TE Vfgh Erkenntnis 2021/11/29 E3639/2021

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Veröffentlicht am 29.11.2021
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Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gerichtsakt
StGG Art2
EpidemieG 1950 §20, §26, §32, §43
COVID-19-MaßnahmenG §1, §2, §4
SeibahnG 2003 §2, §5, §6
COVID-19-BetriebsschließungsV BGBl II 74/2020
COVID-19-Seilbahn- und Beherbergungsbetriebs-SchließungsV der Bezirkshauptmannschaft St Johann im Pongau vom 13.03.2020
COVID-19-Seilbahn- und Beherbergungsbetriebs-SchließungsbeendigungsV der Bezirkshauptmannschaft St Johann im Pongau vom 28.03.2020
BeförderungsV von Personen mit übertragbaren Krankheiten, BGBl 199/1957 idF BGBl II 74/2020 §1, §8
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 98/2020 §2, §3
COVID-19-MaßnahmenV BGBl II 98/2020 idF BGBl II 107/2020 §2, §3
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung eines Antrags auf finanzielle Vergütung einer Gesellschaft nach dem EpidemieG 1950 für deren Verdienstentgang durch die Schließung von Seilbahn- und Beherbergungsbetrieben auf Grund der Verordnung einer Salzburger Bezirkshauptmannschaft; Verdienstentgänge durch Betriebsschließungen für öffentliche Verkehrsanstalten sind einem Vergütungsanspruch nach dem EpidemieG 1950 zugänglich

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft mit Sitz in Wagrain betreibt in den Gemeinden Flachau, Wagrain, St. Johann im Pongau, Altenmarkt, Eben im Pongau und Bischofshofen zwei Pendelbahnen, fünf Kabinenbahnen, 13 Sesselbahnen und 12 Schlepplifte. Sie stellte am 27. April 2020 bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau einen Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß §32 Abs1 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) für den Zeitraum zwischen 16. bzw 17. März 2020 und 13. April 2020, welcher ihr auf Grund der durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 13. März 2020, Z 30405-508/3618/137-2020, verfügten Schließung von Seilbahnbetrieben gemäß §26 EpiG entstanden sei.

2. Mit Bescheid vom 11. März 2021 wies die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau diesen Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft ab,

"soweit sich dieser auf die

1. Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann/Pg. betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 vom 13.03.2020, Zahl 30405-508/3618/137-2020 stützt,

2. auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 104/2020, erlassene Verordnung des Landeshauptmannes betreffend Betretungsverbot bestimmter Einrichtungen vom 27.03.2020, LGBl Nr 25/2020 stützt

3. auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020 erlassenen Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl II Nr 96/2020 und den Folgeverordnungen stützt,

4. auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr 12/2020, erlassenen Verordnungen der Bezirkshauptmannschaft St. Johann/Pg.

• betreffend Verkehrsbeschränkungen für die Gemeinden Großarl, Hüttschlag, Dorfgastein, Bad Hofgastein, Bad Gastein und Flachau zum Schutz vor der Weiterverbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 18.03.2020,

• betreffend Verkehrsbeschränkungen für die Gemeinde Flachau zum Schutz vor der Weiterverbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 31.03.2020,

• betreffend Verkehrsbeschränkungen für die Gemeinden Großarl, Hüttschlag, Dorfgastein, Bad Hofgastein, Bad Gastein und Altenmarkt im Pongau zum Schutz vor der Weiterverbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 31.03.2020, sowie

• betreffend Verkehrsbeschränkungen für die Gemeinde Altenmarkt/Pg. zum Schutz vor der Weiterverbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 13.04.2020, stützt".

Begründet wird diese abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die auf §26 EpiG gestützte Schließung von Seilbahnbetrieben keinen Entschädigungstatbestand des §32 Abs1 EpiG erfülle, weshalb der Vergütungsanspruch schon dem Grunde nach nicht bestehe.

3. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, die sich der Sache nach nur noch auf §26 iVm §32 EpiG gestützt hat, als unbegründet ab. Es begründet seine Entscheidung zusammengefasst wie folgt:

3.1. §32 EpiG sehe einen Rechtsanspruch auf Vergütung von Vermögensnachteilen nur in den in Abs1 dieser Bestimmung taxativ aufgezählten Fällen vor. Ein Anspruch auf Vergütung eines Vermögensnachteiles gemäß §32 Abs1 Z5 EpiG bestehe somit nur dann, wenn eine Betriebsschließung gemäß §20 EpiG erfolgt sei, also die beschränkende Maßnahme auf §20 EpiG gestützt war. Es sei aber keine konkret auf §20 EpiG gestützte Betriebsschließung verfügt worden. Vielmehr sei die Schließung von Seilbahnen ausdrücklich auf §26 EpiG gestützt worden. Eine auf §26 EpiG gestützte Verordnung sei in der taxativen Aufzählung des §32 Abs1 leg cit nicht enthalten.

