TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/30 96/12/0022

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Veröffentlicht am 30.09.1996
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Index

L24003 Gemeindebedienstete Niederösterreich;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

GdBDO NÖ 1976 §72 Abs1;
GdBDO NÖ 1976 §72 Abs3;
PG 1965 §19 Abs4 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der E S in P, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Mai 1995, Zl. II/1-BE-518-48-95, betreffend Versorgungsgenuß gemäß § 72 der NÖ Gemeindebeamtendienstordnung 1976 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem aus:

Die 1942 geborene Beschwerdeführerin war von 1968 bis 1984 mit dem am 25. Juni 1994 verstorbenen Oberamtsrat P S, öffentlich-rechtlich Bediensteter der Gemeinde X, NÖ, verheiratet. Diese Ehe wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 11. Juli 1984 rechtskräftig gemäß § 55a Ehegesetz geschieden. In der vor Gericht abgeschlossenen Vereinbarung verpflichtete sich der geschiedene Ehegatte der Beschwerdeführerin, ihr einen monatlichen Unterhalt von S 1.000,--, nach Wegfall der Unterhaltsverpflichtung für die zwei ehelichen Kinder von S 3.000,-- (mit Festlegung von bestimmten Aufwertungsfaktoren), zu erbringen. Dieser Vereinbarung wurde ein Einkommen des seinerzeitigen Gatten der Beschwerdeführerin von ca. S 22.000,-- monatlich und ein solches der Beschwerdeführerin von S 11.000,-- monatlich zugrunde gelegt.

Mit einem am 13. Juli 1974 bei der Gemeinde X eingelangten Schreiben beantragte die Beschwerdeführerin den ihr zustehenden Versorgungsgenuß nach ihrem am 25. Juni 1994 verstorbenen früheren Ehegatten und teilte weiters u.a. mit, daß er sie zuletzt mit "S 1.400,-- monatlich alimentiert" habe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 10. Oktober 1994 wurde der Beschwerdeführerin ein Versorgungsgenuß gemäß § 72 der NÖ Gemeindebeamtendienstordnung 1976 (GBDO) zuerkannt. Die Höhe des Versorgungsgenusses wurde mit Wirkung ab 1. Juli 1994 gemäß § 72 Abs. 3 GBDO mit S 1.402,-- monatlich festgelegt, was der Unterhaltsleistung, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Gemeindebeamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt habe, entspreche. In der Begründung dieses Bescheides wird weiters ausgeführt, daß nach § 72 GBDO dem früheren Ehegatten eines verstorbenen Gemeindebeamten auf dessen Antrag ein Versorgungsgenuß gebühre und daß der Versorgungsanspruch für den früheren Ehegatten des verstorbenen Gemeindebeamten dann gelte, wenn dieser zur Zeit des Todes des Gemeindebeamten auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen gehabt habe. Laut Beschluß des Bezirksgerichtes Purkersdorf sei seinerzeit ein Unterhalt in der Höhe von S 1.000,-- vereinbart worden. Nach Aufwertung im Sinne des Unterhaltsvergleiches sei ein Betrag in der Höhe von S 1.402,-- monatlich ermittelt worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, die Behörde sei zu Unrecht von einem Unterhalt von S 1.402,-- monatlich ausgegangen; maßgeblich sei nicht der bezahlte Unterhalt, sondern der UnterhaltsANSPRUCH, der wesentlich höher gewesen wäre.

Mit Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 12. Jänner 1995 wurde die Beschwerdeführerin ersucht, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Schreibens einen Nachweis darüber vorzulegen, daß ihr ein höherer Unterhaltsbetrag, als im vorangeführten Vergleich festgehalten, zustünde, wobei dieser Nachweis nur durch eine später ausgestellte Unterhaltsvereinbarung erbracht werden könne.

