TE Vwgh Erkenntnis 1996/8/20 96/16/0155

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Veröffentlicht am 20.08.1996
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
23/04 Exekutionsordnung;
27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

ABGB §1092;
ABGB §834;
EO §133;
GEG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch den Sachwalter Dr. P, Rechtsanwalt in W, dieser vertreten durch Mag. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. Mai 1996, Zl. Jv 50282-33a/96, betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Inhalt der Beschwerdeschrift ergibt sich im Zusammenhalt mit der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und den weiteren Beilagen (insbesondere dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, dem Grundbuchsauszug vom 9. April 1996 betreffend die EZ 117, Grundbuch 01101 X und dem Schreiben der MA 11, Amt für Jugend und Familie, 10. Bezirk, vom 19. April 1996) folgender Sachverhalt:

Gegenüber der Beschwerdeführerin besteht eine Forderung von S 1.635,-- an Gerichtsgebühren. Mit Antrag vom 9. April 1996 begehrte die Beschwerdeführerin den Nachlaß dieser Gebührenschuld mit der Begründung, sie verfüge über kein laufendes Einkommen und werde von ihrem ältesten Sohn versorgt; ihr Drittelanteil an der Liegenschaft EZ 117, Grundbuch X, sei zufolge seiner Belastungen wertlos.

Die belangte Behörde gab dem Nachsichtsantrag gemäß § 9 Abs. 2 GEG kein Folge, weil sie mit Rücksicht auf den im Verfahren 13 E 12/92 des BG Favoriten im Wege eines Schätzungsgutachtens ermittelten Wertes des Liegenschaftsanteils der Beschwerdeführerin von S 415.000,-- in der einmaligen Zahlung des Gebührenbetrages von S 1635,-- keine besondere Härte erblickte und den Hinweis auf die Pfandbelastung der Liegenschaft als unmaßgeblich erachtete.

Dagegen führt die Beschwerdeführerin (die sich in ihrem Recht auf Nachlaß der Gerichtsgebühr verletzt erachtet) unter den Beschwerdegründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften folgendes ins Treffen (wobei sie allerdings den vom angefochtenen Bescheid genannten Wert ihres Liegenschaftsanteiles nicht in Zweifel zieht):

Ihr Liegenschaftsanteil sei mit zwei Pfandrechten der Stadt Wien belastet, und zwar zum einen für Forderungen von S 45.984,97 und S 102.080,-- zuzüglich eines monatlich fällig werdenden Betrages von S 4.000,-- und zum anderen mit einem für eine Forderung von S 59.701,--. Die Schuld, die durch das erstgenannte Pfandrecht besichert sei, mache derzeit rund S 380.000,-- aus. Im Jahr 1993 seien zusätzliche Pfandrechte im Ausmaß von über S 100.000,-- einverleibt worden, weshalb die Belastungen insgesamt mehr als S 480.000,-- betrügen, also den Wert des Liegenschaftsanteiles erheblich überstiegen.

Des weiteren macht die Beschwerdeführerin geltend, daß eine Versteigerung ihres Liegenschaftsanteils deshalb eine besondere Härte darstellen würde, weil sie dadurch ihren Hausanteil und damit ihre Wohnung verlöre. Dies würde ihre soziale Integration und psychische Gesundheit beeinträchtigen.

Die von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Urkunden sprechen jedoch eine ganz andere Sprache:

Zunächst ergibt sich aus dem im Wege des hg. Form 22 gestellten Verfahrenshilfeantrags (worin die Beschwerdeführerin, vertreten durch die Substitutin ihres Sachwalters, ausdrücklich versichert, daß ihre Angaben wahr und vollständig sind), daß die Beschwerdeführerin im eigenen Miteigentumsobjekt eine Mietwohnung bewohnt. Damit bleibt sie aber auch im Falle einer Zwangsversteigerung ihres Miteigentumsanteiles kraft Bestandrechtes weiterhin voll geschützt (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB2, I, Rz 5, zu § 834 ABGB), weshalb sie auch nicht Gefahr läuft, im Rahmen der zwangsweisen Einbringung der Gebührenschuld ihre Wohnung zu verlieren.

Was die Belastung des Liegenschaftsanteils der Beschwerdeführerin anlangt, welchem Umstand - anders als dies die belangte Behörde generalisierend gemeint hat - im Rahmen der gebotenen Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher, Die Gerichtsgebühren5, unter E 46 und 47 zu § 9 GEG referierte hg. Judikatur) sehr wohl Bedeutung zukommt (siehe dazu insbesondere das von Tschugguel/Pötscher aaO 74 referierte hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1982, Zl. 81/15/0048) ist auf folgendes zu verweisen:

Aus dem von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Schreiben der MA 11 vom 19. April 1996 ergibt sich eine Gesamtverpflichtung von S 291.318,32 zuzüglich S 346,-- Kosten, welche Schuld sich eindeutig auf das laut dem ebenfalls von der Beschwerdeführerin vorgelegten Grundbuchsauszug unter C-LNr 23 auf dem Anteil der Beschwerdeführerin intabulierte Pfandrecht der Stadt Wien bezieht. Die Gesamtbelastung daraus beläuft sich sohin nicht auf die von der Beschwerdeführerin behauptete Summe von zumindest S 380.000,-- sondern nur auf den gerade genannten, wesentlich geringeren Betrag.

Dazu kommt, daß - wie sich dem Grundbuchsauszug ebenfalls entnehmen läßt - auf dem Anteil der Beschwerdeführerin im Jahr 1993 keineswegs weitere Pfandrechte "von über S 100.000" verbüchert wurden, sondern nur unter C-LNr. 30 ein Pfandrecht für S 9.530,-- sA und unter C-LNr. 32 eines für S 59.701,--.

Das aus C-LNr. 34 ersichtliche Versteigerungsverfahren zur

Hereinbringung einer Forderung von S 12.665,-- sA wurde wieder

eingestellt (C-LNr. 34 lit. b)

    Sohin liegt eine weitere bücherliche Belastung des Anteils

der Beschwerdeführerin nur im Ausmaß von S 69.051,-- sA

(= S 9350,-- und S 59.701,--) vor, was insgesamt eine Belastung

von S 360.715,32 (= S 69.051,-- und S 291.318,32 plus S 346,--)

ergibt.

Unter Berücksichtigung dieses Umstandes zeigt aber bereits der Beschwerdeinhalt, daß ausgehend von einem Wert des Liegenschaftsanteils der Beschwerdeführerin im Ausmaß von S 415.000,-- und der vergleichsweise geringfügigen Gebührenschuld von S 1.635,-- die belangte Behörde im Ergebnis frei von Rechtswidrigkeit das Vorliegen einer besonderen Härte gemäß § 9 Abs. 2 GEG verneinen durfte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte mit Rücksicht auf die einfache Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Unter Bedachtnahme auf die sofortige Abweisung der Beschwerde war ein gesonderter Abspruch durch den Berichter über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996160155.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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