TE Bvwg Beschluss 2021/10/11 W134 2246902-1

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Veröffentlicht am 11.10.2021
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Entscheidungsdatum

11.10.2021

Norm

BVergG 2018 §151
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W134 2246891-1/2E

W134 2246902-1/2E

BESCHLUSS

I. Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas GRUBER im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „EAW SARS-Cov-2 (Covid-19) PCR-Testungen BMBWF – Ost, GZ 5391.03973“ der Auftraggeberin Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, alle vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, vom 01.10.2021 „eine einstweilige Verfügung zu erlassen, mit welcher dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung im erneuten Aufruf zum Wettbewerb "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – Ost" (BBG-GZ: 5391.03973) für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wird“ folgenden Beschluss:

A)

Der Auftraggeberin wird gemäß § 351 BVergG 2018 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas GRUBER im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren EAW SARS-Cov-2 (Covid-19) PCR-Testungen BMBWF – West, GZ 5391.03974“ der Auftraggeberin Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, alle vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, vom 01.10.2021 „eine einstweilige Verfügung zu erlassen, mit welcher dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung im erneuten Aufruf zum Wettbewerb "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – West" (BBG-GZ: 5391.03974) für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wird“ folgenden Beschluss:

A)

Der Auftraggeberin wird gemäß § 351 BVergG 2018 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit den beiden Schreiben vom 01.10.2021, beim BVwG eingebracht am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin jeweils ein Nachprüfungsverfahren im Verfahren EAW SARS-Cov-2 (Covid-19) PCR-Testungen BMBWF – Ost, GZ 5391.03973 und im Verfahren EAW SARS-Cov-2 (Covid-19) PCR-Testungen BMBWF – West, GZ 5391.03974 einzuleiten, die jeweils angefochtene Zuschlagsentscheidungen vom 21.09.2021 für nichtig zu erklären, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, den Ersatz der jeweils entrichteten Pauschalgebühren und die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügungen.

Begründend wurde von der Antragstellerin zu den jeweiligen Verfahren im wesentlichen gleichlautend Folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberin habe ein Verfahren gemäß § 151 BVergG (in Anlehnung an ein offenes Verfahren) zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung im Oberschwellenbereich betreffend "SARS-CoV-2 (Covid-19) Testungen" zur GZ 5301.03891 durchgeführt. Mit Schreiben vom 07.08.2021 habe die Auftraggeberin die Rahmenvereinbarung mit der Antragstellerin abgeschlossen. Auf Basis der Rahmenvereinbarung habe die Auftraggeberin am 24.08.2021 einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb zum Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Unternehmen im Oberschwellenbereich betreffend "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – Ost" für die Region Ost (Burgenland, Niederösterreich und Wien) und "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – West“ für die Region West (Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg) eingeleitet. Mit Schreiben vom 21.09.2021 sei der Antragstellerin in beiden Verfahren jeweils die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin zu Gunsten der XXXX über die Vergabeplattform bereitgestellt worden.

Zur Rechtswidrigkeit der beiden Entscheidungen gab die Antragstellerin gleichlautend zusammengefasst Folgendes an:

1.       Mangelnde Befugnis XXXX : Die XXXX verfüge lediglich über eine gewerberechtliche Befugnis als chemisches Laboratorium und dürfe folglich keine humanmedizinischen Analysen und darauf aufbauende Befundungen durchführen.

2.       Mangelnde Befugnis XXXX : Die XXXX verfüge ebenfalls nur über eine Gewerbeberechtigung als chemisches Laboratorium und sei bereits aus diesem Grund nicht zur Erbringung von PCR-Analysen und deren Befundung zum Nachweis von SARS CoV-2-Erregern befugt. Im Sinne der bestandfesten Festlegungen zu den zulässigen Befugnisnachweisen sei die XXXX als Einrichtung zur Durchführung von genetischen Analysen, die über keinen derartigen Nachweis verfüge, nicht geeignet, die gegenständlichen Leistungen zu erbringen.

