TE Bvwg Beschluss 2021/10/21 W139 2247313-1

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Veröffentlicht am 21.10.2021
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Entscheidungsdatum

21.10.2021

Norm

BVergG 2018 §12 Abs1 Z4
BVergG 2018 §141 Abs1 Z2
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
BVergG 2018 §5
B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §32 Abs1 Z6
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W139 2247313-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX , vertreten durch E+H Eisenberger + Herzog Rechtsanwalts GmbH, 1100 Wien, Vienna Twin Tower, 20. OG, Wienerbergstraße 11, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „1130 Wien, Am Fasangarten 2, MARIA THERESIEN Kaserne Obj.001, Fenstersanierung, GZ: S95510/35-Dion7/2021“ der Auftraggeberin Republik Österreich, vertreten durch die Bundesministerin für Landesverteidigung, diese vertreten durch das Militärservicezentrum 1 Wien:

A)

Dem Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge der Antragsgegnerin mittels Einstweiliger Verfügung bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren untersagen, den Zuschlag im Vergabeverfahren "1130 Wien, Am Fasangarten 2, MARIA THERESIEN Kaserne Obj.001, Fenstersanierung, GZ: S95510/35-Dion7/2021" zu erteilen“, wird dahingehend stattgegeben, als der Auftraggeberin, der Republik Österreich, vertreten durch die Bundesministerin für Landesverteidigung, diese vertreten durch das Militärservicezentrum 1 Wien, für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens untersagt wird, im Vergabeverfahren „1130 Wien, Am Fasangarten 2, MARIA THERESIEN Kaserne Obj.001, Fenstersanierung, GZ: S95510/35-Dion7/2021“ den Zuschlag zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:

1. Am 13.10.2021 stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, verbunden mit den Anträgen ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, das Angebot der Antragstellerin aus der Akteneinsicht auszunehmen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom 04.10.2021 sowie auf Gebührenersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren.

Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Beim betreffende Vergabeverfahren „1130 Wien, Am Fasangarten 2, MARIA THERESIEN Kaserne Obj.001, Fenstersanierung, GZ: S95510/35-Dion7/2021" handle es sich um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich. Die Ausschreibung sei im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung nach dem Billigstbieterprinzip erfolgt. Die Antragstellerin habe gemäß den Zuschlagskriterien das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt, sodass ihr als Billigstbieterin der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre. Der Zuschlag sei noch nicht erteilt worden.

Mit Schreiben vom 04.10.2021 sei das Angebot der gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG ausgeschieden und zugleich bekannt gegeben worden, dass vorgesehen sei, den Zuschlag an die XXXX zu erteilen. Der Nachprüfungsantrag richte sich sowohl gegen das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin als auch gegen die Zuschlagsentscheidung.

Die Antragstellerin bezeichnete ihr Interesse am Vertragsabschluss, den ihr drohenden Schaden und die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.

Zur Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung führte die Antragstellerin aus, dass ihr Angebot gemäß § 141 BVergG ausgeschieden worden sei sowie, dass die Ausscheidensentscheidung vom 04.10.2021 als Begründung für das Ausscheiden „keine Befugnis“ angeführt habe. Die Antragstellerin sei jedoch zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen aufgrund ihrer bestehenden Gewerbeberechtigung für das Handels- und Handelsagentengewerbe (GISA Zahl: XXXX ) und der ihr als Handelsgewerbetreibender zukommenden gewerblichen Nebenrechten gemäß § 32 GewO zweifellos befugt.

