TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/24 94/13/0177

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Veröffentlicht am 24.09.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
21/02 Aktienrecht;
32/03 Steuern vom Vermögen;
37/02 Kreditwesen;

Norm

AktG 1965;
KWG 1979 §14a;
KWG 1979 §24 Abs1;
Sonderabgabe von Banken §3 Abs2 Z4;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/13/0166 E 24. September 1996

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der C-AG in W, vertreten durch Dr. A Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Juni 1994, Zlen. 6/2 - 2225/92, 2196/93 und 2154/94-05, betreffend Sonderabgabe von Banken für die Jahre 1987 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Sonderabgabe für die Jahre 1987 bis 1991 erkannte das Finanzamt folgende Beträge bei der Berechnung der Kürzungspost nach § 3 Abs. 2 Z. 4 Banken-Sonderabgabegesetz (B-SAG) nicht als Fremdwährungsforderungen i.S.d. zweiten Halbsatzes dieser Bestimmung an:

         Wechsel                          Wertpapiere

1987     146.642.302,--                   186.068.368,--

1988     240.563.692,--                    68.323.822,--

1989     625.393.077,--                   105.570.143,--

1990     537.287.162,--                    64.623.504,--

1991     371.239.677,--                    61.735.105,--

Dementsprechend setzte das Finanzamt die Sonderabgabe für diese Jahre bescheidmäßig fest, wogegen Berufung erhoben und die Anerkennung dieser Beträge als Absetzposten beantragt wurde. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit der nunmehr bekämpften Berufungsentscheidung als unbegründet abgewiesen. Als Begründung wurde im wesentlichen angeführt, daß aus der Textierung u.a. des § 14a Abs. 6 KWG deutlich zu erkennen sei, daß der Begriff "Forderungen" Wertpapiere nicht beinhalte. Zur Stützung dieser Argumentation wurde des weiteren noch auf § 24 KWG und Formblatt B "Gliederung des Jahresabschlusses von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung" verwiesen, in concreto auf Z. 20 der Aktiva.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, im wesentlichen mit der Begründung, daß der Begriff "Forderungen" im § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG keine Handhabe für eine Differenzierung zwischen unverbrieften und verbrieften (Fremdwährungs-)Forderungen biete, und daß sohin sowohl Fremdwährungsforderungen aus Auslandsbeziehungen, die in Form von Wechseln, als auch solche, die in Form von Wertpapieren verbrieft seien, in die Kürzungspost des § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG einzubeziehen seien.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem Bundesgesetz vom 26. November 1980, BGBl. Nr. 553/1980 (dieses Bundesgesetz war gemäß seinem § 7 Abs. 1 i.d.F. BGBl. Nr. 12/1993 für die Kalenderjahre 1981 bis 1993 anzuwenden), unterliegt der Betrieb von Kreditunternehmungen einer Sonderabgabe (§ 1). Nach § 4 leg. cit. beträgt die Sonderabgabe 0,5 v.T. der Bemessungsgrundlage (§ 3). Nach § 3 Abs. 1 ist Bemessungsgrundlage die Bilanzsumme vermindert um die in Abs. 2 genannten Beträge. Bilanzsumme, ist die Summe der von der Kreditunternehmung aufgrund der gesetzlichen Vorschriften über die Rechnungslegung aufgestellten Jahresbilanz. Gemäß § 3 Abs. 2 ist die Bilanzsumme u.a. zu kürzen um Verbindlichkeiten in ausländischer Währung, soweit ihnen Forderungen in ausländischer Währung gegenüberstehen (Z. 4).

Die Sonderabgabe von Kreditunternehmungen war als Objektsteuer konzipiert und sollte den Betrieb einer Kreditunternehmung, soweit er sich in inländischen Betriebsstätten manifestiert, erfassen (476 BlgNR, XV. GP, 3).

Zu § 3 wird dazu a.a.O. wie folgt ausgeführt:

"Auslandsbeziehungen sollen überdies insoweit unberücksichtigt bleiben, als sie sich in der Bilanzsumme der Kreditunternehmung als Fremdwährungsverbindlichkeiten darstellen und ihnen entsprechende Fremdwährungsforderungen gegenüberstehen. Der Abzug sämtlicher Fremdwährungsverbindlichkeiten ist somit für jenen Fall vorgesehen, daß die Fremdwährungsforderungen mindestens diesen Betrag erreichen. Sind die Fremdwährungsforderungen kleiner als die Fremdwährungsverbindlichkeiten, dann soll nur der kleinere Betrag aus der Bilanzsumme ausgeschieden werden."

Im vorliegenden Fall sind die Forderungen niedriger als die Verbindlichkeiten, sodaß sich aus der Nichtanerkennung der in Form von Wechseln und Wertpapieren verbrieften Fremdwährungsforderungen für die Beschwerdeführerin ein Vermögensnachteil ergibt.

