TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/1 W139 2242101-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2021
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Entscheidungsdatum

01.10.2021

Norm

BVergG 2018 §112 Abs3
BVergG 2018 §12 Abs1
BVergG 2018 §134
BVergG 2018 §141 Abs1 Z2
BVergG 2018 §141 Abs1 Z7
BVergG 2018 §149
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §363
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
BVergG 2018 §5
BVergG 2018 §79
BVergG 2018 §86
BVergG 2018 §98 Abs2
BVergG 2018 §98 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W139 2242101-2/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Vorsitzende sowie Mag. Dr. Yara HOFBAUER, BA MA LL.M., als fachkundige Laienrichterin der Auftraggeberseite und Dr. Theodor TAURER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX , vertreten durch Denkmaier Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH, Blumauerstraße 3-5, 4020 Linz, betreffend das Vergabeverfahren „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstr. 8, Sanierung und Erweiterung - Sicherheitszentrum Tirol - Elektroinstallationen Stark- und Schwachstrom“ der Auftraggeberin ARE Austrian Real Estate GmbH, Trabrennstraße 2b, 1020 Wien, vertreten durch die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Unternehmensbereich Spezialimmobilien, Schillerstraße 2, 6800 Feldkirch, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)       

Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge das Ausscheiden der Antragstellerin und die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Bietergemeinschaft XXXX für nichtig erklären“, wird bezüglich des Ausscheidens der Antragstellerin abgewiesen.

Dem Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge das Ausscheiden der Antragstellerin und die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Bietergemeinschaft XXXX für nichtig erklären“, wird bezüglich der Zuschlagsentscheidung stattgegeben.

Die Entscheidung der Auftraggeberin, den Zuschlag im Vergabeverfahren „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstr. 8, Sanierung und Erweiterung - Sicherheitszentrum Tirol - Elektroinstallationen Stark- und Schwachstrom“ der Bietergemeinschaft XXXX erteilen zu wollen, wird für nichtig erklärt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I.       Verfahrensgang:

1.       Am 03.05.2021 stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung sowie der Zuschlagsentscheidung vom 23.04.2021, verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht bzw. auf Ausnahme von der Akteneinsicht sowie einem Antrag auf Gebührenersatz.

Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Auftraggeberin habe die Vergabe der Leistungen „Elektroinstallation Stark- und Schwachstrom“ in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich für das Bauvorhaben „Sanierung und Erweiterung Sicherheitszentrum Tirol“ ausgeschrieben. Auftrags- bzw. Leistungsgegenstand des Bauauftrags sei unter anderem die Errichtung einer Brandmeldeanlage. Die Antragstellerin habe binnen offener Angebotsfrist ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt.

Im Zuge der Angebotsprüfung habe die Auftraggeberin im Rahmen eines Aufklärungsersuchens um Bestätigung ersucht, dass die Antragstellerin über eine gültige Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070 verfüge, welche die Instandhaltung von Brandmeldeanlagen und Brandfallsteuerungen regle. Die Antragstellerin selbst habe bei Angebotsabgabe über keine Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070 verfügt, was aber nichts an deren Eignung bzw. am Vorliegen sämtlicher erforderlicher Eignungsanforderungen ändere.

Ungeachtet dessen habe die Auftraggeberin am 23.04.2021 die Zuschlagsentscheidung zugunsten des Angebotes der Bietergemeinschaft XXXX sowie das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin mangels Eignung gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 bekannt gegeben. Tatsächlich wäre aber dem Angebot der Antragstellerin als technisch und wirtschaftlich günstigstem Angebot der Zuschlag zu erteilen gewesen.

Die Antragstellerin bezeichnete ihr Interesse am Vertragsabschluss sowie den ihr drohenden Schaden und die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.

Zur Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass sich die Auftraggeberin pauschal auf die fehlende Eignung berufe. Es gehe daraus aber nicht hervor, ob die Antragstellerin wegen – angeblich - fehlender Befugnis und/oder wegen – angeblich – fehlender finanzieller / wirtschaftlicher / technischer Leistungsfähigkeit ausgeschieden worden sei, weswegen die Ausscheidensentscheidung bereits an einem formalen Begründungsmangel leide.

Gemäß den Ausschreibungsunterlagen habe die Auftraggeberin konkrete Eignungskriterien und deren Nachweise festgelegt. Weitere Nachweise zur Eignung seien nicht gefordert gewesen, insbesondere nicht die angeführte Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070. Die Auftraggeberin leite das ihrer Ansicht nach gegebene Erfordernis einer „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ zum Nachweis der Eignung offenbar aus den gemäß Leistungsverzeichnis zu errichtenden Brandmeldeanlagen und dem – der Ausschreibungsunterlage als „sonstige Beilage 20“ – beigelegten „Baubescheid Maglbk_17938_BW-BV-BA_1/5 vom 12.10.2020“ ab, in dessen Auflagepunkt I.9 auf die „Technische Richtlinie Brandmeldeanlagen TRVB123 S“ verwiesen werde, nach der wiederum die Errichtung der Brandmeldeanlagen durch eine von einer akkreditierten Zertifizierungsstelle gemäß ÖNORM F 3070, Ausgabe 2010 zertifizierte Errichtungsfirma durchgeführt werden müsse. Seitens der Auftraggeberin hätte eine differenzierte Beurteilung und Begründung hinsichtlich der angeblich fehlenden Eignungskriterien stattfinden müssen.

Eine fehlende „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ sei in der „Liste der einschlägigen Berufs- oder Handelsregister, Bescheinigungen oder Erklärungen“ im Anhang IX zum BVergG 2018 nicht angeführt und könne daher nicht als Nachweis für die berufliche Befugnis gelten. Ebensowenig könne eine fehlende „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ im Hinblick auf die in den Anhängen zum BVergG 2018 vorgesehenen Nachweise ein Ausscheiden wegen fehlender beruflicher Zuverlässigkeit und/oder wegen fehlender finanzieller und wirtschaftlicher und technischer Leistungsfähigkeit rechtfertigen. Die Auftraggeberin habe als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit lediglich Nachweise zur Personalausstattung und Referenzen gefordert. Das Erfordernis des Nachweises einer „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ als Eignungskriterium ergebe sich jedenfalls nicht in klarer und eindeutiger Weise aus den Festlegungen im Kapitel betreffend die „Eignungskriterien und deren Nachweise“. Tatsächlich finde sich in der Ausschreibungsunterlage und deren Beilagen kein einziger Hinweis auf die ÖNORM F 3070. Die Auftraggeberseite hätte das Erfordernis einer „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ als Eignungskriterium/-nachweis schon in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen explizit anführen müssen und könne sich daher nicht auf eine „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ als Eignungsnachweis/-kriterium berufen. Unklarheiten in der Ausschreibung würden zu Lasten der Auftraggeberseite gehen. Das von der Auftraggeberseite aus dem Leistungsverzeichnis und dem Baubescheid indirekt abgeleitete Erfordernis einer „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ sei eine bloße Anforderung an die zu erbringende Leistung und keine Anforderung an die technische Leistungsfähigkeit der Bieter. Der Rechtsansicht in der von der Auftraggeberin zitierten Entscheidung des BVwG liege die alte Rechtslage nach dem am 21.08.2018 außer Kraft getretenen BVergG 2016 zu Grunde. Das Ausscheiden erweise sich daher im Ergebnis als unhaltbar und rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in den von ihr angeführten Rechten.

Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führte die Antragstellerin aus, dass bei Zugrundelegung der festgelegten Zuschlagskriterien das Angebot der Antragstellerin mit dem niedrigsten bzw. günstigen Angebots-/Gesamtpreis beim Zuschlagskriterium „Gesamtpreis“ mit 92 Punkten, beim Zuschlagskriterium Gewährleistung mit 5 Punkten und beim Zuschlagskriterium Beweislastumkehr mit 3 Punkte, in Summe also mit 100 Punkten bewertet hätte werden müssen und diesem als technisch und wirtschaftlich günstigstem Angebot der Zuschlag erteilt werden müsste.

2.       Am 05.05.2021 erteilte die Auftraggeberin, allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde kein Vorbringen erstattet.

3.       Mit Schriftsatz vom 06.05.2021 nahm die präsumtive Zuschlagsempfängerin zum gesamten Antragsvorbringen der Antragstellerin Stellung und führte aus, dass das ausgeschriebene Projekt, gemäß der Position 305100A Z Nachweis Erfüllung Auflagen aus Baubescheid, nach den Technischen Richtlinien „Brandmeldeanlagen“ TRVB 123 S, zu projektieren und auszuführen sei. In den TRVB 123 S werde in Pkt 2.2.2 Errichterfirma festgehalten, dass die Errichtung (Planung, Projektierung, Installation und Inbetriebnahme) der Brandmeldeanlage durch eine zertifizierte Fachfirma durchgeführt werden müsse. Weiters werde ausdrücklich festgehalten, dass, sofern der Auftrag zur Errichtung an eine nicht zertifizierte Firma ergehe, diese sich nachweislich einer zertifizierten Firma bedienen müsse. Die Antragstellerin verfüge nicht über eine derartige Zertifizierung. Sie habe laut Angebotsöffnungsprotokoll zur Installation der Brandmeldeanlage auch keinen zertifizierten Subunternehmer namhaft gemacht, sodass sie nicht alle ausgeschriebenen Leistungen erbringen könne. Die Antragstellerin verfüge daher nicht über die notwendige Eignung.

Hinsichtlich des Argumentes der Antragstellerin, dass sich die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) auf die alte Rechtslage bezogen habe, brachte die präsumtive Zuschlagsempfängerin vor, dass der zitierten Entscheidung ein nahezu exakt gleicher Sachverhalt zugrunde liege. Das BVwG habe bereits ausdrücklich festgehalten, dass das Fehlen eines Zertifikats zur Errichtung einer Brandmeldeanlage sehr wohl einen Mangel der notwendigen Eignung und somit einen Ausscheidensgrund darstelle. Zudem habe sich die diesbezügliche Rechtslage durch das BVergG 2018 nicht geändert. Die Antragstellerin führe auch nicht aus, was sich diesbezüglich durch das BVergG 2018 geändert haben sollte.

4.       Mit Schriftsatz vom 07.05.2021 nahm die Auftraggeberin zum gesamten Antragsvorbringen der Antragstellerin Stellung und führte aus, dass der Antragstellerin in der Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung mitgeteilt worden sei, dass es ihr an der zwingend erforderlichen Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070 fehle und sie es unterlassen habe, einen Subunternehmer namhaft zu machen. Ohne selbst zertifiziert zu sein bzw. einen Subunternehmer namhaft gemacht zu haben, der über diese Zertifizierung verfüge, könne sie den Auftrag nicht vollumfänglich erfüllen und die angebotene Leistung nicht zu den Bestimmungen der Ausschreibungsunterlage erbringen.

Bei der gegenständlichen Leistung handle es sich auch um den Einbau einer Brandmeldeanlage im Bussystem. Diese Anlage sei in Entsprechung des Baubescheides des Magistrates der Stadt Innsbruck vom 12.10.2020, Spruchpunkt I.9. gemäß TRVB S 123 zu projektieren und auszuführen. Dahingehend sei diese Anforderung auch in der „Technischen Beschreibung Elektrotechnik“ angeführt. Beide Dokumente seien Bestandteile der Ausschreibungsunterlagen. Überdies werde auch im Leistungsverzeichnis in Pos. OG 01, Pos. 305100A „Nachweis Erfüllung Auflagen aus Baubescheid“ ausdrücklich festgehalten, dass die für das Objekt vorgesehene Brandmeldeanlage mit Schutzumfang „Vollschutz“ gemäß der Technischen Richtlinie „Brandmeldeanlagen“ TRVB 123 S, herausgegeben vom österr. Bundesfeuerwehrverband und den österr. Brandverhütungsstellen, zu projektieren und auszuführen sei. Die Leistung erfasse die Erstellung aller Unterlagen für die Einreichung und Abschlussprüfung (LV-Position OG 01, Pos. 2111 und folgende), wozu auch die Brandmeldepläne und die Installation der Anlage gehöre. Gemäß der verpflichtend zu erfüllenden TRVB 123 S (Technischen Richtlinien Vorbeugender Brandschutz – Brandmeldeanlagen) müsse die Errichtung (Planung, Projektierung, Installation und Inbetriebnahme) der Brandmeldeanlage durch eine von einer akkreditierten Zertifizierungsstelle gemäß ÖNORM F 3070 zertifizierten Errichterfirma durchgeführt werden.

Das Vorbringen der Antragstellerin, wonach sich in der Ausschreibungsunterlage und deren Beilagen tatsächlich kein einziger Hinweis auf die ÖNORM F 3070 fände, sei daher sachlich verfehlt und unbegründet. Die Antragstellerin habe keine Nachweise einer Zertifizierung ihrem Angebot beigelegt. Nach Aufforderung bestätigte die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 15.04.2021 selbst, dass sie aktuell selbst nicht über diese Zertifizierung verfüge. Die Antragstellerin habe aufgrund einer Vertraulichkeitsverpflichtung den Namen einer zertifizierten Firma, mit welcher sie in Verhandlung stehe, nicht nennen können oder wollen, sondern lediglich eine geschwärzte Version eines Zertifikates übermittelt. Für den Fall, dass der Erwerb des Unternehmens scheitern würde, habe sie nachträglich angeboten, mehrere Subunternehmer namhaft machen zu können, allerdings gehe die Antragstellerin jedoch in ihrer Annahme fehl, dass ein derartiges Vorgehen im § 363 Abs 1 BVergG seine rechtliche Deckung finden würde.

