TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/19 94/07/0052

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.1996
beobachten
merken

Index

L66102 Einforstung Wald- und Weideservituten Felddienstbarkeit
Kärnten;
L66202 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Kärnten;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
80/06 Bodenreform;

Norm

ABGB §472;
GSGG §2 Abs1 Z1;
GSLG Krnt 1969 §2 Abs1 Z1;
WWSGG §8;
WWSGG;
WWSLG Krnt 1920 §33;
WWSLG Krnt 1920 §37;
WWSLG Krnt 1920 §38;
WWSLG Krnt 1920 §39;
WWSLG Krnt 1920;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des F in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 14. Dezember 1992, Zl. Agrar 11-1103/3/92, betreffend Regelung der Ausübung einer Wegedienstbarkeit (mitbeteiligte Parteien: 1. JD und 2. SD, beide in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 29. Oktober 1990 gab die Agrarbezirksbehörde Klagenfurt (AB) einem Antrag der erstmitbeteiligten Partei vom 5. Februar 1989 insoweit statt, als sie auf Grundlage des Kärntner Landesgesetzes betreffend die Ablösung, Regelung und Neuregelung der Wald-, Weide- und Felddienstbarkeiten, LGBl. Nr. 41/1920 (im folgenden: ARLG), die Ausübung einer Dienstbarkeit zur Erreichung der im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gp. Nr. 1056/2, KG L., in einer Weise regelte, daß der Verlauf der Dienstbarkeitstrasse in Spruchpunkt 1 dieses Bescheides präzisiert wurde. Dieser Regelung zufolge verläuft die verfahrensgegenständliche Dienstbarkeit entsprechend einer dem Bescheid der AB als integrierenden Bestandteil beigehefteten Skizze, beginnend etwa 3,7 m südlich des nördlichen Grenzpunktes der Gp. Nr. 1058/1, KG L., an der Parzellengrenze Gp. Nr. 1056/2, KG L., zu Gp. Nr. 1058/1, KG L., und führt vorerst in südwestliche Richtung, macht in der Folge einen Bogen in südliche Richtung und führt über die Gp. Nr. 1058/1 und 1058/2, je KG L., bis zur Gp. Nr. 1059/1, KG L.

In Spruchpunkt 2 des Bescheides der AB wurde der Zeitraum für die Benutzung der dargestellten Dienstbarkeitstrasse mit Fahrzeugen und Geräten auf die Zeit vom 1. Dezember bis 1. März "eines jeden Jahres" eingeschränkt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, worin er den Standpunkt der AB bemängelte, daß die feuchten und nassen Bodenverhältnisse eine Beschränkung der Dienstbarkeit des Beschwerdeführers sowohl im Interesse des herrschenden als auch des dienenden Gutes notwendig machen würden. Diese Rechtsmeinung fuße auf einer aktenwidrigen Annahme, wiesen doch die Gp. Nr. 1058/1 und 1058/3, je KG L., keinerlei derartige Bodenverhältnisse auf. Vielmehr seien diese seit der im Jahre 1968 durchgeführten Entwässerung trocken. Darüber hinaus könne entgegen der von der AB vertretenen Rechtsauffassung der Dienstbarkeitsberechtigte die Interessen des herrschenden Gutes jederzeit selbst im eigenen Ermessen berücksichtigen. Zwar lege § 39 ARLG eine möglichst schonende Ausübung einer Dienstbarkeit fest. Das Recht zu einer Einschränkung einer bestehenden Dienstbarkeit könne jedoch dieser Gesetzesstelle nicht entnommen werden.

Aus Anlaß dieser Berufung des Beschwerdeführers änderte die belangte Behörde Spruchpunkt 2 des Bescheides der AB gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 1 AgrVG insoweit ab, als die Benützung der Dienstbarkeitstrasse mit Fahrzeugen und Geräten in der Zeit vom 1. November bis 15. März "eines jeden Jahres" gestattet werde.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, daß zufolge eines Urteiles des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 28. November 1983 über die im Eigentum der mitbeteiligten Parteien (MP) stehenden Gp. Nr. 1058/1 und 1058/3, je KG L., ein Fahrtrecht zugunsten der im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gp. Nr. 1056/2, KG L., bestehe.

