TE Vfgh Erkenntnis 2021/12/15 E2558/2021

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; mangelhafte Auseinandersetzung mit in der Entscheidung wiedergegebenen Länderberichten betreffend ehemalige Polizisten und deren Familienangehörige

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Er wurde in Kabul geboren und lebte dort mit seiner Familie bis zu seiner Ausreise. Nach der Einreise ins Bundesgebiet stellte er am 23. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er in der Folge damit, dass ihm auf Grund der beruflichen Tätigkeit seines Vaters im höheren Polizeidienst sowie seiner eigenen ehemaligen beruflichen Tätigkeit im Innenministerium Verfolgung wegen unterstellter politischer Gesinnung drohe.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 16. März 2018 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegenüber dem Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. Juli 2019 wurde der Beschwerdeführer nach dem Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

4. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des BFA vom 16. März 2018 erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18. März 2021 und der Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme des Beschwerdeführers am 1. April 2021 mit Erkenntnis vom 31. Mai 2021 als unbegründet ab.

4.1. Betreffend das Vorbringen des Beschwerdeführers legt das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung folgende Feststellungen zu Grunde:

"Der Vater des Bf war im höheren Polizeidienst. Er war vor der Ausreise des Bf nicht im aktiven Dienst, aber noch im Dienst der Regierung. Der Vater des Bf bzw z.T. der Bf verwendete einen Dienstwagen der Polizei. Der Bf hat ca 1,5 Jahre im Innenministerium als Sekretär seines Vaters gearbeitet. Der Bf hat noch einige Monate im Innenministerium gearbeitet, nachdem sein Vater nicht mehr aktiv war. Der Vater des Bf hatte w

Es gab Droh-Telefonanrufe an Vater des Bf. Der Vater des Bf hat dagegen nicht die Polizei eingeschaltet.

Der Bf bringt auch vor, dass das Dienstauto des Vaters teilweise gesprengt wurde, während er und sein Bruder in der Apotheke waren; dadurch wurde das Auto teilweise zerstört, der Bf und dessen Bruder wurden nicht verletzt.

Der derzeitige Aufenthalt seiner Familie ist ihm nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung seit ca 2 Jahren nicht bekannt, das wurde auch bestätigt in der Stellungnahme vom 01.04.2021 bestätigt. Diese Angaben wurden auch auf mehrmaliges Nachfragen in der Verhandlung bestätigt, sie sind als hinreichend glaubhaft anzusehen. Er hat – auf Nachfragen – angegeben, dass er keine Nachforschungen angestellt hat.

Der Bf hat 4 Onkeln mütterlicherseits und je 2 Tanten mütterlicher bzw väterlicherseits, die noch in Afghanistan wohnen, er hat Cousins und Cousinen. Allerdings hat der Bf zu ihnen keinen Kontakt. Er hat sie auch nicht kontaktiert, um den Aufenthaltsort der eigenen Familien ausfindig zu machen. Er hat keinen Versuch unternommen, über soziale Medien und im Wege seiner Cousins und Cousinen in Kontakt mit seiner Familie zu kommen"

4.2. Die Beweiswürdigung dazu lautet:

"Nach der Judikatur des VwGH ist in die Beweiswürdigung der reale Hintergrund der vom Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte unter Betrachtung der konkreten Lage im Herkunftsstaat einzubeziehen, weil seine Angaben nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich ist (vgl VwGH 18.04.2002, 2001/01//0023, 31.05.2005, 2005/20/0176 ua)

Es ist plausibel, dass der Bf und vor allem sein Vater Drohanrufe erhalten hat, glaubhaft sind auch die Aussagen über die Karriere des Vaters. Es entspricht den Länderberichten, dass auf Polizisten bzw Polizeiautos Anschläge verschiedener Intensität des Öfteren ausgeübt werden.

Die Angaben des Bf zum Aufenthalt seiner Familie wurden mehrmals wiederholt und er hat auch bei nachfragen in der mündlichen Verhandlung daran festgehalten sie sind als hinreichend glaubhaft zu beurteilen. Das ergibt sich auch aus der Aussage, dass der Bf angibt, keine Nachforschungen getätigt zu haben, auch nicht über social media bei den Cousin und Cousinen."

