TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/8 VGW-102/013/5758/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2020
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Entscheidungsdatum

08.10.2020

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
24/01 Strafgesetzbuch
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
StGB §269
VStG §35 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Helm über die Beschwerde des Herrn Mag. A. B., vertreten durch Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H., gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Betreten der Wohnung des Beschwerdeführers in der C.-Straße, Wien, Festnahme des Beschwerdeführers samt Anlegen von Handschellen, Leibesvisitation und Körperverletzung in der Haft sowie durch Vernachlässigung des gebotenen Sicherheitsabstandes wegen Covid 19 gegenüber dem Beschwerdeführer, gegen die Landespolizeidirektion Wien als belangte Behörde, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 8.10.2020 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wegen Vernachlässigung des gebotenen Sicherheitsabstandes wird mangels Beschwer abgewiesen. Die Beschwerden betreffend das Betreten der Wohnung und betreffend die Festnahme sowie das Anlegen von Handfesseln und die behauptete Leibesvisitation werden als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) EUR 1.106,40 für dreifachen Schriftsatzaufwand, EUR 57,40 für Vorlageaufwand und EUR 461,00 für Verhandlungsaufwand, insgesamt sohin EUR 1.624,80 an Aufwandersatz, binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwang zu leisten.

III. Die Revision ist unzulässig.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 21.05.2020, eingebracht am folgenden Tage, sohin rechtzeitig, erhob der Einschreiter durch seine Rechtsfreunde Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, worin er zum Sachverhalt vorbringt:

„Gegen 23:30 hörten mein Schulfreund D. E., welcher während des Höhepunkts der Corona-Krise bei mir wohnte, um seine Eltern zu schützen, zwei weitere Freunde (F. G., J. H.) und ich in unserem Wohnzimmer im Erdgeschoss meiner zweigeschossigen Wohnung in der C.-straße, Wien, Musik mit einer kabellosen Bluetooth-Musikbox. Mein Mitbewohner bereitete gerade ein Abendessen zu, als an meiner Wohnungstüre geläutet wurde. Wir drehten die Musik ab und die zwei anderen Freunde gingen auf die Dachterrasse. Ich öffnete die Eingangstüre. Noch bevor irgendein Wortwechsel stattgefunden hatte, stellte eine Bundespolizistin (Dienstnummer 1) ihren Fuß in meine Eingangstüre und damit in den Vorraum meiner Wohnung. Zwei andere Bundespolizisten standen hinter ihr (Dienstnummern 2, 3). Angesichts der Corona-Situation war ich überrascht und bestürzt, dass die Bundespolizistin keinerlei Abstand zu mir und zum Vorraum meiner Wohnung hielt. Ich bestand daher sofort darauf, dass sie den Fuß aus meinem Vorraum entfernen und mir die Möglichkeit geben möge, die Türe hinter mir zu schließen, damit ich außerhalb der Wohnung und mit gebührendem Abstand von der Bundespolizistin erst einmal erfahren könne, was denn überhaupt der Grund für den Polizeieinsatz war. Die Bundespolizistin verweigerte dies. Von ihr ging von Anfang an eine spürbare Aggressivität aus. Ich protestierte und teilte ihr mit, dass ich eine fortgesetzte Betretung in den Innenbereich der Wohnung keinesfalls dulden werde. Die Bundespolizistin antwortete nur: "Na, wir kennen uns ja schon. Die Kollegen waren schon hier. Sie sind zu laut. Wir müssen Ihre Anlage... nach § 39 VStG... nun sicherstellen.''

Ich verstand ihr Ansinnen nicht, da meine Musikanlage ohnehin, nämlich noch bevor ich die Eingangstüre geöffnet hatte, abgedreht wurde. Tatsächlich hatten uns am selben Abend andere Bundespolizisten auf der Dachterrasse des Hauses bereits um 21:40, also vor dem Beginn der Nachtruhezeit, auf eine "Beschwerde" wegen Lärmbelästigung aufmerksam gemacht. Wir hatten daraufhin die Musik abgedreht und waren ins Innere der Wohnung gegangen, worauf diese Bundespolizisten das Wohnhaus ohne weitere Amtshandlung oder Identitätskontrolle wieder verlassen hatten.

Beweis: [….]

Darüber hinaus war ich über die sogleich mir gegenüber von der Bundespolizistin offenkundig entgegengebrachte Animosität irritiert und verwundert. Die Bundespolizistin beharrte auf die Sicherstellung der Musikanlage; dies obwohl die Musikanlage bereits längst abgedreht war. Darüber hinaus hatte ich die Bundespolizistin daraufhingewiesen, dass sie jedenfalls in diesem konkreten Fall, gerade weil die Musikanlage noch bevor ich die Eingangstüre geöffnet hatte - somit bereits vor der Amtshandlung der Bundespolizistin abgedreht wurde - wenn bloß Anzeige gegen mich betreffend eine allenfalls zeitlich davor liegende Lärmbelästigung erstatten könne. Ich bot der Bundespolizistin auch zugleich an, mich unverzüglich auszuweisen. Auch diese von mir aufgezeigte Vorgehensweise lehnte die Bundespolizistin ab.

Es war nun überaus deutlich, dass die Bundespolizistin beabsichtigte, in das weitere Innere meiner Wohnung zu treten. In diesem Moment stand fest und hatte ich dies mit zunehmender Beunruhigung zur Kenntnis zu nehmen, dass die Bundespolizistin ganz offensichtlich weder ihre offenkundige Aggressivität mir gegenüber minderte, noch, dass die Bundespolizistin bereit sein werde, die in den letzten Wochen laufend öffentlich verkündeten Distanzregeln einzuhalten. Denn die Bundespolizistin machte keinerlei Anstalten den an die Bevölkerung vorgegeben Abstand zu mir einzuhalten, um die Gefahr einer möglichen Covid-19-Infektion während ihrer Amtshandlung auszuschließen. Vielmehr distanzierte sich die Bundespolizistin auch weiterhin nicht von mir und zeigte trotz meiner Hinweise, nämlich die Amtshandlung vor meiner Wohnung in einem gehörigen Abstand von mir fortzusetzen, geradezu keine wie auch immer geartete Vorsicht mir gegenüber; dies gegensätzlich zu den vorgeschriebenen Maßnahmen der Bundesregierung.

Beweis: [….]

Zur Bundespolizistin sagte ich nun nochmals, Sie möge doch meinen Ausweis nehmen und mir eine Anzeige schicken. Die Bundespolizistin bestand allerdings darauf, dass sie mir "die Kabel jetzt wegnehmen'' müsse. Dazu sei angemerkt, dass eine Bluetooth Box schon dem Namen nach kabel/os gebraucht wird; in diesem Fall ebenso ohne Stromkabel. Dieser Tatsache entsprechend, teilte ich der Bundespolizistin mit, dass ich ihr keine Kabel geben könne. Daraufhin sagte sie: "Wenn Sie mir die Kabel nicht aushändigen, müssen wir sie festnehmen". Im Verlauf dieses Wortwechsels, betrat die Bundespolizistin nun vollständig den Vorraum meiner Wohnung.

Als die Bundespolizistin zusätzlich dazu ansetzte, noch weiter in das Innere meiner Wohnung und damit auch in mein Wohnzimmer hinein zu gehen, wo sich mein Mitbewohner befand, wurde mir in diesem Augenblick klar, dass die Bundespolizistin nun tatsächlich sämtliche Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung eines gesundheitsgefährdenden Verhaltens und alle vorgeschriebenen Distanzregeln - auch gegenüber meinem Mitbewohner - missachten werde. Ich hatte folglich eine akut potentielle Viruskontamination durch die Bundespolizistin in meiner Wohnung sowie obendrein eine Gefährdung meines Mitbewohners, der bisher noch nicht in die Nähe der Bundespolizistin geraten war und nurmehr wenige Meter entfernt weiterhin unser Abendessen zubereitete, zu befürchten. In meiner Angst streckte ich ganz instinktiv meinen Arm aus, um die Bundespolizistin am Weitergehen zu hindern. Nochmals insistierte ich, dass ich ein Betreten meiner Wohnung für ungesetzlich und zusätzlich für absolut unangemessen hielt. Die Bundespolizistin dekompensierte nun vollständig, lief gegen meinen Arm und sprach die Festnahme aus, da ich sie angeblich durch meinen bloß ausgestreckten Arm "angegriffen" hätte. An dieser Stelle war überdeutlich erkennbar, dass die Bundespolizistin mit dieser ungeheuerlichen Schutzbehauptung versuchte, ihre unrechtmäßige Vorgehensweise während ihrer Amtshandlung, insbesondere dazu, dass sich die Bundespolizistin geradezu gewaltsam Zutritt zu meiner Wohnung verschafft hatte, zu rechtfertigen. Mein Mitbewohner stand zu diesem Zeitpunkt immer noch in der nun nur etwa zweieinhalb Meter entfernten Wohnküche am Herd. Hätte ich mich daher mit lauten oder aggressiven Worten mit der Bundespolizistin verständigt, hätte mein Mitbewohner keineswegs unbehelligt weitergekocht.