Ob §26 EpiG unmittelbar zur Schließung eines Seilbahnbetriebes ermächtige oder lediglich die Ermächtigung zur Erlassung einer Durchführungsverordnung bilde, könne dahinstehen. Auch wenn die in Rede stehende Verordnung mangels einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage gesetz- bzw verfassungswidrig wäre, wäre für die beschwerdeführende Gesellschaft nichts gewonnen, zumal die Aufhebung der Verordnung keinen Anspruch auf Vergütung nach §32 Abs1 Z5 EpiG bewirken würde.

Das EpiG unterscheide ausdrücklich zwischen Maßnahmen zur Schließung von "bestimmten Gewerben" (§20 leg cit) und Maßnahmen für den Betrieb öffentlicher Verkehrsanstalten (§26 leg cit). Der Seilbahnbetrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft, welcher Pendel-, Kabinen- und Sesselbahnen umfasse, sei eine öffentliche Verkehrsanstalt und kein Gewerbe. Die in Rede stehende, Seilbahnen betreffende Verordnung könne daher auch nicht auf §20 EpiG gestützt werden.

3.2. In Bezug auf die von der beschwerdeführenden Gesellschaft betriebenen Schlepplifte sei davon auszugehen, dass diese gemäß §6 Abs1 SeilbG 2003 nicht öffentliche Seilbahnen seien, daher nicht zu den öffentlichen Verkehrsanstalten gemäß §26 EpiG zählten und folglich als gewerbliche Dienstleistungsbetriebe zu qualifizieren seien (kompetenzrechtlich unterfielen Schlepplifte Art10 Abs1 Z8 B-VG). Dennoch sei die Schließung der Schlepplifte nicht gem. §20 EpiG erfolgt:

"§1 COVID-MV-96 untersagte ab 16.03.2020 das Betreten des Kundenbereiches von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen und verfügte auf der Grundlage des §1 COVID-19-MG die faktische Schließung der betreffenden Betriebe. Davon ausgenommen waren gemäß §2 Abs2 Z17 COVID-19-MV-96 der öffentliche Verkehr und damit öffentliche Verkehrsanstalten gemäß §26 EpiG, also auch öffentliche Seilbahnanlagen gemäß §5 SeilbG. Somit hätten die Kabinenbahnen und Sesselbahnen der Beschwerdeführerin – im Gegensatz zu den Schleppliften – bis zu einer allfälligen Schließung gemäß §26 EpiG weiterbetrieben werden dürfen. Schlepplifte konnten aber nicht gemäß §20 Abs1 und 4 EpiG durch Verordnung der Behörde geschlossen werden, da die Schließungsbestimmungen gemäß §4 Abs2 COVID-19-MG im Bereich einer solchen Verordnung nicht zur Anwendung gelangten.

Im Hinblick auf einen allfälligen Vergütungsanspruch gemäß §32 Abs1 Z5 EpiG bedeutet diese Rechtslage, dass Schlepplifte ausschließlich gemäß §1 COVID-19-MV-96 geschlossen waren und auf sie eine allfällige Betriebsschließung nach §20 EpiG (sollte die vorliegende Betriebsschließung in diesem Sinn umgedeutet werden) nicht anwendbar war und auch keinen Vergütungsanspruch nach §32 Abs1 Z5 EpiG begründen konnte."

3.2. Schließlich könne ein Vergütungsanspruch auch nicht aus der – auf §2 COVID-19-Maßnahmengesetz gestützten – Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 27. März 2020 betreffend Betretungsverbot bestimmter Einrichtungen, LGBl 25/2020, abgeleitet werden.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Begründend führt die beschwerdeführende Gesellschaft der Sache nach aus, §26 EpiG stelle keine eigenständige Grundlage zur Schließung von Betrieben dar, sondern verweise auf andere im EpiG bezeichnete Vorkehrungen. Eine Betriebsschließung von Seilbahnen könne daher lediglich auf Grundlage von §20 iVm §26 EpiG erfolgen. Dies erkläre auch, warum §26 EpiG in §32 leg cit nicht genannt sei: §26 EpiG verweise nämlich teilweise auf entschädigungspflichtige, teilweise auf nicht entschädigungspflichtige Maßnahmen. Wäre §26 EpiG undifferenziert in §32 leg cit angeführt, hätte dies zur Konsequenz, dass jede auf §26 leg cit gestützte Maßnahme (etwa auch eine an sich entschädigungsfreie Anordnung von Desinfektionsmaßnahmen durch Mitarbeiter) automatisch eine Entschädigungspflicht auslösen würde. Die Frage der Entschädigungspflicht hänge richtigerweise davon ab, auf welche Maßnahmen nach §26 EpiG zurückgegriffen werde. Dies sei im vorliegenden Fall §20 leg cit, weshalb Entschädigungspflicht bestehe. Das Landesverwaltungsgericht habe dies willkürlich verkannt.