3.       Zweck der Bietergemeinschaft darf nicht rechtswidrig sein: Nach der stRsp der Vergabekontrollbehörden dürfe der Zweck einer Bietergemeinschaft nicht rechtswidrig sein, also weder gegen gesetzliche Verbote noch gegen die guten Sitten verstoßen.

Gemäß dem Unternehmensgegenstand des XXXX -Mitglieds XXXX , wie sich dieser aus deren Gesellschaftsvertrag ergebe, sei diese ausdrücklich auf Gemeinnützigkeit und "keinesfalls auf Gewinnerzielung" ausgerichtet. Gegen diese Festlegung verstoße das Unternehmen gegenständlich jedoch offensichtlich, da nicht anzunehmen sei, dass die XXXX Preise ohne Gewinnaufschlag angeboten habe. Dies schon deshalb, da die übrigen Mitglieder der Bietergemeinschaft sehr wohl auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichtet seien. Darüber hinaus sei das gegenständliche Leistungsbild auch nicht von den im Gesellschaftsvertrag der XXXX ausdrücklich und taxativ aufgezählten Tätigkeiten gedeckt. Der Zweck der XXXX sei dementsprechend aufgrund einer Gesellschaftsrechtsverletzung vertrags- und damit rechtswidrig, weshalb auch aus diesem Grund die Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten rechtswidrig sei.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 06.10.2021 und 07.10.2021 gab diese bekannt, dass Auftraggeberin die Republik Österreich (Bund), vertreten durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung sei. Bei den gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich jeweils um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich. Es handle sich jeweils um einen erneuter Aufruf zum Wettbewerb auf Basis der Rahmenvereinbarung „SARS-CoV-2 (Covid- 19) Testungen", BBG-GZ: 5301.03891 (transparentes Verfahren gem. § 151 BVergG 2018 in Anlehnung an ein offenes Verfahren gem. BVergG 2018). Die beiden Vergabeverfahren befänden sich im Stadium nach der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung (Versand am 21.09.2021). Da es sich gegenständlich um einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb handle, sei keine Bekanntmachung erfolgt.

Die Auftraggeberin brachte zu dem jeweiligen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor, es bestehe ein dringender Beschaffungsbedarf, weil ohne die Beschaffung die Gefahr für die Unversehrtheit von Leib und Leben von SchülerInnen bestehe, da keine PCR-Tests zur Verfügung stünden und daher ein sicherer physischer Schulbetrieb nicht gewährleistet wäre. Es bestehe zudem eine Dringlichkeit der gegenständlichen Beschaffung, da zwar weitere Direktabrufe aus der Rahmenvereinbarung getätigt werden könnten, diese aber mittels Feststellungsantrag angefochten und seitens des BVwG für nichtig erklärt bzw. aufgehoben werden könnten. Die Auftraggeberin stelle den Antrag auf Zurück- in eventu Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberin Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH, hat eine Ausschreibung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung „SARS-CoV-2 (Covid- 19) Testungen", BBG-GZ: 5301.03891 durchgeführt. Mit der Antragstellerin wurde am 07.08.2021 eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Auf Basis der Rahmenvereinbarung hat die Republik Österreich (Bund) vertreten durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb zum Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Unternehmen im Oberschwellenbereich betreffend "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – Ost" für die Region Ost (Burgenland, Niederösterreich und Wien) und betreffend "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – West" für die Region West (Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg) eingeleitet. (Schreiben der Auftraggeberin vom 01.10.2021)

Die Zuschlagsentscheidung, im Verfahren zum erneuten Aufruf zum Wettbewerb zum Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Unternehmen im Oberschwellenbereich betreffend "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – Ost" für die Region Ost (Burgenland, Niederösterreich und Wien), dass mit der Bietergemeinschaft: XXXX der Rahmenvertrag abgeschlossen werden soll, wurde am 21.09.2021 den Bietern bzw. den Bietergemeinschaften über die Vergabeplattform zur Verfügung gestellt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 01.10.2021)