Beweis: [….]

Die zwei anderen Bundespolizisten (2, 3) hatten sich während der gesamten bisherigen Amtshandlung auf Distanz gehalten. Sie machten unmissverständlich den Eindruck, dass sie die gesamte Situation anders einschätzten als die Bundespolizistin. Ihnen war der durch die Vollziehung der Festnahme nun notwendig gewordene Körperkontakt zu mir sichtlich unangenehm. Daher merkten sie zuerst nur an: "Kommens bitte mit!'' Ich widersetzte mich in keiner Weise dieser Aufforderung, als die Bundespolizistin überaus erregt und schroff die anderen Bundespolizisten wie folgt anwies: ''So! Alles, Handschellen und so weiter!''

Es steht nachweisbar fest, dass ich auch nach der Aussprache der Festnahme durch die Bundespolizistin, nicht einmal im Ansatz einen Widerstand angezeigt hatte. Denn ich war in diesem Moment einerseits in Hinblick auf den bisherigen, bereits äußerst unangemessenen, keineswegs vertretbaren Verlauf der Amtshandlung durch die Bundespolizistin vor allem schlicht perplex und andererseits geradezu schreckerstarrt. Nunmehr wurde ich zusätzlich durch die geradezu sadistische Anweisung der Bundespolizistin an die anderen Bundespolizisten, welche mangels Gegenwehr meinerseits ohne jegliche faktische Notwendigkeit erfolgte, von fremden Menschen berührt und das während einer Pandemie durch ein höchst ansteckendes Virus, und entgegen aller staatlicher Vorgaben. Geradezu offenkundig widerwillig führten die anderen Bundespolizisten die Anweisungen der Bundespolizistin durch. Dazu sei auch hervorgehoben, dass die Bundespolizisten zum Anlegen der Handschellen meinen Kopf mit der Stirn voran fest an die Wand rechts neben dem Aufzug im Gang vor der Wohnung gedrückt und meine Arme dabei fest angepackt hatten. Gravierend kommt hinzu, dass die drei Bundespolizisten, trotz meiner wiederholten, diesbezüglichen Anfragen verweigerten, mir den Grund der Festnahme mitzuteilen. Auf meine Frage nach den Dienstnummem der Bundespolizisten, meinten sie, dass ich diese erst "am Ende der Amtshandlung" erhalten könne.

Infolge betrat die Bundespolizistin zusätzlich, dies entgegen meinen zu diesem Zeitpunkt erneut und deutlich ausgesprochenen Widerspruch an die Bundespolizistin, dennoch meine Wohnung und drang bis ins Wohnzimmer vor, dies mit der Begründung, um nachzusehen "wer sonst noch in der Wohnung" wäre. Zu diesem Zeitpunkt waren mir bereits die Handschellen angelegt! Sie traf dort auf meinen Mitbewohner in der Wohnküche, welcher nach wie vor am Herd stand. Die Wohnküche ist nur etwa 2,5 Meter von der Wohnungstüre entfernt. Alles, was im Türbereich vorfällt, ist in der Wohnküche und insbesondere im Bereich des Herdes klar wahrnehmbar. Es konnte daher denkunmöglich von mir nach der Festnahme ein aggressives Verhalten ausgegangen sein, ohne dass dies von meinem Mitbewohner vernommen worden wäre, was zweifellos dazu geführt hätte, dass mein Mitbewohner sich involviert, nach dem Rechten gesehen und mir Beistand geleistet hätte. Die Bundespolizistin sagte ihm folgendes: "Ihr Freund wird nun abgeführt, dieses ganze Juristen-Gerede ist mir egal". Mein Mitbewohner reagierte naturgemäß mehr als erschreckt und beunruhigt. Bei dieser weiteren Amtshandlung der Bundespolizistin wird daraufhingewiesen, dass sie nicht nur gegen meinen ausdrücklichen Verbotsausspruch in meine Wohnung eingedrungen war, sondern dass sie in Abweichung zur Begründung ihrer davor liegenden Amtshandlung, wonach sie angeblich die Musikanlage „sicherzustellen“ hatte (vgl vorstehend zu Pkt 1.), nunmehr gerade nicht nach der Musikquelle suchte bzw versuchte diese im Raum aufzufinden oder zu lokalisieren. Vielmehr galt nunmehr ihr Interesse ausschließlich meinem Mitbewohner. Die Musikbox stand hingegen zu diesem Zeitpunkt leicht auszumachen und abgedreht auf dem Loungetisch im Wohnzimmer. Die Bundespolizistin sagte meinem Mitbewohner, dass er sich ''auszuweisen'' habe. Mein Mitbewohner übergab ihr seinen Ausweis, welchen sie wenig später retournierte; dies im Übrigen ohne Einhaltung des angeordneten Abstandes zu meinem Mitbewohner. Sie fragte ihn noch nach seiner Hauptmeldeadresse. Danach verließ die Bundespolizistin die Wohnung wieder.

Beweis: [….]

Ich wurde unterdessen von den zwei Bundespolizisten im Aufzug ins Erdgeschoss des Wohnhauses verbracht. Die Bundespolizistin erschien wenige Minuten später und ordnete im Entree des Wohnhauses eine Durchsuchung meiner Taschen an. Dabei wurde mir der gesamte Inhalt meiner Taschen, insbesondere meine Geldbörse, abgenommen. Ein weiteres Mal kam es dadurch zu einem intensiven Körperkontakt zwischen mir und den zwei Bundespolizisten. Ich protestierte dagegen nachdrücklich. Auch angesichts dieser Amtshandlung legte die Bundespolizistin in Hinblick auf die von der Bundesregierung an die Bevölkerung verordneten Schutzmaßnahmen und Empfehlungenanlässlich der zu diesem Zeitpunkt aktuell bestehenden „Covid-19-Verbreitungsgefahr“ eine erschreckende Gleichgültigkeit an den Tag. Mein Mitbewohner fand in der Zwischenzeit mein Mobiltelefon, welches er auf die Straße brachte und der Bundespolizistin zur unbedingten Aushändigung an mich übergab. Davon setzte mich die Bundespolizistin jedoch nicht in Kenntnis. Ich selbst erfuhr erst bei meiner Entlassung als mir mein Mobiltelefon zurückgegeben wurde, dass es sichergestellt wurde.

Beweis: [….]

Während der Amtshandlung der Bundespolizistin in meiner Wohnung wurde ich in den Arrestantenwagen verbracht, der mich zur Polizeiwache in der K.-Gasse, Wien, transportierte. Die Amtshandlung der Bundespolizistin in meiner Wohnung gegenüber meinem Mitbewohner fand folglich ohne meine Anwesenheit statt. Unmittelbar nach meiner Ankunft in der Polizeiwachestelle wurde angeordnet, ich müsse mich bis auf die Unterhose ausziehen. Als ich dies zuerst verweigerte, griffen die anwesenden vier Bundespolizisten bereits nach meiner Kleidung, um sie mir vom Leib zu reißen, weshalb ich - wiederum zu meinem Schutz und zur Verhinderung von weiteren, völlig distanzlosen und hygienisch nicht gesicherten Körperberührungen durch weitere Bundespolizisten - bevorzugte, die Kleidung selbst auszuziehen. Danach wurde mir zusätzlich auch meine Uhr abgenommen.

