TE Vwgh Beschluss 2022/1/13 Ro 2021/01/0018

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Veröffentlicht am 13.01.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §9
B-VG Art133 Abs6 Z1
B-VG Art133 Abs9
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die von Dr. L, Rechtsanwalt in L, dieser vertreten durch die Haslinger/Nagele RechtsanwälteGmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, namens der N Stiftung in W, erhobene Revision gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 12. April 2021, Zlen. 1. VGW-101/007/11752/2020-52 und 2. VGW-101/V/007/12251/2020, betreffend eine Angelegenheit nach dem Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: G H in N, vertreten durch die Hauser Partners Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Seilerstätte 18-20), den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. 

Begründung

1        Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung [MA] 62) vom 31. Mai 2017 wurde betreffend die N Stiftung in W (im Folgenden: Stiftung) gemäß § 14 Abs. 1 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz eine Satzungsänderung genehmigt.

2        Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. April 2021 wurden die - am 17. September 2020 erhobenen - Beschwerden des G H (mitbeteiligte Partei; im Folgenden: G H) sowie des G H im Namen der Stiftung gegen den Bescheid vom 31. Mai 2017 als unzulässig zurückgewiesen (I.), der Antrag der Stadt Wien einen näher bezeichneten „Ersatz der Aufwendungen“ aufzutragen, abgewiesen (II.) und eine ordentliche Revision für zulässig erklärt (III.).

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, gemäß § 14 Abs. 3 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz komme im Verfahren über die Satzungsänderung nur der Stiftung Parteistellung zu. Eine Parteistellung des G H als Beschwerdeführer bestehe nicht. G H sei auch nicht Begünstigter der Stiftung und kein vertretungsbefugtes Organ der Stiftung, zumal sich aus § 4 des Statuts der Stiftung aus dem Jahr 1907 keine „Weitervererbung“ in der Form ergebe, dass für die Zukunft jeder Nachfahre nachrücken solle. Soweit G H im Namen der Stiftung auftrete, komme ein Austausch oder Eintritt durch den vom Bezirksgericht Hietzing (im Folgenden: BG) bestellten Kurator nicht in Frage. Grundsätzlich sei der Magistrat der Stadt Wien (MA 40) weiterhin Stiftungsverwalter. Auch sei die Bestellung des Kurators nicht rechtskräftig und nicht wirksam. Die Stiftung selbst, d.h. ein für diese vertretungsbefugtes Organ, habe nicht Beschwerde erhoben. Der Stiftung sei der Bescheid 2017 zugestellt worden. Damit wäre eine nun von ihr selbst bzw. für sie erhobene Beschwerde als verspätet zurückzuweisen. Mangels Berechtigung des G H zur Erhebung der Beschwerden seien diese zurückzuweisen.

4        Eine ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer vergleichbaren (Beschwerde)Konstellation fehle. „Freilich“ sei die Rechtslage angesichts des klaren Wortlautes des § 14 Abs. 3 Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz sowie der angestellten Erwägungen „klar“.

5        Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende, von Rechtsanwalt Dr. L im Namen der Stiftung (als vom BG bestellter Kollisionskurator) erhobene ordentliche Revision.

6        Die belangte Behörde (Magistrat der Stadt Wien - MA 62) erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Aufwandersatz.

7        G H und die RKG namens der Stiftung unter Berufung darauf, dass sie vom Magistrat der Stadt Wien (MA 40) mit der Vertretung der Stiftung beauftragt worden sei, erstatteten nach Aufforderung durch das Verwaltungsgericht als Revisionsbeantwortung bezeichnete Schriftsätze, ohne Aufwandersatz zu beantragen.

8        Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 22. September 2021, E 2252/2021-12, wurde die von Rechtsanwalt Dr. L als Kollisionskurator der Stiftung auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss vom 12. April 2021 zurückgewiesen.

9        Begründend führte der VfGH unter anderem aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Die Zulässigkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes setzt daher ein Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung der angefochtenen Entscheidung voraus. Ein solches Interesse ist nur gegeben, wenn der Beschwerdeführer durch die Entscheidung beschwert ist. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Beurteilung durch den Beschwerdeführer, sondern darauf an, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes gesagt werden kann, dass das angefochtene Erkenntnis bzw. der angefochtene Beschluss die Rechtsposition des Beschwerdeführers zu dessen Nachteil verändert (vgl. VfSlg 12.452/1990, 13.433/1993 und 14.413/1996).

3.2. Ein solcher Nachteil liegt im Hinblick auf die Zurückweisung der im eigenen Namen und im Namen der beschwerdeführenden Stiftung durch G H eingebrachten Beschwerden nicht vor. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht Wien die Legitimation des G H zur Erhebung einer Beschwerde im eigenen Namen und im Namen der Stiftung gegen den Beschluss des Magistrates der Stadt Wien vom 31. Mai 2017 betreffend eine Satzungsänderung verneint. Die Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei hat sich durch den angefochtenen Beschluss nicht zu deren Nachteil verändert (vgl. auch VfSlg. 19.320/2011, 19.567/2011).

4. Im Übrigen erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weil Rechtsanwalt Dr. L auf Grundlage des Beschlusses des Bezirksgerichtes Hietzing vom 26. Mai 2021 zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde als Kollisionskurator der Stiftung nicht legitimiert ist. Aus dem Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Juli 2021, 44 R 211/21m, folgt, dass Rechtsanwalt Dr. L nicht rechtswirksam als Kollisionskurator der Stiftung bestellt wurde.“

10       Diese Erwägungen des VfGH werden vom Verwaltungsgerichtshof geteilt und gelten auch in der vorliegenden Revisionssache:

11       Durch den angefochtenen Beschluss wurde die Rechtsposition der Stiftung nicht zu deren Nachteil verändert. Daraus ergibt sich zunächst, dass die Revision der Stiftung, da ein rechtliches Interesse schon bei Revisionserhebung nicht vorlag bzw. die Stiftung durch diesen Beschluss in keinen Rechten verletzt sein konnte, schon deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen wäre (vgl. VwGH 2.7.2018, Ro 2017/12/0006, bzw. VwGH 30.7.2018, Ra 2018/11/0091).

12       Der VfGH hat aber auch festgehalten, Rechtsanwalt Dr. L sei nicht rechtswirksam als Kollisionskurator der Stiftung bestellt worden. Mangels bestehender Vertretungsbefugnis im Zeitpunkt der Revisionserhebung ist die Revision dem ohne Berechtigung einschreitenden Rechtsanwalt zuzurechnen, dem (aus obigen Erwägungen) die Revisionslegitimation fehlt (vgl. sinngemäß VwGH 27.4.2016, 2013/05/0167, mwN).

13       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

14       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 13. Jänner 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021010018.J00

Im RIS seit

24.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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