TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/22 W274 2247098-1

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Veröffentlicht am 22.12.2021
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Entscheidungsdatum

22.12.2021

Norm

AVG §10
B-VG Art133 Abs4
DSG §1
VwGVG §28 Abs5
WTBG §2

Spruch


W274 2247098-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. LUGHOFER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter KR Prof. POLLIRER und Dr. GOGOLA als Beisitzer über die Beschwerde des Dr. XXXX vertreten durch Mag. XXXX , gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde, Barichgasse 40 - 42,1030 Wien, vom 15.09.2021, GZ XXXX , Mitbeteiligter XXXX , wegen Verletzung im Recht auf 1. Geheimhaltung, 2. Löschung, 3. auf Widerspruch, 4. auf Berichtigung, 5. auf Einschränkung der Verarbeitung, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht:

Der Bescheid wird ersatzlos behoben.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Mit E-Mail vom 06.12.2019 überreichte Mag. XXXX (bereits am verfahrenseinleitenden E-Mail finden sich als Bezeichnung des Einschreiters „Mag. XXXX “, darunter „Mag. XXXX GmbH Bilanzbuchhaltung “ sowie Logos der „ XXXX WP/Stb GmbH und Co KG Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung“ sowie „ XXXX Steuerberatung“) unter Verwendung eines Formulars der Datenschutzbehörde (im Folgenden: belangte Behörde) eine Datenschutzbeschwerde des Dr. XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer, BF). Aus dieser ergibt sich als Beschwerdegegner XXXX (im Folgenden: Mitbeteiligter, MB). Geltend gemacht wurde die Verletzung des Grundrechts auf Geheimhaltung, weil der Beschwerdegegner den Negativeintrag betreffend ein Sanierungsverfahren zu lange (über drei Jahre) gespeichert habe. Das Sanierungsverfahren sei am 06.10.2016 durch Annahme des Sanierungsplans rechtskräftig abgeschlossen und die Zahlungen innerhalb eines Monats danach erfolgt. Angeschlossen war Korrespondenz.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom 10.03.2020 forderte die belangte Behörde die Behebung mehrerer Mängel (Bezeichnung des als verletzt erachteten Rechts und des Rechtsträgers, dem die behauptete Rechtsverletzung zugerechnet werde; Sachverhalt, aus dem die Rechtsverletzung abgeleitet werde; Gründe auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stütze sowie Begehren, die behauptete Rechtsverletzung festzustellen).

Mit E-Mail vom 24.03.2020 bezog sich Mag. XXXX auf die nunmehrige Geschäftszahl der belangten Behörde und führte zu den einzelnen Punkten des Mangelbehebungsauftrages näher aus, darunter, er berufe sich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer als berufsmäßiger Parteienvertreter auf die ihm erteilte Vollmacht.

Mit E-Mail vom 07.05.2020 legte die MB, vertreten durch XXXX RECHTSANWÄLTE KEG, eine Stellungnahme vor.

Diese wurde dem BF zum Parteiengehör übermittelt.

Mit E-Mail vom 08.06.2020 äußerte sich Mag. XXXX „Betreffend die Beschwerde des Dr. XXXX “ zur genannten Stellungnahme.

Am 11.09.2020 erging per E-Mail eine weitere Stellungnahme durch Mag. XXXX .

Mit Mängelbehebungsauftrag vom 13.08.2021 führte die belangte Behörde unter anderem zur gegenständlichen Beschwerde aus:

“Bevollmächtigte gemäß § 10 AVG haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht ausweisen.

Sie werden ersucht, eine Ihnen erteilte Vertretungsvollmacht unterzeichnet von Dr. XXXX für die Führung Ihrer oben genannten Verfahren vorzulegen.

Eine Berufung als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auf die erteilte Vollmacht im Sinne des §§ 77 Abs. 11 iVm § 2 ff WTBG 2017 wird für datenschutzrechtliche Angelegenheiten vor der Datenschutzbehörde als nicht ausreichend angesehen.