Auftragsgegenstand sei der bloße Austausch von Holzverbund- und Rundfenstern in neue Holzfenster, welcher nicht dem Tischlergewerbe vorbehalten sei. In der vorliegenden Ausschreibung entfalle der Hauptumfang der ausschreibungsgegenständlichen Leistung jedenfalls auf die Lieferung der von der Antragstellerin ausschreibungskonform angebotenen vorgefertigten Fenster sowie der ebenfalls ausgeschriebenen Jalousien, zu deren Montage die Antragstellerin schon allein nach § 32 Abs 1 Z 6 GewO 1994 berechtigt sei. Es liege auf der Hand, dass die mit anzubietenden Leistungen des Abbruchs der alten Fenster die eigene Leistung der Antragstellerin „wirtschaftlich sinnvoll ergänzen“. Die Antragstellerin sei daher auf Grundlage ihrer Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe eindeutig gemäß § 32 GewO 1994 zur Erbringung des Gesamtauftrags ohne weitere Gewerbeberechtigung für das Tischlergewerbe (über die die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin offenbar verfüge) befugt.

Die Antragstellerin sei von der Auftraggeberin auch bereits mit derartigen Aufträgen bedacht worden, so etwa für XXXX .

Aufgrund der erfolgten Einladung zur Angebotsabgabe vom 20.07.2021 sei die Auftraggeberin offenkundig selbst von der Befugnis der Antragstellerin ausgegangen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Auftraggeberin der Antragstellerin die Befugnis – im Übrigen ohne jede Rückfrage, Nachforderung oder Ersuchen um Aufklärung – nun auf einmal abspreche.

Zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führte die Antragstellerin aus, dass ihr Angebot zu Unrecht ausgeschieden worden sei und daher ihr als Billigstbieterin der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Damit erweise sich die zugunsten der Mitbewerberin bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung als rechtswidrig und sei daher ebenfalls für nichtig zu erklären.

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erklärte die Antragstellerin ihr gesamtes Vorbringen dieses Antrages ausdrücklich auch zum Vorbringen im Verfahren zur Erlassung einer Einstweiligen Verfügung. Sie führte im Wesentlichen folgendes aus:

Da dem Antrag auf Nachprüfung keine aufschiebende Wirkung zukomme, könnte die Auftraggeberin im Verfahren fortfahren und letztlich der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin den Zuschlag erteilen. Der Anspruch der Antragstellerin auf Zuschlag könne nur wirksam gesichert werden, wenn das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in einem Stand gehalten werde, der eine spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermögliche. Ohne die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohe der Antragstellerin daher trotz eines eingebrachten Nachprüfungsantrages der dargestellte Schaden.

Ohne Einstweilige Verfügung wäre es der Antragstellerin nicht möglich, bei Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung am Verfahren weiter teilzunehmen und letztlich den Zuschlag zu erhalten. Die Einstweilige Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens sei daher das notwendige und geeignete Mittel, um die der Antragstellerin durch die aufgezeigten Rechtswidrigkeiten drohenden Schäden zu verhindern. Der einstweiligen Untersagung der Zuschlagserteilung an die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin stehe kein besonderes Interesse der Auftraggeberin gegenüber. Vielmehr hätte diese eine allfällige Verzögerung des Verfahrens durch Nachprüfungsanträge bereits in ihre zeitliche Kalkulation einzubeziehen gehabt.

Die Antragstellerin beantrage daher, das Bundesverwaltungsgericht möge der Antragsgegnerin mittels Einstweiliger Verfügung bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren untersagen, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen.

2. Am 19.10.2021 erteilte die Auftraggeberin, allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führte die Auftraggeberin zusammengefasst aus, dass das besondere Interesse der Auftraggeberin an der Fortführung des Verfahrens darin bestehe, dass ein dringender Beschaffungsbedarf bestehe, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der Auftraggeberin benötigt werde. Es könne nicht beurteilt werden, ob Interessen sonstiger Bieter durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung beeinträchtigt werden. Aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin werde im Falle der Erlassung der Einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung, ersucht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Sachverhalt:

Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen sowie der Bezug nehmenden Beilagen und Unterlagen des Vergabeverfahrens wird vorerst im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Die Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Bundesministerin für Landesverteidigung, diese vertreten durch das Militärservicezentrum 1 Wien, schrieb im Juli 2021 unter der Bezeichnung „1130 Wien, Am Fasangarten 2, MARIA THERESIEN Kaserne Obj.001, Fenstersanierung, GZ: S95510/35-Dion7/2021“, einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich in einem nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung nach dem Billigstbieterprinzip über den Austausch von Holzfenstern im Hauptgebäude der Maria Theresien Kaserne aus. Dabei sollen 172 Stück 4-teilige und 6 Stück 6-teilige Holzverbundfenster und 8 Stück Rundfenster in neue Holzfenster getauscht werden.

