TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/11 G309 2235960-1

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Veröffentlicht am 11.11.2021
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Entscheidungsdatum

11.11.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §1
GEG §6c
GGG Art1 §26 Abs1
GGG Art1 §32 TP9 litb Z1
GrEStG 1987 §5
LBG §2

Spruch


G309 2235960-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Dr. Michael BATTLOGG, Rechtsanwalt in Schruns, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts XXXX vom 26.08.2020, XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Rückzahlung von Gerichtsgebühren zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben. Der XXXX sind Eintragungsgebühren in der Höhe von Euro 258,00 zurückzuerstatten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

1. Die XXXX (im Folgenden: BF) erstand die Liegenschaft EZ XXXX GB XXXX 4 in XXXX als Meistbietende im Zuge einer Zwangsversteigerungssache um das Meistbot von Euro 192.500,00.

2. Die BF entrichtete in weiterer Folge im Wege der Selbstberechnung die Eintragungsgebühr auf der Basis des Meistbots.

3. Mit Lastschriftanzeige des Bezirksgerichtes (BG) XXXX vom 06.02.2020 wurde der BF die restliche Eintragungsgebühr auf Basis des Verkehrswertes lt. Schätzgutachten eines Sachverständigen (Verkehrswert Euro 216.000,00) mit einem Restbetrag von Euro 258,00 zur Vorschreibung gebracht.

4. Die BF brachte am 25.02.2020 einen Gesamtbetrag in der Höhe von Euro 320,00 (Eingabengebühr in der Höhe von Euro 62,00 zuzüglich Differenz-Eintragungsgebühr in der Höhe von Euro 258,00) zur Einzahlung, um weitere Kosten zu vermeiden.

5. Am 27.02.2020 langte ein „Einspruch gegen die Lastschriftanzeige“ beim BG XXXX ein. Zugleich beantragte die BF die Rückzahlung der ihrer Ansicht nach zuviel entrichteten Eintragungsgebühr in der Höhe von Euro 258,00.

6. Die Präsidentin des Landesgerichtes (LG) XXXX (in weiterer Folge: belangte Behörde) erließ am 26.08.2020 den nunmehr angefochtenen Bescheid, in welchem der Einspruch und der Rückzahlungsanspruch in der Höhe von Euro 258,00 abgewiesen wurde. Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Preis ausschlaggebend, den eine Liegenschaft im gewöhnlichen Geschäftsverkehr – am freien Markt – erzielen würde. Daher sei der Preis, den der Sachverständige mit Euro 216.000,00 ermittelt habe, heranzuziehen.

7. Die BF brachte fristgerecht im Wege ihrer Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid in vollem Umfang ein. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass bei der Vorschreibung der Eintragungsgebühr das Meistbot heranzuziehen sei, da der Wert einer Liegenschaft durchaus dem Meistbot gleichzusetzen sei. Der vom Sachverständigen ermittelte Verkehrswert sei kein absolut gültiger Wert. Die Berechnung der Eintragungsgebühr sei daher von der falschen Höhe erfolgt.

8. Die gegenständliche Beschwerde und der Justizverwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 12.10.2020 von der belangten Behörde

vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1 Die BF erstand die Liegenschaft EZ XXXX GB XXXX in XXXX im Zuge einer Zwangsversteigerungssache um das Meistbot von Euro 192.500,00.

1.2 Die BF entrichtete die Eintragungsgebühr in der Höhe von Euro 2.118,00 auf der Basis des unter 1.1. genannten Meistbots.

1.3. Der BF wurde die Differenz-Eintragungsgebühr auf Basis des Verkehrswertes lt. Schätzgutachten eines Sachverständigen (Verkehrswert Euro 216.000,00) in der Höhe von Euro 258,00 zur mittels Lastschriftanzeige vom 06.02.2020 zur Vorschreibung gebracht.

1.4. Zur Vermeidung von Exekutionskosten entrichtete die BF am 25.02.2020 einen Gesamtbetrag in der Höhe von Euro 320,00 (Eingabengebühr zuzüglich Eintragungsgebühr). Weiters stellte sie den Antrag auf Rückzahlung der zuviel entrichteten Eintragungsgebühr in der Höhe von Euro 258,00.

1.5. Aufgrund der bereits geleisteten Zahlung nach erfolgter Lastschriftanzeige ist ein Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) im erstinstanzlichen Verfahren nicht ergangen.