Die belasteten Gp. Nr. 1058/1 und 1058/3 seien 1968 entwässert worden. Diese Parzellen würden nunmehr landwirtschaftlich genutzt. Trotz der Drainagierung sei der Grundwasserspiegel noch immer relativ hoch. Dies habe bei mehreren örtlichen Erhebungen, bei denen auch mittels Bodenbohrers Bodenproben entnommen worden seien, festgestellt werden können. Ein einigermaßen problemloses Befahren sei nur in der trockenen Jahreszeit oder bei gefrorenem Boden möglich. Bei Schneeschmelze oder nach starken Niederschlägen führe hingegen das Befahren dieser Trasse mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen durch den dabei entstehenden Bodendruck zu Bodenverdichtungen. Dabei entstünden tiefe Fahrspuren. Besonders von Nachteil sei aber ein zeitlich unbegrenztes Fahrtrecht bei der Ackernutzung. Die Fahrtrasse, die den Acker durchschneide, dürfte dann nämlich nicht mehr umgeackert werden, sodaß der Acker zweigeteilt werden müßte. Dies würde zu Wirtschaftserschwernissen bei der Bewirtschaftung der belasteten Grundstücke führen.

Bei der Gp. Nr. 1056/2, KG L., handle es sich - so führt die belangte Behörde in ihrer Begründung unter Verweis auf ein eingeholtes forsttechnisches Amtssachverständigengutachten aus - um eine stark stauwasserbeeinflußte Waldparzelle mit ca. 20-jährigem Bewuchs aus Schwarzerle, Esche, Aspe und Birke. Im Nebenbestand seien auch Fichten eingebracht worden. Ebenso seien Feuchtezeiger wie Eberesche und Traubenkirsche vorhanden. Zum Teil sei in der Krautschicht auch Schilfgras vorzufinden, welches den starken Stauwassereinfluß aufgrund des in tieferen Schichten bindigen Bodens unterstreiche.

Aufgrund des starken Grundwassereinflusses sei eine kleinflächige Bewirtschaftung der Waldfläche unbedingt erforderlich, um nicht durch Kahlhieb und den damit verbundenen Wegfall der Pumpwirkung des Bestandes einen Anstieg des Grundwasserspiegels zu verursachen. Für einen Hektar Waldfläche sei ein durchschnittlicher Pflegebedarf von

ca. 15 Arbeitsstunden pro Jahr anzusetzen, bei kleinflächiger intensiver Bewirtschaftung max. 20 Arbeitsstunden pro Jahr und Hektar. Da die Bewirtschaftung der Gp. Nr. 1056/2, KG L., aufgrund des starken Wassereinflusses mit Traktoren nur bei gefrorenem Boden ohne gravierende Bodenschäden möglich sei und gleichzeitig ein Arbeitsaufwand von max. 10 Arbeitsstunden pro Jahr bei der Größe der Gp. Nr. 1056/2, KG L., von ca. 3.000 m2 zu erwarten sei, sei die Einschränkung der Benützung der Dienstbarkeitstrasse auf die Zeit vom 1. Dezember bis 1. März eines jeden Jahres aus forstwirtschaftlicher Sicht vertretbar.

Für Aufforstungsmaßnahmen, die sicherlich außerhalb dieses Zeitraums durchzuführen seien (je nach Witterungsverhältnissen zwischen Mitte April und Mitte Mai), sei ein Zutragen der Pflanzenbündel auf eine Entfernung von max. 200 m erforderlich. Dies entspreche durchaus den üblichen Wegstrecken, wie sie bei Aufforstungen mit Forstpflanzen zurückgelegt werden müßten, da nicht jede Waldparzelle direkt wegemäßig erschlossen werden könnte. Für den erforderlichen Holzabtransport mittels Traktoren und damit dem Befahren der Dienstbarkeitstrasse und dem Waldgrundstück Gp. Nr. 1056/2, KG L., mit größeren Lasten sei die Zeit vom 1. Dezember bis 1. März ausreichend. Ein solches Befahren sollte möglichst nur bei gefrorenem Boden erfolgen, um Bodenschäden zu vermeiden.

