TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/14 W208 2246394-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.2021
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Entscheidungsdatum

14.10.2021

Norm

BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §43
BDG 1979 §43a
BDG 1979 §45
BDG 1979 §45a
BDG 1979 §94
B-GlBG §8
B-GlBG §8a
B-GlBG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W208 2246394-1/6E

W208 2246394-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.10.2021 durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER, über die Beschwerde von KontrInsp XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Dr. Hermann RIEDER, gegen den

I. Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 29.07.2021, Zl. 2021-0.527.456, 23-BDB29-BMI-21-SP, betreffend Suspendierung, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 112 Abs 1 Z 3 BDG als unbegründet abgewiesen und die Suspendierung bestätigt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II. Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom 17.08.2021, Zl. 2021-0.518.898, 22-BDB29-BMI-21, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 123 Abs 1 BDG mit der Maßgabe stattgegeben, dass hinsichtlich des Spruchpunktes 6 (sexuelle Belästigung XXXX ) wegen eingetretener Verjährung kein Disziplinarverfahren eingeleitet und das Verfahren gem § 118 Abs 1 Z 3 BDG eingestellt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Exekutivbeamter und Kommandant der Polizeiinspektion XXXX (PI).

2. Am 01.02.2021 erstattete Insp XXXX (KH) beim Bezirkspolizeikommando XXXX (BPK) Anzeige gegen den BF wegen diverser Bemerkungen und Handlungen des BF, die sie als sexuelle Belästigung empfand. Der Bezirkspolizeikommandant Obstlt XXXX (BPKdt) verfasste darüber am 02.02.2021 einen Bericht, den er an die Landespolizeidirektion XXXX (LPD) weiterleitete (AS 169).

Am 05.02.2021 übermittelte das Landeskriminalamt (LKA) einen Bericht an die Staatsanwaltschaft XXXX (StA, AS 35) und gleichzeitig wurde der BF von der Dienstbehörde LPD mit den Vorwürfen konfrontiert und dessen Zustimmung zu einer über 90 Tage hinausgehenden Dienstzuteilung von der PI zur LPD Logistikabteilung in XXXX eingeholt (AS 191 und VHS 12).

3. Es folgten Einvernahmen zuerst der weiblichen Angehörigen der PI und sodann der männlichen Angehörigen der PI, sowie des BF. Auch die weibliche Reinigungskraft an der PI wurde befragt.

Das LKA führte am 12.03.2021 (AS 164) und 26.03.2021 (AS 154) durch eine Beamtin eine Einvernahme der KH als Zeugin durch. Die KH legte dazu auch ein von ihr angefertigtes Gedankenprotokoll vor, dass die Vorfälle am 02.11., 13.11., 01.12., 07.12., 09.12., 05.12.2020 und am 01.02.2021 kurz dokumentierte (AS 151).

Am 17.03.2021 wurden Insp XXXX (MH) (AS 147) und Insp XXXX (VF) (AS 141) von der gleichen Beamtin zu den Vorwürfen befragt, weil diese von der KH als Zeugin und ebenfalls Opfer des BF angegeben wurden.

Am 26.03.2021 wurde Insp XXXX (DM) (AS 121) von der gleichen Beamtin befragt, weil diese von der VF genannt wurde. DM legte anlässlich dieser Einvernahme eine Zusammenfassung der Ereignisse mit dem BF vor (AS 126).

Am 23.04.2021 wurde der BF als Beschuldigter vom LKA einvernommen, verweigerte aber im Wesentlichen die Aussage (AS 53) und gab nur eine vorbereitete schriftliche Stellungnahme ab, wo er die Vorwürfe zurückwies (AS 45).

Am 25.06.2021 wurde Insp XXXX (NK) (AS 117) von einer Beamtin des LPD befragt, weil sie ebenfalls an der PI des BF Dienst versah.

Am 25.06.2021 wurde der männliche Mitarbeiter der PI XXXX (FK) (AS 87) vom BPKdt befragt. Dieser gab ua an, dass alle Kollegen und Kolleginnen und auch die Reinigungskraft zum Verhalten des BF befragen wären (AS 84).

Am 26.06.2021 wurde Insp XXXX (TJ) (AS 113) und Insp XXXX (KM) (AS 110) vom BPKdt befragt, weil diese ebenfalls an der PI des BF Dienst versahen.

Am 29.06.2021 wurde VF vom BPKdt noch einmal zu den von ihr gegen den BF erhobenen Vorwürfen befragt.

Am 29.06.2021 wurde der Personalvertreter und 1. Stv PIKdt XXXX (AB) (AS 83) von einem Beamten der BPK befragt.

Am 30.06.2021 wurde Insp XXXX (KJ) (AS 105) von einer Beamtin der LPD befragt, weil diese ebenfalls an der PI des BF Dienst versah.

Am 05.07.2021 wurde XXXX (SP) (AS 101), von einer Beamtin der LPD befragt, weil diese als externe Reinigungskraft von September 2018 bis Ende März 2021 als Reinigungskraft für 10 Std/Woche täglich an der PI des BF arbeitete.

Am 05.07.2021 wurden XXXX (JP) (AS 79), XXXX (DMU) (AS 75), am 06.07.2021 XXXX (OA) (AS 73), XXXX (KW) (AS 69), XXXX (SPE) (AS 67), am 09.07.2021 XXXX (TH) (AS 65) und schließlich am 10.07.2021 der 2. Stv PIKdt ab Juli 2020 XXXX (AR) (AS 61), XXXX (KS) (AS 59) und der seit 01.06.2017 als 2. StvPIKdt eingeteilte XXXX (MS) (AS 57) einvernommen.