Die Beschwerdeführerin vertrat daraufhin mit Schreiben vom 13. Februar 1995 die Auffassung, es werde fälschlicherweise davon ausgegangen, daß der Versorgungsgenuß des früheren Ehegatten die Unterhaltsleistungen nicht übersteigen dürfe. Im § 72 Abs. 3 zweiter Satz GBDO sei bestimmt, daß dies nicht gelte, wenn die Ehe mindestens 15 Jahre gedauert habe und der frühere Ehegatte im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles das 40. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe. Gemäß § 72 Abs. 1 GBDO würden die Bestimmungen über den Versorgungsgenuß des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten sinngemäß auch für den früheren Ehegatten des verstorbenen Gemeindebeamten, wenn dieser zur Zeit des Todes auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten beizutragen habe, gelten. Alle diese Voraussetzungen träfen zu, weil die Ehe zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung bereits 15 Jahre gedauert habe und die Beschwerdeführerin selbst bei der Scheidung bereits das 40. Lebensjahr vollendet gehabt habe. Aus diesem Grunde seien daher die §§ 71a ff GBDO für die Ermittlung des Versorgungsgenusses anzuwenden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 23. Februar 1995 wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß der Versorgungsbezug nach § 72 Abs. 3 GBDO die Unterhaltsleistung nicht übersteigen dürfe, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Gemeindebeamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt habe. Nach dem vorliegenden Vergleich vom 11. Juli 1984 sei der verstorbene Gemeindebeamte nur verpflichtet gewesen, an die Beschwerdeführerin einen monatlichen Unterhaltsbetrag in der Höhe von S 1.000,-- zu leisten. Dieser Betrag sei jeweils mit dem Faktor valorisiert und neu festgestellt worden, mit dem die Gehälter der öffentlich Bediensteten erhöht worden seien. Die Behörde erster Instanz habe daher im Bescheid vom 10. Oktober 1994 richtigerweise unter Heranziehung der Valorisierungsfaktoren festgestellt, daß der Versorgungsgenuß ab 1. Juli 1994 S 1.402,-- betrage.

In der Berufung habe die Beschwerdeführerin dagegen ausgeführt, sie habe einen höheren Anspruch, weil in der seinerzeitigen Vergleichsausfertigung von einem Einkommen von S 22.000,-- monatlich ausgegangen worden sei, obwohl das Einkommen des Verstorbenen in Wirklichkeit höher gewesen wäre. Mit Schreiben vom 12. Jänner 1995 sei sie aufgefordert worden, einen Nachweis über die höhere Unterhaltsverpflichtung zu erbringen. Als Frist seien ihr zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens zuerkannt worden, wobei diese Frist jedoch fruchtlos verstrichen sei. Darüberhinaus sei in der Berufung auch ausgeführt worden, daß in der Vergleichsausfertigung seinerzeit vereinbart gewesen sei, daß bei Wegfall der monatlichen Unterhaltsbeiträge für die ehelichen Kinder der Unterhaltsanspruch auf S 3.000,-- anzuheben sei. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides sei weiters festgestellt worden, daß derzeit von der mitbeteiligten Partei noch für die eheliche Tochter ein Waisenversorgungsgenuß ausbezahlt würde und daher die Erhöhungsregelung im Vergleich noch nicht anzuwenden sei. Im übrigen habe der erstinstanzliche Bescheid keine Festlegung für einen in der Zukunft liegenden Anspruchsbeginn festgestellt, weil hiebei allfällige künftige Gesetzesänderungen nicht berücksichtigt worden seien. In ihrem Schreiben vom 13. Februar 1995 habe die Beschwerdeführerin auf die Bestimmungen des § 72 Abs. 3 GBDO hingewiesen, welcher im zweiten Satz Ausnahmen für den Fall festlege, daß der Versorgungsgenuß höher als die Unterhaltsleistung sei. Die Beschwerdeführerin beziehe sich dabei auf die lit. b und c der genannten Bestimmung, übersehe aber die lit. a, die einen Ausspruch der Ehescheidung nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes verlange. Die lit. a bis c der genannten Bestimmung stellten keine Fakultativmöglichkeiten dar; es seien vielmehr sämtliche Voraussetzungen zu erfüllen. Eine Anwendung des § 72 Abs. 3 GBDO scheide aus, weil die Ehe seinerzeit im Einvernehmen nach § 55a Ehegesetz geschieden worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, in der sie im wesentlichen vorbrachte, der seinerzeit geschlossene Vergleich habe sich auf den mit S 22.000,-- monatlich angegebenen Gehalt ihres ehemaligen Gatten gestützt. Obwohl dieser Gehalt - wie sich später herausgestellt habe - weitaus höher gewesen wäre, sei sie damals im guten Glauben auf diesen Vergleich eingegangen. Jetzt beanspruche sie aber einen Versorgungsgenuß auf Grund der wirklichen Einkommensverhältnisse ihres verstorbenen ehemaligen Gatten, worauf die mitbeteiligte Partei überhaupt nicht eingegangen sei. Weiters habe sie auf die Bestimmung des § 72 Abs. 3 GBDO hingewiesen, wobei entsprechend dem zweiten Satz Ausnahmen für den höheren Versorgungsbetrag bestünden. Sie erfülle diese Ausnahmen, bei denen es sich nach der zitierten Gesetzesbestimmung um "Fakultativmöglichkeiten" handle.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung wird nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes und der maßgeblichen Rechtslage im wesentlichen weiter ausgeführt, grundsätzlich sei davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin im Sinne des § 70 Abs. 1 und 4 GBDO als Hinterbliebene anzusehen sei. Es sei weiters festzuhalten, daß die Ehe des verstorbenen Gemeindebeamten und der Beschwerdeführerin vom 18. Juni 1968 bis zum 11. Juli 1984 gedauert habe und somit die Voraussetzung der lit. b des § 72 Abs. 3 GBDO erfüllt sei. Auch lit. c der genannten Bestimmung sei erfüllt, weil die am 28. Jänner 1942 geborene Beschwerdeführerin zumindest am Tag der einvernehmlichen Ehescheidung nach § 55a des Ehegesetzes das 40. Lebensjahr vollendet gehabt habe. Lediglich hinsichtlich lit. a des § 72 Abs. 3 GBDO sei festzuhalten, daß der Beschluß des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 11. Juli 1984 im Spruch festgelegt habe, daß die Ehe mit Beschluß gemäß § 55a des Ehegesetzes aufgelöst sei. Ein Schuldspruch, wie ihn § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes vorsehe, sei daher im Spruch des Beschlusses nicht enthalten. Auch sei ein derartiger Schuldspruch im § 55a des Ehegesetzes gar nicht vorgesehen, zumal ein Schuldspruch im Sinne des § 61 Abs. 3 Ehegesetz nur ausgesprochen werden könne, wenn eine Ehe nicht einvernehmlich, sondern "schuldig" geschieden werde. Sohin sei die Voraussetzung des § 72 Abs. 3 lit. a GBDO nicht erfüllt. Da aber davon auszugehen sei, daß die zitierten lit. a bis c des § 72 Abs. 3 GBDO allesamt erfüllt sein müßten, damit der Versorgungsbezug die Unterhaltsleistung übersteigen dürfe, sei die bekämpfte Entscheidung richtig gewesen. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf den Umstand, daß ihr S 3.000,-- monatlich zustünden, wenn die monatlichen Unterhaltsbeiträge für die ehelichen Kinder wegfielen, könne nicht greifen, weil die mitbeteiligte Partei nach wie vor einen Waisenversorgungsgenuß für die Tochter leiste. Hinsichtlich des Umstandes, daß zum Zeitpunkt des Vergleiches von einem Monatseinkommen in der Höhe von S 22.000,-- ausgegangen worden sei, obwohl sich dieses Einkommen im nachhinein als zu niedrig beziffert erwiesen habe, sei von seiten der belangten Behörde darauf hinzuweisen, daß Änderungen eines geschlossenen Vergleiches vor den ordentlichen Zivilgerichten vorzunehmen wären und die belangte Behörde nicht zuständig sei, über derartige Auseinandersetzungen abzusprechen.

