TE Vwgh Erkenntnis 1996/8/6 95/11/0207

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Veröffentlicht am 06.08.1996
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

ADV §10 Abs2;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des C in L, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Militärkommandos Oberösterreich vom 2. Mai 1995, Zl. 203-1112-273/90/95-Ref E, betreffend Feststellung der Eignung zum Wehrdienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1970 geborene Beschwerdeführer wurde bei seiner Stellung am 28. Juni 1988 für tauglich befunden. Nachdem ihm mehrfach ein Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes bewilligt worden war, ersuchte er unter Hinweis auf die Folgen einer bei einem Sportunfall erlittenen Verletzung um neuerliche Stellung. Als deren Ergebnis erging nach Gewährung des Parteiengehörs der angefochtene Bescheid, mit dem gemäß §§ 15 Abs. 1 und 23 Abs. 2 des Wehrgesetzes 1990 (WG) die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst festgestellt wurde.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 2 WG sind Personen für "Tauglich" zu erklären, die die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzen.

Der Beschwerdeführer hatte sein Ersuchen um neuerliche Stellung mit zwei fachärztlichen Befunden belegt. Der unfallchirurgische Befund vom 31. Mai 1994 schilderte im wesentlichen den Zustand im Bereich der linken Schulter des Beschwerdeführers nach arthroskopischer Resektion der langen Bizepssehne. Der orthopädische Befund vom 11. Mai 1994 enthielt im wesentlichen die Diagnose: Spinalkanalstenose mit radikulärer bzw. pseudoradikulärer Symptomatik und einer Impingment-Symptomatik Stadium IIb rechts. Zur näheren Abklärung, insbesondere hinsichtlich der Diagnose "Spinalkanalstenose", ersuchte der leitende Arzt der Stellungskommission den vom Beschwerdeführer konsultierten Facharzt für Orthopädie um einen neuerlichen Befund. Dieser mit 7. Dezember 1994 datierte Befund enthält folgende Diagnose:

"Zustand nach Schulterluxation links mit Bizepssehnenverletzung. Operativ saniert. Rechte Schulter:

Subluxierende re. Schulter - Operation steht bevor. Relative Spinalkanalstenose". Die zusammenfassende Beurteilung lautet:

"Von seiten der Schultergelenke ist es nicht klug, daß der Patient an Ausbildungsübungen beim Bundesheer wie Sprungvorwärtsdecken, Heben und Tragen von Gegenständen, Arbeiten in feuchtem Milieu, teilnimmt, da die Chance sehr hoch ist, daß es zu Reverletzungen kommt, was natürlich auch für die Ausübung von sportlichen Tätigkeiten in der privaten Umgebung genauso zutrifft". Diese Empfehlung deckt sich im wesentlichen mit den Empfehlungen in den vom Beschwerdeführer zuvor beigebrachten fachärztlichen Befunden.

Die belangte Behörde zog daraus den Schluß, die gestellten Diagnosen seien nach Art und Grad nicht so erheblich, daß dem Beschwerdeführer die Bedienung einer Waffe und ein Mindestmaß an körperlicher Kraftanstrengung und Beweglichkeit nicht zugemutet werden könne. Die in den Befunden angesprochene vertrebragene Beschwerdesymptomatik des Beschwerdeführers sei als funktionelle Vertebralgie des BWS/LWS-Überganges nach chronisch sportlichem Trauma diagnostiziert und mit einer entsprechenden Einschränkung der medizinischen Eignung des Beschwerdeführers vermerkt worden. Auch der Istzustand beider Schultern sei im Rahmen der Tauglichkeitsbeurteilung mit einer entsprechenden Diagnose und Einschränkung der medizinischen Eignung vermerkt worden. Es sei durchaus möglich, den vom Facharzt gegebenen Empfehlungen im Rahmen des Präsenzdienstes durch entsprechende Einschränkungen Rechnung zu tragen; dies im einzelnen zu beurteilen, sei Sache des Militärarztes. Die für den Beschwerdeführer in Betracht kommenden Verwendungen im Bundesheer seien anläßlich des Antrittes des Präsenzdienstes bei der militärmedizinischen Eignungsuntersuchung festzustellen.

Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, ein auf "Tauglich" lautender Beschluß setze gemäß § 15 Abs. 1 WG die uneingeschränkte körperliche Eignung des Beschwerdeführers voraus, womit die von der belangten Behörde angesprochenen Vermerke betreffend die Einschränkung seiner medizinischen Eignung nicht vereinbar wären, verkennt sie die Rechtslage. Das Erfordernis der uneingeschränkten (vollen) Eignung Wehrpflichtiger zum Wehrdienst ist bereits mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 1988 entfallen. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt seither in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 28. November 1989, Zl. 89/11/0105, und vom 19. April 1994, Zl. 93/11/0272), daß die Eignung zum Wehrdienst dann als gegeben anzunehmen ist, wenn der Wehrpflichtige aufgrund seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu einer militärischen Dienstleistung im Bundesheer befähigt ist, was unter anderem ein Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit voraussetzt. Dieses Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit ist danach auszurichten, ob es eine militärische Ausbildung - mit der Waffe - zuläßt. Personen, die zur militärischen Dienstleistung im Bundesheer nur in eingeschränktem Maße in der Lage sind, können für tauglich erklärt werden, auch wenn sie nach Absolvierung einer militärischen Ausbildung nur für sogenannte systemerhaltende Funktionen eingesetzt werden. Die Eignung im so verstandenen Sinn kann auch dann gegeben sein, wenn wegen des Gesundheitszustandes des Wehrpflichtigen nur eine eingeschränkte militärische Ausbildung möglich sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1989, Zl. 89/11/0072). Nur bei gänzlicher Unmöglichkeit einer militärischen Ausbildung im eigentlichen Sinn wäre die Untauglichkeit des Wehrpflichtigen gegeben.

Daß beim Beschwerdeführer eine Untauglichkeit in diesem Sinn bestünde, wird in der Beschwerde nicht behauptet und vermag auch der Verwaltungsgerichtshof beim gegebenen, unbestrittenen Sachverhalt nicht zu erkennen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann auch nicht von einer evidenten Gefahr einer schweren Gesundheitsverschlechterung im Fall der Wehrdienstleistung die Rede sein, sofern insbesondere auch bei der militärischen Grundausbildung auf die fachärztlichen Empfehlungen entsprechend Bedacht genommen wird. Diese Bedachtnahme ist - so wie die spätere konkrete Verwendung des Beschwerdeführers entsprechend seinen physischen Möglichkeiten - bei der militärärztlichen Beurteilung seiner Dienstfähigkeit bei Beginn des Präsenzdienstes gemäß § 10 Abs. 2 AVG zu verfügen (vgl. das oben zitierte Erkenntnis Zl. 93/11/0272). Hiebei trifft die Militärärzte - und in der Folge die zuständigen Kommandanten bei der gebotenen Bedachtnahme auf die eingeschränkte Dienstfähigkeit - eine besondere Obsorgepflicht (vgl. dazu näher, Löffler, Allgemeine Dienstvorschriften für das Bundesheer, Kommentar 64 f).

Da sich die Beschwerde als nicht begründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995110207.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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