Ohne die Einhaltung der von der Bundesregierung verordneten und empfohlenen Hygiene- und Distanzmaßnahmen wurde ich demnach bereits einmal davor von Bundespolizisten durchsucht und nun ein weiteres Mal, wodurch ich einer weiteren akuten Gesundheitsgefährdung durch ein völlig unnötiges Abgreifen meiner Kleidung durch wiederum andere Bundespolizisten, welche im Arrest ihren Dienst versahen, ausgesetzt wurde. Meine Kleidung erhielt ich in Folge sogleich und nicht desinfiziert zurück. Ich äußerte wiederum mein Ersuchen nach den Dienstnummern, was mir ebenso wiederum verweigert wurde. Ich durfte mich danach wieder anziehen und wurde in eine Zelle gesperrt.

Nachdem ich wieder fähig war, meine Gedanken zu sammeln, läutete ich die Glocke, die sich in der Zelle befand und äußerte meinen Wunsch, mir unverzüglich das Recht auf einen anwaltlichen Rechtsbeistand zu erteilen. Auch dieses Recht wurde mir mit der Erklärung verweigert, dass dafür "später noch Zeit" sei. Infolge versuchte ich nochmals mein Recht auf Kontaktaufnahme zu einem Rechtsanwalt durch mehrmaliges weiteres Klingeln und Klopfen wahrzunehmen, worauf die Klingel von einem diensthabenden Bundespolizisten abgedreht wurde. Ich fühlte mich nun völlig hilflos und ausgeliefert. Da mir meine Uhr abgenommen wurde, verlor ich jegliches Zeitgefühl. Ich entschied mich daher, in einen teilnahmslosen Zustand zu verfallen, damit mir keine körperliche Gewalt mehr angetan würde. Ich hatte Angst und mich beschlich ein Gefühl der Ungewissheit bezüglich einer möglichen Infektion durch das Coronavirus. Die Matratze und das danebenliegende Handtuch waren mir demzufolge zu unhygienisch. Daher legte ich mich auf den Boden.

Beweis: [….]

Mehrmals kamen Beamte, die meinen Puls kontrollierten. Ich ignorierte diese. Auf Zurufe der Beamten reagierte ich nicht, da ich mich nicht traute und ich eine weitere körperliche Interaktion vermeiden wollte. Ich lag dabei flach auf dem Rücken auf dem Zellenboden. Auf einmal wurde mir im Zuge einer der Zellenbesuche vom diensthabenden Arrestbeamten (Dienstnummer 4) mit der Faust mit den Knöcheln nach unten mehrmals über das Brustbein geschrammt. Dies verursachte einen starken Schmerz, welchen ich ebenso teilnahmslos über mich ergehen ließ, da ich beschlossen hatte, besser kein Wort mehr zu sagen. Ich erlitt dadurch eine 2cm lange und 1cm breite Abschürfung am unteren Brustbein. Das Tragen von T-Shirts und Hemden war mir deshalb über mehrere Tage nur unter deutlich spürbaren Schmerzen möglich. Dazu ist ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen Körperverletzung anhängig. Nach ungefähr einer Stunde kam ein Arzt und untersuchte meine Vitalwerte.

Erst nachdem der Arzt seine Untersuchungen abgeschlossen hatte, wurde mir der Wunsch nach einem Anwalt gewährt. Als in Folge der von mir angegebene Rechtsanwalt, meine Mutter, von einem weiteren diensthabenden Bundespolizisten in meiner Anwesenheit kontaktiert wurde, konnte ich verfolgen, dass meine Mutter in ihrer gegenüber dem diensthabenden Bundespolizisten ausgewiesenen Funktion als Rechtsanwältin nach Abfrage des Grundes meiner Festnahme, den Bundespolizisten aufgefordert hatte, mich gemäß den einschlägigen Gesetzen unverzüglich freizusetzen, was der Bundespolizist zunächst verweigerte. Meiner Mutter wurde vielmehr mitgeteilt, dass ich erst um 6:00 Uhr freigelassen werden könnte. Infolge wurde mir entsprechend den an den Bundespolizisten herangetragenen Wunsch meiner Mutter, welche sich zu diesem Zeitpunkt in Tirol aufgehalten hatte, die Erlaubnis erteilt, mit ihr die von meiner Mutter gewählte Vorgehensweise zu meiner „Befreiung“ telefonisch abzuklären. Erst als meine Mutter in einem weiteren Telefongespräch mit dem diensthabenden Bundespolizisten den Rechtsanwalt Herrn RA Dr. L. mit seinem Eintreffen in der Polizeiwachestelle als meine Rechtsvertretung in wenigen Minuten ankündigte, wurde ich unverzüglich um 2:30 ohne weitere Vorkommnisse entlassen.

Beweis: [….] “

In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, sämtliche Handlungen der Bundespolizistin vom Abstellen ihres Fußes zur Verunmöglichung des Schließens der Wohnungstüre bis hin zum vollständigen Betreten seiner Wohnung stellten Eingriffe in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK dar, welche durch die beabsichtigte Sicherstellung der Musikanlage nicht gerechtfertigt werden könnten, da diese beim Öffnen der Wohnungstüre bereits abgedreht gewesen sei. Es könne diesbezüglich auch keine weitere Abmahnung gegenüber jener stattgefunden haben, welche die etwa 1 Stunde und 50 Minuten davor eingeschrittenen Polizisten ausgesprochen haben. Eine Sicherstellung gemäß § 1 Abs. 2 WLSG wäre nur bei Wiederholungsgefahr in Betracht gekommen. Davon hätte die Beamtin aber nicht ausgehen dürfen, da allfällige Lärmemissionen auf einer Dachterrasse im Freien um 21.40 Uhr anders zu beurteilen seien als Lärmemissionen im Wohnungsinneren zwei Stockwerke tiefer um 23.30 Uhr (Anm.: Laut Anzeige wurden die Beamten bereits um 22.43 neuerlich zur Adresse des Beschwerdeführers beordert). Es handle sich daher um zeitlich und örtlich weit auseinanderliegende Sachverhalte, die keinesfalls als eine fortgesetzte Verwaltungsübertretung gesehen werden könnten, sondern jeder für sich beurteilt werden müssten. Weiters sei nicht nachvollziehbar, dass die Polizistin nach dem Betreten der Wohnung zuerst den Mitbewohner nach dem Ausweis gefragt, und danach die Wohnung ohne seine Musikbox verlassen hätte.

Im Übrigen sei aufgrund des Covid-19-Maßnahmengesetzes eine behördliche Nachschau in privaten Wohnungen zu keinem Zeitpunkt zulässig gewesen. Was die Missachtung des gebotenen Sicherheitsabstandes anbelange, so kämen dem Staat in Hinblick auf Art. 2 EMRK umfangreiche Schutzpflichten gegenüber seinen Bürgern zu. Da die Beamten unter Nichteinhaltung des gesetzlich verordneten Abstandes und Ausstattung mit einem medizinisch keineswegs hinreichenden Mund-Nasen-Schutz eine persönliche Amtshandlung durchgeführt hätten, hätten sie unnötig das Leben seines Mitbewohners und sein eigenes gefährdet. Dies insbesondere dadurch, dass die Polizistin zugleich mit Beginn der Amtshandlung ihren Fuß in den Vorraumbereich gestellt habe, sodass ein gebührender Abstand von einem Meter zu ihm gar nicht möglich gewesen sei, weiters durch die Festnahme und durch das Anlegen der Handschellen.

Zur Festnahme wird ausgeführt, die Polizistin habe sich lediglich auf die Abmahnung der Kollegen bezogen, welche vor knapp zwei Stunden dagewesen seien. Die Behauptung, die Musik wäre zum Zeitpunkt der Öffnung der Wohnungstüre noch aufgedreht gewesen, sei unrichtig. Außerdem habe die Lärmerregung vor knapp zwei Stunden auf der Dachterrasse der Wohnung, die aktuelle jedoch im Wohnzimmer dieser Wohnung, zwei Stockwerke darunter, stattgefunden. Die Feststellung „wenn Sie mir die Kabel nicht aushändigen, müssen wir Sie festnehmen“ sei keinesfalls als Abmahnung im Sinne des § 39 Abs. 3 VStG zu werten, sondern vielmehr als Nötigung. Der Eingriff in das Eigentum in Gestalt der angedrohten Sicherstellung sei als gelinderes Mittel der Festnahme vorzuziehen. Ferner bestehe auch keine positive Handlungspflicht des Normunterworfenen, den Beamten der Bundespolizei bei der Sicherstellung zur Hand gehen zu müssen. Festnahme und Sicherstellung seien beides rechtliche Werkzeuge, sohin Vollzugsmaßnahmen der Exekutive, ausschließlich um einen rechtmäßigen Zustand herzustellen, und seien nicht Gegenstand eines Tauschgeschäfts.