1.6. Mit Bescheid der Präsidentin des LG XXXX wurde das Rückzahlungsbegehren unter Hinweis auf den mit Schätzgutachten erhobenen Verkehrswert als unbegründet abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Justizverwaltungsaktes

und des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Verfahrens zur GZ: XXXX und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. Es liegen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche vor.

Die Feststellung zur Entrichtung der mit Lastschriftanzeige zur Vorschreibung gebrachten Gebühr iHv EUR 320,00 (davon Eintragungsgebühr in der Höhe von Euro 258,00) beruht auf dem im Justizverwaltungsakt einliegenden Zahlungsnachweis und darauf, dass auch in der Beschwerde kein gegenteiliges Vorbringen erstattet wurde. Von der BF wurde vorgebracht, dass die Einzahlung zur Vermeidung einer Exekution veranlasst wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, erkennen

die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet

das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte geregelt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das

Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung

– BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der

Anfechtung (§ 9 Abs. 3 leg. cit.) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2. Zu Spruchteil A): Stattgebung der Beschwerde:

Die Gebühren wurden nach der Erlassung einer Lastschriftanzeige von der BF zur Vermeidung zusätzlicher Kosten einbezahlt. Ein Zahlungsauftrag in Form eines Mandatsbescheides ist an die BF nicht ergangen. Aus diesem Grund war auch der von der BF gegen die Lastschriftanzeige eingebrachte „Einspruch“ nicht als Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid zu sehen, da ein solcher nicht vorgelegen ist. Ein Rechtsbehelf gegen eine Lastschriftanzeige ist nicht zulässig, doch können die Zahlungspflichtigen auf Fehler bei der Berechnung aufmerksam machen. Das als „Einspruch“ bezeichnete Schreiben der BF war daher als obig angeführte Mitteilungen zu werten.

Über bereits entrichtete Beträge ist in einem Rückzahlungsverfahren gemäß § 6c GEG (Gerichtliches Einbringungsgesetz) zu entscheiden (vgl. VwGH 12.03.1981, 1125/80). Im gegenständlichen Verfahren handelt es sich um ein (reines) Rückzahlungsverfahren gemäß § 6c GEG. Gemäß § 1 Z 1 GEG sind von Amts wegen Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren einschließlich der Vollzugsgebühren einzubringen.

§ 6c GEG lautet:

(1) Die nach § 1 einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 sind zurückzuzahlen

1. soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht;

2. soweit die Zahlungspflicht aufgrund einer nachfolgenden Entscheidung erloschen ist.

(2) Die Rückzahlung ist von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er von der Behörde (§ 6) mit Bescheid abzuweisen.

Fallbezogen ist das Verfahren zur Rückzahlung zulässig, da kein rechtskräftiger Zahlungsauftrag der Einzahlung vorausgegangen ist, sondern die Entrichtung des Betrages schon aufgrund der Lastschriftanzeige – welche keinen Bescheidcharakter hat – erfolgt ist.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist daher die Abweisung des Antrages auf Rückzahlung.

Gemäß TP 9 lit b Z 1 GGG (Gerichtsgebührengesetz) beträgt die Eintragungsgebühr bei Erwerb des Eigentums 1,1 % vom Wert des Rechts. Der Wert wird durch jenen Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 26 GGG).

Die BF hat auf der Basis der Eigenberechnung die Eintragungsgebühr auf Basis des Meistbots in der Höhe von Euro 192.500,00 vorab entrichtet.

Von Seiten des zuständigen Bezirksgerichtes wurde in weiterer Folge eine Lastschriftanzeige mit dem Differenzbetrag von Euro 320,00 (davon 258,00 Nachverrechnung der Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit b Z 1 GGG) aufgrund der Berechnung der Eintragungsgebühr auf Basis der Schätzung des Sachverständigen in der Höhe von Euro 216.000,00 zur Vorschreibung gebracht.

Die belangte Behörde argumentierte im abweisenden Bescheid hinsichtlich der Berechnungsgrundlage für die Eintragungsgebühr, dass nicht das Ergebnis des Versteigerungsverfahrens, sondern jener Preis, der für eine Veräußerung des Eigentums an der Liegenschaft üblicherweise zu erzielen wäre, heranzuziehen sei. Fallbezogen sei dies daher der vom Sachverständigen erhobene Schätzpreis in der Höhe von Euro 216.000,00.

Die BF argumentiert wiederum, dass der Wert durch jenen Preis bestimmt werde, der im üblichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Daher sei das Meistbot jener Preis, der üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre.

