TE Vwgh Erkenntnis 1984/6/29 84/02A/0237

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Veröffentlicht am 29.06.1984
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Index

StVO
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §24 Abs1 lita

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Degischer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schwaighofer, über die Beschwerde des GH in W, vertreten durch Dr. Johannes Nino Haerdtl, Rechtsanwalt in Wien I, Opernring 1, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 19. März 1984, Zl. MA 70-IX/H 200/82/Str., betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.330,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 19. März 1984 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 4. Mai 1982 in der Zeit von 8.15 Uhr bis 9.00 Uhr in Wien 8, Laudongase 12, das Fahrzeug S nnn im Bereich eines deutlich beschilderten Halteverbotes mit dem Zusatz „Montag bis Freitag (werktags) 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr, ausgenommen Ladetätigkeit mit LKW“ abgestellt.

In der unter anderem wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerde wurde - diesbezüglich unter Vorlage eines Fotos vom Tatort - behauptet, der kundgemachte Verordnungsinhalt habe wie folgt gelautet:

Verbotszeichen nach § 52 lit. a Z. 13 b StVO mit der Zusatztafel „Mo.-Fr. (werkt) v. 8 bis 14h ausgen. Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen; Anfang.“

Mit Verfügung vom 24. Mai 1984 teilte der Verwaltungsgerichtshof im Sinne des § 35 Abs. 2 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 11. März 1982, BGBl. Nr. 203, der belangten Behörde seine vorläufige Rechtsansicht dahin mit, die Begründung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdeführer sei bestraft worden, weil sein Kombinationskraftwagen allenfalls ein Lastfahrzeug, aber kein Lastkraftwagen sei, lasse sich unter der Annahme nicht aufrecht erhalten, daß die kundgemachte Verkehrsbeschränkung eine Ausnahme nicht zugunsten von Lastkraftwagen, sondern eine solche zugunsten von Lastfahrzeugen festsetzte. Der Verwaltungsgerichtshof forderte die belangte Behörde unter anderem auf, einerseits den Wortlaut, andererseits den kundgemachten Wortlaut des gegenständlichen Halte- und Parkverbotes zur Tatzeit mitzuteilen.

Mit Schreiben vom 8. Juni 1984 teilte die belangte Behörde mit, laut dem angeschlossenen Verordnungsakt laute der Text des verordneten Halte- und Parkverbotes am Tatort „Halte- und Parkverbot, Montag bis Freitag, werktags von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr, ausgenommen Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen“. Die Kundmachung entspreche dem verordneten Wortlaut. Eine Änderung der Textierung des Gültigkeitsbereiches sei nicht erfolgt. Die belangte Behörde vermöge deshalb den Beschwerdeausführungen nicht entgegenzutreten.

Aus dem vorgelegten Verordnungsakt Zl. MA 46-V 8-68/81 ergibt sich die Richtigkeit des diesbezüglichen Vorbringens der belangten Behörde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 gebildeten Senat erwogen:

Der oben wiedergegebene Spruch des Berufungsbescheides geht von einem erlassenen und kundgemachten Verordnungstext aus, der weder der Verordnung noch ihrer Kundmachung entspricht, und zwar in der Wendung „mit Lastkraftwagen“. Tatsächlich war aber am Tatort zur Tatzeit eine Ausnahme zugunsten der Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen verordnet und kundgemacht. Der Begriff des Lastkraftwagens ist in § 2 Z. 8 des Kraftfahrgesetzes 1967 in der zur Tatzeit am 4. Mai 1982 geltenden Fassung der 4. Novelle, BGBl. Nr. 615/1977, umschrieben. Nach der Begründung des Berufungsbescheides handelte es sich aber beim Fahrzeug des Beschwerdeführers um einen Kombinationskraftwagen. Der Begriff des Kombinationskraftwagens, umschrieben in § 2 Z. 6 des erwähnten Gesetzes, ist aber nicht deckungsgleich mit dem des Lastkraftwagens. Bestand aber vom verordneten und kundgemachten Halte- und Parkverbot eine Ausnahme zugunsten der Ladetätigkeit mit Lastfahrzeugen, so konnte die Berufung des Beschwerdeführers nicht damit abgetan werden - wie es auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides geschah -, dem Einwand der Ausübung einer Ladetätigkeit durch den Beschwerdeführer komme keine rechtliche Bedeutung zu.

Infolge der Subsumtion des Verhaltens des Beschwerdeführers unter eine nicht bestehende und nicht kundgemachte Verordnung, somit infolge eines Rechtsirrtums, hat die belangte Behörde ihren Bescheid in unzulänglicher Weise begründet.

Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 in Verbindung mit § 35 Abs. 2 leg. cit. in der oben genannten Fassung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung war deshalb Abstand zu nehmen, weil gemäß § 35 Abs. 2 VwGG 1965 in der oben genannten Fassung der angefochtene Bescheid bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. a, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Aufwand für Verhandlung nicht entstanden ist, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist und weil die in zweifacher Ausfertigung einzubringende Beschwerde nur mit zusammen S 240,-- Bundesstempel zu vergebühren war.

Wien, am 29. Juni 1984

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1984:8402A0237.X00

Im RIS seit

25.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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