Da die Musik bereits abgedreht gewesen sei, als er die Wohnungstüre geöffnet habe, habe die Festnahme unmöglich erforderlich gewesen sein können, um die angeblich vor Zutritt bestanden habende strafbare Handlung zu beenden. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei eine Festnahme ausnahmsweise auch zulässig, wenn erst durch die Festnahme selbst das Verharren in der strafbaren Handlung beendet werde, weil ansonsten eine Festnahme niemals in Betracht gezogen werden könnte. Im hier gegebenen Sachverhalt sei das angeblich strafbare Verhalten aber jedenfalls längst vor der verfügten Festnahme beendet gewesen. Andere angebliche weitere strafbare Handlungen seien von der Polizistin im Verlaufe der Amtshandlung zu keinem Zeitpunkt angesprochen worden.

Zum Anlegen der Handfesseln wird ausgeführt, dass dieses keinesfalls ein übliches Vorgehen im Zuge einer Festnahme, sondern nur durch eine ernstlich zu befürchtende Gefährdung der Polizisten bzw. ein gewalttätiges Verhalten des Festgenommenen zu rechtfertigen sei. Aggressiv habe sich vielmehr die Bundespolizistin gegen ihn verhalten. Zur Leibesvisitation wird ausgeführt, diese sei im Arrest der Polizeidienststelle K.-Gasse in Gegenwart von vier Bundespolizisten unterschiedlichen Geschlechts durchgeführt worden, obwohl er bereits im Stiegenhaus seines Wohnhauses nach seiner Festnahme von zwei Polizisten durchsucht worden sei. Die nochmalige Visitierung sei daher als reine Schikane und unzulässige erniedrigende Behandlung gegen ihn im Sinne von Art. 3 EMRK zu bewerten. Letztlich wird noch die Körperverletzung in der Arrestzelle geltend gemacht, indem der Nachschau haltende Arrestbeamte ihm mit der Faust über das Brustbein gerieben und ihm dadurch eine Abschürfung zugefügt habe, als sich der Beschwerdeführer in der Zelle regungslos auf den Boden gelegt hatte.

Es wird daher die kostenpflichtige Stattgebung der Beschwerde beantragt. Beigelegt sind zwei Fotografien der Brust des Beschwerdeführers, ein diesbezüglicher Befund eines Facharztes für klinische Pathologie, eine Kopie der vorangegangenen Anzeige mit Tatzeit 21:40 Uhr und der gegenständlichen Anzeige mit Tatzeit 23:25 Uhr, jeweils vom 11.4.2020, und eine eidesstattliche Erklärung des Mitbewohners D. E..

2. Mit Schriftsatz vom 6.7.2020 legt die Landespolizeidirektion Wien eine Ausfertigung des von ihrem Polizeikommissariat zu GZ:  VStV/…-3/2020, geführten Verwaltungsaktes vor sowie eine Ablichtung des den vorangegangenen Einsatz am 11.4.2020 betreffenden Verwaltungsaktes (VStV/-...4/2020).

2.1. Unter einem erstattete die belangte Behörde zu ihrer GZ PAD/…/1 eine Gegenschrift, worin sie zum Sachverhalt auf die im vorgelegten Akt enthaltene Anzeige der PI M. vom 12.04.2020 verweist und ergänzt, dass bei der Visitierung im Arrest keine weiblichen Personen anwesend oder in Sichtweite gewesen seien. Es hätten sich jedoch neben dem durchführenden Beamten RvI N. weitere männliche Exekutivbeamte im Arrestbereich befunden, da dies aufgrund des ungestümen und aufgebrachten Verhaltens des Beschwerdeführers unbedingt notwendig gewesen sei. Außerdem sei zu ergänzen, dass der Beschwerdeführer wiederholt versucht habe, ernste gesundheitliche Probleme vorzutäuschen, als er sich in der Arrestzelle befunden habe. Weiters wird ausgeführt, dass bezüglich der zunächst ins Auge gefassten, dann jedoch nicht durchgeführten Sicherstellung der Musikanlage in der Wohnung des Beschwerdeführers irrtümlich § 39 VStG statt § 1 Abs. 2 WLSG als Rechtsgrundlage erwähnt worden sei.

In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer – wie sich aus dem angezeigten Sachverhalt ergebe – die Verwaltungsübertretungen der Lärmerregung und des aggressiven Verhaltens gesetzt habe. Die einschreitende Exekutivbeamtin hätte vertretbarer Weise vom Vorliegen der Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 SPG ausgehen können und habe die Festnahme zu Recht auf diesen Haftgrund gestützt, da der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Abmahnungen weiterhin in der strafbaren Handlung verharrt habe. Das Betreten der Wohnung sei durch die Festnahmebestimmung gedeckt, da die Wohnung seitens der einschreitenden Exekutivbeamten erst nach dem Ausspruch der Festnahme betreten worden sei. Die Handfesseln seien dem Beschwerdeführer angelegt worden, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer Tätlichkeiten setze, zumal er sich gegenüber der federführenden weiblichen Exekutivbeamtin aggressiv verhalten habe. Bei der Visitierung des Beschwerdeführers habe es sich nicht um eine Leibesvisitierung gehandelt. Die vorangegangene Durchsuchung am Anhalteort habe infolge von Gegenwehr des Beschwerdeführers nicht einmal hinsichtlich der Oberbekleidung mit der nötigen Genauigkeit durchgeführt werden können und sei deshalb vom Arrestantenposten RvI N. zu Recht neuerlich vorgenommen worden.

Zur behaupteten Körperverletzung wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer wiederholt gesundheitliche Probleme vorgetäuscht habe. So habe er geschrien, einen Diabetes-Anfall zu haben. Bei Öffnen der Zellentür sei der Beschwerdeführer auf dem Boden gelegen und habe sich nicht bewegt. Der Arrestantenposten habe den Zustand des Beschwerdeführers überprüft und festgestellt, dass der Beschwerdeführer simuliert habe. Da dieser nach einigen Minuten noch immer in der Zelle gelegen sei, habe der Arrestantenposten den Zustand des Beschwerdeführers erneut überprüft und dabei einen Schmerzreiz in Form des Reibens mit den Fingerknöcheln im Bereich des Brustbeins des (bekleideten) Beschwerdeführers verwendet. Darauf habe der Beschwerdeführer reagiert, sodass festgestanden sei, dass er seine Bewusstlosigkeit nur vorgetäuscht habe. Bis zum Eintreffen des schon verständigten amtsärztlichen Dienstes sei der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers engmaschig kontrolliert worden.

Zu der ins Treffen geführten Vernachlässigung des wegen der Covid-19-Krise behauptetermaßen gebotenen Sicherheitsabstands durch die Exekutivbeamten wird festgehalten, dass die einschlägigen Regelungen der gemäß § 2 Z 1 des Covid-19-Maßnahmengesetzes vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz erlassenen Verordnung, BGBl. II Nr. 98/2020, nicht beim Einschreiten staatlicher Organe gelten, soweit sie dem Zweck des Einschreitens entgegenstehen. Es wird daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.2. In seiner als „Replik“ bezeichneten Stellungnahme vom 24.7.2020 bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde widerspreche ihrem eigenen Organ, da die einschreitende Polizistin in der Anzeige nur den Lärm durch Musik als strafbare Handlung genannt habe. Sein angebliches aggressives Verhalten habe nicht stattgefunden, was sich aus den Aussagen der Zeugin P. bei der LPD Wien und der eidesstättigen Erklärung des Zeugen E. (Beilagen) ergebe. Weiters habe die Polizistin seine Wohnung betreten, um die Sicherstellung durchzusetzen, und nicht, um ihn festzunehmen, zumal sie bereits am Anfang ihren Fuß in seinen Türbereich gesetzt habe. Er habe den Arm intuitiv ausgestreckt, um die Bundespolizistin aus Angst vor einer Covid-19-Kontamination in seiner Wohnung vom Eintreten abzuhalten. Diese Reaktion sei durch sein Hausrecht gerechtfertigt gewesen. Außerdem habe die Polizistin nach seiner Festnahme die Wohnung ein weiteres Mal betreten, um seinen Mitbewohner E. zu kontrollieren. Ein weiteres Mal werde betont, dass die Musik während der gesamten Amtshandlung abgedreht gewesen sei.

