TE Vwgh Beschluss 2022/2/21 Ra 2020/06/0061

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Veröffentlicht am 21.02.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/06/0062
Ra 2020/06/0063

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des 1. R M und 2. C M, beide in B, und den 3. Hotel T KG in B, alle vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 4. Dezember 2019, Zl. LVwG-318-61/2019-R9, betreffend die Abweisung eines Baugesuches (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (Landesverwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der Revisionswerber gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 9. Mai 2019, mit welchem ihr Antrag auf Durchführung einer Vorprüfung gemäß § 23 Abs. 4 Vorarlberger Baugesetz (BauG) für einen beabsichtigten Umbau des Hotels „T“ in B abgewiesen worden war, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

2        Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, dass dem zur Vorprüfung eingereichten Bauvorhaben der Flächenwidmungsplan der Gemeinde B entgegenstehe. Der konkrete Fall sei nicht vom Anwendungsbereich des § 58 Abs. 1 des Gesetzes über die Raumplanung (RPG) erfasst, da die Gang-, Keller- und sonstigen Flächen des Hotels, die nunmehr zu Ferienwohnungen umgebaut werden sollten, derzeit nicht im Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde B stünden. Somit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die erste Voraussetzung des § 58 Abs. 1 RPG, wonach das bestehende Gebäude bzw. dessen Verwendung dem Flächenwidmungsplan widerspreche, vorliege. Da die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 RPG kumulativ vorliegen müssten, könne dahingestellt bleiben, ob die weiteren vorlägen.

3        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher die Revisionswerber als „Revisionspunkte“ vorbringen, Beschränkungen für die Nutzung als Ferienwohnung müssten auch im Bereich der Bestandsregelung des § 58 Abs. 1 und 3 RPG extensiv und nicht restriktiv ausgelegt werden. Die Bestimmungen müssten auch so ausgelegt werden, dass sie nicht dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen würden. Die Beschränkungen für Ferienwohnungsnutzungen beträfen die Kapitalsverkehrsfreiheit und damit eine Grundfreiheit des EU-Rechts, und dürften deshalb nach EU-Recht nicht unverhältnismäßig ausgelegt werden. § 58 Abs. 1 RPG sei richtigerweise dahingehend auszulegen, dass die Bestandsregelung auch dann greife, wenn nicht 100 Prozent des vorhandenen Gebäudes oder Gebäudeteiles rechtmäßig und dem Flächenwidmungsplan widersprechend genutzt werde. Genauso sei eine Erweiterung um 50 Prozent der Geschossfläche für eine rechtmäßige Ferienwohnungsnutzung, die dem Flächenwidmungsplan entspreche auch auf Bereiche möglich, deren Nutzung bisher dem Flächenwidmungsplan entsprochen habe. § 58 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 RPG müsse richtigerweise dahingehend ausgelegt werden, dass Erweiterungsmöglichkeiten für eine rechtmäßige Ferienwohnung, die dem Flächenwidmungsplan widerspreche, nicht nur bei Zubauten und nicht nur bei Mäisäß- und Vorsäßgebäuden im Wirtschaftsteil, der an den Wohntrakt anschließe, möglich seien, sondern auch im Gebäude oder Gebäudeteil selbst, in welchem die rechtmäßige Ferienwohnungsnutzung, die dem Flächenwidmungsplan widerspreche, erfolge.

4        Durch die von den Revisionswerbern vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der Revisionswerber verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung diese behaupten. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als die Revisionswerber jenes subjektive Recht zu benennen haben, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. VwGH 2.9.2020, Ra 2017/06/0228, mwN).

5        Werden die Revisionspunkte, wie im gegenständlichen Fall, unmissverständlich angeführt, so sind sie auch einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 5.11.2021, Ra 2021/06/0196 und 0197, mwN).

6        Soweit die Revisionswerber vorbringen wie § 58 Abs. 1 und 3 RPG richtigerweise auszulegen wären, handelt es sich nicht um einen Revisionspunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um einen Revisionsgrund, der nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Recht zielführend vorgebracht werden kann (vgl. etwa VwGH 2.9.2020, Ra 2017/06/0228, mwN).

7        Die Revision war daher schon aufgrund der fehlenden Darlegung eines tauglichen Revisionspunktes mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020060061.L00

Im RIS seit

16.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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