Weiters sei das private Seilbahnunternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft keine öffentliche Verkehrsanstalt iSd §26 EpiG. Öffentliche Verkehrsanstalten seien lediglich staatliche Verkehrsanstalten. Verfassungskonform ("sachlich differenziert") lasse sich die Schließungsverordnung für private Seilbahnen daher lediglich auf §20 EpiG stützen, weshalb Entschädigung zustehe bzw willkürlich vorenthalten worden sei.

Schließlich habe der Landeshauptmann von Salzburg am 27. März 2020 mit der Verordnung LGBl 25/2020 ein Betretungsverbot für Seilbahnanlagen, gestützt auf das COVID-19-Maßnahmengesetz erlassen, und zwar ausschließlich zu dem Zweck, die Entschädigungsansprüche, welche aufgrund der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 13. März 2020 entstanden seien, "auszuhebeln". Gleichzeitig habe die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau mit Verordnung vom 28. März 2020 ihre Verordnung vom 13. März 2020 aufgehoben. Darin liege eine "rechtsmißbräuchliche Vorgangsweise", die ausschließlich den Zweck gehabt habe, "nachträglich zu versuchen, bereits entstandene Entschädigungsansprüche zu verhindern". Darin liege Willkür.

5. Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat die Gerichtsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der ergänzend darauf hingewiesen wird, dass die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau – gedeutet als Verordnung nach §20 EpiG – von einem unzuständigen Organ erlassen worden sei, weil der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz mit Art1 der Verordnung BGBl II 74/2020 lediglich die Schließung von "gewerblichen Unternehmen" ermögliche und im Übrigen in Art2 dieser Verordnung selbst die Zuständigkeit nach §26 EpiG in Anspruch genommen und weder eine Schließung von Verkehrsanstalten verfügt noch die Bezirksverwaltungsbehörden hiezu ermächtigt habe.

II. Rechtslage

1. §20, §26, §32 und §43 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, idF BGBl 702/1974 (§32) und BGBl I 63/2016 (§43) lauteten wie folgt:

"Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen.

§20. (1) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, bakterieller Lebensmittelvergiftung, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest oder Milzbrand kann die Schließung von Betriebsstätten, in denen bestimmte Gewerbe ausgeübt werden, deren Betrieb eine besondere Gefahr für die Ausbreitung dieser Krankheit mit sich bringt, für bestimmt zu bezeichnende Gebiete angeordnet werden, wenn und insoweit nach den im Betriebe bestehenden Verhältnissen die Aufrechterhaltung desselben eine dringende und schwere Gefährdung der Betriebsangestellten selbst sowie der Öffentlichkeit überhaupt durch die Weiterverbreitung der Krankheit begründen würde.

(2) Beim Auftreten einer der im ersten Absatz angeführten Krankheiten kann unter den sonstigen dort bezeichneten Bedingungen der Betrieb einzelner gewerbsmäßig betriebener Unternehmungen mit fester Betriebsstätte beschränkt oder die Schließung der Betriebsstätte verfügt sowie auch einzelnen Personen, die mit Kranken in Berührung kommen, das Betreten der Betriebsstätten untersagt werden.

(3) Die Schließung einer Betriebsstätte ist jedoch erst dann zu verfügen, wenn ganz außerordentliche Gefahren sie nötig erscheinen lassen.

(4) Inwieweit die in den Abs1 bis 3 bezeichneten Vorkehrungen auch beim Auftreten einer anderen anzeigepflichtigen Krankheit getroffen werden können, wird durch Verordnung bestimmt."

"Vorschriften in Bezug auf Verkehrsanstalten im Inlande.

§26. (1) Für den Betrieb öffentlicher Verkehrsanstalten (Eisenbahnen, Binnenschiffahrtsunternehmungen, Flöße usw) und für den Verkehr auf denselben wird durch Verordnung bestimmt, in welcher Weise und durch welche Organe die in diesem Gesetze bezeichneten Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten in Anwendung zu bringen sind.

(2) In gleicher Weise werden die erforderlichen Anordnungen über die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes auf Schiffen und Hafenbauten und sonstigen im Bereiche der Seebehörden gelegenen Objekten durch Verordnung erlassen."

