TE Vwgh Beschluss 2022/2/14 Ra 2020/02/0272

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Veröffentlicht am 14.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §99 Abs1 lita
VStG §45 Abs1 Z2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §47
VwGG §51

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. September 2020, VGW-031/030/2852/2019-24, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: A in W, vertreten durch Mag. Alexander Razka, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Salesianergasse 25/1/1/5), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Land Wien hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Landespolizeidirektion Wien vom 17. Jänner 2019 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, er habe am 18. April 2018 um 23:25 Uhr, an einem näher angegebenen Ort, einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten PKW gelenkt, obwohl er sich (laut Testergebnis am geeichten Alkomaten) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage) verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben wurde.

2        Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt, indem es das bekämpfte Straferkenntnis aufhob und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einstellte. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3        Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass für das verfahrensgegenständlich eingesetzte Atemalkoholmessgerät zwar die erforderliche Eichung durchgeführt und die Eichfrist eingehalten worden sei, nicht jedoch die halbjährlich vorgeschriebenen Überprüfungstermine (im vorliegenden Fall der für den 27. März 2018 vorgesehene) wahrgenommen worden seien. Es seien sohin nicht alle Eichbestimmungen sowie Betriebsanleitungen eingehalten worden und für das dem Mitbeteiligten angelastete Messergebnis ein nicht ordnungsgemäß gewartetes Gerät verwendet worden.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche (Amts-)Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, zu der der Mitbeteiligte nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Amtsrevision erstattete.

5        Die Revision erweist sich als unzulässig:

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, das Verwaltungsgericht sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage abgewichen, ob bei der Messung des Atemalkoholgehaltes Geräte nur dann zulässigerweise zum Einsatz gebracht werden könnten, wenn neben der erforderlichen Eichung auch eine - im gegenständlichen Fall durch den Hersteller vorgeschriebene halbjährliche - Kalibrierung erfolgt sei.

10       Dem angefochtenen Erkenntnis stehen - worauf die Revisionsbeantwortung zutreffend hinweist - die von der Revision zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegen. Diesen liegen andere Sachverhalte und zum Teil abweichende Rechtslagen zu Grunde.

11       Das Erkenntnis VwGH 11.7.1990, 89/03/0242, erging zu einem Alkomat, der innerhalb des sechsmonatigen Überprüfungsintervalls verwendet wurde, und betraf einen Zeitpunkt, an dem eine Eichpflicht für Messgeräte zur Bestimmung des Gehaltes von Alkohol in der Atemluft noch nicht bestand.

12       Mit VwGH 26.2.1992, 91/03/0300, wurde der dort angefochtene Bescheid wegen fehlender Feststellungen über das Vorliegen einer gültigen Eichung aufgehoben, zumal Angaben über eine „amtliche Überprüfung/Kalibrierung“ nichts darüber aussagen, ob das Gerät eine gültige Eichung aufwies.

13       In VwGH 24.3.1993, 91/03/0348, ging es um die Rüge des dortigen Beschwerdeführers, vor der Messung nicht darauf hingewiesen worden zu sein, dass das Ergebnis der Untersuchung als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung gelte. Dazu erwog der Verwaltungsgerichtshof, dass eine derartige Belehrung nicht erforderlich ist und der dortige Beschwerdeführer nicht behauptete, dass das Gerät nicht geeicht gewesen wäre. Unter Hinweis auf das bereits zitierte Erkenntnis vom 26. Februar 1992 wurde als unerheblich angesehen, ob und wann eine „Kalibrierung“ vorgenommen wurde.

14       Im Gegensatz dazu gibt es im vorliegenden Fall Feststellungen über die Eichung und das Überschreiten des vorgeschriebenen Überprüfungstermins.

15       Soweit die Revision ihre Zulässigkeit in einer grob fehlerhaften Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes sieht, zeigt sie nicht auf, welche konkrete Feststellung im angefochtenen Erkenntnis davon erfasst sei soll.

16       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

17       Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 iVm § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das in der Revisionsbeantwortung auf die Zuerkennung von Aufwendungen für ERV-Gebühr von € 2,10 gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil in der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 ein Zuschlag für eine im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs erfolgte Einbringung von Schriftsätzen nicht vorgesehen ist (vgl. VwGH 2.12.2020, Ra 2019/02/0132, mwN).

Wien, am 14. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020020272.L00

Im RIS seit

04.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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