Es wurden ua die die Antragstellerin sowie die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin zur Angebotsabgabe aufgefordert. Die Ausschreibung blieb unangefochten.

Mit Schreiben vom 04.10.2021 wurde das Angebot der Antragstellerin gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 ausgeschieden und bekannt gegeben, dass vorgesehen ist, den Zuschlag an die XXXX zu erteilen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin über keine Befugnis verfüge.

Mit Schriftsatz vom 13.10.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am selben Tag, brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung vom 04.10.2021 ein. Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühr in entsprechender Höhe.

Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.

2.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zur Zulässigkeit des Antrages

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Bundesministerin für Landesverteidigung.

Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 5 BVergG 2018 um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt unter dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Abs. 4 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handelt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und damit zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.

Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 350 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen (EuGH 11.05.2017, C-131/16, Archus und Gama, Rn 59; BVwG 16.12.2020, W187 2236898-2/29E; siehe auch BVwG 15.02.2021, W187 2237702-2/26E).

Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe bezahlt (§ 318 Abs 1 Z 1 und 4 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Ausscheidensentscheidung sowie die Entscheidung, welchem Unternehmer der Zuschlag erteilt werden soll. Dabei handelt es sich um gesondert anfechtbare Entscheidungen gemäß § 2 Z 15 lit a sublit cc BVergG 2018.

2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages

Gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

Die Antragstellerin behauptet die Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung und der Entscheidung der Auftraggeberin, der Bieterin XXXX den Zuschlag im unter der Bezeichnung „1130 Wien, Am Fasangarten 2, MARIA THERESIEN Kaserne Obj.001, Fenstersanierung, GZ: S95510/35-Dion7/2021“, geführten Vergabeverfahren erteilen zu wollen. Diese Behauptung erscheint zumindest nicht denkunmöglich. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren schon angesichts der kurzen Entscheidungsfrist nicht abzusprechen (siehe etwa VwGH 04.11.2013, AW 2013/04/0045). Diese wird im Hauptverfahren durch den zuständigen Senat zu beurteilen sein.

Da bei Zutreffen der Behauptung der Antragstellerin die Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlagsempfängern rechtswidrig sein könnte und der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens die Vereitelung einer Zuschlagschance mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ins Leere laufen lässt und der die grundsätzliche Möglichkeit der Auftragserteilung an die Antragstellerin im Rahmen eines vergaberechtskonformen Verfahrens wahrt (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 203).

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ua auf finanzielle Einbußen, nämlich ua die frustrierten Kosten der Rechtsvertretung und der Angebotserstellung, sowie auf den Verlust eines wichtigen Referenzprojektes verweist. Am Vorliegen dieses drohenden Schadens besteht dem Grunde nach kein Zweifel. Die entsprechende Behauptung ist plausibel. Ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten (siehe VwGH 22.06.2011, 2009/04/0128; VwGH 24.02.2006, 2004/04/0127). Beim Verlust eines Referenzprojektes handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden (Vermögens)Nachteil (VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVA 21.02.2007, N/0012-BVA/07/2007-13; BVA 09.06.2010, N/0008-BVA/02/2010-7 uva).

Im Rahmen der Interessenabwägung ist darüber hinaus auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich des Vorrangs des primären – durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden – Rechtsschutzes (EuGH 28.10.1999, Rs C-81/98, Alcatel Austria AG ua; EuGH 18.06.2002, Rs C-92/00, Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH) sowie die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs Bedacht zu nehmen, wonach in der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse liegt (VfGH 25.10.2002, B1369/01; siehe insb. bereits BVA 25.01.2002, N-128/01-45 uvm).

