TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/1 95/11/0199

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Veröffentlicht am 01.10.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
ZDG 1986 §2 Abs1 idF 1994/187;
ZDG 1986 §5 Abs2 idF 1994/187;
ZDG 1986 §76a Abs2 Z1 idF 1994/187;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. September 1994, Zl. 195.737/1-IV/10/94, betreffend Feststellung der Unwirksamkeit einer Zivildiensterklärung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. September 1994 wurde gemäß § 5a Abs. 4 in Verbindung mit § 5a Abs. 3 Z. 2 Zivildienstgesetz idF BGBl. Nr. 187/1994 (ZDG) festgestellt, daß die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers "vom 12.04.1994" wegen Fristversäumung Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen könne.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 6. März 1995, B 2361/94-8, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 76a Abs. 2 Z. 1 ZDG können taugliche Wehrpflichtige, die weder Angehörige des Präsenzstandes noch seit mehr als zwei Wochen zu einem Präsenzdienst einberufen sind, innerhalb eines Monats ab dem der Kundmachung dieses Bundesgesetzes (ZDG-Novelle 1994) folgenden Tag - dem 11. März 1994 - eine Zivildiensterklärung gemäß §§ 2 und 5 Abs. 2 ZDG einbringen. Gemäß § 5 Abs. 2 erster Satz ZDG ist die Zivildiensterklärung im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission, sonst bei dem nach dem Wohnsitz des Wehrpflichtigen zuständigen Militärkommando schriftlich einzubringen oder mündlich zu Protokoll zu geben. Die Versäumung der in § 76a Abs. 2 Z. 1 ZDG normierten Frist hat dieselben rechtlichen Folgen wie die Versäumung der Frist nach § 2 Abs. 1 ZDG (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1994, B 1659/94).

Der Beschwerdeführer hatte seine mit "8.4.94" datierte Zivildiensterklärung an das Militärkommando Wien adressiert und an diesem Tag zur Post gegeben, wo sie am 11. April 1994 einlangte. Am folgenden Tag, dem 12. April 1994, wurde die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers an das Militärkommando Steiermark weitergeleitet, wo sie am 13. April 1994 einlangte. Die belangte Behörde hatte nämlich im Hinblick auf die Angabe des Beschwerdeführers in der Zivildiensterklärung "Wohnsitz: Wien, M-Gasse 41/12" Erhebungen durchgeführt, die das - in einem Aktenvermerk festgehaltene - Ergebnis erbrachten, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer genannten Adresse um einen "Nebenwohnsitz zum Hauptwohnsitz" in K/Steiermark handle. Im Hinblick darauf erachtete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die wohl innerhalb der Frist des § 76a Abs. 2 Z. 1 ZDG zur Post gegebene, jedoch an das unzuständige Militärkommando Wien adressierte und erst am 12. April 1994 an die zuständige Behörde weitergeleitete Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers als verspätet, sodaß sie Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen könne.

Der Beschwerdeführer wendet im wesentlichen ein, daß seine Zivildiensterklärung fristgerecht abgegeben worden sei. Er sei davon ausgegangen, daß "das Militärkommando Wien nunmehr für ihn zuständig sei, da er schon längst in Wien studierte und auch hier seit 14. Dezember 1994 gemeldet" sei. In seinem ergänzenden Schriftsatz vom 19. Februar 1996 brachte er vor, daß er "ab 14. Dezember 1993 in Wien, S-Gasse" gemeldet gewesen sei, er seinen Wohnsitz "also längst vor Einbringung seiner Zivildiensterklärung nach Wien verlegt" habe.

Der belangten Behörde ist diesbezüglich entgegenzuhalten, daß sie im angefochtenen Bescheid zur hier entscheidenden Frage, wo der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Zivildiensterklärung vom 8. April 1994 (und nicht "vom 12.04.1994", wie die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides ausführte) seinen Wohnsitz hatte, keinerlei Feststellungen getroffen hat. Sie hat aber auch zu den von ihr am 26. September 1994 angestellten Ermittlungen zur Wohnsitzfrage dem Beschwerdeführer nicht das Parteiengehör eingeräumt. Demzufolge ist beachtlich, daß der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof mit seinem ergänzenden Schriftsatz vom 19. Februar 1996 u.a. auch das Duplikat einer Meldebestätigung vorgelegt hat, derzufolge der Schluß zulässig sein könnte, daß sich der Beschwerdeführer von seinem ordentlichen Wohnsitz in K am 14. Dezember 1993 abgemeldet und zumindest seit diesem Zeitpunkt seinen ordentlichen Wohnsitz in Wien, S-Gasse, hat. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers bei der zutreffenden Einbringungsbehörde "Militärkommando Wien" eingebracht worden und damit als rechtzeitig anzusehen.

Da die belangte Behörde diesbezüglich den Sachverhalt nicht vollständig geklärt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995110199.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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