TE Pvak 2021/10/18 A30-PVAB/21

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Veröffentlicht am 18.10.2021
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Norm

PVG §6 Abs1
PVG §6 Abs2
PVG §23 Abs2 litf
PVG §41 Abs1
PVGO §24 Abs1

Schlagworte

Zuständigkeit PVAB; Verhalten einzelner PV; Zurechenbarkeit; Dienststellenversammlung (DV); Einberufen einer Sitzung; Abhalten einer Sitzung; Frist zwischen Bekanntmachung und Durchführung der DV; gesetzeskonformes Handeln des DA-Vorsitzenden; Rücktritt DA; Verpflichtung zur Einberufung einer DV auf Verlangen von mehr als einem Drittel der Bediensteten

Text

 

 

A 30-PVAB/21

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr. Wilhelm SANDRISSER als Vertreter des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag von Abteilungsinspektor A (Antragsteller) vom 6. September 2021, die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses bei der Justizanstalt (JA) *** für die Bediensteten des Exekutivdienstes (DA) im Zusammenhang mit einem Verlangen auf Einberufung einer Dienststellenversammlung (DV) auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 PVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 PVG und § 24 Abs. 1 PVGO entschieden:

Dem Antrag wird stattgegeben und festgestellt, dass der stellvertretende DA-Vorsitzende B nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Dienststellenversammlung, deren Einberufung von mehr als einem Drittel der Bediensteten am 26. August 2021 verlangt worden war, fristgerecht einberufen wurde, wodurch er die Geschäftsführung des DA mit Gesetzwidrigkeit belastet hat.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 06.09.2021 beantragte Abteilungsinspektor A (Antragsteller), die Geschäftsführung des DA im Zusammenhang mit einem Verlangen einer ausreichenden Anzahl von Bediensteten iSd § 6 Abs. 2 PVG auf Einberufung einer DV auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Aufgrund des Antragsvorbringens und der im Verfahren vorgelegten Dokumente erachtete die PVAB folgenden Sachverhalt als erwiesen:

1.   Der DA besteht aus vier Mitgliedern (C, B, D und dem Antragsteller A).

2.   Um 8.50 Uhr vor der für 10 Uhr am 26.08.2021 anberaumten DA-Sitzung wurde ein Verlangen nach § 6 Abs. 2 PVG auf Abhaltung einer Dienststellenversammlung (DV) „zur Enthebung des DA“ eingebracht, das von mehr als einem Drittel der wahlberechtigten Bediensteten der Dienststelle unterfertigt war. Eine formelle Ergänzung der TO dieser Sitzung zu diesem Verlangen erfolgte nicht.

3.   Zu TOP 11 (Allfälliges) dieser DA-Sitzung wurde im Sitzungsprotokoll zunächst festgehalten, dass „eine ausreichende Anzahl von Kollegen dieses Verlangen auf Abhaltung einer DV unterschrieben habe“, weiters, dass „man sich aufgrund dessen auf den 08.09.2021 um 14 Uhr als Termin einigt“ sowie „der Tagesordnungspunkt sich eindeutig aus der Unterschriftenliste ergibt“.

4.   Mit E-Mail vom 26.08.2021 wurde vom DA-Schriftführer D der Dienststellenleiterin (DL) i.A. mitgeteilt, dass die DV für den 08.09.2021, 14 Uhr, einberufen werde, was am 31.08.2021 bekannt gemacht werden würde.

5.   Mit E-Mail vom 28.08.2021 informierte der stellvertretende DA-Vorsitzende B die Kolleg:innen davon, dass er drei Stunden nach der DA-Sitzung vom 26.08.2021 seinen Erholungsurlaub angetreten habe, weshalb er die DV so einberufen werde, dass er sie selbst leiten könne, zumal es um ein sehr brisantes Thema gehe.

6.   Am 03.09.2021 wurde die DV per E-Mail an alle Bediensteten des Exekutivdienstes der JA vom stellvertretenden DA-Vorsitzenden die DV für den 30.09.2021, 15.15 Uhr, mit folgender TO einberufen:

1.   Eröffnung und Feststellung der Beschlussfähigkeit durch den Vorsitzenden-Stellvertreter,

2.   Abstimmung und Beschluss gemäß Antrag lt. Unterschriftenliste vom 26.08.2021 Enthebung des DA,

3.   Schluss der Dienststellenversammlung.

7.   Am 03.09.2021 erfolgte auch die Einladung zur DA-Sitzung vom 15.09.2021, wobei in deren versendeter TO als TOP 5 „Beratung und Beschlussfassung Dienststellenversammlung der Justizanstalt Feldkirch“ enthalten war.

8.   Am 07.09.2021 richtete der Antragsteller an den stellvertretenden DA-Vorsitzenden ein E-Mail, in dem er anführte, dass die Einberufung der DA gesetzwidrig sei, weil dieser kein Beschluss des DA vorangegangen wäre, und er dringend darum ersuchte, die Einladung zu widerrufen und die gesetzlich vorgesehenen Bestimmungen einzuhalten.

