TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/3 96/04/0001

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Veröffentlicht am 03.09.1996
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §77 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6. November 1995, Zl. 5/02-756/13-1995, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: A OHG in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. April 1995 erteilte die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau der mitbeteiligten Partei gemäß § 77 GewO 1994 iVm § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die gewerbebehördliche Genehmigung "für die Betriebsanlage einer Lkw-Garage für abgasarme und lärmarme Lkw und Bagger, Abstellplätze für Anhänger im Freien sowie eines Waschplatzes" an einem näher bezeichneten Standort. Nach dem Inhalt der in den Spruch dieses Bescheides aufgenommenen Betriebsbeschreibung ist an der Südseite der Lkw-Garage ein Waschplatz vorgesehen. Die Waschwässer werden über einen Grobschlammfang, einen Schlammfang und einen kombinierten Mineralöl- und Restölabscheider in die G-Ache abgeleitet. Der Waschplatz dient zum Reinigen der Fahrzeuge, wobei auf den Einsatz des ursprünglich vorgesehenen Dampfstrahlgerätes verzichtet wird.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies der Landeshauptmann von Salzburg mit dem Bescheid vom 6. November 1995 teils ab, teils zurück. Zur Begründung führte der Landeshauptmann unter anderem aus, im Zuge des Berufungsverfahrens sei durch einen lärmtechnischen Amtssachverständigen ein Vergleich zwischen der von einem privaten Sachverständigen und den von Amtssachverständigen vorgenommenen Umgebungslärmmessungen durchgeführt worden. Dabei hätten sich die im angefochtenen Bescheid näher dargestellten Meßdaten ergeben. Der Vertreter der Einschreiterin habe vor der Berufungsbehörde zu Protokoll gegeben, daß mit dem schriftlichen Verzicht auf den Einsatz des Dampfstrahlgerätes gemeint sei, daß dieses samt Heizungsgerät nicht Projektsbestandteil sein soll und die Lkw"s und der Bagger im bestehenden Betrieb in G, S 50, gewaschen würden. Somit sollten keine Waschvorgänge im Bereich der beantragten Betriebsanlage stattfinden. Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Lärmmeßbericht des privaten Sachverständigen habe nahezu dasselbe Ergebnis wie die vielfältigen und sehr detaillierten Lärmmessungen der amtlichen Sachverständigen ergeben. Der Beschwerdeführer habe daher das schlüssige und nachvollziehbare lärmtechnische Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen in keiner Weise widerlegen können. Aus dem vorgelegten Lärmbericht seien lediglich die am Meßpunkt 1 gemessenen Werte zu berücksichtigen, da sich der Meßpunkt 2 vom Grundstück des Beschwerdeführers sehr weit entfernt befunden habe und durch die projektierten Garagen abgeschirmt werde. Weiters sei entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Beurteilung des Lärms auf jenen der Lärmquelle am nächsten liegenden Teil des Nachbargrundstücks bzw. des Grundstückes des Beschwerdeführers abzustellen, der dem regelmäßigen Aufenthalt des Nachbarn, sei es in einem Gebäude, sei es außerhalb des Gebäudes, dienen könne. Geeignete Meßpunkte seien daher z.B. Fenster von Wohnräumen, Balkone und Vorgärten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in den aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt er vor, die Berufungsbehörde gehe in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß keine Waschvorgänge im Bereich der beantragten Betriebsanlage stattfänden. Folge man dieser Ansicht, bedeute dies aber gleichzeitig, daß der Antrag auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung des laut Betriebsbeschreibung vorgesehenen Waschplatzes an der Südseite der Lkw-Garage weggefallen sei und daher nicht mehr Inhalt des behördlichen Konsenses sein könne. Tatsächlich sei der Waschplatz, welcher zum Reinigen der Fahrzeuge diene, Gegenstand des behördlichen Konsenses laut Bescheid der Erstbehörde, welcher von der Berufungsbehörde vollinhaltlich bestätigt worden sei. Das Genehmigungsverfahren finde jedoch nur auf Antrag eines Genehmigungswerbers und nur in dem von ihm beantragten Umfang statt. Indem die belangte Behörde die Betriebsanlagengenehmigung für einen Teil des gegenständlichen Projektes erteilt habe, für den der Genehmigungsantrag nicht mehr aufrechterhalten worden sei, habe sie eine Kompetenz in Anspruch genommen, die ihr gesetzlich nicht zustehe, sodaß der Bescheid in diesem Punkt mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet sei. Sollte man aber ungeachtet des Protokollarvorbringens der mitbeteiligten Partei davon ausgehen, daß der Antrag auf Bewilligung des Waschplatzes weiter aufrechterhalten worden sei, so sei aus der dem Verfahren zugrundeliegenden Betriebsbeschreibung nicht mehr ersichtlich, für welche Nutzung dieser Teil der Betriebsanlage verwendet werde, da ein Reinigen der Fahrzeuge nicht mehr vorgesehen sei. Es mangelt daher in diesem Fall an einer klaren Betriebsbeschreibung gemäß § 353 Abs. 1 lit. a GewO 1994, sodaß aus diesem Grund der Antrag auf Betriebsanlagengenehmigung abzuweisen gewesen wäre. Im übrigen macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs und eine unrichtige Beurteilung der Lärmmeßergebnisse durch die belangte Partei geltend.