4. Am 10.07.2021 erfolgte eine Disziplinaranzeige des BPKdt an die LPD, welche von dieser an die Bundesdisziplinarbehörde (BDB) weitergeleitet wurde und dort am 21.07.2021 einlangte (AS 173).

5. Am 22.07.2021 wurde vom LKA eine weitere Beschuldigteneinvernahme zu den Vorwürfen betreffend SP mit dem BF durchgeführt, wo dieser wiederum nach Anraten seines Rechtsvertreters die Aussage verweigerte (AS 6).

6. Am 27.07.2021 wurde der BF durch die BDB mit sofortiger Wirkung (Bescheid zugestellt am 28.07.2021) vom Dienst suspendiert (AS 261).

7. Am 17.08.2021 wurde der Einleitungsbeschluss (EB, Bescheid zugestellt am 28.08.2021) von der BDB gefasst. Wobei die BDB in 8 Spruchpunkten ein Disziplinarverfahren einleitete und in 3 Punkten das Verfahren einstellte bzw nicht einleitete (AS 233).

8. Am 25.08.2021 erhob der BF in zwei getrennten Beschwerden sowohl gegen den Suspendierungsbescheid Beschwerde, stellte eine Reihe von Beweisanträgen zur Einvernahme von Zeugen und beantragte die ersatzlose Behebung in eventu die Behebung und Zurückverweisung (AS 287 - vorgelegt von der BDB am 15.09.2021, registriert beim BVwG unter W208 2246394-1) als auch gegen den EB (vorgelegt von der BDB am 28.09.2021, registriert beim BVwG unter W208 2246394-2, OZ 1).

Hinsichtlich des EB wurden lediglich die Spruchpunkte 6 und 8 mit dem Argument der Verjährung in Beschwerde gezogen.

9. Am 04.10.2021 erfolgte eine Verhandlung beim BVwG bei der der BF und sein Rechtsvertreter sowie der Senatsvorsitzende der BDB anwesend waren. Der BF legte dabei ein aussagepsychologisches Gutachten der Allgemein beeideten und zertifizierten Sachverständigen, MMag. XXXX vor, die auf Basis der ihr vorgelegten Niederschriften mit den den BF belastenden Zeuginnen KH, MH und VF zum Schluss kam, dass deren Aussagequalität als gering zu bewerten sei. Hinsichtlich des BF, den sie an zwei Terminen insgesamt 5 Stunden untersucht habe, kam sie zum Schluss, dass bei ihm keine psychopathologische Symptomatik mit psychosozialen Folgen erhoben werden konnte, welche zu einer Einschränkung oder Aufhebung seiner Steuerungsfähigkeit geführt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer

Der am XXXX geborene BF steht seit 1985 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Exekutivbeamter. Seit 1996 hat er als Kommandant-Stellvertreter und später als Kommandant (Kdt) zwei PI geführt. Zuletzt war er seit 2018 als Kdt der PI XXXX eingesetzt, wo er rund 20 Mitarbeiter, darunter 8 Frauen befehligte.

Am 03.02.2021 wurde er nach Konfrontation mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen von der Dienstbehörde zur Logistikabteilung des LPD in XXXX (rund 90 km entfernt von seiner Stammdienststelle) dienstzugeteilt und erteilte dabei seine Zustimmung zu einer über 90 Tage dauernden Dienstzuteilung (VHS 12). Wofür er eine Fahrtstrecke von rund 240 km täglich in Kauf nahm (AS 277).

Privat ist er verheiratet und hat drei bereits erwachsene Kinder, davon zwei Töchter. Sein Bruttomonatsbezug von € 3.747,-- ist aufgrund der Dienstenthebung vom 28.07.2021 auf 2/3 gekürzt.

1.2. Zum Sachverhalt

Der BF wird von den ua Zeuginnen, die unter Wahrheitspflicht niederschriftlich einvernommen wurden, beschuldigt, die unten angeführten Handlungen gesetzt bzw Aussagen getroffen zu haben, die diese als sexuelle Belästigung, unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig empfunden haben und damit ein demütigendes Arbeitsumfeld sowie bei den jüngeren Polizistinnen ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber ihm als Vorgesetzten erzeugt zu haben (die folgenden Vorwürfe, sind nach dem EB zitiert, bei dem im Vergleich zum Suspendierungsbescheid die Spruchpunkte 6 und 7 dazugekommen sind):

1) lnspin KH

a. bei deren ersten Dienst, am 02.11.2020, mitgeteilt zu haben, dass sie es nicht falsch verstehen dürfe, wenn er sie einmal berühre, in den Arm nimmt oder beim Tanzen mit seiner Hand über ihren „Arsch rutscht“. Er sehe so etwas nicht als sexuelle Belästigung und meine zudem, dass diese Paragraphen im StGB zu dramatisch bzw. zu eng gesehen werden. Mit diesen Paragraphen könne man einem Mann nur sehr schaden;

b. in der Folge habe er, jedenfalls ab 13.11.2020, andauernd der Beamtin aufdringliche Komplimente, wie beispielsweise „du bist so attraktiv und anziehend“ und „er würde gar nicht verstehen, warum sie Single sei“;

c. er habe gegenüber der Beamtin wiederholend sexuell anzügliche Bemerkungen gemacht. Als Beispiel habe er ihr ua erklärt, warum ein Hirsch einen weißen Bauch habe, da sich dieser beim „Wichsen“ auf diesen spritzen würde;