Gemäß den bestandsfesten Vorgaben der Ausschreibungsunterlage seien die Bieter nämlich ausdrücklich verpflichtet, alle Subunternehmer anzugeben, an die sie Teile der Leistung weiterzugeben beabsichtigen würden (vgl. Pkt. 7. der Angebotsbestimmungen). Für solche Subunternehmer (sog. "erforderliche Subunternehmer" – s. § 86 BVergG 2018) sei eine zwingende gesetzliche Bekanntgabeverpflichtung in § 127 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 verankert. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Namhaftmachung von Subunternehmer verwies die Auftraggeberin auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.03.2020, W139 2224102-2/33E, wonach darauf abzustellen sei, ob durch die nachträgliche Namhaftmachung eines Subunternehmers und damit verbunden durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern (nachträglich) materiell verbessert würde. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Vergabekontrolle könne eine (wenn auch nur mittelbare) materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung auch insofern eintreten, als nicht alle Bieter nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung über denselben Zeitraum verfügen würden, um ihre Angebote auszuarbeiten, sodass durch die Möglichkeit der Mängelbehebung ein längerer Zeitraum zur Ausarbeitung des Angebotes eingeräumt würde. Im genannten Erkenntnis habe das Bundesverwaltungsgericht weiters festgestellt, dass es zu einer Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Antragstellerin kommen würde, da der Antragstellerin aufgrund der bereits mit dem Teilnahmeantrag gebotenen Bekanntgabe aller beabsichtigten Subunternehmer, durch die Gewährung der Möglichkeit der nachträglichen Namhaftmachung zahlreicher Subunternehmer und der ihrerseits zu erbringenden Leistungsteile ein deutlich längerer Zeitraum für die Entwicklung und Ausarbeitung der Organisation der Leistungserbringung zur Verfügung gestanden wäre, als ihren Mitbewerbern. Sinn und Zweck des § 363 BVergG könne nicht sein, dass mit der Festlegung von Subunternehmerleistungen und der Bezeichnung von Subunternehmern vorerst, beinahe zur Gänze zugewartet werde und deren vollständige Benennung erst zu einem weitaus späteren Zeitpunkt erfolge bzw. nachgeholt werde, sodass einem Bieter grundsätzlich mehr Zeit für die Ausarbeitung seines Angebotes (bzw Teilnahmeantrages) eingeräumt würde.

Diese Überlegungen seien auf die gegenständliche Konstellation bei der Antragstellerin zu übertragen, zumal dies umso mehr für die – bereits von Gesetzes wegen – zwingend mit dem Angebot bekanntzugebenden erforderlichen Subunternehmer zu gelten habe und dies auch ausdrücklich durch die EBRV 2018 zu § 98 BVergG bestätigt werde.

Weiters würde ein Vorgehen, wonach es der Antragstellerin ermöglicht werden würde, für den betreffenden Leistungsteil nachträglich mehrere Subunternehmer namhaft zu machen, gegen das Verhandlungsverbot im offenen Verfahren (gemäß § 112 Abs 3 BVergG 2018) verstoßen und wäre somit unzulässig.

Das Vorbringen der Antragstellerin, dass sich die Auftraggeberin nicht auf eine „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ als Eignungsnachweis/-kriterium für das Ausscheiden berufen könne, weil sich dies nicht im „einschlägigen Kapitel, Eignungs- und Zuschlagskriterien‘ der Ausschreibungsunterlage finde“, sei verfehlt, da auf die Ausschreibung als Ganzes abzustellen sei. In diesem Sinne habe auch das Erfordernis der ausschreibungsgegenständlichen Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070 jedem durchschnittlich fachkundigen Bieter der angesprochenen Verkehrskreise bei Anwendung der üblichen Sorgfalt aufgrund dieser Ausschreibung klar sein müssen. Eine Unklarheit sei diesbezüglich der Ausschreibung nicht zu unterstellen. Zur Eignung zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistung gehöre jedenfalls auch, die behördlichen Vorgaben zur Ausführung, wie sie in der Ausschreibungsunterlage nach dem objektiven Erklärungswert eindeutig festgelegt seien, somit insbesondere die gegenständliche Zertifizierung, erfüllen zu können. Selbst bei Zugrundelegung einer formalistischeren Sichtweise gelange man nicht zu dem von der Antragstellerin gezogenen Schluss, wonach es sich bei der Zertifizierung um keine Eignungsanforderung handeln könnte. Die Auftraggeberin verwies weiters auf den sehr ähnlichen Sachverhalt im Erkenntnis des BVwG vom 28.08.2018, W187 2201480-1. Das BVwG habe ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht alle ausgeschriebenen Leistungen erbringen könne, da sie über eine solche Zertifizierung nicht verfüge und auch in ihrem Angebot keinen Subunternehmer genannt habe. Mit der neuen Rechtslage sei diesbezüglich keine für die gegenständliche Konstellation inhaltliche Änderung oder Einschränkung erfolgt. Die im zitierten Erkenntnis ausgeführten Überlegungen könnten unverändert auf diese Konstellation bei der Antragstellerin übertragen werden.

5.       Mit Beschluss vom 14.05.2021 wurde der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge durch einstweilige Verfügung als vorläufige Maßnahme der Auftraggeberin und der vergebenden Stelle für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagen, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren bei sonstiger Nichtigkeit und Exekution zu erteilen“ stattgegeben und der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag zu erteilen.

6.       Mit Schriftsatz vom 17.05.2021 nahm die Antragstellerin zu den Stellungnahmen der Auftraggeberin vom 07.05.2021 und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vom 06.05.2021 Stellung und brachte vor, dass es sich um die (Rechts-)Frage handle, ob sich die Auftraggeberin im gegenständlichen Vergabeverfahren auf eine „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ als Eignungskriterium berufen könne oder nicht. Die fehlende „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ könne jedoch keine fehlende Eignung iSd § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 begründen, da sich die Auftraggeberin an die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze, die Anforderungen an die Ausschreibungsunterlagen sowie an das Transparenzgebot zu halten habe, welches verlange, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen klar, genau und eindeutig formuliert seien.

Die Auftraggeberin habe in der Ausschreibungsunterlage die „Eignungs- und Zuschlagskriterien“ bzw. „Eignungskriterien und deren Nachweise“ abschließend festgelegt. Diese abschließende Festlegung müsse die Auftraggeberseite gegen sich gelten lassen. Die Auslassung der „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ in dem von der Auftraggeberseite festgelegten Katalog der „Eignungskriterien“ bzw. der fehlende Verweis auf die an anderer Stelle der Ausschreibungsunterlage allenfalls ableitbaren („versteckten“) Anforderungen an die technische Leistungsfähigkeit würden daher zu Lasten der Auftraggeberin gehen. Das von der vergebenden Stelle in ihrer Stellungnahme als „viel zu formalistisch“ kritisierte Vorbringen der Antragstellerin sei dem Vergaberecht geschuldet und Ausfluss der vergaberechtlichen Grundsätze. Ein solcher formalistischer Maßstab werde auch von der Auftraggeberseite selbst angelegt, indem sie die Ausscheidensentscheidung „formal“ mit der fehlenden „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ mit dem Hinweis auf die in einer intransparenten Verweiskette im Leistungsverzeichnis versteckte TRVB 123S bzw ÖNORM F 3070 konstruiert.

Die zur Begründung der Ausscheidensentscheidung herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes könne letztlich das Ausscheiden der Antragstellerin nicht rechtfertigen. Mit dem BVergG 2018 seien die zulässigen Eignungsnachweise abschließend festgelegt und damit auch die „Freiheit der Festlegung“ der öffentlichen Auftraggeber eingeschränkt worden. Der Gesetzgeber habe aber im Anhang XI nicht nur einen abschließenden Katalog an zulässigen Nachweisen normiert, sondern auch klar zum Ausdruck gebracht, dass die Eignungsnachweise bzw -kriterien in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen enthalten sein müssten. Die Auftraggeberseite hätte auf die notwendige Zertifizierung in der Ausschreibung in klarer und eindeutiger Weise verweisen müssen. Der in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.08.2018, W187 2201480-1 noch zu Grunde gelegte „Maßstab“ gelte daher nicht mehr für das BVergG 2018. Aus der aktuellen und einschlägigen Rechtsprechung ergebe sich das Erfordernis eines ausdrücklichen und umfänglichen Verweises auf die an anderer Stelle in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Eignungsanforderungen, sodass im konkreten Fall die „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ nicht als Eignungskriterium (technische Leistungsfähigkeit), sondern allenfalls als bloße Spezifikation der zu erbringenden Leistung angesehen werden könne.

