TE Vwgh Erkenntnis 1982/12/1 82/03/0033

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Veröffentlicht am 01.12.1982
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Index

Verwaltungsverfahren - VVG
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §31 Abs2
VStG §31 Abs3
VStG §53 Abs2
VVG §1 Abs1
VVG §1 Abs2

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
82/03/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über die Beschwerde des HK, in I, vertreten durch Dr. Kurt Zangerl, Rechtsanwalt in Innsbruck, Bozner Platz 1, gegen die in einer Ausfertigung zusammengefaßten Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol und der Tiroler Landesregierung vom 23. Dezember 1981, Zl. IIb2-V-1098a/3-1981, betreffend Einwendungen gegen einen zu vollstreckenden Anspruch auf Zahlung von Geldstrafen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 und der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund und dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von je S 2.200,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 9. März 1976 wurde der Beschwerdeführer wegen der am 12. November 1975 begangenen Verwaltungsübertretungen nach § 64 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) sowie nach § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) zu Geldstrafen von S 5.000,-- (Ersatzarreststrafe acht Tage) nach dem Kraftfahrgesetz sowie S 7.000,-- (Ersatzarreststrafe zehn Tage) und S 300,-- (Ersatzarreststrafe ein Tag) nach der Straßenverkehrsordnung verurteilt; die Verfahrenskosten wurden mit S 1.230,-- zuzüglich S 37,-- an Barauslagen bestimmt. Infolge Berufung des Beschwerdeführers wurde dieses Straferkenntnis, und zwar hinsichtlich der Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz durch den Landeshauptmann von Tirol, hinsichtlich Übertretungen der Straßenverkehrsordnung durch die Tiroler Landesregierung, mit Bescheid vom 1. Dezember 1977 bestätigt; die Kosten des Berufungsverfahrens wurden mit S 1.230,-- bestimmt. Der Beschwerdeführer zahlte der Folge einen Teilbetrag von S 6.797,--. Am 6. November 1978 beantragte die Bundespolizeidirektion beim Bezirksgericht Innsbruck die Fahrnisexekution gegen den Beschwerdeführer zur Hereinbringung eines Restbetrages von S 8.000,--; die Exekution wurde am 7. November 1978 bewilligt, blieb jedoch, da die Wohnung des Beschwerdeführers versperrt war, erfolglos. Im April 1986 beantragte die Bundespolizeidirektion Innsbruck neuerlich Fahrnisexekution gegen den Beschwerdeführer wegen des aushaftenden Restbetrages von S 8.000,-- und wegen eines aus einem anderen Verwaltungsstrafverfahren aushaftenden Betrages von S 845,--. Das Bezirksgericht Innsbruck bewilligte diese Fahrnisexekution am 30. April 1980. Ein Rekurs gegen diesen Exekutionsbewilligungsbeschluß blieb erfolglos (Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. Dezember 1980, Zl. 1 R 736/80).

Am 19. Jänner 1981 erhob der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch im Sinne des § 35 EO. Hinsichtlich der gegenständlichen S 8.000,-- behauptete er Eintritt der Vollstreckungsverjährung; denselben Einwand erhob er hinsichtlich des nicht gegenständlichen weiteren Betrages und brachte diesbezüglich ferner vor, die Exekutionsbewilligung sei durch den Exekutionstitel nicht gedeckt.

Hinsichtlich des hier gegenständlichen betriebenen Betrages von S 8.000,-- erkannte die Bundespolizeidirektion Innsbruck mit Bescheid vom 16. März 1981 dahin, daß der Antrag auf Feststellung, daß der Anspruch erloschen sei, als unbegründet abgewiesen werde; der Anspruch bestünde hinsichtlich des Teilstrafbetrages von S 8.000,-- zu Recht. In der Begründung wurde ausgeführt, daß Vollstreckungsverjährung deshalb nicht eingetreten sei, weil die Exekution mit dem Antrag vom 6. November 1978 rechtzeitig eingeleitet worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beharrte der Beschwerdeführer auf seiner Rechtsansicht, es sei Vollstreckungsverjährung eingetreten. Die Behörde habe nämlich dem Beschwerdeführer zumindest stillschweigend Abzahlung der Geldstrafen in Teilbeträgen im Sinne des § 53 Abs. 2 VStG 1950 gewährt. Es mangle auch der betreibenden Partei an der Aktivlegitimation, weil für die Ansprüche aus der Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz nur der Landeshauptmann anspruchsberechtigt sei.