9.   Mit E-Mail vom 09.09.2021 gab der stellvertretende DA-Vorsitzende dem Antragsteller recht, entschuldigte sich für sein voreiliges Handeln und bezeichnete die bereits ausgesendete Einberufung der DV für 30.09.2021 als ab sofort hinfällig.

10. Am 10.09.2021 wurde vom DA-Schriftführer ein E-Mail des stellvertretenden DA-Vorsitzenden vom 09.09.2021 an alle Bediensteten des Exekutivdienstes weitergeleitet, in dem sich dieser für seinen Fehler entschuldigte und ankündigte, dass in der DA-Sitzung vom 15.09.2021 ein neuer Termin für die DV beschlossen und dieser den Bediensteten so schnell wie möglich mitgeteilt werden würde.

11. In der in der DA-Sitzung vom 15.09.2021 beschlossenen TO waren als TOP 6 „Beratung und Beschlussfassung bezüglich § 23 Abs. 2 lit. f PVG Rücktritt des DA“ und als TOP 7 „Beratung und Beschlussfassung bezüglich der Dienststellenversammlung auf Verlangen der Bediensteten“ enthalten.

12. Zu TOP 6 dieser DA-Sitzung wurde vom DA mit zwei Stimmen gegen eine Stimme der drei anwesenden DA-Mitglieder der Rücktritt des DA beschlossen.

13. Zu TOP 7 dieser DA-Sitzung wurde einstimmig beschlossen, den TOP fallen zu lassen, weil eine DV mit dem Ziel, den DA aufzulösen, durch den Rücktrittsbeschluss des DA hinfällig geworden sei.

14. Mit E-Mail des stellvertretenden DA-Vorsitzenden vom 15.09.2021 wurde der Dienststellenwahlausschuss vom Rücktrittsbeschluss des DA informiert.

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG mit Schriftsatz vom 29.09.2021 zur Kenntnisnahme übermittelt und es wurde ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall keiner Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist angenommen werde, es bestünden keine Einwände gegen den festgestellten Sachverhalt.

Der Antragsteller hat in seiner fristgerecht eingebrachten Stellungnahme vom 05.10.2021 die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB nicht bestritten. Der DA hat innerhalb der gesetzten Frist weder eine Stellungnahme abgegeben noch Fristerstreckung beantragt, weshalb davon auszugehen ist, dass auch seinerseits keine Einwände gegen den von der PVAB festgestellten Sachverhalt bestehen. Der Sachverhalt steht somit fest.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Interessen durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines PVO behaupten.

Zu diesen Personen zählen auch die Mitglieder eines PVO, weil diesen Anspruch auf gesetzmäßige Geschäftsführung des PVO auch im Innenverhältnis zukommt, sofern sie die bekämpfte Entscheidung nicht mitgetragen haben.

Der Antragsteller ist Mitglied des DA und fühlt sich durch die von ihm nicht mitgetragenen und mit seinem Antrag bekämpften Handlungen bzw. Unterlassungen des stellvertretenden DA-Vorsitzenden B im Zusammenhang mit der Einberufung der von mehr als einem Drittel der Bediensteten verlangten DV in seinen Rechten auf ordnungsgemäße Geschäftsführung des DA verletzt. Seine Antragsberechtigung ist gegeben.

Die PVAB ist gemäß § 41 Abs. 1 PVG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung von PVO berufen und nicht zur Beurteilung des Verhaltens einzelner Personalvertreter:innen, es sei denn, deren Verhalten ist dem PVO zuzurechnen. Es steht außer Zweifel, dass Handlungen und Unterlassungen von stellvertretenden Vorsitzenden eines PVO für das PVO diesem als Kollegialorgan zuzurechnen sind. Daher unterliegen die Handlungen und Unterlassungen des stellvertretenden DA-Vorsitzenden B in Vertretung des DA-Vorsitzenden der Aufsicht der PVAB über dieses PVO.

Nach § 6 Abs. 2 PVG ist eine DV binnen zwei Wochen u.a. dann einzuberufen, wenn mehr als ein Drittel der Bediensteten unter Angabe des Grundes die Einberufung verlangt. Anders als vom Antragsteller unter Hinweis auf die Entscheidung der PVAK vom 04.10.2004, A 10-PVAK/04, angenommen, die u.a. unter Berufung auf Schragel, PVG, § 6, Rz 5, erfolgte, bedeutet diese Bestimmung jedoch nicht, dass auch die DV binnen zwei Wochen stattzufinden hätte.

Diese Rechtsansicht wurde durch die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung widerlegt. Nach dem Erkenntnis des BVwG vom 24.10.2019, W122 2221928-2/8E, das durch den Beschluss des VwGH vom 25.06.2020, Ra 2019/08/0157, bestätigt wurde, ist vielmehr klar zwischen dem „Einberufen einer Sitzung“ und dem „Abhalten dieser Sitzung“ zu unterscheiden. Da das Gesetz die Einhaltung einer zweiwöchigen Frist nur für die Einberufung, nicht aber auch für die Abhaltung der DV vorsieht, hat diese demzufolge innerhalb angemessener Frist nach der Einberufung der DV zu erfolgen.

