TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/19 96/07/0049

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Veröffentlicht am 19.09.1996
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Index

83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §1;
AWG 1990 §2 Abs5;
AWG 1990 §2 Abs7;
AWG 1990 §2;
AWG 1990 §3 Abs2;
AWG 1990 §32 Abs1;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1991 §1;
FestsetzungsV gefährliche Abfälle 1991 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des Ing. W in L, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. Jänner 1996, Zl. 3-30.40 110-95/1, betreffend Behandlungsauftrag nach § 32 AWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer unter Berufung auf die §§ 1 Abs. 3 Z. 8, 2 Abs. 1 Z. 2 und 32 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG) aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides die auf seinem Grundstück beim Haus K.-Straße 45 abgestellten Fahrzeugwracks, die eine schwere Beeinträchtigung des Ortsbildes K.-Straße darstellten, entweder in geschlossenen Gebäuden zu lagern (Garagierung) oder nachweislich ordnungsgemäß zu entsorgen.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß die belangte Behörde auf Grund eines von ihr eingeholten Gutachtens eines Amtssachverständigen für Ortsbildschutz von einer Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die vom Behandlungsauftrag erfaßten Fahrzeugwracks ausgeht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die vom angefochtenen Bescheid erfaßten Gegenstände (Fahrzeugwracks) stellten keine gefährlichen Abfälle dar und dürften daher nicht zum Gegenstand eines Behandlungsauftrages nach § 32 Abs. 1 AWG gemacht werden.

Die belangte Behörde hält dem in ihrer Gegenschrift entgegen, § 32 Abs. 1 AWG sei gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. sowohl auf gefährliche als auch auf nicht gefährliche Abfälle anzuwenden.

Nach § 3 Abs. 1 AWG gilt dieses Bundesgesetz für gefährliche Abfälle (§ 2 Abs. 5) und Altöle (§ 21).

Für nicht gefährliche Abfälle gilt dieses Bundesgesetz dem § 3 Abs. 2 zufolge nur hinsichtlich der §§ 1, 2, 4, 5, 7 bis 10, 11 Abs. 3, 14, 17 Abs. 2, 18 Abs. 3 und 4, 29, 32 bis 39.

Der Anordnung des § 3 Abs. 2 AWG entsprechend gilt § 32 Abs. 1 leg. cit. auch für nicht gefährliche Abfälle; dabei ist aber die Einschränkung zu beachten, die § 32 Abs. 1 AWG selbst für seine Anwendbarkeit auf nicht gefährliche Abfälle enthält.

§ 32 Abs. 1 AWG unterscheidet zwischen Problemstoffen und Altölen einerseits und "anderen Abfällen" andererseits. Der Begriff "andere Abfälle" umfaßt auch nicht gefährliche Abfälle. Für die zur Kategorie der "anderen Abfälle" gehörigen nicht gefährlichen Abfälle ermächtigt § 32 Abs. 1 AWG die Behörde nur insoweit zur Erteilung eines Behandlungsauftrages, als für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport im AWG vorgesehen sind. Dieser Verweis führt zurück zu § 3 Abs. 2 AWG und den dort auf nicht gefährliche Abfälle für anwendbar erklärten Bestimmungen des AWG.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf die §§ 1 Abs. 3 Z. 8 und 2 Abs. 1 Z. 2 AWG gestützt.

Nach § 1 Abs. 3 Z. 8 AWG ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist.

Die Bestimmungen des mit "Ziele und Grundsätze der Abfallwirtschaft" überschriebenen § 1 AWG sind, wie in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage

(1274 Blg. NR XVII. GP, 30 f) ausgeführt wird, für sich genommen nicht unmittelbar anwendbar, sondern dienen lediglich der Determinierung mehrerer Anordnungen und Festsetzungen nach dem AWG und sind bei mehreren verwaltungsbehördlichen Beurteilungen und Entscheidungen nach dem AWG zu berücksichtigen. § 1 AWG stellt daher keine "Bestimmung hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport" von nicht gefährlichen Abfällen im Sinne des § 32 Abs. 1 AWG dar. Gleiches gilt für § 2 AWG, der lediglich Begriffsbestimmungen enthält.

Feststellungen des Inhalts, daß es sich bei den vom Behandlungsauftrag erfaßten Gegenständen (Fahrzeugwracks) um gefährliche Abfälle handle - worunter nur Abfälle zu verstehen sind, die von der Verordnung BGBl. Nr. 49/1991 erfaßt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1996, Zl. 96/07/0013), wurden von der belangten Behörde nicht getroffen. Handelt es sich aber um nicht gefährliche Abfälle, dann war auf sie § 32 Abs. 1 AWG nicht anzuwenden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Für eine gesonderte Vergütung der Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand bietet das VwGG keine Handhabe. Das diesbezügliche Mehrbegehren war daher abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996070049.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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