TE Vwgh Beschluss 1996/8/29 96/06/0166

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Veröffentlicht am 29.08.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
B-VG Art139;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art89;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, in der Beschwerdesache der Dr. E in H, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen die Gemeinde Ellbögen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Änderung des Flächenwidmungsplanes), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

In der am 1. Juli 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde wird die Gemeinde Ellbögen als belangte Behörde bezeichnet und deren Verletzung der Entscheidungspflicht geltend gemacht.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Säumig werden kann aber, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht eine Gemeinde als Gebietskörperschaft, sondern eine Behörde (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 20. Dezember 1994, Zl. 94/05/0300, und die dort zitierte Vorjudikatur). Da die Beschwerdeführerin die Gemeinde Ellbögen als belangte Behörde bezeichnet hat und daher eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch diese Gebietskörperschaft, aber nicht etwa durch den Gemeinderat dieser Gemeinde geltend gemacht hat, war die Beschwerde schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beschwerde war aber noch aus einem anderen Grund zurückzuweisen: Mit der Eingabe vom 25. Juni 1993, auf die sich die Säumnisbeschwerde bezieht, hat die Beschwerdeführerin an die Gemeinde Ellbögen folgenden Antrag gestellt: "Die Behebung des im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ellbögen hinsichtlich der Grundstücke der Antragstellerin unterlaufenen Fehlers in der Weise, daß ein vom Amt der Tiroler Landesregierung genehmigter Flächenwidmungsplan diese Grundstücke wiederum als Bauland im Sinne des Tiroler Raumordnungsgesetzes ausweise". Damit hat die Beschwerdeführerin die Änderung des Flächenwidmungsplanes beantragt. Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes stellt eine Verordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG dar; es konnte somit die Gemeinde nicht etwa hinsichtlich eines zu erlassenden Bescheides, sondern nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin als Verordnungsgeber säumig gewesen sein.

Nach Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Unter diesen Begriff fällt jedoch nicht die Verpflichtung zur Erlassung (Änderung) genereller Normen (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 7. November 1956, Zl. 1871/56, vom 28. Juni 1962, Zl. 973/62, und vom 2. Mai 1969, Zl. 435/69, zitiert nach Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 194), denn der Gemeinderat hat über den Antrag der Beschwerdeführerin keineswegs mit Bescheid abzusprechen (den im Säumnisfall gegebenenfalls auch der Verwaltungsgerichtshof erlassen könnte).

Die Stellung eines Antrages auf Aufhebung einer gesetzwidrig gewordenen Verordnung gemäß Art. 139 B-VG durch den Verwaltungsgerichtshof setzt jedoch eine zulässige Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof voraus. Es steht der Beschwerdeführerin bei Aufrechtbleiben einer gesetzwidrigen Bestimmung des Flächenwidmungsplanes frei, etwa im Wege eines Individualantrages nach Art. 139 Abs. 1 letzter Satz B-VG unmittelbar an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten.

Die wegen Verletzung der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 132 B-VG erhobene Beschwerde war daher auch gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungDefinition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Entscheidungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996060166.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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