Bitte beheben Sie diese Mängel, in dem Sie die Beschwerde nochmals verbessert einbringen oder ergänzen.

Für die Erfüllung dieses Mangelbehebungsauftrages wird eine Frist von zwei Wochen gesetzt.“

Mit E-Mail vom 25.08.2021 führte Mag. XXXX aus:

„In der Beilage schicke ich Ihnen die Vollmacht meines Mandanten Dr. XXXX “.

Vorgelegt wurde eine Vollmacht mit folgendem Inhalt:

Mit dem bekämpften Bescheid wurde die Beschwerde „mangels ausreichender Vertretungsbefugnis“ zurückgewiesen.

Die belangte Behörde traf folgende Sachverhaltsfeststellungen.

„…Mit Mangelbehebungsauftrag vom 13.08.2021 zur GZ XXXX forderte die Datenschutzbehörde Mag. XXXX erneut auf, für die Verfahren XXXX , XXXX , XXXX und XXXX eine entsprechende Vertretungsvollmacht vorzulegen und wies darauf hin, dass eine Berufung als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auf die erteilte Vollmacht im Sinne des §§ 77 Abs. 11 iVm §§ 2 ff WTBG 2017 für datenschutzrechtliche Angelegenheiten vor der Datenschutzbehörde als nicht ausreichend angesehen wird.

Mit Schreiben vom 25 August 2020 übermittelte Mag. XXXX eine schriftliche Vollmacht seines Mandanten Dr. XXXX .

Mit Mangelbehebungsauftrag vom 10.03.2020 ersuchte die Datenschutzbehörde unter anderem, dass sich der Bevollmächtigte gemäß § 10 AVG durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht ausweise. Insbesondere wurde Mag. XXXX ersucht, eine entsprechende Vollmacht im Namen von Dr. XXXX vorzulegen und wurde darauf hingewiesen, dass, wenn eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person einschreitet, die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht den urkundlichen Nachweis ersetzen kann.

Mit Schreiben vom 24.03.2020 teilte Mag. XXXX mit, er sei Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, berufsmäßiger Parteienvertreter und berufe sich daher auf seine ihm erteilte Vollmacht. Zudem präzisierte er die Beschwerde und machte für Dr. XXXX eine Verletzung der Rechte auf Geheimhaltung, Löschung, Widerspruch, Berichtigung und Einschränkung der Verarbeitung geltend.“

In weiterer Folge wurde die bereits eingangs dargestellte schriftliche Vollmacht vollinhaltlich dargestellt.

Rechtlich stellte die belangte Behörde zunächst der § 10 AVG dar und führte dazu aus, Mag. XXXX habe sich primär auf die ihm als Wirtschafts- und Steuerberater erteilte Vollmacht berufen und erst nach weiterer Aufforderung eine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Ein berufsmäßiger Parteienvertreter könne sich nur insoweit auf die erteilte Vollmacht berufen, als er nach dem jeweiligen Berufsrecht zur Vornahme der entsprechenden Verfahrenshandlungen befugt sei. Ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater könne sich daher grundsätzlich gemäß § 77 Abs. 11 WTBG 2017 auf die ihm erteilte Bevollmächtigung berufen, jedoch sei diese von dem in §§ 2 ff leg cit. normierten Berechtigungsumfang begrenzt. Der dort aufgelistete Berechtigungsumfang umfasse verschiedenste Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Ausübung der Wirtschaftstreuhandberufe, jedoch nicht die Vertretung in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten vor der Datenschutzbehörde.

Auch die vorgelegte schriftliche Vollmacht sei für die Verfahrensführung vor der Datenschutzbehörde nicht ausreichend: Werde eine schriftliche Vollmacht erteilt, so richte sich der Inhalt und Umfang dieser Vollmacht nach der Vollmachtsurkunde und dem dort festgestellten Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers. Nach dem VwGH sei der objektiv zu verstehenden Parteienerklärung zu entnehmen, für welche Angelegenheiten die Vollmacht erteilt worden sei.