d. er habe auch jede sich bietende Gelegenheit benutzt um mit der Beamtin auf „Tuchfühlung“ zu gehen bzw. sie zu berühren. So habe er bspw seine Hand auf die Hand der Beamtin gelegt, während diese gerade die Computermaus bediente um ihr so zu helfen; auch habe er bewusst Situationen im Gang, beim Geschirrspüler, unter dem Türstock oder beim Nebeneinandersitzen auf der Eckbank herbeigeführt um sie zu berühren; oft sei er auch an sie von hinten herangetreten und habe sie dann mit seinem Bauch bzw. seiner Brust an ihrer Körperrückenseite berührt,

e. er habe die Beamtin jedenfalls dreimal bewusst beim Aufhalten der Türe mit seiner Hand über deren Hintern gestreift;

f. beim Begrüßen habe er der Beamtin zuerst die Hand gereicht, sie dann oftmals zu sich gedrückt und die Beamtin umarmt; als diese unmittelbar darauf zurückwich, sei er wieder auf sie zugegangen und habe sie in die Wange „gekniffen“,

g. er habe die Beamtin nie mit dem Vornamen, sondern ständig mit Kosenamen wie „Hennali, Schatzali, bestschs Stickli“ udglm bezeichnet;

h. darüber hinaus habe er sich der Beamtin mehrmals nur mit der Unterhose bekleidet gezeigt und sei ihr dann im Bereich der Bereithalteräume bewusst mit geöffnetem Hosenschlitz gegenübergetreten;

i. im Treppenhaus sei er immer absichtlich hinter der Beamtin gegangen und habe diese sogar bewusst vorgeschoben, um ihr auf den Hintern schauen zu können;

j. sie habe vom Disziplinarbeschuldigten einen Spind im Herrenumkleideraum zugewiesen bekommen; diesen Umstand habe dieser regelmäßig damit ausgenutzt und sei „hereingeplatzt“ als sich die Beamtin gerade umgezogen habe;

k. er würde die Beamtin mit seinen Blicken oft regelrecht „ausziehen“ und habe diese überdies wiederholt gefragt, ob er von ihr Fotos machen dürfe;

l. er habe wiederholt der Beamtin im Streifenwagen auf die Oberschenkel geschlagen bzw. gegriffen;

m. er habe der Beamtin im Aufenthaltsraum einmal eine Hand an die Hüfte bzw. Gesäßansatz und eine Hand an die Oberschenkelaußenseite gelegt, mehrfach fest zugegriffen und mit beiden Händen knetende Bewegungen gemacht.

2) lnspin MH beginnend,

a. bei deren ersten Dienst, am 02.11.2020, mitgeteilt zu haben, dass sie es nicht falsch verstehen dürfe, wenn er sie einmal berühre, in den Arm nimmt oder beim Tanzen mit seiner Hand über ihren „Arsch rutscht“. Er sehe so etwas nicht als sexuelle Belästigung und meine zudem, dass diese Paragraphen im StGB zu dramatisch bzw. zu eng gesehen werden. Mit diesen Paragraphen könne man einem Mann nur sehr schaden,

b. er habe ihren Spind in einer Kanzlei zugewiesen bekommen und sei vereinbart worden, dass wenn sich die Beamtin umziehe, die Türe geschlossen werde und dann niemand in die Kanzlei gehe; dennoch sei er jedenfalls einmal in die Kanzlei „hereingeplatzt“ und sei der Aufforderung - der sich gerade umziehenden Beamtin - die Kanzlei sofort zu verlassen nicht nachgekommen, sondern habe diese „angestarrt“ und musste die Beamtin den Disziplinarbeschuldigten neuerlich dazu auffordern,

c. er sei mit der Antenne des Handfunkgerätes entlang der linken Körperseite von deren Achsel bis zum Becken und retour gefahren, als diese gerade beim Kaffeeautomaten im Aufenthaltsraum stand, und habe die Beamtin diese „Berührung“ als sehr unangenehm empfunden.

3) lnspin VF

a. er habe dieser gegenüber immer wieder Äußerungen gemacht, welche diese als sexistisch empfand; wie insbesondere als dieser mit der Beamtin während eines gemeinsamen Dienstes, zu einem entlegenen (einsamen) Ort gefahren sei, dort uriniert habe und beim Zurückkommen in das Dienstfahrzeug zu dieser in „eindeutiger Stimmlage“ gesagt habe: „Was hast du geglaubt, was wir hier jetzt machen“ und somit bei der Beamtin Unbehagen auslöste,

b. er habe der Beamtin bei unterschiedlichen Nachtdiensten vor Antritt der Bereithaltezeit angeboten, sie könne zu ihm ins Bett kommen, sollte ihr kalt sein. Trotzdem, dass die Beamtin jedes Mal ablehnte, sei bei den folgenden Diensten gleichlautende „Angebote“ von ihm ausgesprochen worden,

c. er habe sich der Beamtin nur in Unterhose und mit gänzlich aufgeknöpftem Uniformhemd gezeigt,

d. er habe ein Facebook-Profilbild der Beamtin als Hintergrundbild auf dessen dienstlichen e-mail-Account verwendet;

e. er habe im Jänner 2020 seine Hand über deren Hosenbund bis zu den Pobacken rutschen lassen; ein anderes Mal habe er der Beamtin mit einem festen rund 2-3 Sekunden andauernden Griff deren Oberschenkel festgehalten,

f. im Zuge des LED (Leistungs-Entwicklungs-Dialog) habe die Beamtin ausgeführt, dass sie Interesse an den Sonderverwendungen „Polizeidiensthundeführerwesen“, sowie an einer „IT-Ausbildung“ habe, beide Wünsche seien von ihm nicht im Protokoll vermerkt worden.