Zum Anlegen der Handfesseln verweist der Beschwerdeführer (allerdings unzutreffend, Anm.) darauf, dass sich in der Anzeigeschrift kein Hinweis auf das Delikt des § 82 Abs. 1 SPG finde, und leitet daraus ab, dass eine ernstlich zu befürchtende Gefährdung der Beamten und eine Gewalttätigkeit des Festgenommenen nicht vorgelegen sei. Zur Leibesvisitation wird vorgebracht, jede Untersuchung am auch teilweise nackten Körper stelle nach der ständigen Rechtsprechung eine Leibesvisitation dar, und er habe seine Kleidung außer der Unterhose unter der Androhung des Wegreißens ablegen müssen, weshalb es sich um eine Leibesvisitation handle. Diese sei einzig als Mittel zur Erniedrigung eingesetzt worden. Zur Körperverletzung in der Zelle wird vorgebracht, ein Häftling habe nicht die Verpflichtung, auf Zuruf von Organen der Bundespolizei zu reagieren, und die Misshandlung durch Reiben am Brustbein sei nicht geeignet, um eine Simulation festzustellen. Weitere Ausführungen erfolgen zur behaupteten Lebensgefährdung durch Nichteinhaltung der Covid-19-Regelungen gegenüber dem Beschwerdeführer.

2.3. Mit Schriftsatz vom 20.07.2020 legte der Beschwerdeführer Kopien einer Niederschrift mit seiner Nachbarin O. P. vom 25.06.2020 vor der LPD Wien vor sowie die Niederschrift der zeugenschaftlichen Vernehmung des Insp. R., welcher die Amtshandlung davor durchgeführt hatte, und der Zeugin RvI S., welche die gegenständliche Amtshandlung geleitet hatte. Dazu erstattet er Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen und argumentiert, seine Nachbarin Frau P. habe keine Musik aus seiner Wohnung vernommen, selbst wie sie ihre Wohnungstüre kurz geöffnet habe.

2.4. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 22.8.2020 erstattet der Beschwerdeführer Ausführungen zur Bewertung von Aussagen einer „Zeugin“ T., welche sich allerdings nicht im Akt befinden. Aus den Ausführungen lässt sich lediglich erschließen, dass es sich bei dieser um die Aufforderin bezüglich der ersten, hier nicht gegenständlichen Lärmerregung um 21:40 Uhr gehandelt haben muss.

3. Am 8.10.2020 fand die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien statt, zu der der Beschwerdeführer mit seiner Mutter Dr. U. B., Rechtsanwältin, als Vertreterin ladungsgemäß erschienen ist, ebenso die Zeuginnen P. und RvI S. sowie die Zeugen E., Insp. V. und RvI N.. Als weiterer Zeuge wurde J. H. stellig gemacht. Die belangte Behörde war durch Herrn Dr. W. vertreten. Im Zuge der Verhandlung zog der Beschwerdeführer seine Beschwerde hinsichtlich des Punktes „Körperverletzung“ im Zuge der Anhaltung zurück. Nach Abschluss des Beweisverfahrens wurde das Erkenntnis verkündet.

3.1. Aufgrund des Akteninhaltes, der vorgelegten Urkunden, Einvernahme der genannten Zeugen und der Parteienvernehmung hat das Verwaltungsgericht Wien folgenden Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:

Am 11.4.2020 waren bereits um 21:40 Uhr drei Beamte der belangten Behörde wegen Lärms auf der Dachterrasse nach Wien, C.-Straße, beordert worden. Wie sich aus ihrer Anzeige ergibt, sei der Lärm der Wohnung des Beschwerdeführers zuzuordnen gewesen, langes Läuten und Klopfen an der Wohnungstür sei aber erfolglos gewesen, sodass sie über die Dachterrasse eines Nachbarn zu jener des Beschwerdeführers hätten gelangen müssen. Der Beschwerdeführer habe demnach zunächst darauf beharrt, Musik weiterhin hören zu dürfen, eine Anzeige sei ihm egal, und die Polizei werde sicher nicht in seine Wohnung kommen, da sie hier keine Befugnisse habe. Letztlich habe er aber die Musik leiser gestellt. Als die Exekutivbeamten im Begriff gewesen seien, den Ort zu verlassen, habe er nochmals in aufbrausender Manier mitgeteilt, dass sie seine Wohnung nicht betreten dürften, worauf ihm mitgeteilt worden sei, dies sei nicht mehr nötig, da der Lärm jetzt eingestellt sei und die Anzeige per Post kommen werde.

Bereits um 22:43 Uhr, also eine Stunde nach Beginn des Einsatzes der zwischenzeitlich abgelösten Beamten wurde die Zeugin S. mit den Zeugen Insp. X. und Insp. V. neuerlich wegen Lärmerregung in die C.-Straße beordert. Während der Zufahrt informierte sich die Zeugin RvI S. bei ihrer Kollegin RvI  Y., welche die vorangegangene Amtshandlung geleitet hatte, über deren Verlauf und brachte im wesentlichen die oben festgestellten Umstände in Erfahrung. Weiters informierte sie sich beim Permanenz-Journaldienst über die Vorgehensweise bei Partys in Zeiten von Covid 19, woraus sich für sie jedoch kein eigenständiger Grund zum Einschreiten ergab.

Als die Beamten gegen 23:25 Uhr im Stiegenhaus eintrafen, hörten sie bereits deutlich Musik aus der Wohnung, welche somit die Zimmerlautstärke überschritt und von ihnen als für diese Nachtzeit ungebührlicher Lärm beurteilt wurde. Die Zeugin RvI S. erinnerte sich, bereits einmal eine Amtshandlung mit dem Beschwerdeführer gehabt zu haben, bei dem er sich ebenso unkooperativ, präpotent und aufbrausend benommen hatte wie von ihrer Kollegin RvI Y. beschrieben, und beschloss daher, zuvor Rücksprache mit der Aufforderin zu halten. Von dieser erfuhr sie, der Beschwerdeführer habe nur kurz aufgehört, laut Musik zu spielen, als die Polizei erschienen sei, und habe danach gleich wieder aufgedreht.

Die Beamten begaben sich nunmehr zur Wohnungstüre, aus der die Musik tönte, und mussten etwa eine Minute lang klopfen und klingeln, bis der Beschwerdeführer öffnete. Da die Zeugin RvI S., eingedenk der von ihrer Kollegin und der Aufforderin erhaltenen Informationen, damit rechnete, das Abstellen der Lärmerregung allenfalls mit Zwang – etwa durch das gelindere Mittel der Sicherstellung eines Kabels oder der Musikanlage – durchsetzen zu müssen, stellte sie sofort einen Fuß in die ein wenig geöffnete Wohnungstüre, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer die Türe hinter sich schließen könne, was dieser auch tatsächlich versuchte. Er hielt den Türknopf fest und ließ ihn nicht los, weshalb er unmittelbar neben der Zeugin RvI S. zu stehen kam, welche das Schließen der Wohnungstüre durch den hineingestellten Fuß verhinderte.

Es kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Musik zu diesem Zeitpunkt bereits abgedreht gewesen wäre. Vielmehr entspann sich sofort eine Diskussion zwischen dem Beschwerdeführer und RvI S., in der der Beschwerdeführer die Zeugin fragte, was sie hier wolle, ihr drohte, sie wegen Belästigung anzuzeigen und sie aufforderte, den Fuß aus der Tür zu nehmen. Die Zeugin ermahnte ihn wegen der Lärmerregung, wegen der bereits ihre Kollegen vor über einer Stunde eingeschritten seien und ihn abgemahnt hätten, und die er unmittelbar nach deren Abrücken wiederaufgenommen habe. Sie erklärte, dass sie den Fuß in der Tür stehen lassen müsse, um ein Schließen der Wohnungstüre zu verhindern, weil sie gezwungen sein könnte, die weitere Lärmerregung durch Sicherstellung eines Teils der Musikanlage mit Zwang zu unterbinden. Dies stelle ein gelinderes Mittel gegenüber der Festnahme dar, welche bei Verharren in einer strafbaren Handlung trotz Abmahnung zu verhängen sei. Der Beschwerdeführer erwiderte, er werde ein Betreten der Wohnung nicht zulassen, da müsse sie ihn vorher festnehmen.

