TE Vwgh Erkenntnis 1996/8/29 95/09/0048

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.08.1996
beobachten
merken

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des E in D, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Burgenland vom 30. Dezember 1994, Zl. III/6702 B/1018033 Ka/R, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens wird auf das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, 93/09/0339, hingewiesen, mit dem der Bescheid des Landesarbeitsamtes Burgenland vom 7. Juni 1992, Zl. III/6702 B/1018033 Ka/R, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) infolge Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde. Der Gerichtshof sah in dem damaligen Erkenntnis die für den polnischen Staatsangehörigen J. abgelehnte Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG im wesentlichen deswegen als mit verfahrensrechtlicher Rechtswidrigkeit belastet an, weil die belangte Behörde ein zu § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c (dringender Ersatzbedarf) erstattetes Vorbringen nicht nachvollziehbar behandelt und sich mit der formelhaften Feststellung begnügt hatte, wonach wichtige Gründe i.S.d. § 4 Abs. 6 AuslBG nicht vorlägen.

Im fortgesetzten Verfahren richtete die belangte Behörde am 17. November 1994 an den Beschwerdeführer einen Vorhalt, in dem die gesetzliche Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG wiedergegeben und dazu auch festgestellt wurde, daß die maßgebliche Landeshöchstzahl für die Beschäftigung von Ausländern im Burgenland mit "über 200 % weit überschritten" sei. In der Berufung vom 2. Mai 1993 werde auf die Bestimmungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. b und c AuslBG hingewiesen. Ein Ausnahmegrund nach lit. b leg. cit. "Neugründung eines Betriebes in einem strukturell gefährdetem Gebiet" könne jedoch nur dann vorliegen, wenn durch die Beschäftigung des Ausländers die Neugründung bzw. das Anlaufen des Betriebes und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen für inländische Arbeitskräfte überhaupt erst möglich werde. Diese Voraussetzung treffe jedoch im Beschwerdefall nicht zu. Als besonderer Grund nach lit. c leg. cit. könne ein dringender Ersatz für die Besetzung eines "durch Ausscheiden eines Ausländers freigewordenen Arbeitsplatzes" anerkannt werden. Dazu sei festzustellen, daß dem Beschwerdeführer aufgrund des gemeldeten Bedarfs an einem Koch bevorzugte Arbeitskräfte vermittelt worden seien; am 30. März 1993 habe ein vermittelter ausländischer "Leistungsbezieher" (Herr C) mit dem Beschwerdeführer wegen der freien Stelle telefonisch Kontakt aufgenommen. Dieser habe dem Arbeitssuchenden erklärt, daß für bereits einen anderen Ausländer um Bewilligung angesucht worden sei und die Entscheidung abgewartet werde. Herr C solle sich nach der eventuellen Ablehnung wieder melden. Über diese Aussage liege eine amtliche Niederschrift mit dem Ausländer vom 8. April 1993 auf. Im Zuge weiterer Vermittlungsbemühungen sei am 2. Juli 1993 ein vorgemerkter inländischer Koch (Herr K) dem Betrieb zugewiesen und aufgrund einer anderweitigen späteren Arbeitsaufnahme ab September 1993 nicht eingestellt worden. Dazu werde ausgeführt, daß zumindest eine vorübergehende Beschäftigung möglich gewesen wäre. Auch über diesen Sachverhalt lägen amtliche Vermerke vor. Die Vorgangsweise des Betriebes, d.h. die Nichteinstellung von bevorzugten Arbeitskräften, widerspreche dem Vorbringen des Beschwerdeführers eines dringenden Ersatzbedarfs und ebenso der arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung einer "Vollbeschäftigung i. S.d. § 4 Abs. 1 AuslBG". Der Betrieb habe trotz Hinweis auf seine Existenzgefährdung keinen Gebrauch von der Einstellung von bevorzugten Arbeitskräften gemacht. Der Sachverhalt weise vielmehr darauf hin, daß ein besonderes Interesse an der Person J. bestehe, welches auch dadurch erhärtet werde, daß im letzten Berufungsverfahren des Beschwerdeführers betreffend den gleichen Ausländer ebenfalls eine vermittelte bevorzugte Arbeitskraft im Februar 1993 wegen bereits besetzter Stelle abgelehnt worden sei. Bei einem tatsächlich dringenden Ersatzbedarf hätte der Beschwerdeführer Herrn C bereits ab Anfang April 1993 beschäftigen können. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes werde festgestellt, daß weder ein Grund nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG vorliege, noch die arbeitsmarktpolitischen Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG erfüllt seien. Auch sei vollständigkeitshalber darauf hinzuweisen, daß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilliung nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG nur bei einer entsprechenden Aufenthaltsbewilligung möglich sei und der Bewilligung des beantragten Ausländers i.S.d. § 4 Abs. 1 AuslBG auch die wiederholte unerlaubte Beschäftigung dieses Ausländers entgegenstehe.