Wie aus der vorgelegten Vollmacht ersichtlich, beziehe sich diese auf steuerliche, wirtschaftliche, arbeits-und sozialrechtliche und sonstige finanzrechtliche Angelegenheiten. Eine Vollmacht für allgemeine verwaltungsrechtliche und insbesondere datenschutzrechtliche Angelegenheiten sei hingegen nicht erteilt bzw. in die Vollmachtsurkunde mit aufgenommen worden.

Aus der Vollmachtsurkunde sei zwar ersichtlich, dass auch für „sonstige Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden“ eine Vollmacht erteilt worden sei, jedoch stehe auch dieser Wortlaut in einem engen steuer- und wirtschaftsrechtlichen Zusammenhang, da als Beispiele „Steuererklärung“ angeführt würden und auf den Vollmachtgeber als Steuerpflichtigen Bezug genommen werde.

Im Ergebnis sei daher weder die mündliche Berufung auf die erteilte Vollmacht noch die schriftliche Vollmachtsurkunde selbst ausreichend, um den BF in einem Verfahren vor der Datenschutzbehörde vertreten zu können. Die verfahrensgegenständlichen Eingaben seien daher mangels Bevollmächtigung nicht dem BF zuzurechnen.

Gegen diesen gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, vorgelegt per E-Mail vom einer 21.09.2021, von Mag. XXXX unter „ergänzender Vorlage“ einer weiteren, vom Berufsrecht der Wirtschaftstreuhänder unabhängigen Vollmacht, auf die sich der Einschreiter hilfsweise berufe. Der BF erkläre in seiner angeschlossenen Vollmacht, dass er die Beschwerde auch im eigenen Namen zeichne.

Diese Vollmacht lautet:

„Vollmacht

Mit welcher ich, Dr. XXXX , Herrn Mag. XXXX bzw. die XXXX WP/StB GmbH & Co KG, XXXX , beauftrage und bevollmächtige, mich in den Verfahren

XXXX , Dr. XXXX

XXXX , Dr. XXXX

XXXX , Dr. XXXX

XXXX , Dr. XXXX

vor diesen Gläubigerschutzverbänden, der Datenschutzbehörde und dem Bundesverwaltungsgericht zu vertreten.

Darüber hinaus erkläre ich, die im Vollmachtsnamen vorgelegten Beschwerden hiermit auch im eigenen Namen zu fertigen und bei der Datenschutzbehörde anhängig zu machen.

XXXX

Dr. XXXX ”

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht - einlangend am 6.10.2021 - vor und beantragte deren Abweisung.

Die Beschwerde ist berechtigt:

Gegenständlich ist allein die Frage zu beurteilen, ob die bisherige Verfahrensführung des BF von einer gültigen und ausreichenden Vollmacht gegenüber Mag. XXXX , Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der die Eingaben an die Datenschutzbehörde tätigte, gedeckt war.

Vorauszuschicken ist diesbezüglich, dass die belangte Behörde die Frage der Bevollmächtigung bereits zum Gegenstand des Mängelbehebungsauftrages vom 10.03.2020 machte, sich Mag. XXXX daraufhin im Schreiben vom 24.03.2020 auf die ihm erteilte Vollmacht als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und somit berufsmäßiger Parteienvertreter berief und die belangte Behörde die diesbezügliche Vollmacht offenbar zunächst akzeptierte, zumal sie mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 17.04.2020 die Beschwerde des Dr. XXXX , vertreten durch Mag. XXXX , an den MB weiterleitete. Erst nach einem Schreiben vom 11.09.2020 erteilte die belangte Behörde neuerlich einen Mangelbehebungsauftrag, in dem sie dem BF auftrug, eine ihm erteilte Vertretungsvollmacht, unterzeichnet von Dr. XXXX , für die Führung des genannten Verfahrens vorzulegen, zumal eine Berufung als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auf die erteilte Vollmacht im Sinne des § 77 Abs. 11 iVm §§ 2ff WTBG 2017 für datenschutzrechtliche Angelegenheiten vor der Datenschutzbehörde als nicht ausreichend angesehen werde.