7.       Mit Schriftsatz vom 25.05.2021 nahm die präsumtive Zuschlagsempfängerin Stellung und verwies auf die von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 17.05.2021 zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Vergabereformgesetz 2018, wonach nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und des Verwaltungsgerichtshofes alle Inhalte der Ausschreibungsunterlagen (Leistungsbeschreibung, Bedingungen, Kriterien usw.) so klar, genau und eindeutig zu formulieren seien, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen könnten. Dies bringe mit sich, dass in der Ausschreibungsunterlage selbst diese Informationen enthalten sein müssten. Verweise in der Ausschreibungsunterlage auf andere Dokumente, Vorschriften, Regeln seien zulässig, sofern ein direkter und kostenloser elektronischer Zugriff auf diese gewährleistet sei.

Bei der Antragstellerin handle es sich um ein etabliertes Elektroinstallationsunternehmen. Bei Anwendung der üblichen Sorgfalt bzw. Durchsicht der eindeutig und klar formulierten Ausschreibung, hätte der Antragstellerin auffallen müssen, dass sowohl in Anbetracht des vertraglich vereinbarten Baubescheids der Stadt Innsbruck vom 12.01.2021, als auch laut der Pos OG 01, Pos 305100A „Nachweis Erfüllung Auflagen aus Baubescheid“ die Brandmeldeanlage gemäß der TRVB 123 S und somit nur mit einer ÖNORM F 3070 Zertifizierung auszuführen sei. Als fachkundiges etabliertes Elektroinstallationsunternehmen habe ihr bewusst sein müssen, dass eine Brandmeldeanlage stets nur durch ein gemäß ÖNORM F 3070 zertifiziertes Unternehmen hergestellt werden dürfe. Die TRVB 123 S seien zudem frei zugänglich und stets abrufbar. Der Verweis in der Ausschreibung auf die TRVB 123 S sei jedenfalls nicht intransparent oder versteckt.

Zur von der Antragstellerin vorgebrachten Änderung durch das BVergG 2018 führte die präsumtive Zuschlagsempfängerin aus, dass die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 17.05.2021 nicht näher ausführe, warum durch das BVerG 2018 eine für das gegenständliche Verfahren relevante Änderung eingetreten sein sollte. Durch das BVergG 2018 habe sich keine für den konkreten Sachverhalt inhaltliche Änderung oder Einschränkung ergeben. Die Tatsache, dass der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit nunmehr in Anhang XI des BVergG 2018 geregelt sei und nicht mehr wie im BVergG 2006 in § 75, vermag daran nichts zu ändern, zumal diese Bestimmung fast wortgleich und jedenfalls inhaltsgleich in Anhang XI übernommen worden sei.

Da die Ausschreibung nicht angefochten worden sei, seien sowohl der Auftraggeber als auch die Bieter an die darin festgelegten Bestimmungen gebunden. Die bestandsfeste Ausschreibung stelle die unabänderliche Grundlage für die Angebotsbewertung dar. Es stehe fest, dass die Antragstellerin im Falle der Auftragserteilung nicht im Stande sei, die Leistungen der bestandsfest gewordenen Ausschreibung zu erfüllen, da sie selbst ausgeführt habe, dass sie über keine Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070 verfüge. Sie habe auch keinen, die Anforderungen erfüllenden Subunternehmer genannt. Das Angebot der Antragstellerin erfülle daher jedenfalls nicht die Anforderungen der Ausschreibung und sei somit zwingend auszuscheiden gewesen.

8.       Mit Schriftsatz vom 01.06.2021 führte die Antragstellerin aus, dass die erläuternden Bemerkungen ebenfalls festhalten würden, dass Verweise lediglich zulässig seien, sofern ein direkter und kostenloser elektronischer Zugriff auf diese gewährleistet sei, beispielsweise ein Link in den Ausschreibungsunterlagen auf der Website, der einen unmittelbaren Download ermögliche. Einschränkend dazu würden die erläuternden Bemerkungen aber weiters festhalten, dass sollte dies nicht der Fall sein, Verweise in den Ausschreibungsunterlagen nur in eingeschränktem Ausmaß zulässig seien.

Im gegenständlichen Fall ergebe sich der Hinweis auf die „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ lediglich durch eine „Verweiskette“, nämlich aus dem Leistungsverzeichnis Pos OG 01, Pos 305100A „Nachweis Erfüllung Auflagen aus Baubescheid“, die zunächst auf den „Baubescheid der Stadt Innsbruck vom 12.01.2021“ verweise, der wiederum in einem Auflagepunkt auf die TRVB 123 S weiterverweise, in der sich ein weiterer Verweis auf die ÖNORM F 3070 finde, aus deren alter Fassung sich dann erst die von der Auftraggebern geforderte „Zertifizierung“ ableiten ließe. Diese Verweiskette entspreche schon offensichtlich nicht den Anforderungen an eine transparente Ausschreibung. Ein durchschnittlich fachkundiger Bieter habe bei sorgfaltsgemäßer Durchsicht und Prüfung der Ausschreibungsunterlagen die „Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070“ nicht als Eignungskriterium erkennen bzw. entnehmen können. Die TRVB 123 S sei nicht „frei zugänglich und für jedermann stets abrufbar“, sondern unter www.bundesfeuerwehrverband.at kostenpflichtig abrufbar. Da somit „ein direkter und kostenloser elektronischer Zugriff“ in der Ausschreibungsunterlage nicht gewährleistet gewesen sei, seien die Verweise in der Ausschreibungsunterlage auf andere Dokumente im konkreten Fall nicht zulässig. Es werde weiters festgehalten, dass die im Zeitpunkt der Angebotsabgabe am 21.03.2021 geltende ÖNORM F 3070:2021 (Ausgabe 01.03.2021) nur die „Wartung und Instandhaltung“ zum Gegenstand gehabt habe. Für die Planung, Projektierung, Installation, Inbetriebnahme von technischen Brandschutzanlagen sei die ÖNORM F 3700:2021 (Ausgabe 01.03.2021) einschlägig. Schon aus diesem Grund hätte es zur Klarstellung einer ausdrücklichen Festlegung in der „Beilage Eignungs- und Zuschlagskriterien“ bedurft. Unklarheiten der Ausschreibungsunterlagen würden jedenfalls zu Lasten der Auftraggeberin gehen. Die Antragstellerin als Elektroinstallationsunternehmen und durchschnittlich fachkundige Bieterin habe bei Anwendung der üblichen Sorgfalt davon ausgehen können, dass die Eignungskriterien in der „Beilage Eignungs- und Zuschlagskriterien“ abschließend festgelegt worden seien. Die Auftraggeberseite hätte daher im konkreten Fall in der „Beilage Eignungs- und Zuschlagskriterien“ auf weitere diesbezügliche Festlegungen an anderer Stelle der Ausschreibungsunterlagen verweisen bzw. hinweisen müssen.