4.3. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führt das Bundesverwaltungsgericht aus:

"Im vorliegenden Fall käme der Asylgrund der politischen Verfolgung wegen der Tätigkeit des Bf selbst für das Innenministerium bzw der Asylgrund der Zugehörigkeit zur Familie seines Vaters, der hoher Polizeibeamter war, in Frage:

Zum Bf selbst:

Die Tätigkeit für die Regierung des Bf war untergeordnet. Nach den Länderberichten (vgl insbesondere 1.2.4.) werden Personen, die für die Regierung tätig sind, die eine qualifizierte Funktion gehabt zu haben und den Taliban nicht unmittelbar geschadet zu haben, nach Beendigung der Tätigkeit nicht mehr verfolgt. Es ist auch nicht anzunehmen, der der Bf ohne Bezug zu seiner Familie auf den Radar der Taliban gelangen würde, wenn er keine Tätigkeit für die Regierung ausüben wird. Aus der vergangenen Tätigkeit für das Innenministerium lässt sich für den Bf keine aktuelle Gefahr mehr ableiten.

Da sich der Bf keinen Kontakt zur Familie hat und der Vater des Bf auch schon einige Zeit vor der Ausreise keine aktive Tätigkeit für die Polizei mehr ausgeübt hat, fehlt der Konnex zur Herkunftsfamilie und zur Tätigkeit des Vaters als hoher Polizist, sodass für die Aufständischen keine Veranlassung besteht, den Bf als Mitglied der Familie zu identifizieren und zu verfolgen.

Es ist der Rechtsvertretung in der Stellungnahme zuzustimmen, dass Regierungsmitarbeiter in Ausübung ihrer Tätigkeit gefährdet sind, einem Anschlag zum Opfer zu fallen, auch, dass diese Gefahr sich auf Familienmitglieder ausdehnen kann. Diese Gefahr trifft jene Personen, die aktiv im Regierungsdienst sind und auch als solche erkennbar sind. Auch der Vater des Bf gehört als Polizist nicht zu jenen Personen, die als besonders qualifizierte Feinde der Taliban jedenfalls verfolgt werden, auch nach Beendigung der Tätigkeit. Der Vater des Bf ist auch in der letzten Zeit als Polizist nicht mehr in Erscheinung getreten, weil er nicht im aktiven Dienst war.

Es ist daher nicht mehr zu prüfen, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative vorliegt."

5. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses sowie für den Fall der Abweisung oder Ablehnung die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

II. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

2.1. Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

2.2. Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungs-verfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

3.1. Das Bundesverwaltungsgericht sieht es als erwiesen an, dass der Vater des Beschwerdeführers im höheren Polizeidienst tätig gewesen ist und der Beschwerdeführer selbst im Innenministerium gearbeitet hat. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, Drohanrufe erhalten zu haben und Zeuge eines Anschlages auf das Dienstauto seines Vaters geworden zu sein, erachtet das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis für glaubhaft.

3.2. Zur Situation in Afghanistan stellt das Bundesverwaltungsgericht unter anderem fest:

"1.2.2 EASO, Country Guidance Afghanistan, Stand Dezember 2020, Kap.2.1:

Members of the security forces and pro-government militias

This profile refers to members of the Afghan security forces (ANSF), including the Afghan National Army (ANA), the Afghan National Police (ANP) and the National Directorate of Security (NDS), as well as the Afghan Local Police (ALP), as well as members of pro-government militias (PGMs).

COI summary

ANSF personnel on duty or off-duty alike are a frequent target of insurgent attacks and are considered priority targets for the Taliban. In January 2019, President Ghani stated that more than 45 000 members of the security forces have been killed since he took office in 2014. After the Doha Agreement in February 2020, the Taliban have increased their attacks on government forces, mainly in rural areas. Such attacks have occurred at places where ANSF personnel gather, for example, at army bases, police stations and checkpoints. ANSF members are reportedly singled out and targeted while travelling on the road, for example at mobile checkpoints of AGEs. Targeting may also take place in the form of deliberate killings and abductions, which are explicitly legitimised by the Taliban Layeha (code of conduct). According to the Layeha, the Taliban are instructed to make ANSF members surrender and/or join the group. The Layeha delegates Ta’ziri (punishment) authority to the Imam, deputy Imam, provincial judge or in their absence to the provincial governor to order the execution of an allegedly guilty ANSF detainee or any other employee/official of the Government arrested by the group. The AGEs have also been reported to use torture against detainees, including ANSF personnel [Anti-government elements, 1.2.1, 2.5, 2.6.1; State structure, 2.1; Security situation 2020, 1.1.1, 1.3, 1.5.2].

Available sources indicate that officers of NDS, members of PGMs and police chiefs are most frequently targeted by the Taliban [Security situation 2020, 1.2.1, 1.3.3, 1.3.4, 2; Anti-government elements, 2.6; Conflict targeting, 1.2.1].

It is also reported that the Taliban often threaten and target female security officers [Anti-government elements, 2.6.1.1].