Die Rechtslage stellt sich dar wie folgt:

§ 10 AVG regelt, unter welchen Bedingungen sich Beteiligte im Verwaltungsverfahren Vertreter bedienen können.

Gemäß § 10 Abs. 1 können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, … vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firmen lautende Vollmacht auszuweisen …. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht den urkundlichen Nachweis.

Gemäß Abs. 2 richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel und unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von amts wegen zu veranlassen.

Eine Berufung auf die erteilte Vollmacht genügt zunächst, wenn zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen einschreiten. Diesfalls ersetzt die – schriftliche oder mündliche – Berufung auf die erteilte Vollmacht durch den berufsmäßigen Parteienvertreter den urkundlichen Nachweis der Vollmacht, macht also den Ausweis durch eine schriftliche Vollmacht vor der Behörde entbehrlich, aber nicht unzulässig. Diese Erleichterung des Vollmachtsnachweises – in Anlehnung an § 30 Abs. 2 ZPO – wurde durch die Novelle BGBl. 1990/357 eingeführt und war zunächst auf Rechtsanwälte und Notare beschränkt und erst durch die Novelle BGBl. I 1998/158 wurde der Kreis der Bevorzugten auch auf andere zur Parteienvertretung befugte Personen erweitert, unter anderem auch auf Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.

Zu betonen ist, dass sich ein berufsmäßiger Parteienvertreter nur insoweit auf die erteilte Vollmacht berufen kann, als er nach dem jeweiligen Berufsrecht zur Vornahme der entsprechenden Verfahrenshandlung befugt ist (Hengstschläger/Leeb, AVG I., § 10 Rz. 13 mwN).

Die Behörde darf sich mit der bloßen Berufung auf die Vollmacht nur insoweit begnügen, als keine Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis obwalten. Dies folgt daraus, dass entsprechende Bestimmungen nur den erleichterten Nachweis (das Außenverhältnis) der bestehenden Vollmacht (des Innenverhältnisses) bezwecken, dieses aber nicht ersetzen können. Eine nähere amtswegige Prüfung der Vertretungsbefugnis ist nur dann erforderlich und zulässig, wenn (zB aufgrund der Aktenlage) konkrete Bedenken wegen der Richtigkeit des Vorbringens bestehen (wie oben, Rz. 15).

Die Vollmacht ist als eine beurkundete Erklärung der Partei gegenüber der Behörde zu verstehen, bei schriftlicher Vollmacht also der in der Vollmachtsurkunde festgehaltene Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers. Der VwGH hat ausgesprochen, dass der objektiv zu verstehenden Parteienerklärung zu entnehmen ist, für welche Angelegenheiten Vollmacht erteilt würde. Beruft sich ein berufsmäßiger Parteienvertreter auf die ihm erteilte Vollmacht, so ist für den Umfang der Vertretungsbefugnis seine Behauptung maßgebend (wie oben, Rz 16).

Parteienerklärungen sind im Verfahren ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Gegebenenfalls hat die Behörde eine Klarstellung durch die Partei herbeizuführen. Es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (wie oben, § 13 Rz 38 und 39).

Gemäß § 2 Abs. 1 Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz - WTBG 2017) ist dem zur selbstständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater berechtigten es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:

….

4. Die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben und in Beihilfeangelegenheiten vor den Finanzbehörden, dem Amt für Betrugsbekämpfung, den übrigen Gebietskörperschaften und den Verwaltungsgerichten …

Gemäß Abs. 2 sind die zur selbstständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes als Steuerberater Berechtigten weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:

4. Die Sanierungsberatung, insbesondere die Erstellung von Sanierungsgutachten, Organisation von Sanierungsplänen, Begutachtung von Sanierungsplänen und die begleitende Kontrolle bei der Durchführung von Sanierungsplänen….

Gemäß Abs. 3 sind die zur selbstständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhängenden, auszuüben:

...