4) lnspin DM

a. er habe der Beamtin bei unterschiedlichen Nachtdiensten vor Antritt der Bereithaltezeit angeboten, sie könne zu ihm ins Bett kommen, sollte ihr kalt sei. Trotzdem, dass die Beamtin jedes Mal ablehnte, seien bei den folgenden Diensten gleichlautende „Angebote“ von ihm ausgesprochen worden,

b. er habe die Beamtin - nur mit Unterhosen bekleidet, im Umkleideraum stehend - während diese am Gang Vorbeigehen wollte, in ein Gespräch verwickelt;

c. er habe immer wieder die körperliche Nähe der Beamtin gesucht, obwohl diese ihre Abneigung seinem Verhalten gegenüber zeigte; insbesondere habe sie es vermieden, in seinem Beisein den Geschirrspüler ein- bzw. auszuräumen, den an der Wand hängenden Dienstplan zu lesen, da er entweder - die persönliche Distanzzone (Diskretionsabstand) absichtlich unterschritt oder bewusst Bemerkungen über deren „super Figur“ machte,

d. er habe jedenfalls einmal - ohne Zustimmung der Beamtin - von dieser von hinten ein Foto mit dem Diensthandy gemacht.

5) lnspin TJ

a. er habe mit dieser im Jahr 2021 kein Mitarbeitergespräch (LED) geführt, wodurch es dieser verwehrt geblieben war, Ausbildungswünsche zu formulieren; er habe in der Folge wahrheitswidrig in die LED-Excel-Liste die Durchführung des Mitarbeitergespräches eingetragen.

TJ hat darüber hinaus bereits verjährte Sachverhalte aus dem Jahr 2014 zu Protokoll gegeben, wo der BF ihr gesagt hätte, dass sie „ruhig gerne zu ihm ins Bett kommen dürfe“, der BF „würde [sie] wärmen, wenn es [ihr] zu kalt wäre.“

Sie hat auch ausgesagt, dass der BF „landauf landab als Weibeler“ bekannt sei. In ihrer Karenzunterbrechung habe sie kaum mit ihm Dienst gehabt und sei seit 2019 wieder fix an der PI mit 50 % Beschäftigungsausmaß, sie habe seitdem keine unangenehmen Begebenheiten der oben geschilderten Art gehabt (AS 112).

6) Revlnspin KM

er habe durch sein Verhalten, insbesondere vor deren zweiter Karenzierung, Gespräche über deren sexueller Vorlieben, seine Hemdknöpfe bewusst geöffnet, um seine Brusthaare „zur Schau zu stellen, immer wieder ihr gegenüber „typisch anmachende Gesichtsausdrücke gemacht und so ein unfreundliches Betriebsklima geschaffen, das die Beamtin dazu veranlasste - nachdem diese sich schon einmal zu einer anderen Dienststelle versetzen hat lassen, um ihm „aus dem Weg“ zu gehen — sich neuerlich von diesem weg zu einer anderen Dienststelle versetzen zu lassen, zumal ihr schon vor Dienstantritt nach ihrer zweiten Karenz vor den Diensten „grauste“.

Dieses Verhalten, dass die Zeugin KM beschrieb, hat der BF allerdings im Zeitraum 2011-2016 an der PI XXXX ihr gegenüber das letzte Mal gezeigt und während ihrer Zeit an der PI XXXX von 01.09.2019 bis 31.01.2020 (nach der 1. Karenz) und im Dezember 2020 (nach der 2. Karenz) nicht mehr, was nach den Aussagen der KM daran lag, dass nun jüngere Frauen an der Dienststelle waren und sie ihm bewusst gesagt gehabt hätte, dass sie kein Interesse hätte ([AS 109, Hervorhebung durch BVwG] „Während meiner Zeit in XXXX war ich lange Zeit die einzige Frau in der Belegschaft [Der BF] hat mir damals vielzählige ‚unangenehme Komplimente‘ gemacht […]“ und AS 108 – „Als er dann der Chef in XXXX wurde, war ich nicht mehr die einzige Frau. Ich merkte aber gleich, dass wir Frauen am Dienstplan ganz unten gestanden sind. […] Mir gegenüber hat sich [der BF] nicht mehr in der oben beschriebenen Weise sexistisch verhalten.“)

7) lnspin KJ

durch dessen Aussagen gegenüber dem Bezirkskommandanten wie. „Schau, da vorne drein sitzt unser Neues, das musst dir anschauen“ und dem Erzählen von „schweinischen“ Witzen in deren Gegenwart, diese gedemütigt;

8) SP (Reinigungskraft an der PI XXXX )

a. im Zeitraum 2018 bis März 2021 jedenfalls fünf Mal nur mit Unterhose und offenem Uniformhemd bekleidet auf der Dienststelle gegenübergestanden;

b. er habe in dessen Büro (Kommandanten) jedenfalls einmal mit seiner Hand bewusst auf das Gesäß der Reinigungskraft gefasst;

c. er sei als die Reinigungskraft seinen Schreibtisch reinigte (abwischte), mit dem Schreibtischsessel bewusst nur wenig zurückgefahren, sodass nur wenig Platz zwischen ihm, ich und dem Schreibtisch war, und habe dieser bei dieser Gelegenheit- während diese vor ihm stand - mit beiden Händen von hinten an der Hüfte erfasst,

d. er habe weitere - rund fünf Mal - im Zuge des gemeinsamen Rauchens, seine Hand um die Taille der Reinigungskraft gelegt, einmal sei die Handlung derart grob gewesen, dass diese ihn aufforderte, er solle das lassen.