Individuals under this profile are also seen as legitimate target by other insurgent groups, for example the ISKP and foreign anti-government elements [Security situation 2020, 1.2.2, 1.5.2].

It should be noted that family members of security forces have also been targeted by insurgents. Moreover, family members are often pressured to convince their relative to give up his or her position in the security forces. There are also reports of former members of the ANSF who have been targeted after having left the ANSF [Anti-government elements, 2.6.1; Conflict targeting, 1.3.1, 1.4.1].

Risk analysis

Certain risks for members of security forces are inherent to their duties and the activities they take part in, and those would not amount to persecution or serious harm. However, risks outside the performance of their duties, could be of such severe nature that they would amount to persecution (e.g. targeted killing outside of fighting, abduction, torture).

In the case of individuals that are most frequently targeted (e.g. officers of NDS, members of PGMs and police chiefs), well-founded fear of persecution would in general be substantiated.

In the case of other individuals under this profile, the individual assessment of whether or not there is a reasonable degree of likelihood for the applicant to face persecution should take into account risk-impacting circumstances, such as: area of work and visibility of the applicant, gender, area of origin and presence of insurgent groups (in particular, in relation to insurgents’ checkpoints), period since leaving the forces, personal enmities, etc.

Family members of some individuals under this profile could also be at risk of treatment that would amount to persecution.

Nexus to a reason for persecution

Available information indicates that the persecution of this profile is for reasons of (imputed) political opinion.

Exclusion considerations could be relevant to this profile (see 6. Exclusion).

[…]

1.2.4 Norwegischer Landinfo-Report Afghanistan: Der Nachrichtendienst der Taliban und die Einschüchterungskampagne (Arbeitsübersetzung BFA, August 2017:

[…]

Die Taliban nennen als ihre wichtigsten Zielpersonen die Offiziere der nationalen Sicherheitsdienste (NDS), Dolmetscher bzw alle, die für das/mit dem ausländischen Militär und Diplomaten arbeiten. […]

Überall, wo die Taliban vertreten sind, zielten sie von vorne herein insbesondere auf die Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte ab, die sich weigern, den Dienst zu quittieren. Sie übten Druck auf deren Familien aus, um deren Ausscheiden zu erzwingen und drohten Bestrafung an, wenn ihrer Forderung nicht Folge geleistet würde. In einigen Fällen sind sie sogar soweit gegangen, Verwandte hinzurichten. Zumeist waren diese Sicherheitskräfte und ihre Familien schließlich gezwungen, in sicherere, von der Regierung kontrollierte Gebiete umzusiedeln, obwohl die Taliban ihre Ziele teilweise auch dort heimsuchen. Andere, die es sich leisten können, scheiden aus und im Laufe der Jahre sind hunderte hingerichtet worden. Selbst diejenigen, die umsiedeln, laufen Gefahr, auf dem Weg an den Straßensperren der Taliban festgehalten zu werden." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3.3. Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes, dass "Personen, die für die Regierung tätig sind, die eine qualifizierte Funktion gehabt zu haben und den Taliban nicht unmittelbar geschadet zu haben, nach Beendigung der Tätigkeit nicht mehr verfolgt [werden]", finden in den vom Bundesverwaltungsgericht selbst wiedergegebenen Länderberichten ebenso keine Deckung wie die Beurteilung, dass der Vater des Beschwerdeführers "als Polizist nicht zu jenen Personen [gehört], die als besonders qualifizierte Feinde der Taliban jedenfalls verfolgt werden, auch nach Beendigung der Tätigkeit". Auch die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, dass auf Grund der bloßen Tatsache, dass der Beschwerdeführer derzeit keinen Kontakt zu seiner Familie habe, der "Konnex zur Herkunftsfamilie" fehle und der Beschwerdeführer alleine deshalb nicht mehr dem spezifischen Risikoprofil der Familienangehörigen von Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte unterliege, ist für den Verfassungsgerichtshof nicht nachvollziehbar.

3.4. Da es das Bundesverwaltungsgericht sohin unterlassen hat, das als glaubhaft festgestellte Vorbringen des Beschwerdeführers widerspruchsfrei mit den in der Entscheidung wiedergegebenen Länderberichten in Beziehung zu setzen, hat es Willkür geübt (zu diesen Anforderungen in Afghanistan betreffenden Fällen vgl zB VfGH 25.2.2020, E315/2019; 24.11.2020, E3285/2020).

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil der Beschwerdeführer Verfahrenshilfe im Umfang des §64 Abs1 Z1 lita ZPO genießt.

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E2558.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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