Daraus folgt, dass die Einberufung einer DV binnen zwei Wochen nach dem Einlangen des entsprechenden Verlangens zu erfolgen hat, der Termin für die Abhaltung dieser DV jedoch für einen späteren Zeitpunkt innerhalb angemessener Frist festzulegen ist, wobei dies nach § 24 Abs. 1 PVGO den Bediensteten der Dienststelle unter Bekanntgabe der Tagesordnung spätestens eine Woche vor der Abhaltung der DV in geeigneter Form bekanntzumachen ist.

Dass zwischen „Einberufen“ und „Bekanntmachen“ der Einberufung zu unterscheiden ist, folgt auch aus der Entscheidung der PVAK vom 08.05.1973, A 7-PVAK/73, wonach die Festlegung der mindestens einwöchigen Frist, die zwischen der Bekanntmachung der Einberufung der DV und ihrer Durchführung liegen muss, den Zweck hat, den Teilnahmeberechtigten eine längerfristige Zeitplanung zu ermöglichen; eine solche ist im Fall der Unterschreitung dieser Frist nicht gewährleistet.

Im vorliegenden Fall wurde dem stellvertretenden DA-Vorsitzenden ca. eine Stunde vor der DA-Sitzung vom 26. August 2021 das Verlangen von mehr als einem Drittel der Bediensteten auf Abhaltung einer DV zur Enthebung des DA übermittelt.

Der stellvertretende DA-Vorsitzende ergänzte die Tagesordnung dieser Sitzung nicht durch diese Angelegenheit, doch wurde lt. Sitzungsprotokoll zu TOP 11 (Allfälliges) übereinstimmend von den anwesenden DA-Mitgliedern B, D und E (in Vertretung des Antragstellers) beschlossen („einigt man sich“), die DV am 08.09.2021 um 14 Uhr mit dem inhaltlichen TOP „Enthebung des DA“ abzuhalten. Da der Inhalt dieses Beschlusses zweifelsfrei feststand und der Wissensstand der DA-Mitglieder für diesen Beschluss ausreichte, der lediglich eine gesetzmäßige Reaktion auf das Verlangen nach einer DV beinhaltete, ist dieser Beschluss als in gesetzmäßiger Geschäftsführung gefasst anzusehen.

Wegen des bevorstehenden Urlaubs des stellvertretenden DA-Vorsitzenden wurde dieser Termin von ihm wieder abgesagt und mit E-Mail vom 03.09.2021 die DV für den 30.09.2021, 15.15 Uhr, einberufen.

Diese Einberufung (03.09.2021) erfolgte innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen des Verlangens auf die Abhaltung der DV, enthielt einen Termin für die DV innerhalb angemessener Frist (30.09.2021) und wurde auch den Vorgaben des § 24 Abs. 1 PVGO zur entsprechenden Bekanntmachung an die Bediensteten gerecht, doch war dieses Vorgehen des stellvertretenden DA-Vorsitzenden nicht durch einen Beschluss des DA gedeckt, weshalb dieser Termin vom stellvertretenden DA-Vorsitzenden wieder abgesagt wurde.

In der DA-Sitzung vom 15.09.2021 beschloss der DA zu TOP 6 der Tagesordnung dieser Sitzung seinen Rücktritt sowie zu TOP 7 seinen Rücktritt und das Absehen von der Einberufung einer DV, weil eine solche mit dem Ziel, den DA seiner Funktion zu entheben, durch den Rücktrittsbeschluss des DA hinfällig geworden sei.

Nach PVG obliegt es jedoch nicht dem DA, darüber zu entscheiden, ob eine DV abzuhalten ist, auch wenn er sie für hinfällig erachtet, sondern der DA hat, wenn es von mehr als einem Drittel der Bediensteten verlangt wird, die DV jedenfalls fristgerecht einzuberufen. Ein willkürliches Hinausschieben der verlangten DV lässt das PVG nicht zu (Schragel, PVG, § 6, Rz 5).

Das PVG stellt es im Fall von Anträgen iSd § 6 Abs. 2 PVG vielmehr ausschließlich den beantragenden DA-Mitgliedern oder den antragstellenden Bediensteten der Dienststelle – und nicht etwa der Beschlussfassung durch den DA - anheim, ob eine DV ex lege binnen zwei Wochen einberufen werden muss.

Im vorliegenden Fall hat der DA trotz des Verlangens von mehr als einem Drittel der Bediensteten die DV entgegen den Vorgaben des § 6 Abs. 2 PVG in Verbindung mit § 24 Abs. 1 PVGO seit 26. August 2021 nicht einberufen und dadurch seine Geschäftsführung mit Gesetzwidrigkeit belastet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 18. Oktober 2021

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2021:A30.PVAB.21

Zuletzt aktualisiert am

17.02.2022
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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