TE Vwgh Beschluss 2021/12/21 Ra 2021/02/0251

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Veröffentlicht am 21.12.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
37/01 Geldrecht Währungsrecht
37/02 Kreditwesen

Norm

BWG 1993 §70 Abs2 Z4
VwGG §30 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Finanzmarktaufsichtsbehörde in 1090 Wien, Otto-Wagner-Platz 5, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2021, Zl. W158 2240644-1/3E, betreffend Verweigerung der Akteneinsicht in einem Verfahren nach § 70 Abs. 2 BWG (mitbeteiligte Partei: C Versicherungsmakler- und beratungsgesellschaft mbH, vertreten durch Mag. Armin Windhager, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/9), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

1        Mit Mandatsbescheid der Antragstellerin vom 14. Juli 2020 wurde der C Bank gemäß § 70 Abs. 2 Z 4 Bankwesengesetz (BWG) mit sofortiger Wirkung zur Gänze die Fortführung des Geschäftsbetriebs untersagt und ein näher genannter Wirtschaftsprüfer zum Regierungskommissär für die C Bank bestellt. Die mitbeteiligte Partei hatte bei der C Bank ein Geschäftskonto.

2        Mit Bescheid der Antragstellerin vom 28. Jänner 2021 wurden die Anträge der mitbeteiligten Partei auf Bekanntgabe des Aktenzeichens und Akteneinsicht im Verfahren zur erfolgten Untersagung des Geschäftsbetriebs der Bank (Spruchpunkt I. a.), auf Bekanntgabe der eingesetzten Aufsichtsperson samt deren Kontaktdaten (Spruchpunkt I. b.) und auf Bekanntgabe der Aktenzeichen und Akteneinsicht in allfällige weitere Verfahren, welche den Verdacht der Malversationen um die Bank betreffen (Spruchpunkt I. c.) mangels Parteistellung der mitbeteiligten Partei zurückgewiesen und ihr weiterer Antrag auf Refundierung von der Höhe nach näher bestimmten Zahlungen, welche nach Untersagung des Geschäftsbetriebs der Bank auf dem Geschäftskonto der mitbeteiligten Partei eingelangt seien (Spruchpunkt II.), mangels Zuständigkeit und unter Verweis auf den Zivilrechtsweg zurückgewiesen.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen die Spruchpunkte I. a und I. b. statt und hob den Bescheid insoweit auf (Spruchpunkt A) I.), die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. c. und II. wies es als unbegründet ab (Spruchpunkt A) II.).

4        Gegen Spruchpunkt A) I. richtet sich die vorliegende Amtsrevision mit dem damit verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

5        Dazu führt die Antragstellerin unter näherer Darlegung aus, es würden keine zwingenden öffentlichen Interessen gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen. Die im Zuge der unmittelbaren Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses der mitbeteiligten Partei zu gewährende Akteneinsicht würde, sofern der Verwaltungsgerichtshof zu dem Schluss gelänge, dass die mitbeteiligte Partei keine Parteistellung und auch kein Recht auf Akteneinsicht hat, einen irreversiblen Bruch der Verschwiegenheitsverpflichtungen der FMA zur Folge haben und es würden auch die berechtigten Geheimhaltungsinteressen der C Bank bzw. deren Masse irreversibel beeinträchtigt werden. Verfahrensgegenstand sei gerade die Frage, ob der mitbeteiligten Partei Akteneinsicht zu gewähren sei oder eben nicht. Es würde daher ein unwiederbringlicher Schaden entstehen, wenn eine allfällige, das angefochtene Erkenntnis aufhebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Ergebnis wertlos wäre, wenn der mitbeteiligten Partei zwischenzeitig Akteneinsicht gewährt worden wäre.

6        Die Revision hat gemäß § 30 Abs. 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung. Nach § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist auch bei einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber“ gilt in diesem Fall eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interesse als Folge der Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses in die Wirklichkeit (vgl. VwGH 6.12.2021, Ra 2021/02/0231).

7        Mit ihrem Vorbringen zeigt die Amtsrevisionswerberin einen solchen unverhältnismäßigen Nachteil auf.

8        Die mitbeteiligte Partei hat in ihrer Stellungnahme zwingende öffentliche Interessen am sofortigen Vollzug nicht konkret dargelegt. Demgegenüber könnte der durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses drohende Nachteil - nämlich die Gewährung der Akteneinsicht und Bekanntgabe der gewünschten Daten - im Fall des Erfolgs der Revision nicht rückgängig gemacht werden (vgl. dazu VwGH 30.1.2020, Ra 2020/02/0001, mwN), weshalb die gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotene Interessenabwägung zugunsten der revisionswerbenden Partei ausfällt.

9        Dem Antrag der revisionswerbenden Behörde war daher stattzugeben.

Wien, am 21. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020251.L00

Im RIS seit

15.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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