In der Stellungnahme vom 29. November 1994 führte der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde übersehe gänzlich, daß der gegenständliche Arbeitsplatz bereits vor J. mit einem Ausländer besetzt gewesen sei, es sich somit um einen Arbeitsplatz handle, der durch das Ausscheiden eines Ausländers freigeworden sei. Beim gegenständlichen Betrieb handle es sich um einen "neugegründeten" Betrieb, zumal es sich um eine neue Übernahme handle und zwar in einem "strukturell" gefährdeten Gebiet. Ohne Vorhandensein eines guten Koches müsse der Betrieb des Beschwerdeführers schließen, was zur Folge hätte, daß auch angemeldete österreichische Arbeitskräfte ihren Arbeitsplatz verlieren würden. Betreffend die Person des C sei zu bemerken, daß sich dieser entgegen der Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer nach der ersten Ablehnung nicht mehr gemeldet habe. Ausdrücklich werde nochmals darauf hingewiesen, daß sich während der gesamten Dauer des Verfahrens keinerlei "vollwertige Kraft" gemeldet hätte, die die Stelle als Koch hätte ausüben können. Der Betrieb hänge somit von der Einstellung des polnischen Staatsbürgers J. ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge. Zur Bestimmung des § 4 Abs. 1 AuslBG wurde in der Begründung ausgeführt, daß vorgemerkte Arbeitslose zugewiesen worden seien. Wie im Schreiben vom 17. November 1994 ausgeführt, sei jedoch von der Einstellung einer der vermittelten Ersatzkräfte trotz angegebenen dringenden Ersatzbedarfs und trotz angeblicher Existenzbedrohung kein Gebrauch gemacht worden. Es sei bisher auch keine konkrete Stellungnahme bezüglich der Qualifikation der einzelnen vermittelten Ersatzkräfte abgegeben worden. Die allgemeine Feststellung, es habe sich keine vollwertige Kraft gemeldet, sei zur sachlichen Beurteilung der arbeitsmarktmäßigen Voraussetzungen unzureichend, weil dazu keine bestimmten Gründe bekanntgegeben worden seien. Außerdem widerspreche bereits die erste Ablehnung der vermittelten Ersatzkraft - wie im Schreiben vom 29. November 1994 bestätigt - der arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung einer Vollbeschäftigung bzw. der vorgegebenen Dringlichkeit der Ersatzstellung. Darüber hinaus sei zu bemängeln, daß der Betrieb seit November 1993 keinen Bedarf mehr an einen Koch gemeldet habe. Es sei auch keine konkrete Stellungnahme zum Arbeitskräftebedarf - wie im Schreiben vom 17. November 1994 ersucht worden sei - abgegeben worden. Anläßlich einer Bedarfsprüfung durch die regionale Geschäftsstelle habe der Beschwerdeführer im Dezember 1994 telefonische Auskunft gegeben, daß der Vermittlungs- bzw. Ersatzauftrag für einen Koch erst dann erteilt werde, wenn über die Berufung bzw. den Beschwerdefall entschieden worden sei. Diese Vorgangsweise sei mit den arbeitsmarktpolitischen Interessen ebenfalls nicht vereinbar. Dazu, daß der Bewilligung von J. wegen dessen unerlaubter Beschäftigung auch öffentliche Interessen i.S.d.