2. Die Beratung und Vertretung in allen Verwaltungsverfahren, im Verwaltungsstrafverfahren jedoch nur wegen Verletzung arbeits- und sozialrechtlicher Verpflichtungen, bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der landesweiten Verkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten sowie Gerichten in Angelegenheiten …

Gemäß § 77 Abs. 11 WTBG ersetzt die Berufung den urkundlichen Nachweis, wenn sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung beruft.

Daraus folgt:

Mag. XXXX bediente sich in seinen Eingaben eines Briefkopfes mit Logo der XXXX WP/Stb GmbH und Co KG Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung sowie XXXX Steuerberatung und erklärte mehrmals, sich als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und somit berufsmäßiger Parteienvertreter auf die ihm erteilte Vollmacht zu berufen.

Im Rahmen der Beschwerde führte der BF im Wesentlichen aus, der für ihn einschreitende Mag. XXXX , sei als berufsmäßiger Parteienvertreter sowohl persönlich als auch im Namen der XXXX WP/Stb GmbH und Co KG berechtigt gewesen, im unmittelbaren Tätigkeitsbereich von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern gemäß § 2 Abs. 2 Z 4 bzw. § 3 Abs. 2 Z 5 WTBG im Bereich der Sanierungsberatung einzuschreiten. Hierzu gehöre auch die Beratung über Schulungsmaßnahmen samt allen damit einhergehenden Begleitmaßnahmen wie zB die Interessenswahrung gegenüber Gläubigerschutzverbänden. Gemäß § 2 Abs. 3 Z 2 bzw. § 3 Abs. 3 Z 2 WTPG seien Steuerberater und Wirtschaftsprüfer auch zur Vertretung in allen Verwaltungsverfahren und Wirtschaftsangelegenheiten für die zuständigen Behörden und Ämter berechtigt, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhingen. Die Vollmacht, auf die sich Mag. XXXX berufen habe, umfasse auch inhaltlich die vor der Datenschutzbehörde zu behandelnden Angelegenheiten des BF. Insofern spiele die Formulierung der durch den BF in weiterer Folge vorgelegten Vollmacht keine Rolle mehr. Diese umfasse aber jedenfalls auch die Vertretung in allen wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden, worunter auch die Vertretung vor der Datenschutzbehörde falle.

Daraus folgt:

Wie sich aus der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde ergibt, hatte diese aufgrund der Berufung des Mag. XXXX auf die Vollmacht des BF keine Zweifel über den Bestand der Vollmacht selbst (der Bevollmächtigung des Mag. XXXX durch Dr. XXXX ), sondern erachtete den sich aus dem Berufsrecht des Mag. XXXX als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ergebenden Umfang der Vollmacht als für das hier zu führende Verfahren für nicht ausreichend. Dies ergibt sich aus der Formulierung des Mangelbehebungsauftrages vom 13.08.2021.

Der Umfang der sich aus dem Berufsrecht ergebenden Vollmacht ist nach den oben dargestellten Bestimmungen des WTBG zu beurteilen. Der BF berief sich in der Beschwerde einerseits darauf, das gegenständliche Verfahren sei der Sanierungsberatung des § 2 Abs. 2 Z 4 zuzuordnen, andererseits als Beratung und Vertretung in allen Verwaltungsverfahren im Sinne des Abs. 3 Z 2 zu qualifizieren. Der BF wandte sich gegenständlich an die Datenschutzbehörde, eine gesetzlich eingerichtete Bundesbehörde, die gemäß § 24 Abs. 1 DSG für Beschwerden aufgrund behaupteten Verstoßes gegen die DSGVO bzw. DSG zuständig ist, wobei hier eine Beschwerde wegen Verletzung des Grundrechts auf Geheimhaltung durch einen Negativeintrag betreffend ein Sanierungsverfahren gegenständlich ist.

Zwar steht dieses Verfahren augenscheinlich mit einer „Sanierung“ im unmittelbaren Zusammenhang, ein Verfahren vor der Datenschutzbehörde mit Bezug auf ein Sanierungsverfahren ist aber wohl nicht unter „Sanierungsberatung“ zu subsummieren.