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin vorerst an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 1995, B 1921/95, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde die Beschwerde ergänzt; die Beschwerdeführerin begehrt kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Versorgungsgenuß gemäß § 72 GBDO verletzt, weil ihr der Versorgungsgenuß nicht in der ihr zustehenden Höhe zuerkannt worden sei.

Der Versorgungsgenuß der früheren Ehegatten ist im § 72 der NÖ Gemeindebeamtendienstordnung 1976, LGBl. 2400, geregelt.

Im Abs. 1 der genannten Bestimmung ist festgelegt, daß die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Gemeindebeamten gelten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung gebührt der Versorgungsgenuß dem früheren Ehegatten nur auf Antrag. Hat der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Gemeindebeamten nur einen befristeten Anspruch auf Unterhaltsleistung gehabt, so besteht der Versorgungsanspruch längstens bis zum Ablauf der Frist.

§ 72 Abs. 3 GBDO normiert, daß der Versorgungsbezug die Unterhaltsleistung nicht übersteigen darf, auf die der frühere Ehegatte gegen den verstorbenen Gemeindebeamten an dessen Sterbetag Anspruch gehabt hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn

a)

das auf Scheidung lautende Urteil den Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes enthält,

b)

die Ehe mindestens 15 Jahre gedauert und

c)

der frühere Ehegatte im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles das 40. Lebensjahr vollendet hat.

Die unter lit. c genannte Voraussetzung entfällt, wenn

aa)

der frühere Ehegatte seit dem Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Scheidungsurteiles erwerbsunfähig ist oder

bb)

aus der geschiedenen Ehe ein Kind hervorgegangen oder durch diese Ehe ein Kind legitimiert worden ist oder die Ehegatten gemeinsam ein Wahlkind angenommen haben und das Kind am Sterbetag des Gemeindebeamten dem Haushalt des früheren Ehegatten angehört und Anspruch auf Waisenversorgungsgenuß hat; das Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit entfällt bei nachgeborenen Kindern.