Die Zuschlagsentscheidung, im Verfahren zum erneuten Aufruf zum Wettbewerb zum Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Unternehmen im Oberschwellenbereich betreffend "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – West" für die Region West (Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg), dass mit der Bietergemeinschaft: XXXX und XXXX der Rahmenvertrag abgeschlossen werden soll, wurde am 21.09.2021 den Bietern bzw. den Bietergemeinschaften über die Vergabeplattform zur Verfügung gestellt. (Schreiben der Auftraggeberin vom 01.10.2021)

Die Auftraggeberin hat bisher Direktabrufe auf Basis der Kaskade gemäß Punkt 5.2.2. der Rahmenvereinbarung SARS-CoV-2 (Covid-19) Testungen, GZ 5301.03891, betreffend PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – Ost (BBG-GZ: 5391.03973) und – West (BBG-GZ: 5391.03974) jeweils für den Leistungszeitraum bis Ende Oktober 2021 vorgenommen. (Stellungnahme der Auftraggeberin vom 07.10.2021)

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich die Verfahren in einem Stadium vor Zuschlagserteilung befindet, dass die Rechtswidrigkeit gesondert anfechtbarer Entscheidungen – nämlich der Zuschlagsentscheidungen – behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass dem Antragsteller durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 ist somit nicht gegeben.

Gemäß § 343 Abs. 1 BVergG 2018 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax im Oberschwellenbereich binnen 10 Tagen einzubringen. Die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidungen erfolgte am 21.9.2021. Die Nachprüfungsanträge sind am 01.10.2021 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Die Anträge wurde auch vergebührt und erfüllt – soweit im Provisorialverfahren ersichtlich – auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 351 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Die Antragstellerin hat ua. beantragt jeweils eine einstweilige Verfügung zu erlassen, mit welcher dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung im erneuten Aufruf zum Wettbewerb "PCR-Testungen an den Schulen Österreichs – Ost" (BBG-GZ: 5391.03973) und – West (BBG-GZ: 5391.03974) für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wird.

Da die beiden Zuschlagsentscheidungen bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnten und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Zuschlag in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

Die Auftraggeberin hat die Zurück- in eventu Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt. Es bestehe ein dringender Beschaffungsbedarf, weil die PCR Tests für die Durchführung eines sicheren physischen Schulbetriebes dringend benötigt würden. Zudem könnten zukünftige Direktabrufe aus der Kaskade der Rahmenvereinbarung mittels Feststellungsantrags angefochten werden und seitens des BVwG für nichtig erklärt bzw. aufgehoben werden.

Es wird nicht übersehen, dass ein öffentliches Interesse an der gegenständliche Beschaffung besteht. Die Auftraggeberin gab an, dass die bisherige Versorgung durch Direktabrufe auf Basis der Kaskade gemäß Punkt 5.2.2. der Rahmenvereinbarung SARS-CoV-2 (Covid-19) Testungen, GZ 5301.03891, für den Leistungszeitraum bis Ende Oktober 2021 sichergestellt wurde. Wie die Auftraggeberin selbst zugesteht, wäre eine solche Vorgehensweise zur Überbrückung des zwischenzeitlichen Bedarfs auch ab November 2021 möglich, weshalb derzeit ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung nicht gesehen werden kann. Zudem reicht eine theoretisch mögliche künftige Anfechtung der Direktabrufe beim BVwG nicht aus, um den effektiven Rechtsschutz im gegenständlichen Provisorialverfahren zu verweigern. Es überwiegt somit das öffentliche Interesse an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Billigstbieter. Die Untersagung den Zuschlag zu erteilen ist dabei die gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberinnen sind durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen können und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.

Schlagworte

Befugnis beurteilt am Auftragsgegenstand Bietergemeinschaft Dauer der Maßnahme Dienstleistungsauftrag einstweilige Verfügung Entscheidungsfrist Interessenabwägung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren öffentliche Interessen Provisorialverfahren Rahmenvereinbarung Rahmenvertrag Schaden Untersagung der Zuschlagserteilung Vergabeverfahren Zuschlagsverbot für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W134.2246902.1.00

Im RIS seit

24.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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