Zwar konnte die Zeugin SP, nicht mehr genau sagen, wann die Übergriffe/Vorfälle stattgefunden haben (AS 91), der BF selbst hat aber angegeben, dass diese von September 2019 an, täglich in die PI kam und er regelmäßig mit ihr rauchen ging, wenn er da war (VHS 10). SP hat Ende März 2021 aufgehört als Reinigungskraft an der PI zu arbeiten.

Zu diesem Spruchpunkt 8 hat der BF im Rahmen einer Diversion zu einem Strafantrag nach § 212 Abs 3 StGB, ( XXXX ) vor dem BG XXXX , am 15.09.2012 einer Geldbuße von € 2.500,-- zugestimmt und ist dort ausgeführt, dass die Handlungen (eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle) zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Jahr 2019 erfolgt sind. Er übernehme die Verantwortung und könne sein, dass die Opfer seine Handlungen in einer Art verstanden hätten, die von ihm nicht intendiert gewesen wäre. Das Ganze tue ihm leid (VHS 11).

Den Niederschriften mit den unten in Klammern genannten männlichen Bediensteten der PI ist zu entnehmen, dass der BF als „Weibeler“ bekannt gewesen sei, sich wie ein „verliebter Goggl“ gegenüber den jungen Kolleginnen verhalten und diese mit für sie unangenehme Komplimenten überschüttet hätte, was daran zu merken gewesen sei, dass diese die Augen verdreht hätten, weggerückt seien, hilfesuchend andere Kollegen angeblickt hätten (NS FK - AS 86); DM sich einmal beim BF beschwert hätte, weil der BF sie von hinten fotografiert hätte (NS AB – AS 82); das Verhalten des BF gegenüber den weiblichen Kollegen von ihm teilweise sehr unpassend empfunden worden sei, die Kolleginnen ihm Vorfälle z.B. dass er (der BF) beim Umziehen in den Umkleideraum gekommen wäre, geschildert hätten, ihn aber gebeten hätten es für sich zu behalten (NS JP – AS 78); es sei schon immer wieder zu „Blödeleien“ bzw „Sprüchen“ im Hinblick auf weibliche Mitarbeiterinnen gekommen (NS DMU – AS 74); ab und zu habe es mal „blödes Gerede“ gegenüber Frauen gegeben, ein weit aufgeknüpftes Hemd (NS KW – AS 68); ein Mädchen ihm gegenüber gesagt hätte, dass sie froh wäre, wenn ein „älterer Beamter“ im Dienst sei, sie ihre Ruhe hätte und der BF sich da ganz anders verhalte (NS SPE – AS 66); der BF sich hin und wieder, vor allem in Anwesenheit mehrerer, zu einem lockeren und vielleicht manchmal „schweinischen“ Spruch hinreißen habe lassen, das sei seine Art (NS TH – AS 64); es zu lockeren Gesprächen im Sozialraum gekommen sei, wo nicht nur der BF, sondern andere auch diverse schon „recht grenzwertige“ Aussagen gemacht hätten (NS AR – AS 60); einige Meldungen „durchaus grenzwertig“ gewesen seien (NS MS – AS 54).

Der BF hat dazu in seiner Stellungnahme vom 23.04.2021 (AS 45) und in der Verhandlung vor dem BVwG (OZ 5) im Wesentlichen angeführt, dass er einen wenig autoritären, freundschaftlichen und väterlichen Führungsstil pflegte. Es sei seine Art ziemlich nahe bei den Personen zu stehen und bei Witzen mit zu scherzen. Er selbst kenne keine „schweinischen Witze“. Nie habe er die Intention gehabt Kolleginnen zu belästigen. Umarmungen habe es nur gegeben, wenn die Initiative von den Damen ausgegangen sei, im Zuge von Gratulationen zu Anlässen, den Hintern habe er dabei niemals berührt und sei er auch nicht mit der Antenne eines Funkgerätes über den Körper einer Kollegin gefahren oder habe diese in den Oberschenkel gekniffen. Zu Berührungen können es aufgrund der beengten Verhältnisse an der PI kommen, doch seien diese niemals absichtlich gewesen. Die Kästen mit der Bekleidung der Damen seien aus Platzgründen, teilweise in Kanzleien oder in der Herrenumkleide gewesen, es habe aber den klaren Befehl gegeben, sich trotzdem in der Damenumkleide umzuziehen. Es können sein, dass einmal die Tür in der Herrenumkleide offen gewesen sei, wenn er sich umgezogen habe, er habe aber nie in Unterhosen jemanden in ein Gespräch verwickelt, die ihm vorgeworfenen sexistischen Aussagen seien Missverständnisse und habe er auch nie jemandem angeboten in sein Bett zu kommen, um sich zu wärmen, sondern lediglich seine Decken angeboten, wenn die Damen geklagt hätten, dass es im Bereithalteraum zu kalt sei.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus der Disziplinaranzeige und den Angaben des BF in der Verhandlung.

