TE Vwgh Beschluss 1996/7/31 96/13/0092

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Veröffentlicht am 31.07.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1;
BAO §308 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über den Antrag der A-GmbH in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, ihr gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. Dezember 1995, Zl. 11-92/2309/09, betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent zum 1. Jänner 1989, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Mit Beschluß vom 27. März 1996, 96/13/0022, hat der Verwaltungsgerichtshof eine mit dem 15. Februar 1996 datierte und an diesem Tage zur Post gegebene Beschwerde gegen einen nach dem Beschwerdevorbringen am 3. Jänner 1996 zugestellten Bescheid aus dem Grunde der Versäumung der Beschwerdefrist zurückgewiesen.

Im nunmehr gegen diese Versäumung der Beschwerdefrist gestellten Wiedereinsetzungsantrag wird folgendes vorgebracht:

Den Entwurf der Beschwerdeschrift habe ein Mitarbeiter der die Antragstellerin vertretenden Steuerberatungsgesellschaft verfaßt. Die Sekretärin dieses Mitarbeiters habe den Entwurf der Beschwerdeschrift am Nachmittag des 14. Februar 1996 (das war der letzte Tag der Beschwerdefrist) einer weiteren Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft mit dem Ersuchen übermittelt, diesen Entwurf an den Rechtsanwalt der Antragstellerin zur Einbringung beim Verwaltungsgerichtshof weiterzuleiten und der betroffenen Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft gleichzeitig mitgeteilt, daß die Beschwerde spätestens am nächsten Tag einzubringen sei. Die angesprochene Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft habe dies telefonisch dem Rechtsanwalt der Antragstellerin mit der weiteren Ankündigung mitgeteilt, daß sie den Entwurf der Beschwerde per Telefax übermitteln werde, was noch am gleichen Tage geschehen sei. Der Rechtsanwalt der Antragstellerin habe noch am selben Abend den Entwurf überarbeitet und seiner Kanzlei mitgeteilt, daß die Beschwerde am nächsten Tag zu überreichen sei. Weder die mit der Weiterleitung des Beschwerdeentwurfes an den Rechtsanwalt beauftragte Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft, noch der Rechtsanwalt der Antragstellerin hätten überprüft, wann tatsächlich die Frist geendet habe. Die Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft habe sich auf die Mitteilung ihres Kollegen "bzw." seiner Sekretärin verlassen und der Rechtsanwalt der Antragstellerin auf die Mitteilung der Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft. Am 14. Februar 1996 hätten weder die Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft, noch der Rechtsanwalt ein Exemplar des anzufechtenden Bescheides mit dem Eingangsvermerk zur Verfügung gehabt, aus dem sich die Frist ergeben hätte. Am 15. Februar 1996 habe für den Rechtsanwalt kein Grund mehr bestanden, die Richtigkeit der Frist zu überprüfen, da der Rechtsanwalt davon ausgegangen sei, daß der 15. Februar 1996 ohnehin der letzte Tag der Frist sei. Es sei der Rechtsanwalt der Antragstellerin auch nicht am 14. Februar 1996 auf die Idee gekommen, daß sich schon auf Grund des im Beschwerdeentwurf angegebenen Datums der Zustellung des anzufechtenden Bescheides die Unrichtigkeit der ihm telefonisch bekanntgegebenen Fristberechnung ergeben hätte, weil er darauf vertraut habe, daß ihm die von der Mitarbeiterin der Steuerberatungsgesellschaft gemachte Mitteilung richtig sei.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß einer Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung gibt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann ab, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 23. März 1994, 94/13/0006, 0052). Ein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden des Parteienvertreters trifft die Partei auch dann, wenn der Vertreter die Partei nur im Verwaltungsverfahren, nicht aber auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten hat (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 5. Februar 1992, 88/13/0175, 89/13/0090).

Ausgehend von dem in der Beschwerdeschrift genannten Tag der Zustellung des von der Anfechtung betroffenen Bescheides mußte die Unrichtigkeit der Annahme eines Ablaufes der Beschwerdefrist erst am 15. Februar 1996 sowohl dem den Beschwerdeentwurf verfassenden Mitarbeiter der Steuerberatungsgesellschaft als auch der mit der Weiterleitung des Beschwerdeentwurfes an den Rechtsanwalt beauftragten Mitarbeiterin und erst recht dem Rechtsanwalt der Antragstellerin selbst auffallen, der eine Beschwerdeschrift unterzeichnete, deren darin genanntes Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides die Versäumung der Beschwerdefrist im Falle einer Postaufgabe der Beschwerde erst am 15. Februar 1996 völlig offensichtlich werden lassen mußte. Daß das im Wiedereinsetzungsantrag dargestellte Vorgehen allein schon des Rechtsanwaltes der Antragstellerin eine Sorgfaltslosigkeit darstellt, die sich einer Beurteilung als Versehen bloß minderen Grades entziehen mußte, liegt auf der Hand.

Der Antrag war somit gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996130092.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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