"Vergütung für den Verdienstentgang.

§32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

1. sie gemäß §§7 oder 17 abgesondert worden sind, oder

2. ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß §11 untersagt worden ist, oder

3. ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß §17 untersagt worden ist, oder

4. sie in einem gemäß §20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder

5. sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß §20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder

6. sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß §22 angeordnet worden ist, oder

7. sie in einer Ortschaft wohnen oder berufstätig sind, über welche Verkehrsbeschränkungen gemäß §24 verhängt worden sind,

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl Nr 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß §21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl Nr 414, ist vom Bund zu ersetzen.

(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen."

"V. HAUPTSTÜCK.

Allgemeine Bestimmungen.

Behördliche Kompetenzen.

§43. (1) Die Bestimmungen des Gesetzes vom 30. April 1870, RGBl. Nr 68, betreffend die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes, bleiben durch die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes unberührt.

(3) Beim Auftreten von Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus, Paratyphus, Flecktyphus, Blattern, Asiatischer Cholera, Pest, Ägyptischer Augenentzündung, Wutkrankheit, Bißverletzungen durch wutkranke oder wutverdächtige Tiere sowie in sonstigen Fällen dringender Gefahr sind die im §5 Abs1 bezeichneten Erhebungen und die in den §§7 bis 14 bezeichneten Vorkehrungen auch sofort an Ort und Stelle von den zuständigen, im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden Ärzten zu treffen.

(4) Die Einleitung, Durchführung und Sicherstellung sämtlicher in diesem Gesetze vorgeschriebener Erhebungen und Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten beziehungsweise die Überwachung und Förderung der in erster Linie von den zuständigen Sanitätsorganen getroffenen Vorkehrungen sind Aufgabe der Bezirksverwaltungsbehörde.

(5) Dem Landeshauptmann obliegt im Rahmen seines örtlichen Wirkungsbereichs die Koordinierung und Kontrolle der Maßnahmen der Bezirksverwaltungsbehörden gemäß Abs4. Besteht der Verdacht oder die Kenntnis über einen bundesländerübergreifenden Ausbruch einer Erkrankung gemäß §1 Abs1 und 2, so haben die Landeshauptmänner der betroffenen Bundesländer zusammenzuarbeiten und ihre Tätigkeiten zu koordinieren.

(6) Das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend ist im Fall von Krankheitsausbrüchen vom Landeshauptmann unverzüglich zu verständigen."

2.1. §6 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, lautete (zunächst) wie folgt:

"Einleitung von Vorkehrungen bei Auftreten anzeigepflichtiger Krankheiten.

§6. (1) Über jeden Fall einer anzeigepflichtigen Krankheit sowie über jeden Verdachtsfall einer solchen Krankheit sind, neben den nach §5 etwa erforderlichen Erhebungen, ohne Verzug die zur Verhütung der Weiterverbreitung der betreffenden Krankheit notwendigen Vorkehrungen im Sinne der folgenden Bestimmungen für die Dauer der Ansteckungsgefahr zu treffen.

(2) Zur allgemeinen Kenntnis bestimmte Anordnungen sind in jeder Gemeinde des betroffenen Gebietes in ortsüblicher Weise und nach Erfordernis in den zu amtlichen Kundmachungen bestimmten Zeitungen zu verlautbaren. In der gleichen Weise ist auch die Aufhebung solcher Anordnungen ohne Verzug kundzumachen."

2.2. §6 Abs2 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, idF des 3. COVID-19-Gesetzes, BGBl I 23/2020, ausgegeben am 4. April 2020, lautete (rückwirkend) vom 1. Februar 2020 bis zum 14. Mai 2020 wie folgt:

"Einleitung von Vorkehrungen bei Auftreten anzeigepflichtiger Krankheiten.

§6. (1) …

(2) Verordnungen der Bezirksverwaltungsbehörden sind in elektronischer Form auf der Internetseite der Behörde kundzumachen; sie können ohne Auswirkung auf die Kundmachung auch in anderer Form veröffentlicht werden, insbesondere durch Anschlag an der Amtstafel der Behörde oder an der Amtstafel der Gemeinden des betroffenen Gebiets."

§50 Abs7 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, idF des 3. COVID-19-Gesetzes, BGBl I 23/2020, ausgegeben am 4. April 2020, ordnete an:

"Wirksamkeit des Gesetzes

§50 (1 - 6) […]

(7) §6 Abs2 tritt mit 1. Februar 2020 in Kraft.

