TE Vfgh Erkenntnis 1994/9/27 B1758/93, B1759/93

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Veröffentlicht am 27.09.1994
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art90 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK österr Vorbehalt zu Art6
Tir GVG 1983 §4 Abs1
Tir GVG 1983 §6 Abs1 litc
Tir GVG 1983 §13
AVG §62 Abs4

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Erlassung eines Berichtigungsbescheides; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs mangels Selbstbewirtschaftung

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Kaufvertrag vom 15. Oktober 1976 erwarb der Beschwerdeführer einen in den KG Gnadenwald und Terfens gelegenen geschlossenen Hof im Sinne des Tiroler Höfegesetzes. Mit Schriftsatz vom 15. September 1992 beantragte er, diesem Rechtserwerb, soweit die in der KG Gnadenwald gelegenen Überlandparzellen betroffen sind, die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu erteilen. Die Grundverkehrsbehörde Gnadenwald erteilte diese Zustimmung mit Bescheid vom 29. Oktober 1992 gemäß §3 Abs1 lita des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 18. Oktober 1983 über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tirol 69/1983, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol 44/1984 und 45/1988 und des Landesgesetzes LGBl. für Tirol 74/1991 (im folgenden: GVG 1983), mit der Begründung, daß der Rechtserwerb Arrondierungflächen zu einem vom Antragsteller selbstbewirtschafteten Besitz betreffe.

2. Der dagegen vom Landesgrundverkehrsreferenten erhobenen Berufung wurde nach einem ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren laut Beratungsprotokoll mit Beschluß der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 15. Juli 1993 Folge gegeben und dem Rechtserwerb die Zustimmung versagt. Im Spruch der mit 9. August 1993 datierten Bescheidausfertigung heißt es dagegen, die Berufung werde "als unbegründet abgewiesen". In der Begründung des Bescheides wird jedoch in Übereinstimmung mit dem gefaßten Beschluß im einzelnen dargetan, weshalb insbesondere der Versagungstatbestand des §6 Abs1 litc, letzter Fall, leg.cit. erfüllt sei und sohin der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten Berechtigung zukomme. Mit Schreiben vom 23. August 1993 benachrichtigte ein Beamter des Amtes der Tiroler Landesregierung den Beschwerdeführer über die Absicht, den Spruch des Bescheides vom 9. August 1993 zu berichtigen. Mit Bescheid vom 23. September 1993 schließlich erging diese Berichtigung dahingehend, daß der Spruch des Bescheides vom 9. August 1993 zu lauten habe, der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten sei Folge zu geben und dem Erwerb des geschlossenen Hofes die grundverkehrsbehördliche Zustimmung gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc des GVG 1983 zu versagen.

3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher der Sache nach die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird. Dies wird im wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer habe im Jahre 1975 auf dem geschlossenen Hof eine Haflingerzucht begonnen und ihn im Jahre 1976 - auf ausdrückliches Anraten der Bezirkslandwirtschaftskammer - wegen privater und finanzieller Probleme des Veräußerers gekauft, um den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als solchen zu erhalten. Mit großem Einsatz seiner Arbeitskraft sowie seiner finanziellen Mittel habe er diesen Betrieb ohne jede Beanstandung und nachgewiesenermaßen mit entsprechender Sachkenntnis durchgehend seit 1976 betrieben. So habe er zwischenzeitig bereits landwirtschaftliche Grundstücke mit Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bücherlich erworben. Es gehe an der Realität vorbei, wenn man nun von Landwirten fordere, daß sie selbst ständig am Hof wohnen und sich um jede Einzelheit, wie Ausmisten, Jaucheführen und Kartoffelputzen, kümmern müßten, zumal die Familienmitglieder des Beschwerdeführers ohnehin am Hof wohnten und mitarbeiteten. Der Beschwerdeführer verbringe dort selbst die Wochenenden und Feiertage, sei um die Betriebsführung bemüht und im übrigen jederzeit erreichbar. Zahlreiche Beispiele in Tirol belegten, daß erfolgreiche Geschäftsleute und Angehörige prominenter Familien nicht so strengen Maßstäben unterworfen seien wie er, da ihnen der Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke genehmigt worden sei. Vor allem sei das Verfahren vor der Landesgrundverkehrsbehörde "als nichtig zu bezeichnen", sei doch die Öffentlichkeit überraschend von der Verhandlung ausgeschlossen worden und habe die Zusammensetzung der belangten Behörde nicht der EMRK entsprochen. Außerdem sei es bedenklich, daß "eine weisungsgebundene Person der Landesregierung mit der Machtbefugnis der Berufungserhebung gegenüber Verwaltungsbehörden ausgestattet werden kann". Die Einrichtung eines Landesgrundverkehrsreferenten als Überprüfungsinstanz der Verwaltung sei daher "sicherlich nicht verfassungskonform", zumal nicht geprüft worden sei, ob dieser Referent zum Zeitpunkt der Berufungserhebung überhaupt rechtmäßig bestellt gewesen sei. Der "sogenannte Berichtigungsbescheid" sei zum einen äußerst spät und zum anderen unter "eigenartig anmutenden" Umständen ergangen: so habe an seiner Beschlußfassung ein Kollegialmitglied mitgewirkt, das im Juli 1993 noch nicht beteiligt gewesen sei. Vor allem aber werde dadurch in Rechte eingegriffen, die ihm mit dem Bescheid vom August 1993 eingeräumt worden seien.