§ 26 Abs 1 GGG in der aktuellen Fassung lautet:

Die Eintragungsgebühr ist bei der Eintragung des Eigentumsrechts und des Baurechts – ausgenommen in den Fällen der Vormerkung – sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

§ 2 Liegenschaftsbewertungsgesetz lautet:

(1) Sofern durch Gesetz oder Rechtsgeschäft nichts anderes bestimmt wird, ist der Verkehrswert der Sache zu ermitteln.

(2) Verkehrswert ist der Preis, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann.

(3) Die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertzumessungen einzelner Personen haben bei der Ermittlung des Verkehrswertes außer Betracht zu bleiben.

§ 26 Abs 1 GGG lautete in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2001:

§ 26 (1) Der für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebende Wert ist bei der Eintragung des Eigentumsrechtes und des Baurechtes - ausgenommen in den Fällen der Vormerkung - sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes mit dem Betrag anzusetzen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer oder Erbschafts- und Schenkungssteuer zugrunde zu legen wäre; hiebei sind Steuerbegünstigungen nicht zu berücksichtigen. Wenn keine Selbstberechnung nach § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 oder § 23a des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 vorgenommen wurde, hat das Finanzamt diesen Betrag (Bemessungsgrundlage) in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzugeben; dies gilt auch für den Fall, als die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer oder der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterbleibt. Soll das Eigentumsrecht oder das Baurecht auf mehrere Personen übertragen werden, so sind die auf jeden Berechtigten entfallenden Teilwerte vom Finanzamt gesondert anzuführen. Das Finanzamt hat die in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebene Bemessungsgrundlage zu berichtigen, wenn sich ihre Unrichtigkeit im Zuge eines die Grunderwerbsteuer oder die Erbschafts- und Schenkungssteuer betreffenden abgabenbehördlichen Verfahrens oder auf Grund einer Anfrage der mit der Einhebung der Eintragungsgebühr betrauten Stellen herausstellt. Erfolgt eine solche Berichtigung nach der in Rechtskraft erwachsenen Vorschreibung der Eintragungsgebühr, so ist die Eintragungsgebühr von Amts wegen neu zu bemessen. Im Zwangsversteigerungsverfahren ist die Höhe des Meistbotes (Überbotes) maßgebend.

§ 26 Abs 1 (und Abs 1a) GGG wurden durch Erkenntnis des VfGH (Verfassungsgerichtshof) G 34,35/11?10 vom 21.11.2011 mit Ablauf des 31.12.2011 wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben und durch die oben zitierte Fassung ersetzt. Wie ersichtlich, enthielt der Abs 1 des § 26 GGG in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2001 die Formulierung, dass bei Zwangsversteigerungsverfahren die Höhe des Meistbotes als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.

Grund für die Aufhebung der Bestimmungen war, dass der VfGH Bedenken hatte, dass die Anknüpfung der Eintragungsgebühr an die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage zu einer differenzierten Behandlung von verschiedenen Arten des Grundstückserwerbes führt, die mit dem Belastungskonzept der Eintragungsgebühr, die sich – verfassungsrechtlich zulässig – am Wert des Grundstückes orientiert, nicht vereinbar und daher unsachlich zu sein scheint.

Die Heranziehung des Meistbotes als Berechnungsgrundlage für die Eintragungsgebühr war dem Erkenntnis des VfGH zufolge nicht als verfassungswidrig anzusehen.

Es ist aus den parlamentarischen Materialien nicht ersichtlich, warum bei der Neuformulierung der Bestimmung des § 26 Abs 1 bzw. § 26 Abs 3 GGG das Meistbot als Bemessungsgrundlage nicht mehr in den Gesetzestext aufgenommen wurde.

Im Zuge der gerichtlichen Zwangsversteigerung der fallgegenständlichen Liegenschaft wurde vom Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt. Auf Seite 24 des Sachverständigengutachtens führt der Gutachter selbst aus, dass das Ergebnis der Bewertung aufgrund der Unsicherheit einzelner Faktoren (…..) keine mit mathematischer Exaktheit feststehende Größe ist. Auch sei zu vermerken, dass der Verkehrswert nicht zwingend bedeute, dass der angeführte Preis jederzeit und kurzfristig am Markt realisierbar sei.

Ein Exkurs in die Wertermittlung nach dem Grunderwerbsteuergesetz zeichnet folgendes Bild:

§ 5 Abs 1 Z Grunderwerbsteuergesetz 1987 lautet:

Gegenleistung ist (….)