Die vorläufigen Feststellungen zur Sache ergeben sich aus den Angaben des BF in der Verhandlung und den Niederschriften der Zeuginnen und Zeugen im Akt. Der BPKdt hat in seinem Bericht an das LPD nicht nur die Inhalte geschildert, sondern auch die Emotionen der Zeugin KH beschrieben. Sie sei „emotional aufgewühlt und weinerlich“ gewesen, habe geschildert, dass sie sich in der Gegenwart des BF äußerst unwohl fühle, sie habe regelrecht Bauchweh und könne sich nicht auf die Arbeit konzentrieren, weil sie immer daran denke wie sie dem BF aus dem Weg gehen könne (AS 169). Sie habe sich nicht getraut, dem BF ihre Meinung zu sagen (AS 168).

Sofern der BF die Aussagen der Hauptbelastungszeugen KH, MH und VF mit einem „Aussagepsychologischen Gutachten“ (Blg zur VHS) als wenig glaubhaft (geringe Aussagequalität) darzustellen versucht, ist dieses nicht geeignet die Verdachtsgründe gegen den BF auszuräumen. Die Gutachterin führt selbst gleich zu Beginn an, dass es für eine Aussageninhaltsanalyse eine wörtliche Protokollierung (Fragen-Antworten) mit einem zu Beginn erfolgten freien Bericht bedürfe (Seite 6), die nicht vorliege. Die Gutachterin hat die Zeuginnen außerdem nicht selbst bei deren Befragungen gesehen (und hatte damit keinen umfassenden Eindruck von deren non- und paraverbalem Kommunikationsverhalten). Sie hatte auch nicht den gesamten Akt (insb mit den anderen Aussagen der Zeuginnen und Zeugen) zur Verfügung. Die BDB wird sich in der Verhandlung im Verfahren ein Bild von der Glaubhaftigkeit der Zeuginnen und Zeugen machen und sind die niederschriftlichen Aussagen ausreichend substantiiert um den genannten Verdacht zu erwecken.

Sofern der BF die Vorwürfe bestreitet, kann er damit den Verdacht nicht entkräften, weil seine Aussage und jene der wenigen männlichen Bediensteten die nichts mitbekommen haben wollen, gegen die Aussagen der 8 Frauen an der Dienststelle stehen, die alle mehr oder weniger ein Verhalten des BF beschreiben, dass bei objektiver Betrachtung von den Frauen - vor allem wenn sie von einem Vorgesetzten kommen - als unerwünscht, unangebracht, entwürdigend, beleidigend oder anstößig und sexuell diskriminierend angesehen werden konnten und ein (je nach Dienstalter der Frauen und Empfindlichkeit) belastendes Arbeitsklima erzeugten. Selbst ein Großteil der Männer hat eingeräumt, dass manche Aussagen grenzwertig waren. Es ist auch nicht lebensfern anzunehmen, dass sich einige der männlichen Bediensteten, deshalb an keine der Aussagen des BF erinnern konnten bzw wollten, weil sie selbst ähnliche getroffen haben. Nicht unwahrscheinlich ist auch, dass sie ihren Chef mit dem sie jahrelang zusammengearbeitet haben und eventuell – je nach Ausgang des Verfahrens – weiter zusammenarbeiten müssen, nicht belasten wollten.

Zum Spruchpunkt 6 ist aus der Niederschrift mit der betroffenen Zeugin KM ersichtlich, dass sich die vorgeworfenen Sachverhalte bereits vor über drei Jahren an einer anderen PI ereignet haben und danach ihr gegenüber nicht mehr gesetzt wurden. Damit ist Verjährung offensichtlich (mehr dazu bei der rechtlichen Beurteilung).

Zum Spruchpunkt 8 fanden die von der Zeugin SP behaupteten Übergriffe im Jahr 2019 (aufgrund der Feststellungen im Diversionsbeschluss) und hinsichtlich des Rauchens mit hoher Wahrscheinlichkeit noch bis zum März 2020 statt, weil der BF selbst eingeräumt hat regelmäßig, immer, wenn die SP da war, mit ihr Rauchen gegangen zu sein und er nach den Aussagen der SP diese mehrfach bei diesen Gelegenheiten an der Taille umarmt hat. Der BF bestritt dies, bis auf eine Umarmung, wo die Initiative von der SP ausgegangen und diese aus Dankbarkeit für Hilfestellungen erfolgt sei. Damit kann der BF den Verdacht aber nicht entkräften. Sofern er hier Verjährung anführt, gelangten die Verdachtsgründe der LPD erst durch den Hinweis des FK auf die SP, in dessen Einvernahme am 25.06.2021 (AS 84) bzw hinreichend konkret nach der Einvernahme der SP am 05.07.2021 der Dienstbehörde zur Kenntnis (AS 101). Vor dem oa Hintergrund ist eine Verjährung nicht offensichtlich (mehr dazu bei der rechtlichen Beurteilung).

Die Beweisanträge in der Beschwerde zum EB, zur Einvernahme der KM und der SP zu einer möglichen Verjährung in der Verhandlung vor dem BVwG werden abgewiesen, weil sie zur Klärung des Sachverhaltes, nichts mehr beigetragen hätten, da alle relevanten Informationen zur Beurteilung der Verjährung bereits aus der NS mit der KM und der SP sowie durch die Einvernahme des BF geklärt werden konnten.