In der Folge überschüttete er die Beamten mit Drohungen, er werde sie anzeigen, er werde ihre Entlassung bewirken, und bezichtigte sie gerichtlich strafbarer Handlungen, derentwegen er gegen sie vorgehen werde. Dabei bediente er sich einer gegenüber den Beamten unangemessener Lautstärke, gestikulierte und hielt den gebotenen Abstand gegenüber RvI S. nicht ein. Als eine mehrfache Abmahnung auch wegen dieses aggressiven Verhaltens nichts fruchtete, drehte sich RvI S. zur Wohnungstüre, um einzutreten und die beabsichtigte Sicherstellung vorzunehmen. In diesem Moment ergriff der Beschwerdeführer ihr rechtes Handgelenk und riss sie daran zurück. Daraufhin sprach RvI S. gegen ihn die Festnahme aus. Die Beamten lehnten ihn in der Wohnung links von der Eingangstüre an die Wand, seine Arme wurden von RvI S. und Insp. X. nach hinten verbracht und die Handfesseln von Insp. V. angelegt.

Außer dem Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt noch der Zeuge E. in geringer Entfernung, allerdings ohne direkte Sichtverbindung, im Küchenbereich, wo er nach der Verbringung des festgenommenen Beschwerdeführers auf den Gang von der Zeugin RvI S. wahrgenommen und aufgefordert wurde, den Lärm einzustellen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hörte die Musik auf, wobei nicht festgestellt werden kann, auf welche Weise – etwa durch Fernbedienung – dies erfolgte. In der Wohnung befanden sich noch zwei andere Personen, nämlich der Zeuge H. und Herr Mag. G., welche von der Polizei allerdings nicht wahrgenommen wurden, da sie sich bereits beim Öffnen der Türe durch den Beschwerdeführer in den oberen Bereich der Wohnung begeben hatten. Draußen auf dem Gang wurde der Beschwerdeführer durch die Zeugin P. wahrgenommen, als sie durch den Türspion schaute; Musik nahm sie zu diesem Zeitpunkt nicht wahr. Der Beschwerdeführer wurde von den beiden männlichen Polizeibeamten mit dem Aufzug in den Eingangsbereich verbracht und dort oberflächlich durchsucht, wobei er wiederum zahlreiche Drohungen gegen die Polizeibeamten ausstieß und diese dabei so einschüchterte, dass die Zeugin RvI S. ihre Kollegen ausdrücklich auffordern musste, die Durchsuchung fortzuführen. Beim Eintreffen des Arrestantenwagens musste der Beschwerdeführer in diesen getragen werden. Nach dem Eintreffen in die Polizeiinspektion wurde er in den Arrestbereich verbracht, wo er sich weiterhin aggressiv und lautstark gebärdete und nach Abnahme der Handfesseln in Anwesenheit ausschließlich männlicher Exekutivbeamter neuerlich durchsucht wurde. Dies geschah aus Sicherheitsgründen so, dass die Oberbekleidung nicht an seinem Körper anliegend durchsucht, sondern er nach Abnahme seiner Handfesseln verhalten wurde, sie vorher abzulegen. Der Körper des Beschwerdeführers wurde dabei nicht besichtigt. Die Zeugin RvI S. befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits einen Stock darüber und telefonierte mit dem Zentraljournalbeamten, welcher die Schreie des Beschwerdeführers bis über die Telefonanlage hören konnte.

Zum weiteren Vorgehen im Arrest erübrigen sich Feststellungen, da die Beschwerde diesbezüglich in der Verhandlung zurückgezogen wurde.

3.2. Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweisergebnisse:

Nicht einmal der Beschwerdeführer selbst stellt seine Einschüchterungsversuche bereits gegenüber den beim vorangegangenen Vorfall eingeschrittenen Polizeibeamten und dann noch gegenüber denen, die ein bis zwei Stunden später im gegenständlichen Fall eingeschritten sind, ernstlich in Abrede. Wie sich auch aus der vorangegangenen Anzeige ergibt, ist der Beschwerdeführer bereits beim Einschreiten der anderen Beamten aggressiv und präpotent gegen diese aufgetreten, hat ihnen jegliche Befugnis abgesprochen und sich zunächst sogar geweigert, die Musik aus- bzw. leiser zu stellen. Aus den übereinstimmenden Aussagen der Beamten im gegenständlichen Fall hat er diese mit Anzeigen nach dem Strafgesetzbuch und mit Jobverlust bedroht. Schon aus diesem Grund ist es äußerst unwahrscheinlich, dass sich die Amtshandlung vom Anläuten bis zum Betreten der Wohnung so kurz, und die Dialoge so knapp abgespielt hätten, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht.

Beide, von jeweils verschiedenen Beamtengruppen verfassten Anzeigen lassen erkennen, dass es dem Beschwerdeführer im Umgang mit der Polizei darum gegangen ist, den Beamten zu zeigen, wer Recht habe (nämlich er). Dies manifestiert sich in weiterer Folge auch darin, dass er – noch bevor irgendein Gericht eine allfällige Unrichtigkeit in der Anzeige der Zeugin RvI S. oder in ihren Aussagen festgestellt hätte – mit strafrechtlicher Anzeige gegen sie vorgegangen ist. Es ist unwahrscheinlich, dass er dieses Bedürfnis, gegen die Polizei unter allen Umständen Recht zu behalten, im Beschwerdeverfahren gegen die reine Wahrheitsliebe eingetauscht haben sollte, noch dazu, wo er als Partei nicht unter Strafandrohung zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet war. Dem entspricht auch der persönliche Eindruck, wonach die Zeugin RvI S. wesentlich glaubwürdiger war, und ihre Ausführungen auch schlüssiger und besser nachvollziehbar erschienen als jene des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen, wonach sich RvI S. vor dem Einschreiten über den Verlauf der vorangegangenen Amtshandlung erkundigt, und darüber hinaus mit der aktuellen Aufforderin Rücksprache gehalten habe, gründen sich auf ihre Aussage; der Verlauf der Amtshandlung wurde im Wesentlichen im Einklang mit ihren Angaben und jenen ihres Kollegen festgestellt.

Was nun die Frage des Zeitpunktes anbelangt, in dem die Musik im Rahmen der gegenständlichen Amtshandlung tatsächlich abgedreht worden ist, so behaupten der Beschwerdeführer und seine Freunde, dies sei unmittelbar vor dem Öffnen der Türe erfolgt, während die Beamten einen Zeitpunkt kurz nach der Festnahme angeben. Zu den Aussagen der Zeugen E. und H. – beides anwesende Freunde des Beschwerdeführers – lässt sich zunächst festzuhalten, dass es sich bei dem Beschwerdeführer nach dem persönlichen Eindruck um eine äußerst dominierende Persönlichkeit handelt, während die beiden Freunde eher den Eindruck erweckten, der Beschwerdeführer umgebe sich vorzugsweise mit leicht beeinflussbaren Personen. Damit soll den beiden Zeugen keinesfalls eine bewusst unwahre Aussage unterstellt werden; jedoch ist anzunehmen, dass sie den Vorfall nachträglich ausführlich mit dem Beschwerdeführer besprochen haben, und kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie im Endergebnis an die Richtigkeit seiner Darstellung zu glauben begannen.

Abgesehen davon handelt es sich bei diesem Punkt – zumindest im gleichen Ausmaß wie um Glaubwürdigkeit – auch um eine Frage der Verlässlichkeit der jeweiligen Angaben, war doch kurz nach der ersten Konfrontation des Beschwerdeführers mit der Polizei aufgrund des nochmaligen Einschreitens bereits eine weitere Konfrontation entstanden, in der die Aufmerksamkeit aller zunehmend auf die vom Beschwerdeführer ausgelöste Auseinandersetzung mit den Beamten, vor allem mit RvI S., gelenkt werden musste, mehr als auf die den Einsatz eigentlich auslösenden Begleitumstände. Zudem haben sich der Zeuge H. und der weiters anwesende Mag. G. beim Öffnen der Türe in den oberen Wohnungsteil geflüchtet, wo sie vom Inhalt der Auseinandersetzung offenbar nichts mitbekamen, obwohl es nach der Lebenserfahrung unwahrscheinlich wäre, dass die mit Drohungen und verbalen Untergriffen von Seiten des Beschwerdeführers geführte Auseinandersetzung bloß im gewöhnlichen Plauderton, und nicht in darüber deutlich hinausgehender Lautstärke geführt worden ist.

Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass die Musik noch lief. Das würde auch erklären, warum der in der Küche beschäftigte Mitbewohner E. keinen Anlass gesehen hat, sich zum Beschwerdeführer zu begeben, als dessen verbale Auseinandersetzung mit den Beamten ihren Höhepunkt erreichte (wohingegen der Beschwerdeführer dies als Argument dafür verwendet, dass er nicht laut mit den Beamten gesprochen habe). Letztlich kommt aber der Frage, zu welchem Zeitpunkt genau die Musik ausgedreht worden ist und von wem, aus rechtlichen Gründen nicht jene überragende Bedeutung zu, welche ihr die Beschwerdevertreterin hier zuzumessen scheint (siehe dazu die rechtlichen Ausführungen unten Punkt 3.3.).

Da die Vertreterin im Verlaufe der Verhandlung aber bestrebt war, die Glaubwürdigkeit der Beamten insgesamt von dieser Frage abhängig zu machen, wird noch auf die diesbezügliche Aussage der Zeugin P. eingegangen. Diese hat durch den Türspion und dem kurzfristigen Öffnen ihrer Wohnungstüre den Beschwerdeführer bereits in Handschellen wahrgenommen, aber keinen Musiklärm. Zu diesem Zeitpunkt muss die Musik aber selbst nach der Darstellung der beiden Exekutivbeamten bereits ausgedreht gewesen sein. Wenn sie auch vorher keinen Musiklärm wahrgenommen hat, so kann dies zum einen daran liegen, dass sie, anders als die – auf eigenen Wunsch nicht aktenkundig gewordene – Aufforderin nicht unter dem Beschwerdeführer wohnt, sondern sich ihre Eingangstüre im gleichen Stockwerk befindet. Der Einsatzgrund lautete zufolge der gegenständlichen Anzeige, dass eine Party „auf einer Dachterrasse“ gefeiert werde. Da es sich im Gegenstand um eine zweistöckige Wohnung mit zusätzlicher Dachterrasse handelt, kann es durchaus sein, dass der Musiklärm unmittelbar nach dem Abrücken des ersten Polizeieinsatzes zwar zunächst noch auf der Dachterrasse fortgesetzt, aber die Anlage in der Folge in die Wohnung darunter verlegt worden ist. Angesichts dieser drei Ebenen hängt es sehr vom Aufenthaltsort der Zeugin in ihrer Wohnung ab, wann sie die Musik in welcher Lautstärke überhaupt gehört haben kann.

Dafür spricht auch, dass die Zeugin RvI S. laut eigener Aussage auf ihre Rückfrage bei der Aufforderin erfahren hat, dass die Musik gleich nach dem Abrücken der ersteinschreitenden Polizeibeamten (also möglicher Weise noch auf der Dachterrasse) wieder lauter gestellt worden sei. Denkbar wäre freilich auch, dass die Aufforderin den Lärm nur „von oben“ wahrgenommen hat und akustisch nicht unterscheiden konnte, aus welcher Ebene der über ihr befindlichen Wohnung er stammte. Insofern kann auch die Darstellung des Beschwerdeführers zutreffen, wonach er die Musikbeschallung sogleich von der Dachterrasse ins Wohnungsinnere verlegt habe. Zweifelsfrei steht aber fest, dass es sich nicht um irgendeinen unspezifischen Partylärm, sondern (wenigstens: auch) um Musiklärm gehandelt hat, zumal nicht nur die Rücksprache der Zeugin RvI S. mit der Aufforderin dies ergeben hat, sondern sogar der Beschwerdeführer diesen Umstand von vornherein selbst in seinem Schriftsatz einräumt (Zitat aus der Beschwerde S. 10 bzw. AS 11 oben: „Dass mir die vollständige Abdämmung der Musik gegenüber der Bewohnerin unter mir nicht gelungen ist, ist bedauerlich, war jedoch für mich nicht vorhersehbar.“).

Für den – auf den ersten Blick bestehenden – objektiven Widerspruch zu den Angaben der Zeugin P. kommt als Erklärung – neben der Frage ihres jeweiligen Aufenthaltsorts in ihrer Wohnung – auch in Betracht, dass ihr der Musiklärm deshalb nicht erinnerlich ist, weil sie einen solchen nicht als störend empfunden hat. Schließlich will sie keine Musik mehr wahrgenommen haben, seit der Beschwerdeführer nach dem ersten Polizeieinsatz die Dachterrasse verlassen hat, also auch nicht mehr beim (neuerlichen) Eintreffen der Beamten im Stiegenhaus. Im Gegensatz dazu behauptet jedoch nicht einmal der Beschwerdeführer, die Musik vor diesem Zeitpunkt bereits abgedreht zu haben. Ohne der Zeugin eine Falschaussage unterstellen zu wollen, können ihre Angaben jedenfalls nicht als Beweis dafür dienen, dass es keine – oder: keine von Nachbarn zur Nachtzeit störend wahrnehmbare – Musik mehr gegeben habe, wenn dem sogar die Einlassung des Beschwerdeführers (von den einschreitenden Beamten ganz abgesehen) widerspricht.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, es wäre in der ganzen Anzeige niemals von seinem aggressiven Verhalten bzw. der deshalb vorgenommenen Abmahnung die Rede, so ist zum einen auf die letzte Seite der Anzeige in der von ihm selbst vorgelegten Beilage dieser Beschwerde (Seite 32 im Akt) zu verweisen, in welcher unter der Rubrik „Delikt“ nicht wie auf der ersten Seite „ungebührliche Lärmerregung“, sondern „aggressives Verhalten“ bzw. § 82 Abs. 1 SPG angeführt ist. Es wird bloß im Erfassertext nicht – wie bei Strafanzeigen oft üblich – der gesamte Textblock aus der ersten Anzeige wiederholt, sondern es wird auf den Erfassertext der ersten Anzeige (jener wegen Lärmerregung) verwiesen. In diesem Text wird sowohl bereits auf ein aggressives Verhalten des Beschwerdeführers Bezug genommen, und zwar nach der ersten Ermahnung, den Lärm unverzüglich einzustellen: „Herr B. entgegnete erneut lauthals, immer wieder aufbrausend sowie mit aggressiver Körperhaltung (baute sich vor ML auf, ballte die Fäuste) ML mit folgenden Worten: ….“ In der Folge ist zweimal von der Aufforderung die Rede, das strafbare Verhalten einzustellen, sowie von der Inkenntnissetzung über die Anzeigeerstattung. Danach wird ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mitgeteilt worden, dass aufgrund des Verharrens in der strafbaren Handlung des Musiklärms, als gelinderes Mittel zur Festnahme, die Musikanlage vorläufig sichergestellt werde. Nur in diesem Zusammenhang wird ausdrücklich auf die Lärmerregung gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 WLSG Bezug genommen, die vorher erwähnten Abmahnungen und die Anzeige beziehen sich offenbar auf beide Delikte.

Das Ergreifen des Handgelenks der Zeugin RvI S., um ihn am Betreten der Wohnung zu hindern, wird selbst vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Übereinstimmung besteht darin, dass er unmittelbar danach festgenommen und ihm die Handschellen angelegt wurden. Was die neuerliche Visitierung beim Eintreffen im Arrest anbelangt, so ist unbestritten, dass nur seine Oberbekleidung visitiert wurde und nicht sein Körper, allerdings nachdem er die Oberbekleidung vorher hatte ausziehen müssen und deshalb halbnackt dastand. In seiner Aussage hielt er aber nicht mehr aufrecht, dass dabei auch die Zeugin RvI S. anwesend gewesen wäre. Diese hat vielmehr nachvollziehbar dargelegt, dass sie währenddessen mit dem Zentraljournalbeamten telefoniert hat und dieser den Beschwerdeführer sogar durch das Telefon habe brüllen hören, obwohl sich der Arrest zwei Zimmer weiter und von dort einen Stock tiefer befunden habe. Nicht zuletzt diesem Umstand sei es zuzuschreiben, dass der Beamte trotz gewisser Restriktionen wegen Covid 19 (im Zusammenhang mit Anhaltungen) der Abgabe in den Arrest zugestimmt habe.