Der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes sei eine Ausschreibung zu Grunde gelegen, in der die TRVB 123 S im verwiesenen Baubescheid und zusätzlich im Leistungsverzeichnis unter „001301B Z Beschreibung der Leistung – Gewerkspezifisch 3.1 Brandmeldeanlage“ explizit erwähnt bzw. festgelegt worden sei. Die hier gegenständliche Ausschreibungsunterlage sei damit nicht vergleichbar und die zitierte Entscheidung insoweit nicht einschlägig. Auch wenn der Wortlaut des § 85 BVergG 2018 iVm Anhang XI im Wesentlichen mit der Vorgängerbestimmung des § 75 BVergG 2006 übereinstimme, sei der konkrete Sachverhalt nach der aktuellen Rechtslage zu beurteilen.

9.       Mit Schriftsatz vom 04.06.2021 brachte die präsumtive Zuschlagsempfängerin vor, dass die Tatsache, dass die Errichtung einer Brandmeldeanlage gemäß TRVB 123 S nur von einem Unternehmen mit einer Zertifizierung im Sinne der ÖNORM F 3070 durchgeführt werden dürfe, jedem sach- und fachkundigen Elektroinstallationsunternehmen bekannt sei. Mit der Behauptung, dass die Antragstellerin davon nichts gewusst hätte sowie, dass es für die Errichtung einer Brandmeldeanlage gemäß der TRVB 123 S einer Zertifizierung im Sinne der ÖNORM F 3070 bedürfe und diese Zertifizierung eignungsrelevant sei, so diskreditiere sie sich selbst. Die Antragstellerin habe bei anderen Bauvorhaben, bei welchen sie auch mit der Herstellung einer Brandmeldeanlage beauftragt gewesen sei, zertifizierte Unternehmen, wie auch bereits mehrfach die präsumtive Zuschlagsempfängerin, als Subunternehmer für diese Leistung beauftragt. Wäre die fehlende Zertifizierung im Sinne der ÖNORM F 3070 keine fehlende Eignung im Sinne der § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018, so hätte die Antragstellerin alle von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin errichteten Brandmeldeanlagen selbst errichten können.

Würde man der Ansicht der Antragstellerin hinsichtlich der unzulässigen Verweiskette folgen, so müssten zukünftig öffentliche Auftraggeber alle ÖNORMEN auf die im Leistungsverzeichnis verwiesen werde, im Leistungsverzeichnis abrufbar machen oder dem Leistungsverzeichnis anhängen, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein könne.

10.      In der mündlichen Verhandlung am 07.06.2021 führte die Auftraggeberin auf, dass die Antragstellerin auch nach der BVergG-Novelle 2018 mehrmals an Ausschreibungen der Auftraggeberin teilgenommen habe und dabei für die Errichtung der Brandmeldeanlagen immer Subunternehmer namhaft gemacht habe. Somit sei das Vorbringen hinsichtlich der Unkenntnis der ÖNORMEN und der TRVB S 123 als reine Schutzbehauptung zu werten. Es könne davon ausgegangen werden, dass ein qualifizierter Bieter das normative Umfeld seiner spezifischen unternehmerischen Tätigkeit kenne. Die Antragstellerin entgegnete, dass die Festlegung der Eignungskriterien eine Sache der Auftraggeberin sei und es nicht sein könne, dass auch ein qualifizierter Bieter raten müsse, welche Normen die Auftraggeberin möglicherweise für einschlägig oder anwendbar halten würde. Es gehe im Wesentlichen, losgelöst von der Frage der Begründung der Ausscheidungsentscheidung, um die Grenze der Zulässigkeit von Verweisen in der Ausschreibungsunterlage, die im konkreten Fall aus Sicht der Antragstellerin überschritten worden sei.

Die Auftraggeberin teilte mit, dass die TRVB S 123 und die relevanten ÖNORMEN F 3070 und F 3700 nicht in den Ausschreibungsunterlagen enthalten gewesen seien, da die Weitergabe von Normen verboten sei. Zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe sei die TRVB S 123 mit Stand 09 2019 maßgeblich gewesen, welche auf die ÖNORM F 3070 Bezug nehme. Die Veröffentlichung der Ausschreibung sei EU-weit am 22.02.2021 erfolgt, sodass zum Zeitpunkt der Planung und zum Zeitpunkt der Zurverfügungstellung der Ausschreibungsunterlagen die ÖNORM F 3070 mit Stand 15.02.2010 gültig gewesen sei. Im Zuge des Ausschreibungsverfahrens habe es die Teilung der Norm F 3070 gegeben. In die ÖNORM F 3700 sei die Planung, Projektierung, Montage und Inbetriebsetzung übernommen worden, während in der F 3070 nur noch die Instandhaltungstätigkeit geregelt sei. Die ÖNORM F 3700 gebe es im Entwurf erst seit Mai 2020, Vorgängernormen habe es nicht gegeben. Die Antragstellerin brachte vor, dass dies zeige, dass die Normenlage offensichtlich unklar sei, sodass die Auftraggeberin angehalten gewesen wäre, den für sie relevanten Inhalt aus den Normen, insbesondere den für sie relevanten ableitbaren Eignungskriterien, explizit festzulegen. Mangels klarer Festlegungen, würden diese Unklarheiten zu ihren Lasten gehen.

Zum Ausscheidensgrund des Nichtvorliegens der Befugnis für die Abschlussprüfung einer Brandmeldeanlage führte die Antragstellerin aus, dass eine befugte Stelle im Angebot nicht benannt worden sei. In rechtlicher Hinsicht handle es sich bei dieser Festlegung nicht um ein Eignungskriterium, sondern um eine Festlegung, die die Ausführung der Leistung betreffe, sodass die Antragstellerin berechtigt wäre, die befugte Stelle auch zu einem späteren Zeitpunkt namhaft zu machen. Auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin führte aus, dass es sich um einen Aspekt der Ausführung der Leistung handle und daher für diese Leistung kein Subunternehmer namhaft zu machen sei. Die diesbezügliche Entscheidung des BVA GZ N/0090-BVA/02/2011 sei nicht einschlägig, da diese Entscheidung noch vor der Einfügung der Legaldefinition des Subunternehmers in das BVergG ergangen sei. Die Prüfstelle als unabhängiges Institut schulde keinen Erfolg und könne daher nicht als Subunternehmer qualifiziert werden. Die Antragstellerin führte aus, dass auch der „Leistungsteil Abschlussprüfung“ Bestandteil der Leistung sei, für die vom Leistungserbringer ein Subunternehmer herangezogen werden könne, bei dem es sich aber nicht um einen notwendigen Subunternehmer handle. Die Auftraggeberin selbst habe diesbezüglich festgelegt, dass jede beabsichtigte Hinzuziehung eines nicht im Angebot bekanntgegebenen Subunternehmers der Auftraggeberin unverzüglich bekanntzugeben sei. Diese Festlegung müsse die Auftraggeberin gegen sich gelten lassen. Nach Ansicht der Auftraggeberin handle es sich diesbezüglich um eine Ausführungsbestimmung und keine Subunternehmerleistung, weil die Herstellung eines Werkes nicht vorliege und kein Erfolg geschuldet werde. Hier handle es sich lediglich um eine Prüftätigkeit einer zertifizierten Institution. Dem widersprach die Antragstellerin. Die Auftraggeberin gab weiters an, dass keiner der Bieter einen Subunternehmer für die Leistung Abschlussprüfung, Position 211187A, bekanntgegeben habe.

Die Antragstellerin führte zum Ausscheidensgrund des Nichtvorliegens der Befugnis zur Errichtung der Brandmeldeanlage erneut aus, dass sie über kein Zertifikat nach der ÖNORM F 3070 bzw. F 3700 verfüge. Sie verfüge jedoch über die einschlägigen Gewerbeberechtigungen, über qualifizierte Mitarbeiter und entsprechende Referenzen für die Errichtung der Brandmeldeanlage. Für die entsprechende formelle Abnahme hätte sich die Antragstellerin einer qualifizierten Stelle bedient. Die Antragstellerin hätte die Brandmeldeanlage, so wie es vorliegend ausgeschrieben sei, aufgrund ihrer Befähigungen ausführen können, sodass lediglich für die förmliche Abschlussprüfung eine befugte Stelle benötigt worden wäre. Die Antragstellerin gab an, dass sie bei der Errichtung der Brandmeldeanlage, trotz fehlender Zertifizierung, keinen Subunternehmer herangezogen hätte, da es sich um kein Eignungskriterium handle. Die Antragstellerin habe bereits eine Vielzahl von vergleichbaren Brandmeldeanlangen mit und ohne Subunternehmer errichtet, sodass sie über ausreichend Erfahrung und Referenzprojekte verfüge.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verwies auf die TRVB S 123, wonach zwingend bereits die Planung nur durch ein zertifiziertes Unternehmen durchzuführen sei. Die Antragstellerin entgegnete diesbezüglich, dass in der TRVB S 123 unter Punkt 2.2.2 auf die erforderliche Konzession des Errichters gemäß Gewerbeordnung hingewiesen werde. Sofern der Auftrag zur Errichtung an eine nicht zertifizierte Firma oder Einzelperson ergehe, müsse sich diese nachweislich einer zertifizierten Firma bedienen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):

Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Auftraggeberin ist die ARE Austrian Real Estate GmbH. Im Februar 2021 schrieb sie den verfahrensgegenständlichen Bauauftrag, „6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, Sicherheitszentrum Tirol – Sanierung und Erweiterung – Elektroinstallation Stark- und Schwachstrom“, in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip (Gesamtpreis 92%, angebotene Gewährleistungsfrist 2%, verlängerte Beweislastumkehr 6%) aus. Die Angebotsfrist endete am 26.03.2021.

Die Ausschreibung blieb unangefochten. Die Ausschreibungsunterlagen lauten auszugsweise:

Einladung zu Angebotsabgabe und Angebotsbestimmungen:

„[...]

Die Ausschreibungsunterlagen bestehen aus dieser Einladung zur Angebotsabgabe und Angebotsbestimmungen sowie folgenden Beilagen (* Kursiver Beilagentext gegebenenfalls vom Auftraggeber zu streichen):

a)       Angebotsschreiben (1-fach)

b)       Eignungs- und Zuschlagskriterien gegebenenfalls inkl. Anlagen

c)       Leistungsverzeichnis samt Plänen lt. Beilagenverzeichnis*

d)       Abändernde bzw. ergänzende Bestimmungen (AEB) zur ÖNORM B 2110:2013

e)       Rahmenterminplan*

f)       Arbeitsgemeinschaftserklärung

g)       Muster eines Bankgarantiebriefes für Kaution und Deckungsrücklass

h)       Muster eines Bankgarantiebriefes für Haftungsrücklass

i)       Subunternehmererklärung des Bieters

j)       Verpflichtungserklärung des erforderlichen Subunternehmers/Dritten

k)       Eigenerklärung

l)       Schlussblatt und Blatt für Nachlässe und Aufschläge (nur bei Verfahrensabwicklung durch Abgabe in Papierform)*

m)       KMU-Erklärung

n)       Weitere Beilagen:
laut Beilagenverzeichnis, Datenträger A-2063

[...]

7. Subunternehmer

Die Weitergabe des gesamten Auftrages an Subunternehmer ist – ausgenommen bei Kaufverträgen – unzulässig. Die Weitergabe von Teilen der Leistung ist überdiese nur insoweit zulässig, als der Subunternehmer die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Befugnis, technische, finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie die berufliche Zuverlässigkeit besitzt.

Der Bieter hat in seinem Angebot all jene Subunternehmer anzugeben, an die er Teile des Auftrages weiterzugeben beabsichtigt. Diese Angaben umfassen die Person des Subunternehmers, den Einsatzbereich und den Wert der Subunternehmerleistung in Prozent von Gesamtauftragswert (Beilage i). Weiters hat der Bieter in seinem Angebot anzugeben, ob die angegebenen Subunternehmer für den Nachweis der Leistungsfähigkeit und / oder die Befugnis des Bieters erforderlich sind (Beilage i). In diesem Fall hat der Bieter den Nachweis zu erbringen, dass ihm für die Ausführung des Auftrages die bei den anderen Unternehmern im erforderlichen Ausmaß vorhandenen Mittel auch tatsächlich zur Verfügung stehen (bei Substitution der technischen Leistungsfähigkeit) bzw. (bei Substitution der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) dass eine solidarische Haftung des Subunternehmers gegenüber dem Auftraggeber besteht (Beilage j)). Ein Wechsel eines Subunternehmers bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers.

Folgende Leistungsteile sind vom Bieter – von einem Mitglied der Bietergemeinschaft und verbundene Unternehmen – zwingend selbst zu erbringen und dürfen nicht an Subunternehmer weitergegeben werden:

Nach Zuschlagserteilung hat der erfolgreiche Bieter jeden beabsichtigten Wechsel eines Subunternehmers oder jede beabsichtigte Hinzuziehung eines nicht im Angebot bekannt gegebenen Subunternehmers dem Auftraggeber unverzüglich bekannt zu geben. Der Einsatz diese Subunternehmer bei der Leistungserbringung darf nur nach vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Auftraggebers erfolgen. Der Auftraggeber kann den Einsatz solcher Subunternehmer aus sachlichen Gründen auch ablehnen. Ein sachlicher Grund für die Ablehnung liegt jedenfalls vor, wenn eine Auskunft aus der zentralen Verwaltungsstrafevidenz des Bundesministers für Finanzen gemäß AuslBG oder aus der Verwaltungsstrafevidenz des Kompetenzzentrums LSDB gemäß LSD-BG ergeben hat, dass dem betreffenden Subunternehmer eine rechtskräftige Bestrafung gemäß AuslBG oder LSD-BG zuzurechnen ist.

Jeder vertragswidrige Einsatz eines Subunternehmers ermächtigt den Auftraggeber unabhängig vom Eintritt eines Schadens zur Geltendmachung eines verschuldensunabhängigen Pönales in Höhe von EUR 1.000,-- für den jeden vertragswidrig eingesetzten Subunternehmer und begonnen Tag des vertragswidrigen Einsatzes.

Zur Klarstellung wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgehalten, dass der Begriff Subunternehmer gemäß der Definition des BVergG sämtliche Subunternehmer auf jeder Stufe der Subunternehmerkette umfasst und als Vorfall jeder vertragswidrige Einsatz eines Subunternehmers gilt, unabhängig davon, ob derselbe Subunternehmer oder verschiedene Subunternehmer vertragswidrig eingesetzt werden.

[...]“

Angebotsschreiben:

„[...]

