TE Vwgh Erkenntnis 1996/7/31 92/13/0293

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Veröffentlicht am 31.07.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §137 litd;
FinStrG §139;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §34;
FinStrG §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dkfm. A in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. September 1992, Zl. 10-50/4/92, betreffend Finanzvergehen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der E-GmbH. Diese Gesellschaft plante die Errichtung einer Mülldeponie auf Grundstücken des Beschwerdeführers und holte zu diesem Zweck um ca. S 860.000,-- diverse Gutachten ein. Mit Kaufvertrag vom 23. August 1988 veräußerte der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Grundstücke. In Punkt 11. des Vertrages wurde festgehalten, daß der Verkäufer auf dem Areal Probebohrungen durchgeführt und hiefür Gutachten eingeholt habe, die diesbezüglichen Unterlagen übergebe der Verkäufer an die Käuferin um die Pauschalvergütung von S 1,500.000,--, die bei Vertragsunterfertigung zu bezahlen sei.

Am 4. Mai 1989 reichte der Beschwerdeführer für die E-GmbH Abgabenerklärungen betreffend Umsatz- und Gewerbesteuer 1988 ein, in denen keine Steuerbemessungsgrundlagen ausgewiesen sind. In einem Begleitschreiben wies er darauf hin, daß die Gesellschaft vor Aufnahme der Tätigkeit, ohne Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu hinterlassen, liquidiert worden sei.

Am 12. Juni 1990 wurden für die E-GmbH Abgabenerklärungen betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1988 eingereicht; in diesem sind Umsätze von S 1.497,35 und Vorsteuern von S 30.690,92 bzw. ein Verlust von S 232.190,-- ausgewiesen.

Das Finanzamt erließ gegenüber der E-GmbH einen Umsatzsteuerbescheid (Ausfertigungsdatum 21. September 1990), in welchem ausgehend von Entgelten von S 1,250.000,-- Umsatzsteuer von S 250.000,-- festgesetzt wurde. Zur Begründung führte es aus, der Beschwerdeführer habe die für die E-GmbH erstellten Gutachten mit Kaufvertrag vom 23. August 1988 um S 1,500.000,-- veräußert; es sei daher im Jahre 1988 eine verdeckte Gewinnausschüttung von der E-GmbH an den Beschwerdeführer erfolgt, für welche die Gesellschaft gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 UStG 1972 Umsatzsteuer zu entrichten habe.

Mit Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz (Spruchsenat) vom 9. Oktober 1991 wurde der Beschwerdeführer der versuchten Abgabenhinterziehung nach den §§ 13 und 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 60.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Tage) verhängt. Er habe als Geschäftsführer der E-GmbH vorsätzlich durch Einbringung unrichtiger Abgabenerklärungen, somit unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten eine Verkürzung an Umsatzsteuer 1988 von S 250.000,--, Körperschaftssteuer 1989 (gemeint wohl 1988) von S 40.530,-- und Gewerbesteuer 1988 von S 23.110,-- zu bewirken versucht. Zur subjektiven Tatseite wird ausgeführt, das vorsätzliche Handeln ergebe sich aus folgenden Umständen: Der Beschwerdeführer habe das Schreiben vom 4. Mai 1989 (Beilage zu den Abgabenerklärungen) verfaßt, obwohl er den Kaufvertrag vom 23. August 1988 unterschrieben gehabt habe. Dieser Vertrag werde auch in den am 12. Juni 1990 eingereichten Abgabenerklärungen nicht erwähnt. Am 27. Juni 1990 habe die E-GmH die Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne des § 160 Abs. 3 BAO zum Zwecke ihrer Löschung im Handelsregister beantragt und dabei behauptet, daß sämtliche Abgabenverbindlichkeiten beglichen worden seien. Der Kaufvertrag vom 23. August 1988 sei vom Beschwerdeführer nicht an den steuerlichen Vertreter der E-GmbH weitergegeben worden. Der Beschwerdeführer habe daher die Löschung der E-GmbH im Handelsregister erreichen wollen, bevor der Inhalt des Vertrages vom 23. August 1988 der Finanzbehörde bekannt werde. Es sei ihm daran gelegen gewesen, den Betrag von S 1,500.000,-- nicht der Besteuerung unterziehen zu müssen. Der Beschwerdeführer habe den Betrag von S 1,500.000,-- auch in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung für das Veranlagungsjahr 1988 nicht angeführt. Aus diesen Umständen ergebe sich, daß er mit dem Vorsatz gehandelt habe, daß der Betrag von S 1,500.000,-- aufgrund des Vertrages vom 23. August 1988 nicht der Besteuerung unterzogen werde, gleichgültig ob im Rahmen der E-GmbH oder in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung.

