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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D in B, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur, diese vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. März 1995, Zl. 4.345.309/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. März 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Liberia, der am 13. Oktober 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 14. Oktober 1994 den Asylantrag gestellt hat, gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. November 1994 abgewiesen.
Der Beschwerdeführer gab anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 24. Oktober 1994 unter anderem an, daß er aufgrund seiner Kenntnisse über ein von Angehörigen der AFL im Juni 1993 verübtes Massaker von der AFL verfolgt und im Juli 1993 inhaftiert worden sei. Nach gelungener Flucht aus einem Gefängnis in Monrovia im Dezember 1993, genaueres Datum unbekannt, sei er von einem Priester in einem Bus der St. Peters Church zu einer Kirche in Grand Bassah im Süden von Monrovia, genauere Zeit trotz Nachfragen ungenannt, gebracht worden. Der Beschwerdeführer sei von der AFL verfolgt worden, nicht jedoch von der NPFL. Auf den Vorhalt, daß Grand Bassah in dem von der NPFL kontrollierten Gebiet liege, gab der Beschwerdeführer eine ausweichende Antwort. Er habe sich in Grand Bassah bis zu der vom Priester organisierten Flucht, Mitte September 1994, aufgehalten.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit der Begründung ab, daß die trotz Nachfragen der Behörde unbestimmt gebliebenen Angaben des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich des Fluchtgrundes als auch des Fluchtweges unglaubwürdig seien. Selbst jedoch im Falle der Wahrheit der Angaben des Beschwerdeführers sei er aber keiner aktuellen Verfolgung ausgesetzt. Denn er habe sich nach seiner Befreiung in einer Kirche in Grand Bassah aufgehalten. Dieser Ort liege weit innerhalb des von der NPFL kontrollierten Gebietes. Der Beschwerdeführer wäre somit dort vor etwaigen Verfolgungen seitens der AFL sicher gewesen. Asyl könne jedoch nur gewährt werden, wenn die Verfolgungsgefahr im gesamten Staatsgebiet bestanden hätte.
Die dagegen erhobene Berufung wendete sich im wesentlichen gegen die Wertung der Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig, enthielt jedoch kein Vorbringen gegen die Eventualbegründung der Erstbehörde, daß der Beschwerdeführer in Grand Bassah vor Verfolgung sicher gewesen sei.
Mit dem Bescheid vom 1. März 1995 erhob die belangte Behörde das im Bescheid des Bundesasylamtes wiedergegebene Vorbringen des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme auch zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde befaßte sich - nach Rechtsausführungen - mit den Einwendungen gegen die Wertung der Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig. Sie schloß sich den Rechtsausführungen des erstinstanzlichen Bescheides an und erklärte diese zur rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides. Zusätzlich begründete die belangte Behörde auch eigenständig, weshalb den Ausführungen des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zukomme.
Darüber hinaus führte die belangte Behörde aber auch aus, daß der Beschwerdeführer zu seinem Zufluchtsort Grand Bassah bzw. über die dort herrschenden (Macht-)Verhältnisse keine Angaben habe machen können. Nach Vorhalt, daß er in diesem Ort dem Zugriff der AFL entzogen gewesen sei bzw. sich dieses Gebiet im Einflußbereich der Partei NPFL befinde, sei er der Fragestellung ausgewichen und habe in der Folge keine zweckdienlichen Angaben mehr gemacht. Er habe für die Zeit seines weiteren Verbleibes in seinem Heimatland vom Dezember 1993 bis zu seiner Ausreise im September 1994 keine Angaben gemacht. Hätte er im erwähnten Zeitraum weitere Verfolgungshandlungen erlitten bzw. befürchtet, so hätte er diese ins Treffen geführt. Da er sich diesbezüglich jedoch verschwiegen habe, sei davon auszugehen, daß er bis zu seiner Ausreise im September 1994 keinerlei Verfolgungsakten mehr ausgesetzt gewesen sei und solche auch nicht befürchtet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Verfolgung eines Asylwerbers kann nur dann angenommen werden, wenn aus objektiver Sicht ein Verbleib in seinem Heimatland unerträglich ist und sich die behaupteten, maßgeblichen Umstände auf das gesamte Gebiet seines Heimatlandes beziehen, sodaß er Schutz vor Verfolgung nicht in anderen Teilen seines Heimatlandes finden konnte (inländische Fluchtalternative; vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 21. April 1993, Zl. 92/01/0956).
Die Beschwerde enthält zu der von der belangten Behörde, teils in Übernahme der Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides, angenommenen inländischen Fluchtalternative in Grand Bassah lediglich die im Zuge des Vorbringens betreffend die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers enthaltene Passage, daß es "dahingestellt" sei, "inwieweit ein Jugendlicher, wie der Beschwerdeführer, dazu angehalten ist, von Grand Bassah während seines Aufenthaltes dort die politischen Machtverhältnisse zu erforschen". Ansonsten bleibt die von der belangten Behörde angenommene inländische Fluchtalternative in Grand Bassah unbekämpft.
Mangels entgegenstehender Ausführungen des Beschwerdeführers ist die Annahme der belangten behörde, der Beschwerdeführer habe sich während seines Aufenthaltes von Mitte Dezember 1993 bis Mitte September 1994 in Grand Bassah aufgehalten, ohne daß ihm dort eine Verfolgung gedroht habe, weil er selbst eine solche nicht behauptet habe und das Gebiet von einer Gruppe beherrscht werde, seitens der dem Beschwerdeführer keine Verfolgung drohe, nicht als unschlüssig zu erkennen. Zusätzlich ist noch zu bedenken, daß der Beschwerdeführer niemals behauptet hat, daß er sich in Grand Bassah habe versteckt halten müssen.
Wenn die Beschwerde - vorwiegend zur Frage der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers - Ermittlungstätigkeiten der Behörde vermißt, so ist ihr entgegenzuhalten, daß die Behörde nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen hat. Jedoch enthalten weder das erstinstanzliche Vorbringen noch die Berufung ausreichend deutliche Hinweise gegen die Annahme der inländischen Fluchtalternative. Letztlich hat auch die Beschwerde dieser Annahme in concreto nichts entgegengesetzt.
Da sich die Beschwerde somit bereits im Hinblick auf die Annahme einer bestehenden inländischen Fluchtalternative als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, ohne daß noch auf die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides sowie das dagegen erstattete Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Von der von dem Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190072.X00Im RIS seit
20.11.2000