6. Vertragsbestandteile:

Als Vertragsbestandteile gelten in nachstehender Reihenfolge:

a)       die schriftliche Vereinbarung, durch die der Vertrag zustande gekommen ist (das Auftragsschreiben und gegebenenfalls der Gegenbrief ohne Vorbehalte);

b)       „Beilage Eignungs- und Zuschlagskriterien“ der Einladung zur Angebotsabgabe

c)       die Angebotsbestimmungen des Einladungsschreibens zur Angebotsabgabe und das gegenständliche Angebotsschreiben (ohne Beilagen);

d)       abändernde bzw. ergänzende Bestimmungen (AEB) zur ÖNÖRM B 2110:2013;

e)       die ÖNÖRM B 2110:2013, soweit nicht die vorgenannten AEB abweichende Regelungen enthalten;

f)       die Baubewilligungen und alle sonstigen für die Ausführung, Benützung und den Betrieb erforderlichen behördlichen Bewilligungen, sowie die Bestimmungen, Bescheid, Auflagen und Angaben der Behörden bzw. kommunaler Institutionen für Ver- und Entsorgungsmaßnahmen;

g)       die Beilagen zum Angebotsschreiben, wobei innerhalb dieser Beilagen bei allfälligen Widersprüchen die im Punkt 21. Normierte Reihenfolge bzw. Rangordnung gilt;

h)       die behördlich genehmigten Pläne sowie die Ausführungs- und Detailzeichnungen der Architekten und die Ausführungsunterlagen und sonstigen Ausarbeitungen der Sonderfachleute sowie die vereinbarten Detailterminpläne;

i)       die ÖNÖRMEN (Werkvertragsnormen) mit vornormierten Vertragsinhalten, die für einzelne Sachgebiete gelten und die den europäischen Spezifikationen entsprechenden Normen technischen Inhaltes;

j)       besonders Bestimmungen für den Einzelfall. Allenfalls Hinweise auf Abweichungen von den europäischen Spezifikationen;

k)       die anerkannten Regeln der Technik.

Die erwähnten Vertragsbestandteile gelten in der vorangeführten Reihenfolge. Bei Widersprüchen gilt der jeweils vorgeordnete Vertragsbestandteil. Abänderungen und Ergänzungen der Vertragsbestandteile gelten nur, wenn dieselben von beiden Seiten schriftlich und rechtsgültig bestätigt werden.“

Eignungs- und Zuschlagskriterien:

„[...]

1. EIGNUNGSKRITERIEN UND DEREN NACHWEISE

Von einem Bieter/Mitglied einer Bietergemeinschaft/Subunternehmer wird gefordert, dass dieser jene Eignungskriterien erfüllt, die sicherstellen, dass der Bieter/Mitglied einer Bietergemeinschaft/Subunternehmer zur Umsetzung der erforderlichen Leistungen geeignet ist und über das dem Auftragsvolumen und Terminen und Fristen entsprechende qualifizierte Eigenpersonal verfügt.

[...]

1.1 Befugnis

Der Bieter muss zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe über die Befugnis(se) zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen verfügen. Er hat eine diesbezügliche verbindliche Erklärung durch Auflistung seiner Befugnis(se) und der Befugnis(se) der von ihm bekanntgegebenen Subunternehmer abzugeben [...]. Der Bieter ist jedenfalls abschließend verantwortlich über die notwendige(n) Befugnis(se) entsprechend den Regelungen des Bundesvergabegesetzes zu verfügen und kann diese bereits seinem Angebot anschließen.

[...]“

Leistungsverzeichnis:

Position 00 008002:

„Z Leistungsumfang

In den Preisen des Angebotes sind neben den gewerksspezifisch angeführten Leistungen und Nebenleistungen auch folgend angeführte Leistungen zu erbringen und in die Einheitspreise einzukalkulieren, sowie alle in den Vorbemerkungen dezitiert [richtig: dezidiert] angeführten Leistungen des Auftragnehmers:

Die Lieferung und Montage der Anlagen muss komplett und betriebsfertig inkl. Probebetrieb, Inbetriebnahme, Einweisung des Bedienungspersonals sowie allen dazu erforderlichen Nebenarbeiten erfolgen. Der Anbieter hat eine, dem Stand der Technik und den Gesetzen, Verordnungen und Normen entsprechende Betriebssicherheit und Wartungsarmut zu gewährleisten. Alle Lieferungen müssen dem heutigen Stande der Technik entsprechen.

[...]“

Position 01 305100A:

„Z Nachweis Erfüllung Auflagen aus Baubescheid

Folgende Nachweise sind den Dokumentationsunterlagen zur Bestätigung der Auflagenerfüllung beizulegen:

3. Die Umsetzung der im Brandschutzkonzept und Gutachten beschriebenen Maßnahmen (baulicher, anlagentechnischer und organisatorischer Brandschutz) ist mit der Fertigstellungsmeldung, durch eine hierzu befugte Person oder akkreditierte Stelle, zu bestätigen.

9. Die für das Objekt vorgesehene Brandmeldeanlage mit Schutzumfang „Vollschutz“ ist gemäß der Technischen Richtlinie „Brandmeldeanlagen“ TRVB 123 S, herausgegeben vom österr. Bundesfeuerwehrverband und den österr. Brandverhütungsstellen, zu projektieren und auszuführen. Bezüglich Ausführung der Brandmeldezentrale, Standort der BMA und Situierung der Feuerwehrbedieneinrichtungen sind die Vorgaben der Berufsfeuerwehr einzuhalten, bzw. ist diesbezüglich mit der Berufsfeuerwehr rechtzeitig das Einvernehmen herzustellen.

[...]“

Position 01 2111

„V Brandmeldeanlagen in BUS-Technik

1. Leistungsumfang/einkalkulierte Leistungen:

In die Einheitspreise einkalkuliert sind:

?        die Erstellung aller Unterlagen für die Einreichung und Abschlussüberprüfung, ausgenommen Brandschutzpläne,

?        die Programmierung der Anlage aufgrund der Angaben der dem Leistungsverzeichnis beiliegenden Ausführungsdetails,

?        die Kabelverbindungen bei Anschaltekomponenten in den Zentralen,

?        die Vernetzungsmodule bei Haupt- und Unterzentralen,

?        bei Ansaugrohren für Rauchmeldesysteme das Befestigungsmaterial sowie das Zubehör für Verbindungen und Richtungsänderungen.

[…]“

Position 01 211187

„ Abschlussüberprüfung der errichteten Brandmeldeanlage durch eine befugte Stelle (Die befugte Stelle wird durch den Errichter der Brandmeldeanlage beauftragt).
Die Anwesenheit des Errichters der Brandmeldeanlage während der Prüfarbeiten zur Abschlussprüfung ist in den Einheitspreis einkalkuliert.“

Position 01 211187A:

„ V Abschlussprüfung Brandmeldeanlage

L: . . . . . . . . . .   S: . . . . . . . . . .  EP: . . . . . . . . . .   1.00 PA   PP: . . . . . . . . . .“

Position 01 211187B :

„Z Teil-Abschlussprüfung Brandmeldeanlagen

Teil-Abschlussprüfung Brandmeldeanlage gemäß Inbetriebnahme-Abschnitte.

L: . . . . . . . . . .   S: . . . . . . . . . .  EP: . . . . . . . . . .   1.00 PA   PP: . . . . . . . . . .“

In der Baubeschreibung werden die Beilagen für die Fachplaner bezeichnet, darunter die „Technische Beschreibung Elektrotechnik“.

Unter Rz 620 der „Technischen Beschreibung Elektrotechnik“ wird auszugsweise festgelegt:

„Brandmeldeanlage

Die Gebäude werden mit einer automatischen Brandmeldeanlage in Vollschutzausführung gemäß TRVB S123 und EN 54 überwacht. ...“

Im Baubescheid des Magistrates der Stadt Innsbruck vom 12.10.2020 wird unter Spruchpunkt I.9 auszugsweise folgende Auflage erteilt:

„Die für das Objekt vorgesehene Brandmeldeanlage mit Schutzumfang „Vollschutz“ ist gemäß der Technischen Richtlinie „Brandmeldeanlagen“ TRVB 123 S, herausgegeben vom österr. Berufsfeuerwehrverband und den österr. Brandverhütungsstellen, zu projektieren und auszuführen. ...“

Die Technische Richtlinie Vorbeugender Brandschutz TRVB 123 S lautet auszugsweise:

„TEIL 2:  BESTANDTEILE VON BRANDMELDEANLAGEN

2.1      Die Bestandteile von Brandmeldeanlagen müssen folgenden ÖNORMEN entsprechen:

[...]

ÖNORM F 3070  Instandhaltung von Brandmeldeanlagen

2.2.2   Errichterfirma

Die Errichtung (Planung, Projektierung, Installation und Inbetriebnahme) der Brandmeldeanlage muß durch eine zertifizierte Fachfirma durchgeführt werden. Auf die erforderliche Konzession des Errichters gemäß Gewerbeordnung wird hingewiesen. Soferne der Auftrag zur Errichtung an eine nicht zertifizierte Firma oder Einzelperson geht, muß sich diese nachweislich (siehe auch 5.3.3 und Installationsattest) einer zertifizierten Fachfirma bedienen. [...]“
„5.3          Abschlußüberprüfung von Brandmeldeanlagen

5.3.1   Jede neu errichtete Brandmeldeanlage ist vom Betreiber einer Abschlussüberprüfung durch eine akkreditierte Inspektionsstelle unterziehen zu lassen.

[...]

5.3.3   Vor der Abschlußüberprüfung sind der abnehmenden Stelle vom Auftraggeber folgende, der tatsächlichen Ausführung der Brandmeldeanlageentsprechende Unterlagen zu übergeben:

[...]

-        Installationsattest gemäß Anhang 1

[...]“

Aus dem in Anhang 1 zur TRVB 123 S enthaltenen „Attest für Planung, Projektierung, Installation und Inbetriebnahme der Brandmeldeanlage“ geht hervor, dass die Planung, Projektierung, Installation und Inbetriebnahme mit Ausnahme der Leistungs- und Meldermontage durch ein zertifiziertes Unternehmen zu erfolgen hat.

Die Technische Richtlinie Vorbeugender Brandschutz TRVB 001 A „Definitionen“ lautet auszugsweise:

„Abnehmende Stelle: Gesetzlich beauftragte Stelle oder akkreditierte Inspektionsstelle

Abschlußüberprüfung: Überprüfung(en) nach Fertigstellung oder Änderung der Brandmeldeanlage

[...]

Errichter: Fachfirma, die von einer akkreditierten Zertifizierungsstelle für die Errichtung von Brandmeldeanlagen mit einem bestimmten Brandmeldesystem zertifiziert und zur Ausstellung des Übergabetests berechtigt ist.

[...]

Fachunternehmen: Unternehmen, deren Mitarbeiter über die erforderliche Ausbildung und praktische Erfahrung sowie die erforderlichen Werkzeuge, Prüfeinrichtungen und Informationen verfügen, um die Installation entsprechend dem aktuellen Stand der Technik sowie den von den Bauteil-Herstellern empfohlenen Verfahren zuverlässig durchzuführen und mögliche Gefahren zu erkennen.

[...]

Inspektionsstelle: akkreditierte Stelle für die Überprüfung von Brandschutzanlagen nach den jeweiligen Errichtungsvorschriften (TRVB 123 S, TRVB 127 S usw.), meist ident mit ,Abnehmende Stelle‘

[...]

Zertifizierungsstelle: Für die Zertifizierung von Brandschutzprodukten akkreditierte Stelle gemäß Akkreditierungsgesetz BGBl. 1993“

Die (nationalen) Anforderungen an den Nachweis (Zertifikat) der Verantwortlichkeit und die Fachkompetenz von Fachfirmen im Bereich der Planung, Projektierung, Montage, Inbetriebnahme und Instandhaltung von anlagentechnischen Brandschutzsystemen werden in den ÖNORMEN F 3070 und F 3700 (Stand 01.03.2021) und wurden zuvor in der ÖNORM F 3070 definiert.

Am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligten sich ua die Antragstellerin sowie die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin durch die Abgabe von Angeboten. Bei diesen Unternehmen handelt es sich ebenso wie bei den sonstigen Bietern jeweils nicht um eine nach dem Akkreditierungsgesetz akkreditierte Stelle für die Überprüfung von Brandschutzanlagen (Inspektionsstelle; siehe Datenbank der Akkreditierung Austria). Kein Bieter bezeichnete für die nach den Leistungspositionen 01 211187A (Abschlussprüfung Brandmeldeanlage) und 01 211187B (Teil-Abschlussprüfung Brandmeldeanlage) zu erbringenden Leistungen der Abschlussüberprüfung einen Subunternehmer. Die Antragstellerin verfügt weder über eine Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070 noch über eine Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3700. Sie hat auch insofern für die Errichtung der Brandmeldeanlage keinen Subunternehmer bezeichnet.

Mit Schreiben vom 23.04.2021 wurde der Antragstellerin von der Auftraggeberin bekannt gegeben, den Zuschlag der Bietergemeinschaft XXXX erteilen zu wollen sowie das Angebot der Antragstellerin gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 ausscheiden zu müssen. Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 79 Z 1 BVergG 2018 die Eignung bei einem offenen Verfahren im Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen müsse und dass dies beim Unternehmen der Antragstellerin nicht der Fall gewesen sei. Die Antragstellerin selbst besitze demnach die notwendige Zertifizierung gemäß ÖNORM F 3070 nicht und habe für die erforderliche Eignung auch keinen notwendigen Subunternehmer bekannt gegeben.

Mit Schriftsatz vom 03.05.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am selben Tag, brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung ein und beantragte die Untersagung der Zuschlagserteilung hinsichtlich des gegenständlichen Vergabeverfahrens für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens. Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühr nach Aufforderung zur Verbesserung in entsprechender Höhe.

Sowohl die Auftraggeberin als auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin wurden vom Bundesverwaltungsgericht über das Einlangen des Nachprüfungsantrages in Kenntnis gesetzt. Seitens der Bietergemeinschaft XXXX wurden begründete Einwendungen erhoben.

Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den eingangs (unter II.1.) angeführten Beweismitteln und wurde seitens der Parteien auch nicht bestritten. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben. Die Feststellungen finden Deckung in den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den bezugnehmenden Beilagen sowie den Vergabeunterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Anzuwendendes Recht:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) lauten:

Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise:

Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(7) …

3.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG 2018) lauten auszugsweise:

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
1.         …
15.         Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.
a)         Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:
aa)         im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Entscheidungen während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;
nn)         …
b)         …
22.         Kriterien:
a)         ...
c)         Eignungskriterien sind die vom Auftraggeber festgelegten, nicht diskriminierenden, mit dem Auftragsgeg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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