Durch die Festlegung des für die Bewirtschaftung des herrschenden Gutes notwendigen Zeitabschnittes vom 1. November bis 15. März eines jeden Jahres sei die ordnungsgemäße Bewirtschaftung desselben zweifelsfrei gewährleistet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 1. März 1994, B 845/93, ab und trat diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor diesem Gerichtshof beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Dem Gesamtzusammenhang seines Vorbringens zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, daß eine Regelung der Ausübung der vorliegenden Dienstbarkeit im Sinne des § 39 ARLG nur unter Aufrechterhaltung des uneingeschränkten Inhaltes dieses Rechtes und nicht entschädigungslos durch eine inhaltliche Beschränkung der Dienstbarkeit in Form der zeitlichen Einschränkung der Benützung auf die Zeit vom 1. November bis zum 15. März eines jeden Jahres erfolgen dürfe.

Im angefochtenen Bescheid werde durch die unrichtige rechtliche Auslegung der Bestimmung der §§ 472 ff ABGB i.V.m. den Bestimmungen der §§ 33 ff ARLG durch die zeitliche Beschränkung der Ausübung der Dienstbarkeit nicht eine Regelung oder Neuregelung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über die Gp. Nr. 1058/1 udn 1058/3, beide KG L., vorgenommen. Es erfolge eine durch Gesetz nicht gedeckte inhaltliche Einschränkung des Dienstbarkeitsrechtes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 ARLG können Felddienstbarkeiten auf Wald-, Acker-, Wiesen- und Weidegrund abgelöst, aberkannt oder geregelt werden, wobei es keinen Unterschied macht, auf welchem Rechtstitel (Vertrag, Ersitzung usw.) die Felddienstbarkeiten beruhen.

Ist die Dienstbarkeit nach § 39 ARLG im Interesse des herrschenden Gutes notwendig und stellt der Eigentümer des verpflichteten Gutes keinen Antrag auf Ablösung durch Abtretung von Grund, ist die Ausübung der Dienstbarkeit in einer Weise zu regeln, daß das dienende Gut möglichst wenig belastet wird.

Zweck des ARLG sowie der aufgrund des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, Anlage 3 der Kundmachung BGBl. Nr. 103/1951, erlassenen Landesgesetze ist die behördliche Neuordnung der Wald- und Weideservituten sowie bestimmter Felddienstbarkeiten (vgl. §§ 472 ff ABGB), wodurch einerseits bestehende Rechte (insbesondere Grunddienstbarkeiten) gesichert, andererseits aber auch eine zweckmäßige Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke ermöglicht werden soll. Die Regelung der Ausübung einer Dienstbarkeit soll der Durchführung entsprechender bodenreformatorischer und landeskultureller Maßnahmen mit dem Ziele dienen, aus einer durch die bestehende Dienstbarkeit eingeschränkten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des belasteten Grundstückes eine besser nutzbare landwirtschaftliche Nutzfläche zu machen (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, 93/07/0135).

Daß es sich bei den verpflichteten Grundparzellen der MP im vorliegenden Fall um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke im Sinne der im soeben zitierten Erkenntnis angeführten Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 33 ff ARLG handelt, ist nach der Aktenlage nicht zu bezweifeln und zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch nicht strittig.

Das wörtliche Verständnis vom Begriff "notwendig" im Sinne des § 39 ARLG indiziert für den Fall eines Fahrtrechtes einen Bedarf am Weiterbestand der Dienstbarkeit, der in seinem Ausmaß jenem zur Beseitigung eines Bringungsnotstandes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969 verglichen werden kann (vgl. das bereits zitierte und zu § 37 ARLG ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, 93/07/0135). Von einer solchen Notwendigkeit ist die Behörde ohnehin ausgegangen. Auf der Basis dieser Auffassung war sie gemäß § 39 ARLG gehalten, die Dienstbarkeit so zu regeln, daß das dienende Gut möglichst gering belastet wird. In der vorgenommenen Regelung kann auf der Basis der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht gesehen werden.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellt die zeitliche Begrenzung der Ausübung des streitgegenständlichen Fahrtrechtes nicht eine Vorgangsweise nach § 37 oder 38 ARLG, sondern eine Regelung im Sinne des § 39 ARLG dar. Diese Regelung hat die belangte Behörde, ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, in einer Weise vorgenommen, die nicht als rechtswidrig erkannt werden kann. Eine Geldentschädigung ist in § 39 ARLG nicht vorgesehen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich - im Rahmen des von der belangten Behörde gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994070052.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten