TE Vwgh Beschluss 2022/2/17 Ra 2021/20/0356

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Veröffentlicht am 17.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, in der Rechtssache der Revision des A I, vertreten durch Mag. Alexander Heihs, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Herrengasse 3-5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2021, W265 2222638-1/15E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der aus Afghanistan stammende Revisionswerber stellte am 26. Juni 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2        Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 21. Juli 2019 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Erkenntnis vom 3. August 2021 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Der daraufhin vom Revisionswerber angerufene Verfassungsgerichtshof hob diese Entscheidung, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie gegen die rechtlich davon abhängenden Aussprüche abgewiesen worden war, mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2021, E 3505/2021-13, auf. Im Übrigen lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5        Mit dem in der Folge im fortgesetzten Verfahren erlassenen Erkenntnis vom 21. Jänner 2022 sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres erteilt werde. Unter einem hob es die im beim ihm angefochtenen Bescheid enthaltenen, von der ursprünglichen Versagung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtlich abhängenden Spruchpunkte ersatzlos auf.

6        Die gegenständliche Revision richtet sich gegen jenen im Erkenntnis vom 3. August 2021 enthaltenen Ausspruch, mit dem dem Revisionswerber die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten versagt blieb.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Gemäß § 41 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt (§ 42 Abs. 2 Z 2 und Z 3 VwGG), das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2 VwGG) zu überprüfen. Somit sind Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben und daher vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt werden konnten, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren jedenfalls entzogen (vgl. etwa VwGH 12.1.2022, Ra 2021/20/0225; 20.12.2021, Ra 2021/20/0284, jeweils mwN).

11       Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Vorbringen des Revisionswerbers zum Grund der Flucht aus seinem Heimatland wegen einer versuchten Zwangsrekrutierung durch eine von einem näher genannten General angeführte Gruppierung keinen Glauben geschenkt.

12       Soweit in der Revision die Beachtung aktueller Länderberichte eingefordert wird, ist zudem an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass immer dann, wenn Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. auch dazu VwGH Ra 2021/20/0225, mwN). Dem wird in der Revision nicht nachgekommen.

13       Der Revisionswerber, der (in den Revisionsgründen) in erster Linie Ausführungen dazu tätigt, dass es für ihn nicht zumutbar sei, eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif in Anspruch zu nehmen, stellt im Übrigen - ohne sich im von ihm aufgeworfenen Zusammenhang auf einen konkreten Sachverhalt oder konkrete Berichte zur im Entscheidungszeitpunkt gegebenen Situation in Afghanistan zu beziehen - Mutmaßungen zu einer künftig im Herkunftsstaat zu erwartenden Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe in den Raum. Erläuterungen dazu, aus welchen Gründen das Bundesverwaltungsgericht den Eintritt solcher Ereignisse im Zeitpunkt seiner Entscheidung als maßgeblich wahrscheinlich hätte ansehen müssen, bleibt der Revisionswerber schuldig (vgl. dazu, dass die Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen muss, jedoch die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, um den Status des Asylberechtigten zuerkannt zu bekommen, etwa VwGH 21.12.2020, Ra 2020/14/0445, mwN).

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 17. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021200356.L00

Im RIS seit

21.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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