3.3. In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

Bereits aufgrund ihrer verfügbaren Informationen über den vorangegangenen Polizeieinsatz und der Angaben der Aufforderin musste die Zeugin RvI S. einerseits davon ausgehen, dass es notwendig werden könne, den Beschwerdeführer am weiteren Betrieb der Musikanlage durch Sicherstellung relevanter Teile derselben zu hindern, und andererseits, dass er sie unter allen Umständen am Betreten der Wohnung hindern werde. Beide Annahmen waren aufgrund der verfügbaren Fakteninformation vertretbar, weshalb die Beamtin zu Recht gleich nach dem teilweisen Öffnen der Türe einen Fuß über die Schwelle gesetzt hat, sodass die Tür nicht mehr geschlossen werden konnte (wobei der Beschwerdeführer nach den Feststellungen, Punkt 3.1., eben dies versuchte).

Da zu einer Feststellung nur erhoben werden kann, was nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens die überwiegende Wahrscheinlichkeit für sich hat, wird nicht davon ausgegangen, dass die Musik bereits vor dem Öffnen der Wohnungstüre ausgeschaltet worden ist. Allerdings läge – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers – eine Fortsetzung der strafbaren Handlung ohnehin auch dann vor, wenn etwa eine Stunde nach Beendigung des ersten Einsatzes wegen Lärmerregung eine weitere Anzeige des Inhaltes eingeht, dass kurz nach Verlassen der Örtlichkeit durch die Polizeibeamten der Lärm bzw. die Musik wieder aufgedreht worden und immer noch im Gange sei, und die Beamten diese Angabe nach einer weiteren halben Stunde bei ihrem Eintreffen im Stiegenhaus bestätigt finden. Unter diesen Umständen wäre die Beamtin auch bloß unter Hinweis auf die vorangegangene Abmahnung durch ihre Kollegen berechtigt gewesen, sogleich geeignete Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um die weitere Lärmerregung zu unterbinden (wie dies der Beschwerdeführer – dem hier in den Feststellungen allerdings nicht gefolgt wurde – darstellt). Ein Betreten der Wohnung, aus der der Lärm drang, wäre schon aus diesem Grund gerechtfertigt gewesen.

Was die Festnahme anbelangt, so hätte diese nach den Feststellungen durchaus vertretbar auf § 269 StGB gestützt werden können, wollte der Beschwerdeführer doch offenkundig die Beamtin an der weiteren Amtshandlung, welche im Betreten der Wohnung bestand, hindern. Gleichzeitig erfüllte diese Handlung – nach vorangegangener mehrfache Abmahnung und Anzeige – auch die Voraussetzungen einer Festnahme wegen aggressiven Verhaltens in Verbindung mit § 35 Z 3 VStG. Offenbar aus dem – ehrenwerten – Bemühen, dem Beschwerdeführer aus seinen Handlungen keinen allzu großen Schaden erwachsen zu lassen, hat die Zeugin RvI S. die Verwirklichung des gerichtlich strafbaren Tatbestandes in ihrer Anzeige als zu geringfügig abgetan, und das Verhalten bloß dem Verwaltungsstraftatbestand unterstellt. Immerhin war ein Verharren im aggressiven Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht trotz mehrfacher Abmahnung ebenfalls verwirklicht, sodass die Festnahme jedenfalls rechtmäßig war. Aufgrund des anlassgebenden Verhaltens des Beschwerdeführers erweist sich auch die Handfesselung als gerechtfertigt. Die unmittelbar danach vorgenommene oberflächliche Durchsuchung diente der Eigensicherung der Polizeibeamten, die nochmalige Durchsuchung vor der Arrestabgabe musste aufgrund des weiterhin aggressiven Verhaltens des Beschwerdeführers nicht nur zum Schutz der Beamten, sondern auch zu seinem eigenen Schutz vorgenommen werden, und dies in einer Weise, dass die Oberbekleidung nicht am Körper anliegend durchsucht wurde, sondern zunächst ausgezogen und dann durchsucht wurde. Dies stellt zum einen keine Leibesvisitierung im eigentlichen Sinne dar, zumal der Körper des Beschwerdeführers nicht abgetastet oder durchsucht worden ist, und zum anderen war diese Vorgangsweise notwendig, um die Durchsuchenden nicht durch das aggressive Verhalten des Beschwerdeführers, dem die Handfesseln bereits abgenommen worden waren, zu gefährden, und seine Aggression nicht weiter anzustacheln. Die Festnahme erweist sich sohin samt Fesselung und Durchsuchung als gerechtfertigt. Weitere Aspekte, wie etwa die Anhaltedauer, wurden nicht angefochten, hinsichtlich der ursprünglich behaupteten Körperverletzung wurde die Beschwerde zurückgezogen.

Was die ausdrücklich ins Treffen geführte Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund der Nichteinhaltung von Covid 19 Beschränkungen durch die Polizeibeamten betrifft, so ist zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in der Gegenschrift zu verweisen, wonach die einschlägigen Regelungen der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 nicht beim Einschreiten staatlicher Organe gelten bzw. zur Zeit des Vorfalles gegolten haben, soweit sie dem Zweck des Einschreitens entgegenstehen bzw. -standen.

Eines Rückgriffs auf diese Rechtfertigung bedarf es aber ohnehin nicht, da der Beschwerdeführer aus den Covid-19-Regelungen kein subjektives Recht ableiten kann. Diese Bestimmungen sind nämlich nicht zu seinem persönlichen Schutz erlassen worden, sondern in allererster Linie zur Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems, und in zweiter Linie zum Schutz besonders vulnerabler Gruppen, der sogenannten „Risikopersonen“. Nicht einmal dieser Personengruppe – der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, dazuzuzählen – erwächst daraus ein subjektives Recht, zumal diese Vorschriften ordnungspolitischen Charakter haben und die Gewährung eines subjektiven Rechts nicht beabsichtigt war. Wenn die Beschwerde auf die besondere Verpflichtung des Staates zum Schutz des Lebens Bezug nimmt, so ist dem zu entgegnen, dass nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens für eine 25-jährige Person, welche nicht aufgrund bestimmter Vorerkrankungen zu einer Risikogruppe zählt, zahlreiche andere ansteckende Erkrankungen, für welche keine gesetzlichen Beschränkungen erlassen sind, ein weit höheres Risiko darstellen als eine allfällige Ansteckung mit Covid 19.

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass eine allfällige Gefährdung des Beschwerdeführers höchst abstrakt wäre, denn bei keinem der eingeschrittenen Polizeibeamten wurde aktenkundig eine Covid-19-Erkrankung festgestellt. Die diesbezügliche Beschwerde war daher schon mangels Beschwer abzuweisen.

4. Kosten:

Der Aufwandersatz richtet sich nach § 35 VwGVG in Verbindung mit der VGW-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013. Da der Beschwerdeführer drei trennbare Verwaltungsakte in seiner Beschwerde angefochten hat, nämlich das Betreten seiner Wohnung (im Hinblick auf das Recht auf Achtung der Wohnung nach Art. 8 EMRK), die (ebenfalls zwangsweise) Gefährdung durch Covid 19 und die Festnahme (welche im Hinblick auf den Aufwandersatz nach ständiger Rechtsprechung des VwGH mit der folgenden Anhaltung und ihren Modalitäten eine Einheit darstellt), und die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf alle drei Punkte repliziert hat, war der Schriftsatzaufwand dreifach, der Verhandlungsaufwand im Hinblick auf die gemeinsam durchgeführte Verhandlung jedoch nur einmal zuzuerkennen; letzteres gilt auch für den einen vorgelegten Polizeiakt über die Amtshandlung. Dass die Beschwerde hinsichtlich einer einzelnen Modalität der Anhaltung zurückgezogen worden ist, ändert daran nichts. Es war daher auch in der Frage des Aufwandersatzes spruchgemäß zu entscheiden.

5. Revision:

Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als une

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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