4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

5. In einer Replik bekräftigte der Beschwerdeführer den von ihm in der Beschwerde eingenommenen Rechtsstandpunkt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

A. Zur Zulässigkeit:

Der Bescheid vom 9. August 1993 wurde mit Bescheid vom 23. September 1993 unter Berufung auf §62 Abs4 AVG berichtigt. Der Verfassungsgerichtshof hat einen Bescheid in seiner berichtigten Fassung seiner Prüfung zugrundezulegen. Der Berichtigungsbescheid bildet mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit (vgl. zB VfSlg. 5379/1966, 7689/1975, 8854/1980, 12314/1990).

Wenn dies die Beschwerde auch übersehen dürfte und in ihrer Diktion undeutlich auf zwei Bescheide abstellt (weshalb der Beschwerde auch zwei Geschäftszahlen zugeteilt wurden), geht der Verfassungsgerichtshof in Würdigung des gesamten Beschwerdevorbringens davon aus, daß sich die Beschwerde gegen den Bescheid in seiner berichtigten Fassung wendet.

Da die Beschwerdefrist gewahrt ist und auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen erfüllt sind, erweist sich die Beschwerde als zulässig.

B. In der Sache:

1.1. Die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe anläßlich der Beschlußfassung über die Berichtigung des Bescheides eine andere Zusammensetzung aufgewiesen als bei der Beschlußfassung über den ursprünglichen Bescheid.

1.2. Da es sich insoferne beim Berichtigungsbescheid um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt, kann die diesbezügliche Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. VfSlg. 11336/1987, 12280/1990, 12957/1991, VfGH 14.6.1994, B1307/93) gar nicht zum Tragen kommen, ist hier doch unbestrittenermaßen die - zuständige - Landesgrundverkehrsbehörde eingeschritten.

1.3. Der Beschwerdeführer wurde deshalb nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

2.1. Die Beschwerde rügt ferner, die Voraussetzungen für die Erlassung eines Berichtigungsbescheides lägen nicht vor, es werde "in den materiellen Inhalt" des zunächst erlassenen Bescheides eingegriffen und es dürfe "durch eine Berichtigung keine materielle Änderung des Spruchinhaltes herbeigeführt werden."

2.2. Die Klärung der Frage, ob die Bescheidberichtigung zu Recht erging oder nicht, ist einfachgesetzlicher Natur und als solche nicht vom Verfassungsgerichtshof zu prüfen, und zwar selbst dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie hier - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 12984/1992, VfGH 22.3.1993, B1470/92).

Ein die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums bzw. auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzender Eingriff läge nur vor, wenn §62 Abs4 AVG verfassungswidrig wäre, denkunmöglich oder willkürlich angewendet worden wäre oder seine Anwendung mit einem einer Gesetzlosigkeit gleichkommenden schweren Fehler behaftet wäre.

Das ist ganz offenkundig nicht der Fall: Gegen §62 Abs4 AVG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfSlg. 5379/1967, 9407/1982). Soweit hier beachtlich, kann nach dieser Bestimmung die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Die Berichtigung von Bescheiden nach §62 Abs4 AVG kommt in Betracht, wenn die Unrichtigkeit des Bescheides von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit schon bei der Erlassung dieses Bescheides hätte erkannt und vermieden werden können (vgl. VfSlg. 5379/1966). Daß Spruch und Begründung des ursprünglichen Bescheides nicht zusammenpaßten, mußte wegen dieses offenkundigen Mangels jedermann auffallen. Währenddem der Spruch die Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten abwies, stellte die Begründung des Bescheides vom 9. August 1993 auf den Versagungstatbestand des §6 Abs1 litc, dritter Tatbestand, GVG 1983 ab, wonach einem Rechtserwerb dann nicht zuzustimmen ist, wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird. Die belangte Behörde zog aus dem von ihr festgestellten Sachverhalt den Schluß, daß der Beschwerdeführer dem Kriterium der Selbstbewirtschaftung nicht gerecht werde. Sie hat laut der im Akt erliegenden Niederschrift auch - entgegen der in der Beschwerde vorgetragenen Vermutung - beschlossen, der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten stattzugeben und dem beantragten Rechtserwerb die Zustimmung zu versagen. Die Ausfertigung des Bescheides erfolgte allerdings nicht beschlußgemäß, vielmehr stimmt deren Spruch mit der beschlossenen Stattgabe nicht überein.

Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß der belangten Behörde bei Anwendung des §62 Abs4 AVG ein qualifizierter, in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen ist, wenn sie unter diesen Umständen das Vorliegen einer der Berichtigung zugänglichen Unrichtigkeit im Sinne der genannten Rechtsvorschrift annahm.

3. Auch die - wenig substantiierten, an der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vorbeigehenden, ja die übersehenden - Bedenken, die die Beschwerde gegen die weiteren, dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Gesetzesvorschriften ob deren Verfassungswidrigkeit hegt, sind insgesamt nicht begründet.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach erkannt, daß der Landesgrundverkehrsbehörde gemäß §13 GVG 1983 die Qualität eines unabhängigen und unparteiischen Tribunals zukommt (vgl. zuletzt etwa VfGH 21.6.1993, B1841/92, 30.11.1993, B1215/93). Auch hegt er keine Bedenken gegen die Regelungen betreffend die Einrichtung des Landesgrundverkehrsreferenten und dessen Rechtsmittelbefugnis (vgl. etwa VfSlg. 12699/1991). Gleiches gilt für den Vorwurf, die belangte Behörde habe das Gebot der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung mißachtet: Der österreichische Vorbehalt zu Art6 EMRK hat nämlich keine Ausdehnung des sachlichen Geltungsbereiches des Art90 Abs1 B-VG ("Die Verhandlungen in Zivil- und Strafsachen vor dem erkennenden Gericht sind mündlich und öffentlich. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.") auf Verwaltungsverfahren bewirkt; dies gilt auch für Verfahren vor Tribunalen (vgl. VfSlg. 11855/1988, VfGH 15.6.1993, B845,846/92, B854,855/92).

3.2.1. Die den Gegenstand des Kaufvertrages bildenden Grundstücke sind unbestritten als landwirtschaftliche im Sinne des §1 Abs1 Z1 GVG 1983 zu qualifizieren und unterliegen demnach den Bestimmungen dieses Gesetzes. Der durch den Kaufvertrag bewirkte Eigentumserwerb bedarf deshalb zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gemäß §3 Abs1 lita leg.cit. Eine solche Zustimmung darf gemäß §4 Abs1 GVG 1983 nur erteilt werden, wenn der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht. Der nur allgemein formulierte Inhalt des §4 Abs1 GVG 1983 wird durch §6 Abs1 GVG 1983 näher konkretisiert, indem einzelne Tatbestände angeführt werden, bei deren Vorliegen einem Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 leg.cit. insbesondere nicht zuzustimmen ist. Liegt einer der in §6 Abs1 GVG 1983 - demonstrativ - genannten Fälle vor, bedarf es im einzelnen Fall keiner näheren Prüfung der Interessenlage, weil ein Widerspruch zu den durch §4 Abs1 leg.cit. geschützten Interessen von Gesetzes wegen angenommen wird und zur Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung führen muß (vgl. VfSlg. 13101/1992, VfGH 22.3.1993, B1470/92).

3.2.2. Der angefochtene Bescheid stützt sich vor allem auf §4 Abs1 und §6 Abs1 litc, dritter Tatbestand, GVG 1983, wonach einem Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 leg.cit. insbesondere nicht zustimmen ist, wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird. Gegen diese Bestimmungen bringt die Beschwerde keine verfassungsrechtlichen Bedenken vor; auch beim Verfassungsgerichtshof sind solche aus Anlaß dieser Beschwerde nicht entstanden (vgl. zuletzt etwa VfSlg. 12984/1992, 13101/1992).

3.3. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften ist es ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

4.1. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur dann verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellenden Fehler begangen hätte (vgl. etwa VfSlg. 10370/1985, 10482/1985, 11470/1987, 11635/1988). Auch eine denkunmögliche Würdigung des Sachverhaltes ist einer derartigen Gesetzlosigkeit gleichzuhalten (s. VfSlg. 12901/1991).