§ 4 Abs. 1 AuslBG entgegenstünden, sei im Parteiengehör nicht Stellung genommen, ebenso nicht die erforderliche Aufenthaltsbewilligung vorgelegt worden. Die besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG seien ebenfalls nicht gegeben. Zur Bestimmung des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. b AuslBG sei festzustellen, daß diese Voraussetzung, die zwar auch eine Übernahme eines Betriebes inkludiere, nur dann berücksichtigt werden könne, wenn durch die Beschäftigung des in Frage stehenden Ausländers die Neugründung (Neuübernahme) bzw. das Anlaufen des Betriebes und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen für inländische Arbeitskräfte erst ermöglicht werde. Dies treffe jedoch nicht zu. Außerdem werde festgestellt, daß die Neuübernahme bereits im Dezember 1991 erfolgt sei und in der Stellungnahme des Beschwerdeführers anstatt der erforderlichen Schaffung von inländischen Arbeitsplätzen bereits von deren Gefährdung gesprochen werde. Zur dringenden Ersatzkraftstellung nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG werde darauf hingewiesen, daß der Umstand, daß der gegenständliche Arbeitsplatz auch vorher mit einem Ausländer besetzt gewesen sei, für eine Entscheidung allein nicht maßgebend sei. Dieser Ausnahmegrund könne vielmehr nur dann berücksichtigt werden, wenn es die Arbeitsmarktlage erlaube, d.h. wenn die arbeitsmarktpolitischen Voraussetzungen i. S.d. § 4 Abs. 1 AuslBG erfüllt seien. Diese Voraussetzungen lägen jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht vor. Außerdem könne aufgrund der Vorgangsweise des Beschwerdeführers (Ablehnung von bevorzugten Ersatzkräften, kein Vermittlungsauftrag) nicht von einem "dringenden Ersatzbedarf" gesprochen werden.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zur Begründung der gegenständlichen Beschwerde wird ausschließlich ausgeführt, entgegen der rechtlichen Auffassung der belangten Behörden lägen die besonderen Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG vor. Auch die besondere Voraussetzung, die durch eine Neuübernahme eines Betriebes inkludiert sei, sei im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, weil, wie feststehe, daß Anlaufen des Betriebes nur mit der Tätigkeit des J. als Koch möglich gewesen wäre. Inländische Arbeitskräfte hätten "mangels Meldung und den Voraussetzungen als Koch" bisher nicht angestellt werden können.

Mit diesem Beschwerdevorbringen wird aber die nach dem angefochtenen Bescheid eindeutig auch auf das Nichterfüllen der Voraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG gestützte Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht entkräftet. Die belangte Behörde legte in ihrem Vorhalt vom 17. November 1994 und im angefochtenen Bescheid auch bezogen auf zwei zugewiesene Ersatzkräfte ("C" und "K") dar, daß sie von einer unberechtigten Ablehnung von ihrer Ansicht nach für den zu besetzenden Arbeitsplatz als geeignet erachteten Ersatzkräften ausging und deshalb schon die erste Voraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG (nämlich, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse) nicht vorliegt. Da der Beschwerdeführer der insoweit auch nicht unschlüssigen Begründung im angefochtenen Bescheid mit keinem Wort substantiiert entgegentritt, läßt dieser insgesamt auch keine Rechtswidrigkeit erkennen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1996, 94/09/0373).

Da sich der angefochtene Bescheid damit bereits im Grunde des § 4 Abs. 1 AuslBG als nicht rechtswidrig erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das - zu § 4 Abs. 6 AuslBG - erstattete Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Der Zuspruch des Aufwandersatzes hatte an das Arbeitsmarktservice als Rechtsträger i.S.d. § 47 Abs. 5 VwGG zu erfolgen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1996, 95/09/0261).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995090048.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten