TE Vwgh Beschluss 1996/9/25 96/01/0476

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Veröffentlicht am 25.09.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;
VwGG §61;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/01/0477

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel über den Antrag des H in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. November 1995, Zl. 4.346.272/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenweg ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 1995, der den im Wiedereinsetzungsantrag enthaltenen Angaben zufolge der im Wege der Verfahrenshilfe bestellten Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", am 12. März 1996 zugestellt worden war, wurde sein Antrag auf Asylgewährung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Zur Begründung des zugleich mit der Beschwerde gegen diesen Bescheid am 23. Mai 1996 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrages gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wird ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei Verfahrenshilfe für die Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gewährt worden. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers habe eine Aktennotiz angelegt, in der sie den Kanzleiangestellten RAA Mag. P. mit der Ausarbeitung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde beauftragt habe. Der Bestellungsbeschluß sei in der Folge von der Kanzleiangestellten U. H. irrtümlich in einen anderen Akt gelegt worden und somit unauffindbar geblieben. RAA Mag. P. sei bei Prüfung des Aktes zur Auffassung gelangt, daß sowohl eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch an den Verwaltungsgerichtshof geeignet erscheine und habe daher eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof mit Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof ausgearbeitet. Der Partner der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, RA Mag. F. J. H., habe am letzten Tag der Frist (23. April 1996) die Beschwerde überprüft, sei aber mangels eines einliegenden Bestellungsbeschlusses nicht in der Lage gewesen, zu überprüfen, ob tatsächlich Verfahrenshilfe für die Einbringung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erteilt worden war. Am 9. Mai 1996 sei durch ein an diesem Tag zugestelltes "Schreiben" des Verfassungsgerichtshofes die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt worden, weil mangels der Erteilung der Verfahrenshilfe für ein Verfahren vor diesem Gerichtshof der Beschwerdeführer vor dem Verfassungsgerichtshof nicht anwaltlich vertreten gewesen sei. Der Irrtum der Kanzlei der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hinsichtlich der Erteilung der Verfahrenshilfe stelle sich als unabwendbares bzw. unvorhergesehenes Ereignis dar, weil die - ein einmaliges Versehen der Mitarbeiterin U. H. darstellende - irrtümliche Verlegung des Bestellungsbeschlusses nicht vorherzusehen und anschließend auch nicht abzuwenden gewesen sei.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Im vorliegenden Fall ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen darzulegen, daß die nicht fristgerechte Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof auf ein unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis zurückzuführen sei. So wurde in keiner Weise dargetan, warum es dem mit der Ausarbeitung der Beschwerde beauftragten Kanzleimitarbeiter oder dem die ausgearbeitete Beschwerde überprüfenden Partner der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen sein sollte, etwa durch Anfrage bei der Rechtsanwaltskammer oder bei Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof zu klären, für welchen der beiden Gerichtshöfe die Verfahrenshilfe gewährt worden war. Auch muß es angesichts der im Wiedereinsetzungsantrag dargestellten Situation als angebracht und von der anwaltlichen Vorsorge umfaßt angesehen werden, daß bei Unkenntnis über den Bestellungsbeschluß zum Verfahrenshelfer vorsichtshalber bei beiden Gerichtshöfen öffentlichen Rechtes eine Beschwerde eingebracht wird. Auch darüber, daß letzteres der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers bzw. den von ihr beauftragten Personen unmöglich gewesen wäre, enthält der Wiedereinsetzungsantrag keine Ausführungen.

Da somit ein die rechtzeitige Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde hinderndes, unabwendbares oder unvorhersehbares Ereignis nicht dargetan wurde, konnte dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben werden.

Dies hat weiters zur Folge, daß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010476.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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