(8) […]"

2.3. §6 Abs2 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, idF des 16. COVID-19-Gesetzes, BGBl I 43/2020, ausgegeben am 14. Mai 2020, lautet seit 15. Mai 2020 wie folgt:

"Einleitung von Vorkehrungen bei Auftreten anzeigepflichtiger Krankheiten.

§6. (1) …

(2) Verordnungen der Bezirksverwaltungsbehörden sind in elektronischer Form auf der Internetseite der Behörde, sofern aber landesgesetzliche Vorschriften betreffend die Kundmachung von Verordnungen der Behörde bestehen, nach diesen Vorschriften kundzumachen; sie können ohne Auswirkung auf die Kundmachung auch in anderer Form bekannt gemacht werden, insbesondere durch Anschlag an der Amtstafel der Behörde oder an der Amtstafel der Gemeinden des betroffenen Gebiets."

§50 Abs7 und 9 Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl 186/1950, idF des 16. COVID-19-Gesetzes, BGBl I 43/2020, ausgegeben am 14. Mai 2020, lautet:

"Wirksamkeit des Gesetzes

§50 (1-6) […]

(7) §6 Abs2 in der Fassung des 3. COVID-19-Gesetzes, BGBl I Nr 23/2020, tritt mit 1. Februar 2020 in Kraft, jedoch ohne Auswirkung auf Verordnungen, die entsprechend seiner früheren Fassung bis zum Ablauf des 4. April 2020 kundgemacht wurden.

(8) […]

(9) §6 Abs2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 43/2020 tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung des genannten Bundesgesetzes in Kraft. Verordnungen, die vor dem 5. April entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes kundgemacht wurden, gelten als den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechend kundgemacht, wenn durch die Kundmachung ein zumindest den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechendes Maß an Publizität erreicht wurde. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Verordnung in einem Gesetzblatt oder in einem Amtsblatt eines Landes kundgemacht wurde.

(10-11) […]"

3. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 ("2019 neuartiges Coronavirus"), BGBl II 74/2020, lautet wie folgt:

"Auf Grund des §20 Abs4 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl Nr 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 37/2018, und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2020, BGBl I Nr 8/2020, wird verordnet:

Die in §20 Abs1 bis 3 des Epidemiegesetzes 1950, in der jeweils geltenden Fassung, bezeichneten Vorkehrungen können auch bei Auftreten einer Infektion mit SARS-CoV-2 ('2019 neuartiges Coronavirus') getroffen werden."

4. Die §§1 und 8 der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 26. Juni 1957 über die Beförderung von Personen, die mit übertragbaren Krankheiten behaftet oder solcher Krankheiten verdächtig sind, BGBl 199/1957, idF BGBl II 74/2020 lauten:

"Auf Grund der §§25 und 26 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl Nr 186/1950, wird im Einvernehmen mit den Bundesministerien für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft sowie für Handel und Wiederaufbau verordnet:

A. Beförderung mit der Eisenbahn.

Beförderung von kranken Personen.

§1. Personen, die an Cholera, COVID-19, Pest oder Pocken (Blattern) erkrankt, sowie Personen, die einer dieser Krankheiten verdächtig sind, sind von der Beförderung mit der Eisenbahn ausgeschlossen."

"Beförderung auf Seilbahnen.

§8. (1) Die Beförderung von Personen, die mit einer der in den §§1 und 2 genannten Krankheiten behaftet oder einer solchen Krankheit verdächtig sind, auf Seilbahnen ist nur unter der Voraussetzung gestattet, daß für den Transport einer solchen Person eine andere zumutbare Beförderungsmöglichkeit nicht zur Verfügung steht. In diesem Falle ist für die erkrankte Person eine eigene Kabine (Gondel) bereitzustellen. Der für den Betrieb der Seilbahn verantwortliche aufsichtsführende Bedienstete hat unverzüglich den Amtsarzt der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen, damit der weitere Abtransport des Kranken oder Krankheitsverdächtigen sichergestellt werden kann.

(2) Die Kabine (Gondel) darf bei Auftreten eines Falles im Sinne des Abs1 für die Benützung durch andere Personen erst dann freigegeben werden, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde die chemische Desinfektion oder die Entwesung vorgenommen hat. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist verpflichtet, diese Maßnahmen in kürzester Frist nach dem Abtransport des Erkrankten durchzuführen."

5. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 13. März 2020, Z 30405-508/3618/137-2020, betreffend Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Eindämmung der Ausbreitung von SARS-CoV-2, kundgemacht ua durch Anschlag an den jeweiligen Amtstafeln der Gemeinden Altenmarkt, Bischofshofen, Eben, Flachau und St. Johann im Pongau am 16. März 2020, in der Gemeinde Wagrain am 13. März 2020 bis (in allen genannten Gemeinden) zum 30. März 2020 sowie auf der Internetseite der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 13. März 2020 bis zum 1. Mai 2020, lautete:

"Verordnung

der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau als Bezirksverwaltungsbehörde betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2

Gemäß §26 sowie 20 Abs1 und 4 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 ('2019 neuartiges Coronavirus'), BGBl II Nr 74/2020, wird verordnet:

§1 (1) Der Betrieb von Seilbahnen (§2 Abs1 Seilbahngesetz 2003) ist gemäß §26 Epidemiegesetz 1950 eingestellt.

(2) Das Betriebsverbot nach Abs1 gilt nicht für Einzelfahrten in Notfällen oder im Fall einer im öffentlichen Interesse erforderlichen Anordnung der Bezirksverwaltungsbehörde.

§2 (1) Beherbergungsbetriebe (§111 Abs1 Z1 GewO 1994) sind gemäß §20 Abs1 und 4 und der Verordnung BGBl II Nr 74/2020 zu schließen.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann Ausnahmen vom Gebot nach Abs1 gewähren, soweit sich die Schließung einzelner Betriebe als unverhältnismäßige Maßnahme erweist.

§3 (1) §1 tritt mit der Kundmachung der Verordnung in jeder Gemeinde des Bezirks (§6 Abs2 Epidemiegesetz 1950 in Verbindung mit §53 Abs2 GdO 2019) frühestens jedoch am 15.03.2020, 17:00 Uhr, in Kraft.

(2) §2 tritt mit der Kundmachung gemäß Abs1, frühestens jedoch am 16.03.2020,

20:00 Uhr in Kraft.

(3) Diese Verordnung tritt mit Ablauf 13. April 2020, außer Kraft."

6. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 28. März 2020, Z 30405-508/3618/310-2020, kundgemacht ua durch Anschlag an den Amtstafeln der Gemeinden Altenmarkt, Bischofshofen, Eben im Pongau, Flachau, St. Johann im Pongau und Wagrain jeweils am 30. März bis zum 8. April 2020 (Gemeinde St. Johann im Pongau), bis zum 14. April 2020 (Gemeinden Altenmarkt und Flachau), bis zum 20. April 2020 (Gemeinde Wagrain) und bis zum 27. April 2020 (Gemeinde Eben im Pongau) sowie auf der Internetseite der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 28. März 2020 bis zum 24. April 2020, lautete:

"Verordnung

der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau als Bezirksverwaltungsbehörde betreffend die Aufhebung einer Verordnung zur Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2

Gemäß §26 sowie 20 Abs1 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Betriebsbeschränkung oder Schließung gewerblicher Unternehmungen bei Auftreten von Infektionen mit SARS-CoV-2 ('2019 neuartiges Coronavirus'), BGBl II Nr 74/2020, wird verordnet:

§1

Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann/Pg als Bezirksverwaltungsbehörde vom 13.03.2020 betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2, kundgemacht am 13.03.2020 durch Anschlag in den Gemeinden des Bezirks wird aufgehoben.

§2

Diese Verordnung tritt mit Wirkung für eine Gemeinde des Bezirks in Kraft, sobald sie in dieser Gemeinde kundgemacht wird (§6 Abs2 Epidemiegesetz 1950 und §53 Abs2 GdO 2019)."

7. §1, §2 und §4 des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz –COVID-19-MG), BGBl I 12/2020 (§§1 und 2) idF BGBl I 16/2020 (§4) lauteten wie folgt:

"Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren- und Dienstleistungen

§1. Beim Auftreten von COVID-19 kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind.

Betreten von bestimmten Orten

§2. Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Die Verordnung ist

1. vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,

2. vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Landesgebiet erstreckt, oder

3.von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.

Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken."

"Inkrafttreten

§4. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(2) Hat der Bundesminister gemäß §1 eine Verordnung erlassen, gelangen die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950, BGBl Nr 186/1950, betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung.

(3) Die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 bleiben unberührt.

(4) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können vor seinem Inkrafttreten erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten."

8.1. §1 und §2 Z17 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl II 96/2020 (im Folgenden auch: COVID-19-Maßnahmenverordnung-96), lauteten ab 16. März 2020 wie folgt:

"§1. Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben ist untersagt.

§2. §1 gilt nicht für folgende Bereiche:

[…]

17. Öffentlicher Verkehr

[…]"

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9. März 2021, V530/2020, festgestellt, dass die Wortfolge "sowie von Freizeit- und Sportbetrieben" und die Wortfolge "oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben" in §1 dieser Verordnung gesetzwidrig waren, und ausgesprochen, dass diese Wortfolgen nicht mehr anzuwenden sind (siehe die Kundmachung BGBl II 184/2021).