Die mitbeteiligte Partei hält in ihrer Gegenschrift dem Beschwerdevorbringen entgegen, nach dem Inhalt der zu Protokoll gegebenen Erklärung habe der Vertreter der mitbeteiligten Partei ausdrücklich auf das Dampfstrahlgerät und das dazugehörige Heizungsgerät als Projektbestandteil verzichtet. Ein Verzicht auf den gesamten Waschplatz als Bestandteil des verfahrensgegenständlichen Projektes sei ausdrücklich nicht erfolgt.

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Maßgebend für die Tragweite eines behördlichen Abspruches ist somit ausschließlich der Spruch. Begründungselemente vermögen einen normativ verbindlichen Abspruch, wie er mittels des Spruches eines Bescheides zu treffen ist, nicht zu ersetzen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1982, Slg. N.F. Nr. 10.818/A).

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß nach dem Inhalt des durch seine Bestätigung auch zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhobenen Spruches des erstbehördlichen Bescheides die der mitbeteiligten Partei erteilte Genehmigung auch die Errichtung und den Betrieb eines Waschplatzes nach Maßgabe der diesbezüglichen Betriebsbeschreibung umfaßt. Danach dient der Waschplatz zum Reinigen der Fahrzeuge, jedoch ohne Einsatz eines Dampfstrahlgerätes. Daran vermögen die abweichenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach nach Meinung der belangten Behörde - die im übrigen wie sich aus der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei ergibt - im Gegensatz zur Absicht der mitbeteiligten Partei steht - überhaupt keine Waschvorgänge im Bereich der beantragten Betriebsanlage stattfinden sollen, nichts zu ändern. Ausgehend von einem derartigen normativen Inhalt des Abspruches des angefochtenen Bescheides erweist sich das dieser Entscheidung zugrundeliegende Verwaltungsverfahren insofern als mangelhaft, als es die belangte Behörde unterließ, auf eine entsprechend ergänzte Betriebsbeschreibung gestützt, Feststellungen darüber zu treffen, in welcher Weise und unter Einsatz welcher technischer Hilfsmittel das Waschen der Kraftfahrzeuge auf dem in Rede stehenden Waschplatz stattfinden soll und welche auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers einwirkende Emissionen mit diesen Arbeitsvorgängen verbunden sein werden. Denn der Umstand, daß auf den Einsatz des ursprünglich vorgesehenen Dampfstrahlgerätes verzichtet wird, schließt noch nicht aus, daß auch Waschvorgänge ohne Einsatz des Dampfstrahlgerätes geeignet sein können, die Nachbarn gefährdende oder belästigende Immissionen hervorzurufen.

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurfte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung der Beschwerde anzuschließen gewesen wäre.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040001.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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