschwerdelegitimation des Revisionswerbers im eigenen Namen und im Namen der Stiftung (vgl. nochmals VwGH 13.1.2022, Ro 2021/01/0018, mit Verweis auf VfGH 22.9.2021, E 2252/2021-12).

39       Im Übrigen ist die von der Revision angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.2.1965, 1550/63) nicht zum WLStFG und BStFG 2015 ergangen. Diese Rechtsprechung lässt lediglich erkennen, dass der Verwaltungsgerichtshof in der von ihm zu beurteilenden Rechtssache den Stiftungszweck ausgehend vom in dieser Rechtssache maßgeblichen Stiftbrief beurteilt hat.

40       Im Revisionsmodell kann die im konkreten Einzelfall getroffene Auslegung von Verträgen (bzw. Stiftungssatzungen) nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen, wenn sie grobe Auslegungsfehler oder sonstige krasse Fehlbeurteilungen erkennen lässt (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0332, und VwGH 2.10.2018, Ra 2018/01/0403, mwN). Ein grober Auslegungsfehler oder eine sonstige krasse Fehlbeurteilung bei der Anwendung der gegenständlichen Stiftungssatzungen durch das Verwaltungsgericht wird von der Revision nicht dargetan.

41       Ein solcher Fehler ist insbesondere deshalb nicht zu erkennen, weil das Verwaltungsgericht festgestellt hat, dass das wesentliche Stammvermögen der Stiftung aus zwei Liegenschaften in Wien bestehe. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Abgrenzung des BStFG 2015 zu landesgesetzlichen Regelungen (in der im Folgenden zitierten Entscheidung: das Burgenländische Stiftungs- und Fondsgesetz) auf Grundlage der Kompetenzbestimmung des Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG auf die Gesetzesmaterialien zur Vorgängerbestimmung nach dem Bundes-Stiftungs-und Fondsgesetz 1975 (RV 1098 BlgNR 13. GP, S. 13) verwiesen, wonach eine Stiftung dem Bundesrecht insbesondere dann unterliegt, „wenn das Stiftungsvermögen aus Liegenschaften besteht, die in mehreren Bundesländern gelegen sind“ (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0332). Dies ist in der vorliegenden Revisionssache nicht der Fall.

Abweichen von Rechtsprechung zu den Mindestanforderungen an einen Bescheid:

42       Zuletzt behauptet die Revision ein Abweichen von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Mindestanforderungen an einen Bescheid und führt im Wesentlichen aus, die vom Revisionswerber beim Verwaltungsgericht mit Beschwerde angefochtene Genehmigung der Satzungsänderung stelle (mit näherer umfangreicher Begründung, die der Sache nach Revisionsgründe darstellt) wegen Fehlens einer außenwirksamen Zustellung keinen Bescheid dar.

43       Auch dieses Vorbringen kann keine Rechtsfrage von zusätzlicher Bedeutung dartun, zumal die Qualifikation eines Schreibens der Behörde die Lösung eines Einzelfalls darstellt, dem regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Anderes gilt für einzelfallbezogene Beurteilungen nur dann, wenn die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung als geradezu unvertretbare Anwendung der vom Verwaltungsgerichtshof geprägten Rechtsprechung anzusehen wäre (vgl. etwa VwGH 14.9.2021, Ra 2021/06/0115, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit zeigt die Revision jedoch nicht auf.

Ergebnis

44       In der Revision werden aus diesen Gründen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

45       Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

46       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

47       Die Revisionsbeantwortung der Stiftung war zurückzuweisen, weil die Stiftung durch den angefochtenen Beschluss in keinen Rechten verletzt sein konnte (vgl. nochmals VwGH 13.1.2022, Ro 2021/01/0018, mit Verweis auf VfGH 22.9.2021, E 2252/2021-12). Daher kommen ihr in Bezug auf den vorliegenden Gegenstand des Verfahrens keine eigenen rechtlichen Interessen iSd § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG als Mitbeteiligter zu. Die von ihr erstattete Revisionsbeantwortung war daher mangels Parteistellung zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ro 2018/12/0002-0008, mwN).

Wien, am 25. Februar 2022

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter Bescheidbegriff Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022010003.J00

Im RIS seit

25.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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