8.2. §2 und §3 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß §2 Z1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 98/2020 (im Folgenden auch: COVID-19-Maßnahmenverordnung-98), lauteten ab 16. März 2020 (bzw ab 20. März idF BGBl I 107/2020) wie folgt:

"§2. Ausgenommen vom Verbot gemäß §1 sind Betretungen,

1. die zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum erforderlich sind;

2. die zur Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen dienen;

3. die zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der Deckung des Bedarfs zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Diese Ausnahme schließt auch Begräbnisse im engsten Familienkreis mit ein;

4. die für berufliche Zwecke erforderlich sind und sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann, sofern nicht durch entsprechende Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann. Dabei dürfen Arbeitsstätten lediglich dann betreten werden, wenn die berufliche Tätigkeit nicht auch außerhalb der Arbeitsstätte durchgeführt werden kann;

5. wenn öffentliche Orte im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren betreten werden sollen, gegenüber anderen Personen ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

§3. Die Benützung von Massenbeförderungsmitteln ist nur für Betretungen gemäß §2 Z1 bis 4 zulässig, wobei bei der Benützung ein Abstand von mindestens einem Meter gegenüber anderen Personen einzuhalten ist."

§3 der COVID-19-Maßnahmenverordnung-98 erhielt mit BGBl II 107/2020 mit Wirkung vom 20. März 2020 die Paragraphenbezeichnung "§4". Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis VfSlg 20.398/2020 unter anderem festgestellt, dass §4 COVID-19-Maßnahmenverordnung-98, BGBl II 98/2020 idF BGBl II 107/2020, gesetzwidrig war, und ausgesprochen, dass diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist (siehe die Kundmachung BGBl II 351/2020).

9. Die §§2, 5 und 6 Seilbahngesetz 2003, BGBl I 103/2003, idF BGBl I 79/2018 (§§2 und 6) lauten:

"§2. (1) Seilbahnen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Eisenbahnen, deren Fahrzeuge durch Seile spurgebunden bewegt werden, sowie Schlepplifte.

(2) Diese werden unterteilt in

1. Seilbahnen, deren Fahrzeuge durch ein oder mehrere Seile auf einer Fahrbahn gezogen werden, die auf dem Boden aufliegt oder durch feste Bauwerke gestützt ist (Standseilbahnen);

2. Seilbahnen, deren Fahrzeuge von einem oder mehreren Seilen getragen und bewegt werden (Seilschwebebahnen).

Diese gliedern sich in

a) Seilschwebebahnen, deren Fahrzeuge ohne Wechsel der Fahrbahnseite zwischen den Stationen bewegt werden (Pendelbahnen);

b) Seilschwebebahnen, deren Fahrzeuge auf beiden Fahrbahnseiten umlaufend bewegt werden (Umlaufbahnen).

Das sind

aa) Umlaufbahnen mit Kabinen (Kabinenbahnen);

bb) Umlaufbahnen mit Kabinen und Sesseln (Kombibahnen);

cc) Umlaufbahnen, deren Sessel mit dem Seil betrieblich lösbar verbunden sind (Sesselbahnen);

dd) Umlaufbahnen, deren Sessel mit dem Seil betrieblich nicht lösbar verbunden sind (Sessellifte);

3. Schlepplifte, bei denen die Fahrgäste mit geeigneter Ausrüstung entlang einer vorbereiteten Fahrbahn gezogen werden;

4. Seilschwebebahnen, die wahlweise als Schlepplifte betrieben werden können (Kombilifte).

[…]

§5. Öffentliche Seilbahnen sind Seilbahnen mit Personenbeförderung, die nach Maßgabe der in der Konzession ausgewiesenen Zeiträume zur Führung eines allgemeinen Personenverkehrs verpflichtet sind.

§6. (1) Nicht öffentliche Seilbahnen sind Schlepplifte sowie Seilbahnen mit Personenbeförderung, die ein Unternehmen lediglich für eigene Zwecke betreibt (Seilbahnen mit Werksverkehr oder beschränkt öffentlichem Verkehr). Nicht öffentliche Seilbahnen unterliegen nicht der Konzessionspflicht gemäß §16 und der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen; es besteht keine Betriebspflicht.

(2) Der Werksverkehr umfasst die unentgeltliche Beförderung von Bediensteten des Seilbahnunternehmens sowie von Personen, die das Seilbahnunternehmen oder die durch dieses beauftragten Personen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Seilbahnunternehmens zu sich kommen lassen oder deren Beförderung aus öffentlichen Interessen geboten erscheint.