Mit Bescheid vom 22. Dezember 1981 entschied der Landeshauptmann von Tirol hinsichtlich des Teiles der Restgeldstrafe von S 8.000,-- soweit sie auf eine Bestrafung wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes zurückgehe, und die Tiroler Landesregierung hinsichtlich des Teiles der Restgeldstrafe von S 8.000,--, soweit diese auf eine Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung zurückgehe, über die Berufung des Beschwerdeführers dahin, daß ihr gemäß § 10 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 VVG 1950 keine Folge gegeben und die Einwendungen gegen den Anspruch als unbegründet abgewiesen werden. In der Begründung wurde nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsstraf- und Verwaltungsvollstreckungsverfahrens ausgeführt, die Frist des § 31 Abs. 3 VStG 1950 sei gewahrt, weil die Behörde innerhalb der Verjährungsfrist die Exekution zur Hereinbringung der Geldstrafen beantragt habe; eine Gewährung von Ratenzahlungen im Sinne des § 53 Abs. 2 VStG 1950 sei nicht erfolgt. Eine stillschweigende Gewährung zur Entrichtung einer Geldstrafe in Teilbeträgen sei gesetzlich nicht vorgesehen. Es liege auch nicht die behauptete Verschiedenheit der Anspruchsberechtigten vor, weil gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 VVG 1950 der Bundespolizeidirektion Innsbruck die Vollstreckung der von ihr selbst und von den ihnen übergeordneten Behörden erlassenen Bescheide obliegt. Daher sei der Berufung, im Spruch ersichtlich, vier Erfolg zu versagen gewesen.

Gegen diese in einer Ausfertigung ergangenen Bescheide der beiden genannten Behörden wendet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die beiden belangten Behörden haben eine Gegenschrift erstattet und in dieser beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 3 VStG 1950 darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt und eine verhängte Strafe nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt - der Tatzeit - drei Jahre verstrichen sind.

Die Tatzeit war der 12. November 1975. Durch die Bewilligung der Fahrnisexekution mit Beschluß vom 7. November 1978 wurde die oben genannte Frist gewahrt. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, es seien ihm „stillschweigend“, „nach den Grundsätzen von Treu und Glauben“ Ratenzahlungen im Sinne des § 53 Abs. 2 VStG 1950 gewährt worden, findet in den Verwaltungsakten keine Grundlage. Der bloße Umstand, daß der - grundsätzlich zur Zahlung binnen vierzehn Tagen Verpflichtete - Beschwerdeführer von sich aus nur Teilleistungen erbrachte, bedeutet kein behördliches Handeln, weder ein ausdrückliches noch ein stillschweigendes.

Aber auch der gerügte Umstand, es sei aus den angefochtenen Bescheiden nicht erkennbar, „auf welche der verhängten Geldstrafen die Ratenzahlungen angerechnet wurden“, belaste die Bescheide nicht mit Rechtswidrigkeit. Es ist richtig, daß weder der Landeshauptmann noch die Landesregierung ausgesprochen haben, über welchen bestimmten Betrag sie im Sinne der Nichtstattgebung der Einwendungen abgesprochen haben. Feststeht nach dem oben zitierten Spruch jedenfalls, daß der Landeshauptmann über keinen höheren Betrag als S 8.000,-- abgesprochen hat; das gleiche gilt für die Landesregierung. Beide Behörden nahmen somit einen Entscheidungsrahmen von - theoretisch gesprochen - Null bis S 8.000,-- in Anspruch, beide mit der einschränken den Klausel „soweit dies auf eine Bestrafung wegen einer Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz“ bzw. „nach der Straßenverkehrsordnung zurückgeht“. Damit wurde eindeutig zu erkennen gegeben, daß die Behörden ihren Abspruch auf jeweils jenen Teilbetrag einschränken wollten, der ihrer Zuständigkeit unterliegt.

Daß bei gegebener Zuständigkeit der belangten Behörden durch die geschilderte Art der Spruchfassung weitere schutzwürdigen rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers verletzt wurden, wurde in der Beschwerde nicht vorgebracht. Die Frage, wem die eingezahlten oder exekutiv eingetriebenen Beträge letztlich zukommen, betrifft keine rechtlich geschützten Interessen des Beschwerdeführers.

Da es somit der Beschwerde nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. b, 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Da die beiden belangten Behörden die Akten des Verwaltungsstraf- und Vollstreckungsverfahrens nur einmal vorgelegt haben, gebührt jeder Behörde die Hälfte des Betrages für Vorlageaufwand (vgl. die Erwägungen im Beschluß vom 24. März 1982, Zl. 81/03/0137, 0142).

Wien, am 1. Dezember 1982

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1982:1982030033.X00

Im RIS seit

04.02.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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