TE Vwgh Beschluss 2021/12/20 Ra 2021/10/0172

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Veröffentlicht am 20.12.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §30 Abs2

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/10/0173
Ra 2021/10/0174

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge 1. des Mag. S, 2. der Mag. (FH) I und 3. des H, alle vertreten durch Mag. Michael Bodmann, MSc, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4/5B, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 9. Juni 2021, Zl. LVwG-AV-24/001-2021, betreffend Rodungsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Pölten; mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde T, vertreten durch Dr. Peter Gatternig und Mag. Karl Gatternig, LL.M., Rechtsanwälte in 1010 Wien, Renngasse 9), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird den Anträgen nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit dem im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis vom 9. Juni 2021 bewilligte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Marktgemeinde T. die dauernde Rodung auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG T. im Ausmaß von 2.920 m² zum Zweck des Ausbaus der Unterführung W. und der neuen Einbindung der E.-Straße entsprechend den Projektunterlagen unter Vorschreibung von Auflagen.

2        Mit der dagegen von den Revisionswerbern erhobenen Revision ist der Antrag verbunden, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

3        Die mitbeteiligte Partei sprach sich mit näherer Begründung gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus.

4        Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

5        Nach ständiger hg. Rechtsprechung hat der Antragsteller bereits in seinem Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil liege, wobei der Verwaltungsgerichtshof an die Konkretisierungspflicht strenge Anforderungen stellt. Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über den eintretenden Nachteil ab (vgl. etwa VwGH 30.8.2019, Ra 2019/10/0134 bis 0135; 2.7.2019, Ro 2019/10/0029). Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (VwGH 5.6.2020, Ra 2020/10/0035; 8.1.2019, Ra 2018/10/0194; 20.6.2018, Ra 2018/10/0092).

6        Zur Unverhältnismäßigkeit der sofortigen Rodung brachten die Revisionswerber lediglich vor, die Rodungsbewilligung führe dazu, dass der Hang, auf dem der Wald stehe, bis zu einer Tiefe von ungefähr 14 Metern abgegraben werde. Eine Wiederherstellung oder eine Wiederaufforstung sei nachher nicht mehr möglich. Die im Aufschiebungsantrag näher angeführten positiven Wirkungen von Wäldern kämen nicht nur der Allgemeinheit zu Gute, sondern kämen insbesondere auch bei den Grundstücken der Revisionswerber zum Tragen.

7        Dieses Vorbringen hält den Anforderungen an die Konkretisierungspflicht nicht stand. Es wird darin weder näher ausgeführt, aufgrund welcher besonderen Umstände fallbezogen eine Wiederaufforstung nicht möglich wäre, noch ist allein aus der Anführung allgemeiner, positiver Wirkungen von Wäldern eine konkrete, unverhältnismäßige Betroffenheit der Revisionswerber im Fall der Durchführung der bewilligten Rodung erkennbar.

8        Die Parteistellung im Rodungsverfahren gibt dem Eigentümer des Nachbarwaldes nur die rechtliche Möglichkeit, sein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz seines Waldes vor durch die Rodung hervorgerufenen nachteiligen Einwirkungen durchzusetzen. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf Hintanhaltung nachteiliger Einwirkungen, die von dem Projekt ausgehen, für das die Rodung bewilligt wurde, besteht im Rodungsverfahren nicht (vgl. VwGH 6.4.1987, 87/10/0039), weshalb im Zusammenhang mit der erwähnten Hangabgrabung von vornherein keine zu beachtenden Nachteile zulässigerweise geltend gemacht werden könnten.

9        Die Begründung des Aufschiebungsantrags lässt somit nicht erkennen, dass für die Revisionswerber mit der Ausübung der Rodungsbewilligung ein unverhältnismäßiger Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG verbunden wäre.

10       Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher schon mangels ausreichender Konkretisierung eines unverhältnismäßigen Nachteils nicht stattzugeben.

Wien, am 20. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100172.L00

Im RIS seit

15.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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