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren die Auslegung der "Forderungen in ausländischer Währung" i.S.d. § 3 Abs. 2 Z. 4 des Bundesgesetzes, mit dem eine Sonderabgabe von Kreditunternehmungen erhoben wird.

Auszugehen ist vom Gesetzeswortlaut, der ohne jede Differenzierung von "Forderungen" spricht. Der Begriff Forderung bezeichnet ganz allgemein das Recht des Gläubigers auf eine Leistung des Schuldners. Der Gesetzeswortlaut bietet sohin keinerlei Handhabe für eine Unterscheidung zwischen bestimmten Forderungstypen. Weder legt der Gesetzeswortlaut eine Differenzierung zwischen unverbrieften und verbrieften (Fremdwährungs-)Forderungen, noch zwischen hypothekarisch oder wechselmäßig besicherten (Fremdwährungs-)Forderungen nahe. So ist auch im Schrifttum (Ruppe, Die Sonderabgabe von Kreditunternehmungen, ÖStZ 1983, 176) anerkannt, daß der Gesetzestext nicht verlangt, daß es sich um Verbindlichkeiten und Forderungen in gleicher Währung handelt oder daß gar ein Zusammenhang zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten gegeben sein muß. Daß die Erläuterungen von "entsprechenden Fremdwährungsforderungen" sprechen, bleibt ohne Bedeutung, da offengelassen wird, welcher Zusammenhang damit gemeint sein könnte (vgl. Ruppe, a.a.O.).

Hält man sich dieses Auslegungsergebnis vor Augen, könnte sich eine Differenzierung im Hinblick darauf, ob eine Forderung verbrieft oder nicht verbrieft ist, allenfalls aus einer Bezugnahme auf das KWG ergeben. Es ist sohin zu untersuchen, ob das KWG (in Kraft bis zum 31. Dezember 1993, außer Kraft gesetzt durch das FinanzmarktanpassungsG, BGBl. Nr. 532/1993) eine Differenzierung von Forderungen im Hinblick darauf kennt, ob diese verbrieft oder unverbrieft sind und ob diese Differenzierung allenfalls auf § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG durchschlägt.

Dieser Rechtsansicht der belangten Behörde kann jedoch aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Die in § 24 Abs. 1 KWG angesprochenen und in der Anlage zu diesem Bundesgesetz enthaltenen Formblätter kennen eine eigenständige Position (verbriefte oder nicht verbriefte) "Forderung" ebensowenig wie einen gesonderten Ansatz für "Forderungen in ausländischer Währung" (vgl. auch Kotschnigg, Zum Begriff der Fremdwährungsforderungen im Banksteuergesetz, ÖStZ 1989, 157). Auch aus dem von der belangten Behörde herangezogenen § 14a KWG läßt sich für den Behördenstandpunkt nichts gewinnen, da diese (im übrigen erst - wie auch die belangte Behörde einräumt - durch die KWG-Novelle BGBl. 325/1986 eingefügte) Bestimmung die offene Position in fremder Währung quantitativ beschränkt und nur dem Zwecke dient, die offene Position, also den Unterschiedsbetrag bestimmter Aktiv- und Passivwerte pro Fremdwährung, mit 30 % des Haftkapitals zu begrenzen.

Ebensowenig wie aus § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG läßt sich somit aus dem KWG außerhalb seiner später erfolgten Novellierung eine Differenzierung des Forderungsbegriffes in verbriefte und unverbriefte Forderungen entnehmen. Auf die Frage, ob sich dem AktG eine Differenzierung dahingehend entnehmen läßt, daß unter Forderungen nur unverbriefte zu verstehen sind, muß deshalb nicht eingegangen werden, da dem KWG als dem der Regelungsmaterie näher stehenden Gesetz vor dem AktG Anwendungsvorrang zukommt. Das KWG stellt im gegebenen Fall das speziellere Gesetz dar, das dem AktG vorgeht. Aus einer allfälligen Differenzierung des Forderungsbegriffes in verbriefte und unverbriefte Forderungen im AktG ließe sich sohin für den in Rede stehenden Fall nichts gewinnen.

Soweit sie im Rahmen von Auslandsbeziehungen erworbene Forderungen in ausländischer Währung verbriefen und nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung als Aktivum in die Bilanz eingestellt wurden, unterfallen sohin Wertpapiere sowie Wechsel (als eine Wertpapierform) dem Begriff der "Forderung in ausländischer Währung" nach § 3 Abs. 2 Z. 4 B-SAG (so auch Kotschnigg, a.a.O., 158).

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung hat der Gerichtshof aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994130177.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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