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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwältin in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. Jänner 1995, Zl. Ia-10.625/6-1995, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. Jänner 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (vom 17. März 1994) auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß § 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311" (StbG), abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene, an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde von diesem Gerichtshof mit Beschluß vom 4. Oktober 1995, B 289/95-11, unter gleichzeitiger Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, der darüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde kam im angefochtenen Bescheid zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer - ein türkischer Staatsangehöriger, der seit 10. November 1986 ununterbrochen seinen "ordentlichen Wohnsitz" im Bundesgebiet habe und seit 6. Oktober 1990 mit einer österreichischen Staatsbürgerin in aufrechter Ehe lebe - die Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 11a StbG erfülle. Der Beschwerdeführer sei zwar in den Jahren 1990 bis 1993 insgesamt neunmal vorwiegend wegen Übertretungen der StVO und des KFG verwaltungsbehördlich bestraft worden, doch sei im Hinblick darauf, daß er zuletzt fast zwei Jahre nicht mehr "verwaltungsbehördlich belangt" worden sei, kein Verleihungshindernis im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gegeben. Es seien auch die übrigen Verleihungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 StbG erfüllt, doch vermittle das den verwaltungsbehördlichen Bestrafungen zugrundeliegende Verhalten ein Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers, das das gemäß § 11 StbG auszuübende Ermessen zu dessen Ungunsten habe ausfallen lassen.
Gemäß § 10 Abs. 1 StbG KANN einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn die in den Z. 1 bis 8 dieser Gesetzesstelle und im § 10 Abs. 2 leg. cit. aufgezählten Verleihungsvoraussetzungen (kumulativ) erfüllt sind.
Nach der hier maßgeblichen Norm des § 11a StbG IST einem Fremden unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 StbG die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn (überdies) die Voraussetzungen der Z. 1 bis 4 (welche im wesentlichen die Dauer und den Bestand der Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger betreffen) erfüllt sind.
Aus dem Gesetzeswortlaut ("ist ... zu verleihen") ergibt sich eindeutig, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 11a StbG ein Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gegeben ist und der Behörde kein Ermessensspielraum zukommt (vgl. dazu das hg. Erkenntis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/01/0005, mit ausführlicher Begründung). Der in dieser Gesetzesstelle enthaltene Verweis auf die "Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2" beinhaltet somit - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht auch einen Verweis auf das im Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 StbG ("die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn ... ") eingeräumte und im § 11 StbG näher determinierte Ermessen.
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Ansicht vertrat, es sei auch bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des § 11a StbG eine Ermessensentscheidung zulässig, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß für den Schriftsatzaufwand insgesamt nur ein Ersatz von S 12.500,-- gebührt und darüberhinaus eine gesonderte Vergütung von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995010563.X00Im RIS seit
20.11.2000