Allerdings umfasst der Berechtigungsumfang des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters auch die „Beratung und Vertretung in allen Verwaltungsverfahren, die mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhängen“. Von einem derartigen Zusammenhang ist bei einem Verfahren wegen Verletzung des Grundrechts auf Geheimhaltung aufgrund eines Negativeintrags betreffend eines Sanierungsverfahrens aber jedenfalls auszugehen, sodass sich bereits aus dem Umfang des Berufsrechts die Berufung auf die erteilte Vollmacht des Mag. XXXX konkret auf das hier zu führende Verfahren vor der Datenschutzbehörde erstreckt.

Insofern bedurfte es – mangels Zweifels der Behörde über den Bestand der Vollmacht selbst – keines urkundlichen Nachweises der Bevollmächtigung durch den BF (der Umfang der Vollmacht ergibt sich - bezogen auf das hier zu führende Verfahren – aus dem Gesetz).

Ungeachtet dessen ist die Beurteilung der belangten Behörde betreffend den Umfang der zusätzlich vorgelegten schriftlichen Vollmacht nicht zutreffend: Nach der oben vollständig wiedergegebenen Vollmacht vom 22.05.2018 umfasst diese „die Vertretung in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen sowie die Vertretung im Verfahren vor anderen Verwaltungsbehörden und den Verwaltungsgerichten im Rahmen des Berechtigungsumfanges gemäß § 2 WTBG 2017, insbesondere § 2 Abs. 1 Z 4 WTBG 2017 und § 2 Abs. 2 Z 3 sowie § 2 Abs. 3 Z 2 WTBG“. Die Ansicht der belangten Behörde, dass eine Vollmacht für allgemeine verwaltungsrechtliche und insbesondere datenschutzrechtliche Angelegenheiten nicht erteilt worden sei, weil sich die Vollmacht auf steuerliche, wirtschaftliche, arbeits- und sozialrechtliche und sonstige finanzrechtliche Angelegenheiten beziehe, ist nicht zu teilen: Zwar wird durch den BF ein Steuerberater (Mag. XXXX GmbH) bevollmächtigt und im Kopf der Vollmacht ein Finanzamt sowie eine Steuernummer angegeben. Nach dem Vollmachtstext und insbesondere dessen einleitenden Sätzen umfasst die Vollmacht die Vertretung in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen. Wenn die belangte Behörde meint, dass aus dem Kontext die genannten „sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden“ im engen steuer- und wirtschaftsrechtlichen Zusammenhang stehen, ist sie darauf zu verweisen, dass durch eine Bevollmächtigung für ein Verfahren vor der Datenschutzbehörde aufgrund behaupteter Geheimhaltungsverletzung durch einen Negativeintrag betreffend ein Sanierungsverfahren ohnehin ein wirtschaftsrechtlicher Zusammenhang gegeben ist, sodass nach dem objektiven Erklärungswert auch der Urkunde eine gültige Bevollmächtigung des Mag. XXXX bzw der GmbH durch den BF besteht.

Der Beschwerde kommt daher Berechtigung zu. Aufgrund der nicht in Zweifel zu ziehenden Bevollmächtigung des Mag. XXXX bzw. der Steuerberatungs GmbH durch den BF war die belangte Behörde daher zu keiner Zurückweisung berechtigt, weshalb der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs 5 VwGVG ersatzlos zu beheben war. Die belangte Partei wird daher das gesetzmäßige Verfahren zu führen haben.

Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt. Da allein Rechtsfragen anhand des unstrittigen Akteninhalts zu erklären waren, bedurfte es einer solchen auch nicht.

Der Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision beruht auf dem Umstand, dass anhand der ständigen Rechtsprechung Einzelfallfragen der Auslegung von Parteienerklärungen im Bezug auf klare gesetzliche Bestimmungen zu klären waren.

Schlagworte

Datenschutz ersatzlose Behebung objektiver Erklärungswert Steuerberater Vertretungsvollmacht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W274.2247098.1.00

Im RIS seit

24.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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