TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/18 96/03/0131

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Veröffentlicht am 18.09.1996
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Index

50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

BZGüV 1994 §2 Abs1;
BZGüV 1994 §2 Abs2 Z2;
GütbefG 1995 §5 Abs1 Z2;
GütbefG 1995 §5 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. März 1996, Zl. UVS-04/G/33/00663/95, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für den Güterfernverkehr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin "gemäß § 5 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes und § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 und § 1 Abs. 3 des Güterbeförderungsgesetzes" die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im Fernverkehr (Güterfernverkehr) mit drei Kraftfahrzeugen mit dem Standort in Wien, G-Gasse, entzogen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich die Beschwerdeführerin in der mündlichen Berufungsverhandlung dahingehend geäußert habe,

"daß sie weder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes noch eine Bestätigung des Sozialversicherungsträgers über das Nichtvorliegen von Beitragsrückständen vorlegen könne. Weiters führte sie aus, daß ihrer Schätzung nach die Beitragsrückstände bei der Wiener Gebietskrankenkasse noch etwa S 45.000,-- (davon Altrückstände ca. S 22.000,--, für die es die Vereinbarung gebe) betrügen; sie zahle derzeit der Vereinbarung gemäß monatlich S 7.000,-- an Raten. Beim Finanzamt betrügen die Rückstände etwa S 250.000,--. Auch mit dem Finanzamt gebe es eine Vereinbarung, nach der sie wenigstens die Mehrwertsteuer und zusätzlich mindestens S 15.000,-- monatlich an Rückständen begleichen müsse. Weiters führte die Berufungswerberin aus, daß sie durch Leistungen an die Magistratsabteilung 48 Entgelte in der Höhe von etwa S 383.000,-- incl. Mwst. für den Zeitraum November 1995 bis März 1996 zu bekommen habe; davon sei noch ein Betrag von insgesamt S 99.523,-- offen. Sie müsse aber dazu sagen, daß eventuell noch Änderungen in diesen Beträgen möglich seien (max. S 1.000,--). Von diesen Einnahmen sei aber beispielsweise ein Betrag von etwa S 90.000,-- für Reparaturen für gewerblich genutzte LKW aufgegangen. Sie beschäftige derzeit zwei Chauffeure, für die sie monatlich insgesamt S 25.344,-- netto an Löhnen zu bezahlen habe. Die Bruttoaufwendung für die beiden Chauffeure könne sie nicht angeben. Ihre finanziellen Schwierigkeiten würden noch dadurch verstärkt, daß sie für den Unfall - den sie in der Berufung erwähnt habe - von der Versicherung keine Leistung bekomme, weil das Landesgericht mit Urteil vom 19.2.1996 ihr diesbezügliches Klagebegehren auf Ersatz von S 106.962,-- abgewiesen habe. Dieses Urteil werde von ihr aber bekämpft."

Aus diesen Äußerungen gehe hervor, daß die für eine weitere Gewerbeausübung erforderliche finanzielle Leistungsfähigkeit nicht vorliege, zumal die Beschwerdeführerin mit ihren Angaben untermauert habe, daß erhebliche Rückstände an Steuern und an Beiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 BZGü-VO bestünden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde erwogen:

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht eindeutig hervor, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung nicht auf die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführte Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994, sondern nur auf § 5 Abs. 1 (Z. 2) des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995, (iVm § 5 Abs. 3 GütbefG und § 2 Abs. 2 Z. 2 der Berufszugangs-Verordnung Güterkraftverkehr - BZGü-VO, BGBl. Nr. 221/1994) gestützt hat.

Gemäß § 5 Abs. 1 GütbefG darf die Konzession nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes

1. die Zuverlässigkeit, 2. die finanzielle Leistungsfähigkeit und 3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession unbeschadet der §§ 87 bis 91 GewO 1994 von der zur Erteilung der Konzession zuständigen Behörde zu entziehen.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist nach § 5 Abs. 3 GütbefG gegeben, wenn die zur ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens erforderlichen finanziellen Mittel verfügbar sind. Die zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit für die ordnungsgemäße Inbetriebnahme und Führung des Unternehmens heranzuziehenden Geschäftsdaten, aus denen die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ersichtlich ist, und die erforderlichen finanziellen Mittel sind durch Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst) festzulegen.

§ 2 Abs. 1 BZGü-VO sieht vor, daß die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit anhand einer Vermögensübersicht und der Jahresabschlüsse der dem Antrag vorausgehenden letzten drei Jahre zu erfolgen hat; können solche nicht vorgelegt werden, anhand einer Vermögensübersicht und gegebenenfalls einer Eröffnungsbilanz. Dabei sind insbesondere folgende Posten zu berücksichtigen:

1. verfügbare Finanzmittel einschließlich Bankguthaben, Überziehungskredite und Darlehen,

2. als Sicherheit verfügbare Guthaben und Vermögensgegenstände,

3.

Betriebskapital,

4.

Kosten einschließlich der Erwerbskosten oder Anzahlungen für Fahrzeuge, Grundstücke und Gebäude, Anlagen und Ausrüstungen sowie

              5.              Belastungen des Betriebsvermögens insbesondere mit Pfandrechten, Pfandrechten auf Liegenschaften oder Eigentumsvorbehalte.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit gilt gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 BZGü-VO dann als nicht gegeben, wenn erhebliche Rückstände an Steuern oder an Beiträgen zur Sozialversicherung bestehen, die aus unternehmerischer Tätigkeit geschuldet werden.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund reichen die in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Äußerungen der Beschwerdeführerin nicht aus, um ihre finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilen zu können. Dies deshalb, weil Rückstände an Steuern oder an Beiträgen zur Sozialversicherung nur in Zusammenschau mit den in § 2 Abs. 1 BZGü-VO genannten Posten als "erheblich" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. qualifiziert werden können, etwa weil im Hinblick auf diese Geschäftsdaten die Einbringlichkeit der Rückstände oder die Befriedigung von Forderungen allfälliger anderer Unternehmensgläubiger gefährdet wäre.

Feststellungen über die im § 2 Abs. 1 BZGü-VO genannten Posten hat die belangte Behörde aber, offenbar ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht, daß Rückstände an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen im Gesamtausmaß von rund S 295.000,-- für sich allein schon als erheblich im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. anzusehen seien, nicht getroffen.

Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet und war, ohne daß auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde eingegangen werden muß, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030131.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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