Der am 7. Jänner 1992 eingereichten Berufung gegen das Straferkenntnis wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid teilweise Folge gegeben. Der Schuldspruch wegen versuchter Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer wurde aufgehoben und das Verfahren diesbezüglich gemäß §§ 136, 157 FinStrG eingestellt. Für den Schuldspruch wegen versuchter Hinterziehung von Umsatzsteuer 1988 in Höhe von S 250.000,-- wurde die Strafe mit S 45.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Wochen) bemessen. Der Beschuldigte habe sich damit verantwortet, er verfüge nicht über hinreichende Buchhaltungskenntnisse, um erfassen zu können, daß der Betrag von S 1.500.000,-- als Ersatz der von der E-GmbH getätigten Aufwendungen und sohin als deren Einkommen anzusehen sei. Dem sei entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer ein Wirtschaftsstudium absolviert habe, das ihm jene Kenntnisse verschaffe, die es ihm ermöglichten zu erkennen, daß nicht ihn persönlich, sondern der E-GmbH Kosten ersetzt worden seien. Gerade wenn er diese Kenntnisse nicht gehabt hätte, hätte man von ihm erwarten können, daß er seinen steuerlichen Vertreter zu Rate ziehe, indem er diesem die Einkünfte offenlege. Eben dies habe der Beschwerdeführer nicht getan, sondern den Finanzbehörden mitgeteilt, daß die E-GmbH ohne Entfaltung einer Geschäftstätigkeit wieder liquidiert worden sei. Zu Recht habe der Spruchsenat dem Beschwerdeführer auch vorgehalten, daß die Konsequenz seiner Verantwortung darin läge, den Betrag von S 1,500.000,-- in seiner persönlichen Steuererklärung aufzunehmen; auch dies sei aber nicht erfolgt. Es treffe zu, daß der Vertrag vom 23. August 1988 durch den Nachtrag vom 30. Oktober 1990 dahingehend berichtigt worden sei, daß die in Rede stehende Zahlung nicht an den Beschwerdeführer sondern an die E-GmbH zu erfolgen habe. Es falle aber auf, daß diese Vertragsberichtigung zu einer Zeit erfolgt sei, als der wahre Sachverhalt den Finanzbehörden bereits offengelegt gewesen sei. Die belangte Behörde teile sohin die Auffassung des Spruchsenates, daß der Beschwerdeführer bestrebt gewesen sei, den ihm zugeflossenen Betrag von S 1,500.000,-- weder persönlich noch im Wege der E-GmbH einer Versteuerung zu unterziehen. Wenn in der Berufung geltend gemacht werde, der Vertrag vom 23. August 1988 sei dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern bereits am 26. August 1988 angezeigt und damit den Finanzbehörden Kenntnis vom wahren Sachverhalt verschafft worden, sei dem zu entgegnen, daß nach diesem Vertrag der in Rede stehende Betrag nicht der E-GmbH zustehe. Der Beschwerdeführer habe in der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1988 den wahren Sachverhalt offengelegt. Hinsichtlich Körperschaft- und Gewerbesteuer 1988 sei er damit vom noch nicht beendeten Versuch zurückgetreten.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch in Rechten verletzt, daß er ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eines Finanzdeliktes schuldig erkannt worden sei.

Die belangte Behörde legte die Akte des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Zur Frage, ob der objektive Tatbestand erfüllt ist, muß der Bescheid zunächst erkennen lassen, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände und rechtlichen Überlegungen die Abgabenschuld, deren Verkürzung dem Beschuldigten vorgeworfen wird, entstanden ist. Wird dem Beschuldigten in subjektiver Hinsicht Vorsatz angelastet, so muß die Begründung jedenfalls auch aufzeigen, daß er den Verstoß gegen die Rechtsordnung erkannt hat.

Die belangte Behörde geht im gegenständlichen Fall davon aus, daß sich der Käufer im Kaufvertrag vom 23. August 1988 verpflichtet habe, an den Beschwerdeführer den Betrag von S 1,500.000,-- für die Überlassung der Gutachten zu bezahlen. In welcher Weise dieser Vorgang aber zur Steuerpflicht bei der E-GmbH geführt habe - etwa daß die E-GmbH dem Beschwerdeführer als Gesellschafter unentgeltlich Informationen (festgehalten in Gutachten) überlassen habe und welcher Fall der im Umsatzsteuerbescheid angeführten Z. 2 des § 1 Abs. 1 UStG 1972 vorliege - ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Damit hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Stempelgebührenersatz war zuzusprechen für drei Ausfertigungen der Beschwerde (Eingabengebühr) und eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides (Beilagengebühr).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992130293.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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