RS Vfgh 2021/11/30 E3540/2020

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Veröffentlicht am 30.11.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks; keine Auseinandersetzung mit Länderberichten des UNHCR betreffend die Lage von – aus einem (ehemals) vom IS besetzten Gebiet stammenden – sunnitischen Arabern

Rechtssatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks; keine Auseinandersetzung mit Länderberichten des UNHCR betreffend die Lage von - aus einem (ehemals) vom IS besetzten Gebiet stammenden - sunnitischen Arabern

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) geht in seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten davon aus, dass die vom Beschwerdeführer geschilderte Bedrohung (anlässlich einer Ausweiskontrolle an einem Checkpoint) durch die Badr-Milizen nicht vorliege. Das BVwG stellte fest, dass der Beschwerdeführer sunnitischer Araber sei, er den Irak aber nicht auf Grund einer Verfolgung durch den IS oder durch schiitische Milizen verlassen habe. Das BVwG verneint damit eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers, ohne zu berücksichtigen, dass nach den UNHCR-Erwägungen für den aus einem ehemals vom IS besetzten Gebiet stammenden Beschwerdeführer im wehrfähigen Alter ein besonderes Risikoprofil besteht. Damit unterlässt es das BVwG aber, sich mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat, die er ausführlich als Fluchtgrund vorgebracht hat, im Lichte dieses besonderen Risikoprofils des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen.

Indem das BVwG den Umstand unberücksichtigt lässt, dass der Beschwerdeführer dem in den Länderberichten beschriebenen besonderen Risikoprofil entspricht und ein substantiiertes Vorbringen erstattet hat, deswegen von schiitischen Milizen bedroht zu sein, hat es die Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt unterlassen und daher sein Erkenntnis mit Willkür belastet.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E3540.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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