Nach Abs. 5 des § 72 GBDO ist eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen im letzten Jahr vor dem Sterbetag des Beamten nur beachtlich, wenn sie entweder in einem rechtskräftigen Urteil ausgesprochen oder schriftlich vereinbart worden ist und wenn sie ihren Grund in einer Steigerung der Leistungsfähigkeit des Gemeindebeamten oder in einer Steigerung der Bedürfnisse des früheren Ehegatten gehabt hat.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin die geschiedene frühere Ehegattin des verstorbenen Gemeindebeamten ist und daß keine weitere (spätere) Unterhaltsvereinbarung als die vom 11. Juli 1984 vorhanden ist. Von der Beschwerdeführerin wird die Berechnung des Versorgungsgenusses nur insofern bekämpft, als sie vorbringt, der Versorgungsgenuß sei nach § 72 GBDO durch den Unterhaltsanspruch, nicht aber durch den tatsächlich geleisteten Unterhalt begrenzt. Der ihr zustehende UnterhaltsANSPRUCH betrage aber "unter Anwendung der clausula rebus sic stantibus" S 8.400,-- monatlich und wäre nach zivilrechtlichen Kriterien zu bemessen gewesen. Maßgebend sei der dem Scheidungsvergleich erkennbar zugrunde liegende Parteiwille, den vereinbarten Unterhalt der gesetzlichen Unterhaltsbemessung anzupassen. § 72 Abs. 3 GBDO werde daher verfassungskonform so auszulegen sein, daß es auf den tatsächlich zustehenden Unterhaltsanspruch und nicht auf den geleisteten Unterhaltsbetrag ankomme.

Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend.

Maßgebend für die Höhe des Versorgungsgenusses der früheren Ehegattin ist nach § 72 Abs. 3 erster Satz GBDO die Unterhaltsleistung, auf die sie am Sterbetag Anspruch gehabt hat. Damit ist - in Übertragung der Rechtsprechung zur inhaltsgleichen Regelung des § 19 Abs. 4 lit. a des Pensionsgesetzes - jene Unterhaltsleistung gemeint, auf die sie gegen den verstorbenen Beamten entweder auf Grund einer der im § 72 Abs. 1 GBDO angeführten Titel (vgl. die bei Zach, Das Pensionsrecht, zu § 19, S. 20, 21, 24, 25, 27 und 28 wiedergegebenen Rechtssätze) oder nach einer schriftlichen Vereinbarung, durch die die auf Grund eines der genannten Titel gebührende Unterhaltsleistung erhöht wurde (vgl. bei Zach, S. 26), an dessen Sterbetag konkret Anspruch hatte. Im Beschwerdefall ist demgemäß nur der gerichtliche Vergleich vom 11. Juli 1984 mit einer vereinbarten Unterhaltsleistung von S 1.000,-- monatlich, die - rechtlich nicht in Zweifel gezogen - auf S 1.402,-- monatlich aufgewertet worden ist, maßgebend. Daß grundsätzlich nur diese Unterhaltsleistung und nicht ein allfälliger höherer Unterhaltsanspruch maßgebend ist, zeigt auch die Regelung des Abs. 5 des § 72 GBDO, nach der sogar schriftlich vereinbarte Erhöhungen der auf Grund der im Abs. 1 angeführten Titel gebührenden Unterhaltsleistungen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf den Versorgungsgenuß an bestimmte weitere Voraussetzungen geknüpft sind.

Rechtlich zutreffend hat die belangte Behörde auch ausgeführt, daß der Versorgungsgenuß den im Sinne des § 72 GBDO determinierten Anspruch auf Unterhaltsleistung nur dann übersteigen darf, wenn ALLE Voraussetzungen nach Abs. 3 lit. a bis c vorliegen. Dies ist aber im Beschwerdefall nicht gegeben. Denn es ist sachverhaltsmäßig unbestritten geblieben, daß der auf Scheidung lautende Beschluß (da keine Scheidung nach § 55 EheG erfolgte, im übrigen zu Recht) keinen Ausspruch nach § 61 Abs. 3 des Ehegesetzes enthält.

Was den Hinweis in der Beschwerde auf zivilrechtliche Judikatur und auf die Verpflichtung zur verfassungskonformen Auslegung betrifft, kommt dem im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und die eindeutigen gesetzlichen Regelungen keine Bedeutung zu. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch sonst keine Ansätze dafür finden, daß die gesetzlichen Regelungen aus verfassungsrechtlichen Gründen - anders als von der belangten Behörde vorgenommen - hätten interpretiert werden müssen.

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Erwägungen kommt den geltend gemachten Verfahrensmängeln (keine amtswegige Erhebung der Monatsbezüge und des daraus angeblich resultierenden höheren Unterhaltsbetrages) keine entscheidende Bedeutung zu.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 35 VwGG ohne Eröffnung des Vorverfahrens und ohne weitere Kosten für die Beschwerdeführerin abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996120022.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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