(3) Der beschränkt öffentliche Verkehr umfasst über den Werksverkehr hinausgehend die Beförderung auch anderer Personen ohne Betriebs- und Beförderungspflicht, sofern der Umfang dieser Beförderung in einer den allgemeinen Verkehr ausschließenden Weise abgegrenzt werden kann. Ein Entgelt für die Beförderung kann eingehoben werden."

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat. Ein willkürliches Verhalten kann dem Verwaltungsgericht unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn es den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

Ein solcher Fehler ist dem Landesverwaltungsgericht Salzburg unterlaufen:

3. §26 Abs1 EpiG sieht vor, dass für den "Betrieb öffentlicher Verkehrsanstalten (Eisenbahnen, Binnenschiffahrtsunternehmungen, Flöße usw) und für den Verkehr auf denselben […] durch Verordnung bestimmt [wird], in welcher Weise und durch welche Organe die in diesem Gesetze bezeichneten Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten in Anwendung zu bringen sind". Diese Bestimmung erfasst alle Verkehrsanstalten, die der Allgemeinheit zugänglich sind, unabhängig davon, ob sie von privater oder öffentlicher Hand betrieben werden.

4. Die Sonderregelung des §26 EpiG trägt zunächst der (auch historischen) Sonderstellung öffentlicher Verkehrsanstalten (wie Eisenbahnen) Rechnung, indem sie diese einerseits von "gewerblichen Unternehmen" (§20 EpiG) abhebt. Anderseits determiniert §26 EpiG die auf seiner Grundlage zu ergreifenden Maßnahmen nicht selbst, sondern verweist auf die an anderer Stelle des EpiG bereitgestellten Befugnisse (arg.: "in welcher Weise und durch welche Organe die in diesem Gesetze bezeichneten Vorkehrungen zur Verhütung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Krankheiten in Anwendung zu bringen sind") und ermächtigt damit in Verbindung mit §20 leg cit jedenfalls auch die Bezirksverwaltungsbehörden (§43 Abs4 EpiG) insbesondere zu Betriebsbeschränkungen und Betriebsschließungen.

5. Betriebsschließungen für öffentliche Verkehrsanstalten nach dem Epidemiegesetz 1950, mag sich die Behörde auch förmlich nur auf §26 leg cit berufen, sind damit Eingriffe iSv §20 iVm §26 EpiG und sohin einer Vergütung nach §32 Abs1 Z(4 und) 5 EpiG zugänglich. Die gegenteilige Auffassung, wonach bei Vergütungsansprüchen nach §32 EpiG zwischen Betriebsschließungen nach §20 und solchen nach §26 leg cit zu unterscheiden wäre, würde dem Gesetz zudem einen verfassungswidrigen, nämlich gleichheitswidrigen Inhalt unterstellen (VfGH 5.10.2021, E848/2021).

6. Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau hat mit §1 Abs1 ihrer auf §26 EpiG gestützten Verordnung vom 13. März 2020, Z 30405-508/3618/ 137-2020, betreffend Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Eindämmung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 die Einstellung des Betriebes von Seilbahnen mit Wirkung vom 16. März 2020 (vgl §3 Abs1 der Verordnung) verfügt (und diese Betriebsschließung mit weiterer Verordnung vom 28. März 2020, Z 30405-508/3618/310-2020, vorzeitig wieder aufgehoben). Damit hat sie – auch für Schlepplifte – eine Betriebsschließung iSv §20 iVm §26 EpiG angeordnet, ohne dass dem die am 16. März 2020 in Kraft getretene COVID-19-Maßnahmenverordnung-96 entgegengestanden wäre, die nämlich den "öffentlichen Verkehr" (§2 Abs1 Z17 leg cit) von ihrem Betretungsverbot (§1 leg cit) ausgenommen hat (vgl §4 Abs2 COVID-19-MG in der Stammfassung BGBl I 12/2020: "im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung").

7. Indem das Landesverwaltungsgericht Salzburg den Vergütungsanspruch der beschwerdeführenden Gesellschaft nach §32 EpiG für den Geltungszeitraum dieser Verordnung schon dem Grunde nach mit der Begründung verneint hat, dass auf §26 EpiG gestützte Betriebsschließungen schlechthin nicht vergütungsfähig seien, hat es dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt und die beschwerdeführende Gesellschaft im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B-VG) verletzt.

8. Im weiteren Verfahren wird das Landesverwaltungsgericht Salzburg insbesondere zu prüfen haben, welche Vermögensnachteile der beschwerdeführenden Gesellschaft auf die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 13. März2020, Z 30405-508/3618/137-2020, zurückzuführen sind.

IV. Ergebnis

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

COVID (Corona), Einkünfte, Entscheidungsbegründung, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E3639.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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