Der BF hat in seiner Beschwerde gegen den Suspendierungsbescheid auch die Einvernahme des Bgdr XXXX (LPD XXXX ), Obslt XXXX (BPKdt XXXX ), des Vorsitzenden des Dienststellenausschusses beim BPK, AB sowie der PI- XXXX -Beamten TH, KS, OA, weiters der ehemaligen Praktikantin XXXX (PI XXXX ), sowie die Einholung eines aussagpsychologischen Gutachtens, zum Beweis dafür beantragt, dass der BF glaubhaft ist, nicht lügt und keine objektivierbaren Voraussetzungen für eine Beeinträchtigung von Interessen der Allgemeinheit und des Dienstgebers vorliegen.

Diese Beweisanträge werden abgewiesen, weil es sich bei der Frage, ob eine Beeinträchtigung der Interessen vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt, die objektiv an Hand der vorliegenden Verdachtsgründe zu beurteilen ist (dazu sogleich in der rechtlichen Beurteilung). Selbst wenn die beantragten Zeugen und Zeuginnen zu Gunsten des BF aussagen sollten, wären deren Aussagen nicht geeignet, die durch die Aussagen der anderen Zeuginnen generierten konkreten Verdachtsgründe „offensichtlich“ auszuräumen, dazu bedarf es insbesondere der Aussagen der direkt betroffenen Zeugen, welche aber erst im eigentlichen Disziplinarverfahren zu erfolgen hat. Bgdr XXXX war bei keinem der Vorfälle anwesend, Obslt XXXX nur bei einer Aussage zum Spruchpunkt 7, die für die Suspendierung nicht ausschlaggebend ist, die anderen genannten Beamten der PI haben keine körperlichen Übergriffe wahrgenommen, was nicht heißt, dass sie nicht doch stattgefunden haben. Der AB hat sogar angegeben, dass im Nachhinein gesehen, manche Anmerkungen vielleicht grenzwertig gewesen sein könnten und durchaus geeignet eine Frau in Verlegenheit zu bringen sowie, dass er mitbekommen habe, dass sich DM wegen eines Fotos des BF beschwert und dessen Löschung verlangt habe (AS 82). TH hat angegeben hat, dass sich der BF vielleicht manchmal zu einem schweinischen Spruch hätte hinreißen lassen (AS 64). KS sagte aus, dass der B so eine Art habe, jemandem an die Schulter oder den Oberarm zu klopfen oder die Beamtinnen bei Gratulationen zu umarmen (AS 57). Diese Aussagen stützen den Verdacht gegen den BF eher, als dass sie in entkräften könnten. Was die ehemalige Praktikantin XXXX zu den Verdachtsgründen konkret aussagen könnte, wurde im Beweisantrag nicht angeführt. Wie dieser im Übrigen generell allgemein bleibt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerden wurden gemäß § 7 Abs 4 VwGVG innerhalb der Frist von vier Wochen bei der Behörde eingebracht. Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerden sind nicht hervorgekommen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über Suspendierungen und Einleitungsbeschlüsse keine Senatszuständigkeit vor. Gegenständlich besteht somit Einzelrichterzuständigkeit.

Das BVwG hat die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu Grunde zu legen (VwGH 30.03.2017, Ro 2015/03/0036). Das VwG hat daher im Verfahren betreffend Suspendierung zu beurteilen, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Voraussetzungen einer Suspendierung gegeben waren, ob also durch die Belassung des Beamten im Dienst, hier also durch die Aufhebung der von der belangten Behörde verfügten Suspendierung, wegen der Art der dem Beamten zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden (VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0035). Bei der Beurteilung der Rechtfertigung der Suspendierung, waren daher die Vorwürfe im EB ebenso zu berücksichtigen.

Gemäß § 28 Abs 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß einer Entscheidung des VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/09/0156 ist dem Disziplinarbeschuldigten vor dem Hintergrund des Art 6 EMRK „ … auch im Suspendierungsverfahren grundsätzlich ein Recht darauf zuzuerkennen, dass seine Angelegenheit in einer mündlichen Verhandlung vor dem in der Sache entscheidenden Gericht erörtert wird.“ Eine Verhandlung ist erfolgt und hatte der BF die Gelegenheit, seine Sichtweise darzulegen.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die auf den vorliegenden Fall anzuwendende Normen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):

„Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Achtungsvoller Umgang (Mobbingverbot)

§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.

Dienstpflichten des Vorgesetzten und des Dienststellenleiters

§ 45. (1) Der Vorgesetzte hat darauf zu achten, daß seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Mißstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Er hat das dienstliche Fortkommen seiner Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, daß sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspricht. Weiters hat sie oder er darauf hinzuwirken, dass ihre oder seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Erholungsurlaub in Anspruch nehmen können und auch in Anspruch nehmen.

(2) Der Leiter einer Dienststelle oder eines Dienststellenteiles hat außerdem für ein geordnetes Zusammenwirken der einzelnen ihm unterstehenden Organisationseinheiten zum Zwecke der Sicherstellung einer gesetzmäßigen Vollziehung sowie einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Geschäftsgebarung zu sorgen.

[…]

Mitarbeitergespräch

§ 45a. (1) Der unmittelbar mit der Fachaufsicht betraute Vorgesetzte (Vorgesetzter) hat einmal jährlich mit jedem seiner Mitarbeiter ein Mitarbeitergespräch zu führen.

(2) Das Mitarbeitergespräch umfaßt zwei Teile:

1. a) Erörterung des Arbeitszieles der Organisationseinheit sowie ihrer Aufgabenstellungen im Folgejahr; darauf aufbauend ist der wesentliche Beitrag des Mitarbeiters zur Aufgabenerfüllung zu vereinbaren.

b) Sind für das abgelaufene Jahr bereits Vereinbarungen getroffen worden, so sind sie Grundlage für die Erörterung der Aufgabenerfüllung.