4. beim Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren das Meistbot einschließlich der Rechte, die nach den Zwangsversteigerungsbedingungen bestehen bleiben, und der Beträge, um die der Ersteher bei einem Überbot sein Meistbot erhöht. An die Stelle des Meistbotes tritt das Überbot, wenn der Zuschlag dem Überbieter erteilt wird (….)

Wird ein Grundstück zwangsversteigert, stellt gemäß § 5 Abs. 1 Z 4 GrEStG 1987 das Meistbot einschließlich der Rechte, die nach den Zwangsversteigerungsbedingungen bestehen blieben, und der Beträge, um die der Ersteher bei einem Überbot sein Meistbot erhöht, bzw. das Überbot, wenn der Zuschlag dem Überbieter erteilt wird, die Gegenleistung dar. Soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf das Meist- bzw. Überbot haben (zB wenn der Pfandgläubiger im ersten Rang mit einer den Schätzwert übersteigenden offenen Hypothekarforderung als einziger Bieter die Liegenschaft um das Mindestbot erwirbt), entspricht das Meistbot (einschließlich der Rechte, die nach den Zwangsversteigerungsbedingungen bestehen blieben) bzw. Überbot dem gemeinen Wert (vgl. Erlass BMF BMF-010206/0101-VI/5/2014 vom 11.11.2014).

Mit der Grundbuchsgebührennovelle BGBl. I. Nr 1/2013 wurde der bisherige Gleichlauf der Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Grunderwerbsteuer und der Eintragungsgebühren für das Grundbuch aufgegeben. Mit der folgenden Novelle zum Grunderwerbsteuergesetz 2014 (BGBl. I. Nr 36/2014) wurde die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer wieder näher an die Bemessung der Gerichtsgebühren herangeführt. Somit ist die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht bindend für die Berechnung der Eintragungsgebühren, dennoch ist fallbezogen eine Indizwirkung für die Auslegung des unbestimmten Begriffes „Wert im gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ nicht zu verneinen.

Wenngleich eine Zwangsversteigerung nicht dem öffentlichen Anbieten über einen längeren Zeitraum gleichzuhalten ist, so ist doch festzuhalten, dass mit der Veröffentlichung einer Zwangsversteigerung der Vorgang einer erheblichen Anzahl von Personen bekannt gemacht wird. Regelmäßig werden bei Zwangsversteigerungen – wie von der BF argumentiert – auch höhere Preise als der vom Sachverständigen ermittelte Schätzwert erzielt. Wenn fallbezogen statt dem ermittelten Schätzwert von Euro 216.000,00 ein Meistbot von Euro 192.500,00 erzielt wird, so ist dieser Umstand damit gleichzuhalten, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein höherer Erlös unter Einbeziehung aller Faktoren zu erzielen war, was auch mit der Aussage des Gutachters am Ende seines Schätzgutachtens korreliert. Es kann daher nach einer Zwangsversteigerung keine seriöse Aussage darüber getroffen werden, wie lange die in Rede stehende Immobilie auf dem freien Markt angeboten hätte werden müssen, um – wenn überhaupt - einen Verkauf zum Schätzwert zu realisieren.

In der Gesamtabwägung gelangt das BVwG daher zum Ergebnis, dass das fallbezogene Meistbot den zu diesem Zeitpunkt höchstmöglich realisierbaren Verkehrswert darstellte. Aus diesem Grund ist das Rückzahlungsbegehren der BF gerechtfertigt, weshalb der Beschwerde stattzugeben und die Rückzahlung eines Betrages von Euro 258,00 festzustellen war.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen. Außerdem hat auch keine der Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung beantragt.

3.4. Zu Spruchteil B): Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in

der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG dann zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Soweit überblickbar existiert keine höchstgerichtliche Judikatur zur verfahrensgegenständlichen Fragestellung, ob bei einem Erwerb im Rahmen einer (Zwangs-)Versteigerung das Meistbot oder der Schätzwert als „Wert des Rechts“ zur Berechnung der Eintragungsgebühr heranzuziehen ist, oder aber auch, ob eine solche Beurteilung immer im Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher sonstiger Umstände zu erfolgen hat.

Schlagworte

Bemessungsgrundlage Bescheidbehebung Eintragungsgebühr Gerichtsgebühren Grundbuchseintragung Meistbotzuschlag Revision zulässig Rückerstattung Rückzahlung Sachverständigengutachten Verkehrswert Zwangsversteigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G309.2235960.1.00

Im RIS seit

21.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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