4.2. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß im vorliegenden Fall der belangten Behörde ein derartiger Vorwurf zu machen wäre:

4.2.1. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist es in den durch das GVG 1983 zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen, daß die im Rahmen des Grundverkehrs erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke vom Erwerber selbst bewirtschaftet werden (VfSlg. 7927/1976, 8245/1978, 8518/1979, 10814/1986). Verfassungsrechtlich unbedenklich ist in diesem Zusammenhang die Ansicht der belangten Behörde, zur Selbstbewirtschaftung sei grundsätzlich die persönliche Anwesenheit des Erwerbers erforderlich, weil nur so die für die Bewirtschaftung eines Hofes notwendigen Arbeiten verrichtet und die Anordnungen vom Hofbetreiber persönlich getroffen werden können und er nur so deren Einhaltung auch selbst überwachen kann, wofür ein nahezu täglicher Aufenthalt am Hof erforderlich ist (vgl. zB VfSlg. 12348/1990, 12984/1992).

4.2.2. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde dem §6 Abs1 litc GVG 1983 keinen denkunmöglichen Inhalt unterstellt, wenn sie aus der beruflichen Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt in Innsbruck ableitete, daß eine Selbstbewirtschaftung des geschlossenen Hofes durch ihn nicht gesichert sei. Sie konnte ihre Prognoseentscheidung in nicht zu beanstandender Weise auf das bisherige Verhalten und die Aussagen des Beschwerdeführers stützen. Im Ergebnis wendet sich die Beschwerde somit gegen die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides; ein in die Verfassungssphäre reichender, vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifender Fehler wird damit nicht dargetan.

4.3. Der Beschwerdeführer wurde somit nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

5.1. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz könnte im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (vgl. II.3.2.) nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 8428/1978, 9127/1981) nur vorliegen, wenn die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere iVm. einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

5.2. Wie bereits unter II.4. dargelegt, hat die belangte Behörde, indem sie dem Rechtserwerb ihre Zustimmung versagte, keinen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler begangen. Insgesamt wurde das Parteivorbringen nicht ignoriert, sondern wurde in entsprechender Weise mitberücksichtigt.

Auffassungsunterschiede bestehen ausschließlich hinsichtlich der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes, was jedoch in keiner Weise ein willkürliches Vorgehen der Behörde darstellt.

5.3. Mit dem Vorbringen, daß die belangte Behörde in den dem Beschwerdefall vergleichbaren Fällen gegenteilig entschieden habe, wird ein willkürliches Verhalten ebenfalls nicht dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 10925/1986, 11883/1988, VfGH 22.3.1993, B1470/92) ist es noch kein Indiz für eine willkürliche Vorgangsweise der Behörde, wenn sie in einem gleichgelagerten Fall zu einer anderen Beurteilung gelangt.

5.4. Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

6.1. Was den Beschwerdevorwurf der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Erwerbsausübung betrifft, ist diesem zu erwidern, daß dieses nur verletzt werden kann, wenn die Behörde den Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbstätigkeit gesetzlos (in denkunmöglicher Anwendung eines Gesetzes) oder auf Grund eines verfassungswidrigen Gesetzes untersagt. Art6 StGG gewährt jedoch keinen Schutz gegen Amtshandlungen, die die Erwerbstätigkeit nicht unmittelbar betreffen, mögen auch die Nebenwirkungen mittelbar die Erwerbstätigkeit verhindern; die Erwerbsfreiheit wird sohin nicht verletzt, wenn der Verwaltungsakt die Realisierung einer bestimmten Erwerbsbetätigung lediglich faktisch verhindert (vgl. VfSlg. 11516/1987, 11705/1988, VfGH 22.3.1993, B1470/92).

6.2. Die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zum Rechtserwerb war - was die Beschwerde auch gar nicht behauptet - offenkundig nicht unmittelbar gegen die Erwerbsbetätigung des Beschwerdeführers gerichtet.

6.3. Er ist daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Erwerbsausübung nicht verletzt worden.

7. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre.

8. Die Beschwerde war deshalb als unbegründet abzuweisen.

9. Der Antrag des Beschwerdeführers, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil es sich bei der belangten Behörde um eine Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG handelt (vgl. §13 Abs4 und 9 GVG 1983) und eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorgesehen ist.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Prüfungsgegenstand, Bescheidberichtigung, Grundverkehrsrecht, Behördenzusammensetzung, Tribunal, Selbstbewirtschaftung, Erwerbsausübungsfreiheit, Öffentlichkeitsprinzip, Landesgrundverkehrsreferent

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B1758.1993

Dokumentnummer

JFT_10059073_93B01758_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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