2. Vereinbarung von Maßnahmen, die zur Verbesserung oder Erhaltung der Leistung des Mitarbeiters notwendig und zweckmäßig sind und die dem Mitarbeiter auch im Rahmen seiner längerfristigen beruflichen Entwicklung eröffnet werden sollen; Auflistung allfälliger Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Mitarbeiter auf seinem Arbeitsplatz nicht einbringen kann.

(3) Das Mitarbeitergespräch ist ausschließlich zwischen dem Vorgesetzten und seinem Mitarbeiter zu führen.

(4) Die Ergebnisse der beiden Teile des Mitarbeitergespräches sind von einem der Gesprächspartner während des Gespräches kurz schriftlich zusammenzufassen und von den Gesprächspartnern zu unterschreiben. Ist dies mangels Übereinstimmung nicht möglich, so ist ein abschließender Gesprächstermin festzulegen, dem auf Wunsch jedes der Gesprächspartner eine Person seines Vertrauens beigezogen werden kann, die

1.bei Dienststellen im Inland Gleichbehandlungsbeauftragter oder Personalvertreter oder Behindertenvertrauensperson ist,

2. bei Dienststellen im Ausland Angehöriger der betreffenden Dienststelle ist.

(5) Je eine Ausfertigung des Ergebnisses des ersten Teiles verbleibt beim Mitarbeiter und bei seinem Vorgesetzten. Diese Ausfertigungen dürfen nicht weitergegeben werden.

(6) Je eine Ausfertigung des Ergebnisses des zweiten Teiles des Mitarbeitergespräches bleibt beim Mitarbeiter und bei seinem Vorgesetzten. Eine weitere Ausfertigung ist der personalführenden Stelle zuzuleiten und dem Personalakt beizufügen.

(7) Der nächsthöhere Vorgesetzte ist nachweislich zu verständigen, daß das Mitarbeitergespräch stattgefunden hat.

Verjährung

§ 94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2.

innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht,

2.

(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 120/2012)

2a.

für die Dauer eines Verfahrens vor einem Verwaltungsgericht über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,

3.

für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,

4.

für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und

5.

für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung

a)

über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht,

b)

der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder

c)

der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens

 

bei der Dienstbehörde.

(3) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird weiters gehemmt in den Fällen des § 28 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

für den Zeitraum ab Antragstellung der Disziplinarbehörde auf Erteilung der Zustimmung bis zur Entscheidung durch das zuständige Organ der Personalvertretung,

2.

für die Dauer eines Verfahrens vor der Personalvertretungsaufsichtsbehörde.

Im Verfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde im PTA-Bereich und in der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung ist Z 1 anzuwenden.

(4) Hat der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs. 1 Z 2 genannte Frist, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist.

Suspendierung

§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder

2.

wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder

3.

wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Die Staatsanwaltschaft hat die zuständige Dienstbehörde umgehend vom Vorliegen einer rechtswirksamen Anklage gegen eine Beamtin oder einen Beamten wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts zu verständigen.

(2) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 210/2013)

(3) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Disziplinarkommission oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

(3a) Der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt steht gegen die Entscheidung der Disziplinarkommission, gemäß Abs. 3 keine Suspendierung zu verfügen, und gegen die Aufhebung einer Suspendierung durch die Disziplinarkommission das Recht der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu.

(4) Jede Suspendierung, auch eine vorläufige, hat die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die Dienstbehörde, ab Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission diese, hat auf Antrag der Beamtin oder des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung zu vermindern oder aufzuheben, wenn und soweit das monatliche Gesamteinkommen der Beamtin oder des Beamten und ihrer oder seiner Familienangehörigen, für die sie oder er sorgepflichtig ist, die Höhe des Mindestsatzes im Sinne des § 26 Abs. 5 PG 1965 nicht erreicht.

(4a) Nimmt die Beamtin oder der Beamte während der Suspendierung eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung auf oder weitet eine solche aus oder übt sie oder er während der Suspendierung eine unzulässige Nebenbeschäftigung aus, erhöht sich die Kürzung des Monatsbezugs gemäß Abs. 4 um jenen Teil, um den ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung ein Drittel ihres oder seines Monatsbezugs übersteigen. Zu diesem Zweck hat die Beamtin oder der Beamte unverzüglich ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung bekannt zu geben. Kommt sie oder er dieser Pflicht nicht nach, so gilt der ihrer oder seiner besoldungsrechtlichen Stellung entsprechende Monatsbezug als monatliches Einkommen aus der Nebenbeschäftigung.

(5) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung der Beamtin oder des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Disziplinarkommission unverzüglich aufzuheben.

(6) Die Beschwerde gegen eine (vorläufige) Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat keine aufschiebende Wirkung.

(7) Wird die Bezugskürzung auf Antrag des Beamten vermindert oder aufgehoben, so wird diese Verfügung mit dem Tage der Antragstellung wirksam.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4.die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

(3) Die Dienstbehörde ist von der Einstellung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu verständigen.

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Bundesdisziplinarbehörde die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben. […]“

Die relevanten Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (B-GlBG) lauten (Auszug – Hervorhebung durch BVwG):

„Sexuelle Belästigung

§ 8. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer im Zusammenhang mit ihrem oder seinem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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