Die Auftraggeberin führt aus, dass ein besonderes Interesse der Auftraggeberin an der Fortführung des Verfahrens darin bestehe, dass ein dringender Beschaffungsbedarf vorliege, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben benötigt werde. Die Auftraggeberin habe die Dauer eines möglichen Nachprüfungsverfahrens im Rahmen des Vergabeverfahrens im Ausmaß der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungsfrist von sechs Wochen in der Planung des Vergabeverfahrens berücksichtigt. Aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin werde im Falle der Erlassung der Einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung, ersucht.

Mit ihrem Vorbringen beschränkt sich die Auftraggeberin auf einen allgemeinen Verweis auf die Dringlichkeit der gegenständlichen Beschaffung, ohne die drohende Beeinträchtigung ihrer oder sonstigen Interessen durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung substantiiert zu begründen, näher zu determinieren und zu belegen. Das Vorbringen kann damit nicht Grundlage einer Interessenabwägung sein (ua BVwG 01.03.2019, W131 2214957-1/3E; BVwG 13.12.2018, W131 2210854-1/2E; 16.11.2018, W139 2209121-1/9E; Kahl in Gast (Hrsg.), BVergG-Leitsatzkommentar, E 1, 37 zu § 351).

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin äußerte sich nicht zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und führte keine möglicherweise geschädigten Interessen ins Treffen. Im Übrigen sind dem Bundesverwaltungsgericht äußerte keine möglicherweise geschädigten Interessen sonstiger Bieter sowie sonstige besondere öffentliche Interessen, die zum derzeitigen Zeitpunkt gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechen würden, bekannt und wurden solche auch nicht bezeichnet.

Unter Zugrundelegung obiger Überlegungen ist somit mangels substantiiert vorgebrachter und mangels sonst erkennbarer gegenteiliger Interessen ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 nicht anzunehmen, sondern vielmehr das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin als überwiegend anzusehen, weswegen die im Spruch ersichtliche Sicherungsmaßnahme als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 351 Abs 3 BVergG 2018 auszusprechen war, als damit die Schaffung von unumkehrbaren Tatsachen zum Nachteil der Wettbewerbsposition der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren vermieden wird. Die Antragstellerin begehrte die Untersagung des Vertragsabschlusses, worunter unmissverständlich die Untersagung der Zuschlagserteilung zu verstehen ist (§ 2 Z 49 BVergG 2018).

Zur Dauer der Provisorialmaßnahme ist auszuführen, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung eine einstweilige Verfügung mit der Dauer des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 als hinreichend befristet zu bewerten ist (ua BVwG 10.01.2014, W187 2000170-1/11; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVwG 23.10.2014, W114 2013254-1/6E; BVA 10.02.2011, N/0011-BVA/10/2011-9, BVA 10.05.2011, N/0035-BVA/08/2011-12 mwN; siehe auch VwGH 10.12.2007, AW 2007/04/0054). Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit und legt keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, und zwar der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin sind durch eine derartige Bestimmung der Dauer nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung jederzeit deren Aufhebung beantragt werden kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 04.05.2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10.12.2007, AW 2007/04/0054).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138; 30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 24.02.2006, 2004/04/0127; 01.03.2007, 2005/04/0239; 27.06.2007, 2005/04/0254; 29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065; 22.06.2011, 2009/04/0128; 29.09.2011, 2011/04/0153; 10.12.2007, AW 2007/04/0054) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ist die Rechtslage klar und eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (siehe VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausscheidensentscheidung Bauauftrag Befugnis beurteilt am Auftragsgegenstand Dauer der Maßnahme einstweilige Verfügung Entscheidungsfrist Interessenabwägung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren öffentliche Interessen öffentlicher Auftraggeber Provisorialverfahren Sanierungsmaßnahme Schaden Untersagung der Zuschlagserteilung Vergabeverfahren Zuschlagsverbot für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W139.2247313.1.00

Im RIS seit

24.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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